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  • 13.09.2022 · IWW-Abrufnummer 231199

    Oberlandesgericht München: Beschluss vom 28.01.2022 – 11 W 6/22

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht München

    Beschluss vom 28.01.2022


    In Sachen
    ...
    - Kläger, Widerbeklagter und Beschwerdeführer -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte ...
    gegen
    ...
    - Beklagter und Widerkläger -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte ...

    wegen Forderung u. a.
    hier: Gerichtskostenansatz

    erlässt das Oberlandesgericht München - 11. Zivilsenat - durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter auf die Beschwerde des Klägers vom 09.12.2021 gegen den Beschluss des Landgerichts Landshut vom 09.11.2021 am 28.01.2022 folgenden
    Beschluss:

    Tenor:

    Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

    Gründe

    I.

    Der Kläger hat mit Klageschrift vom 23.12.2014 aus abgetretenem Recht Ansprüche aus einer Partnerschaft von Rechtsanwälten gegen den Beklagten als deren ehemaligem Mitglied geltend gemacht. Am 27.07.2015 modifizierte er seine Klageanträge, am 03.03.2016 erhob der Beklagte Widerklage mit dem Ziel der Einsicht in bestimmte Abrechnungsbelege.

    Das Landgericht gab der Widerklage mit Teilurteil vom 10.11.2016 statt. Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil blieb ohne Erfolg (OLG, Beschluss vom 18.04.2017 - 20 U 4833/16).

    Am 21.07.2021 nahm der Kläger die Klage zurück. Mit Schlussurteil vom 27.08.2021 entschied das Landgericht, der Kläger habe die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§§ 91 bzw. 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Den Streitwert setzte es mit Beschluss vom 27.08.2021 für die (zurückgenommene) Klage auf € 690.226,72 €, für die Widerklage auf € 10.000,00 fest, so dass sich ein Gesamtstreitwert in Höhe von 700.226,72 € ergab; mit Beschluss vom 29.09.2021 korrigierte das Landgericht den Streitwertbeschluss dahin, bis zur Klagerücknahme habe der Streitwert 700.226,72 € betragen, ab diesem Zeitpunkt nur mehr € 10.000,00.

    Gegen den hierauf erstellten Kostenansatz, der vom Gesamtstreitwert ausgeht und mit dem eine 3,0 Gebühr gem. KV-GKG Nr. 1210 geltend gemacht wird, erhob der Kläger Erinnerung mit der Begründung, das Gericht hätte zwischen den Streitwerten für Klage einerseits und Widerklage andererseits differenzieren müssen; eine 3,0 Verfahrensgebühr sei lediglich aus dem Streitwert der Widerklage berechtigt. Demgegenüber führe die Klagerücknahme dazu, dass aus dem - hier sehr hohen - Streitwert der Klage nur eine 1,0 Gebühr entsprechend der Gebührenermäßigung in Nr. 1211 KV-GKG angesetzt werden dürfe. In seiner Stellungnahme vom 02.11.2021 trat der Bezirksrevisor der Erinnerung entgegen: Es sei ein Teilurteil ergangen, das nicht unter Nr. 1211 Ziffer 2 KV-GKG falle; eine Ermäßigung nur in Bezug auf einen Verfahrensgegenstand finde nicht statt.

    Dementsprechend wies auch das Landgericht mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss vom 09.11.2021 die Erinnerung zurück. Zur Begründung führt es im Wesentlichen aus, die Nr. 1211 KV-GKG setze für eine Ermäßigung die Beendigung des gesamten Verfahrens voraus, überdies sei hier ein in Ziffer 2. dieser Bestimmung nicht genanntes Urteil vorausgegangen; die Ermäßigung sei ausgeschlossen, da die Verfahrensgebühr einheitlich zu berechnen sei. Unerheblich, weil vom Gesetzgeber nicht gewollt, sei auch eine Berücksichtigung des Wertverhältnisses von Klage und mit Teilurteil erledigter Widerklage. Auf die Begründung der Entscheidung im Einzelnen wird Bezug genommen.

    Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, mit der er seine Auffassung weiterverfolgt, es sei zwischen den Streitwerten für Klage und Widerklage zu differenzieren. Der Streitwert der zurückgenommenen Klage, über die das Gericht nicht entschieden habe, belaufe sich auf € 690.226,72. Der Streitwert der Widerklage betrage demgegenüber lediglich € 10.000,00 bzw. nur € 300,00.

    II.

    Die gem. § 66 Abs. 2, 3 GKG zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg; das Kostenrecht kennt die mit der Beschwerde geltend gemachte Trennung einzelner Verfahrensgegenstände nicht.

    1. Zunächst wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des Landgerichts in dem angefochtenen Beschluss vom 09.11.2021 Bezug genommen; die dortigen Ausführungen sind in allen Belangen zutreffend: Die kostenrechtliche Privilegierung wäre nur möglich gewesen, wenn die Klagerücknahme das gesamte Verfahren beendet hätte; zudem ist das Teilurteil (über die Widerklage) kein Urteil im Sinne von Nr. 1211 Ziffer 2. KV-GKG. In dem vom Landgericht herangezogenen Beschluss des KG Berlin vom 23.02.2009 - 1 W 499/07 Tz 10 wird richtigerweise ausgeführt, das Wertverhältnis zwischen Versäumnisurteil (hier: Teilurteil) und Gesamtstreitwert sei unerheblich, weil es Hauptziel des Gesetzgebers gewesen sei, mit dem Ermäßigungstatbestand einen Anreiz zur vollständigen Verfahrenserledigung zu setzen. Der Wert eines die Ermäßigung ausschließenden Verfahrensaktes im Vergleich zum Gesamtwert sei daher so wenig von Bedeutung wie der im Einzelfall angefallene Arbeitsaufwand des Gerichts.

    2. Dem Kostenrecht ist eine Aufteilung bzw. Differenzierung, wie sie der - vom Anliegen her verständlichen - Argumentation in der Beschwerde entspricht, fremd: Richtig ist, dass es sich vorliegend rein verfahrensrechtlich bei Klage und Widerklage um zwei unterschiedliche Streitgegenstände handelt. Für das Kostenrecht maßgeblich ist jedoch - dem Grundsatz der Einheit der Kostenentscheidung entsprechend - der Gesamtstreitwert. Dieser bestimmt sich vorliegend nach § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG; nur dieser Gesamtstreitwert ist dem Kostenansatz zugrunde zu legen (eindeutig etwa auch OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.04.2003 - 16 WF 5/03 Tz 6; aus der Senatsrechtsprechung etwa Beschl. v. 11.06.2018 - 11 W 460/18; Beschl. v. 14.12.2018 - 11 W 1682/18, unter II. 2.).

    Es wäre auch mit dem Vereinfachungsgedanken der Gebührenermäßigung unvereinbar, eine solche nur nach einem Teil des Streitgegenstandes vorzunehmen, vgl. Senatsbeschluss vom 14.12.2018, a.a.O.; OLG Schleswig, Beschl. v. 26.11.2002 - 9 W 134/02 Tz 4. Kostenrechtlich existiert nur ein Verfahren, dessen Wert sich aus den Streitgegenständen von Klage und Widerklage zusammensetzt (siehe auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 09.03.1999 - 10 W 19/99 Tz 3 ff.). Die Vorstellung, die vollen drei Gerichtsgebühren würden sich nach nur einem Teil des Streitgegenstandes bemessen können, resultiert aus dem früher geltenden Gebührenrecht - ist dem neueren Kostenrecht indes fremd (so bereits OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.11.1995 - 8 W 597/95 Tz 19 ff.; aus der durchwegs dieselbe Auffassung vertretenden Literatur etwa Oestreich/Hellstab/Schneider-Trenkle, GKG-FamGKG, Std. 11/21, Nr. 1211 GKG Rn. 7).

    Auf den unzutreffenden Berichtigungsbeschluss vom 29.09.2021 im Sinne einer gestaffelten Wertfestsetzung für die Gerichtskosten kommt es nicht an (vgl. zuletzt OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.02.2019 - 6 W 101/18 m. Anm. Volpert AGS 19, 229 [LG Stendal 14.12.2018 - 25 T 116/18]; bes. deutlich OLG München, Beschl. v. 13.12.2016 - 15 U 2407/16: Es geht um Gerichtskosten, die sich stets nach dem höchsten Wert richten (siehe auch Senatsbeschluss vom 16.10.2020 - 11 W 1436/20).

    Davon abgesehen wird in dem Teilurteil vom 10.11.2016 mehrfach auch auf die Darlegungen in der Klageschrift Bezug genommen, weshalb (im Hinblick auf gerichtlich "ersparte Arbeitskraft") eine strikte Trennung zwischen Klage und Widerklage hier ohnedies nicht gegeben ist, da das Gericht sich auch bei Abfassung der Begründung für das Teilurteil zumindest teilweise mit der Klage auseinandersetzen musste. Auf das genaue Ausmaß kommt es kostenrechtlich nicht an (siehe hierzu nochmals Senatsbeschluss vom 14.12.2018, a.a.O., unter II. 2. m. w. N.).

    3. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 66 Abs. 8 GKG.

    RechtsgebietStreitwertfestsetzungVorschriften§ 45 Abs. 1 S. 1 GKG