Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 01.09.2022 · IWW-Abrufnummer 231072

    Kammergericht Berlin: Beschluss vom 25.05.2022 – 5 W 22/22

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Kammergericht Berlin

    Beschluss vom 25.05.2022


    Tenor:

    1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 13. Juli 2021 - 24 O 217/19 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
      Die nach dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Berlin vom 22. Dezember 2020 von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten werden auf 3.279,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit dem 14.12.2020 festgesetzt, wegen eines Teilbetrages in Höhe von 330,62 € nebst anteiliger Zinsen jedoch nur Zug um Zug gegen Abtretung eines etwaigen gegen das Land Berlin gerichteten Erstattungsanspruchs an die Beklagte.
    2.  Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

    Gründe

    A.

    Die Klägerin, ein in Hamburg ansässiger Gebäudeversicherer, hat die Beklagte, einen in Berlin ansässigen Haftpflichtversicherer, wegen eines von einem Versicherungsnehmer der Beklagten verursachten Wasserschadens aus einem sogenannten Teilungsabkommen auf Zahlung in Anspruch genommen. Das Landgericht Berlin hat der Klage mit am 22. Dezember 2020 verkündetem Urteil - 24 O 217/19 - stattgegeben und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

    Die Klägerin ließ sich in dem vorgenannten Rechtsstreit durch einen in Bochum ansässigen Prozessbevollmächtigten vertreten, der auch den zuletzt für den 19. November 2020 um 9:30 Uhr vor dem Landgericht Berlin anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung für die Klägerin wahrgenommen hat.

    Der vorgenannte Verhandlungstermin war zuvor für den 9. Juli 2020 um 9:30 Uhr angesetzt. Mit Verfügung vom 6. Juli 2020 ordnete der Vorsitzende unter Hinweis auf das Vorliegen dienstlicher Gründe eine Verlegung dieses Verhandlungstermins auf den 19. November 2020, 9:30 Uhr an. Dem bei den Akten befindlichen Erledigungsvermerk zufolge wurde diese Verfügung am 7. Juli 2020 durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ausgeführt und eine Postzustellung der Umladung an die Prozessbevollmächtigten der Parteien gegen Empfangsbekenntnis veranlasst. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben den Empfang dieses Schreibens mit Empfangsbekenntnis vom 8. Juli 2020 (Blatt 54a der Akten) quittiert.

    Ausweislich des bei den Akten befindlichen Sendeberichtes (Blatt 55 d.A.) wurde die entsprechende Umladung dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landgerichts ferner am 7. Juli 2020 um 7:29 Uhr vorab per Telefax übermittelt. Die von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin veranlasste Übermittlung der Umladung per Telefax vorab schlug ausweislich des ebenfalls bei den Akten befindlichen Sendeberichtes vom 7. Juli 2020 um 7:30 Uhr (Blatt 56 d.A.) mit Rücksicht darauf, dass der Anschluss des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu diesem Zeitpunkt belegt war, fehl. Dem auf diesem Sendebericht am 9. Juli 2020 angebrachten Aktenvermerk der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zufolge ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin, der zu dem ursprünglich für diesen Tag angesetzten Verhandlungstermin erschienen war, die Umladung an diesem Tage in Papierform ausgehändigt worden, nachdem ein wiederholter Versuch, die Umladung zuvor per Telefax zu versenden, offenbar vergessen worden sei. Das Empfangsbekenntnis zu der dem Erledigungsvermerk zufolge per Post an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin übermittelten Umladung weist einen Eingang bei diesem am 9. Juli 2020 aus (Blatt 53 d.A.).

    Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 14. Dezember 2020 (Blatt 79f d.A.) nebst Ergänzung vom 8. Januar 2021 (Blatt 83f d.A.) hat die Klägerin u.a. beantragt, gegen die Beklagte für die Anreise zu dem für den 9. Juli 2020 vor dem Landgericht Berlin anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung Pkw-Reisekosten nach VV-RVG Nr. 7003 in Höhe von 167,40 € (netto) sowie ein Abwesenheitsgeld nach VV-RVG Nr. 7005 in Höhe von 70,00 € (netto) jeweils zuzüglich Umsatzsteuer festzusetzen. Daneben hat die Klägerin mit ihrem Kostenfestsetzungsgesuch Hotelkosten für eine Übernachtung ihres Prozessbevollmächtigten in Berlin vom 8. auf den 9. Juli 2020 in Höhe von 47,62 € (netto) und vom 18. auf den 19. November 2020 in Höhe von 72,38 € (netto) jeweils zuzüglich Umsatzsteuer geltend gemacht.

    Die Beklagte hat der beantragten Festsetzung der Pkw-Reisekosten und des Abwesenheitsgeldes für die Anreise zu dem ursprünglich für den 9. Juli 2020 angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 15. März 2021 (Blatt 89 d.A.) widersprochen und geltend gemacht, dass diese Kosten mit Rücksicht auf die Verlegung des Verhandlungstermins auf den 19. November 2020 nicht erstattungsfähig seien. Gleiches gelte für die Hotelübernachtungskosten vom 8. Juli auf den 9. Juli 2020 in Höhe von 47,62 €. Auch die Hotelübernachtung vom 18. auf den 19. November 2020 sei nicht erforderlich gewesen, da der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu diesem Termin am Terminstag selbst habe anreisen können.

    Dem ist die Klägerin unter Hinweis darauf, dass ihr Prozessbevollmächtigter erst nach seiner (vergeblichen) Anreise zu dem zunächst für den 9. Juli 2020 angesetzten Verhandlungstermin auf der Geschäftsstelle der Kammer von der Verlegung dieses Termins erfahren habe, entgegengetreten.

    Mit Beschluss vom 13. Juli 2021 (Blatt 98f der Akten), der Klägerin zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten zugestellt am 23. Juli 2021 (EB Blatt 103 d.A.), hat das Landgericht Berlin (Rechtspflegerin) die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf insgesamt 2.865,10 € festgesetzt. Hierbei sind die von der Klägerin für die (vergebliche) Anreise zu dem zunächst für den 9. Juli 2020 vor dem Landgericht Berlin angesetzten Verhandlungstermin erstattet verlangten Kosten sowie die Kosten für eine Hotelübernachtung vom 8. auf den 19. November 2020 unberücksichtigt geblieben. Darüber hinaus hat die Rechtspflegerin anstelle eines Umsatzsteuersatzes von 19 % nur einen solchen von 16 % angesetzt.

    Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 2. August 2021 bei dem Landgericht Berlin eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie die Festsetzung weiterer 425,31 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 14. Dezember 2020 gegen die Beklagte begehrt. Dieser Betrag setzt sich aus den Reise- und Hotelkosten für die (vergebliche) Anreise zu dem zunächst für den 9. Juli 2020 angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung und aus dem Abwesenheitsgeld für diesen Termin sowie aus den Kosten der Hotelübernachtung vom 18. auf den 19. November 2020 jeweils zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 19 % zusammen.

    Zur Begründung macht die Klägerin geltend, die für die (vergebliche) Anreise zu dem zunächst für den 9. Juli 2020 angesetzten Verhandlungstermin angefallenen Kosten seien notwendig, weil der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht rechtzeitig von der Verlegung dieses Verhandlungstermins in Kenntnis gesetzt worden sei. Auch die Annahme der Rechtspflegerin, die Kosten der Hotelübernachtungen seien nicht erstattungsfähig, weil es einem am Sitz der Klägerin in Hamburg ansässigen Rechtsanwalt zuzumuten gewesen sei, zu einem für 9.30 Uhr vor dem Landgericht Berlin anberaumten Verhandlungstermin am Terminstag selbst anzureisen, sei unzutreffend. Die reine Fahrzeit von Hamburg nach Berlin betrage ohne jede Verkehrsstörung etwa 3 Stunden. Für etwaige Verzögerungen der Anreise, die Parkplatzsuche und das Aufsuchen des Verhandlungssaales sei eine weitere Zeitreserve von 90 Minuten zu veranschlagen gewesen. Eine Abreise vor dem Ende der Nachtzeit um 6:00 Uhr morgens sei auch einem in Hamburg ansässigen Prozessbevollmächtigten nicht zuzumuten gewesen. Danach müssten auch die Kosten der Hotelübernachtungen als erstattungsfähig anerkannt werden.

    Mit Schreiben vom 9. August 2021 (Blatt 107f d.A.), gerichtet an die Verwaltung des Landgerichts Berlin, hat die Klägerin zudem gegenüber dem Land Berlin unter Vorlage der an sie gerichteten Kostennote ihres Prozessbevollmächtigten vom 8. Januar 2021 (Blatt 100a der Akten) wegen der Kosten, die für die (vergebliche) Anreise ihres Prozessbevollmächtigten zu dem zunächst für den 9. Juli 2020 angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht angefallen sind, einen Amtshaftungsanspruch geltend gemacht, wobei sie ihren Schaden mit insgesamt 339,17 € (brutto) beziffert hat. Das Land Berlin hat diesen Anspruch, vertreten durch den Präsidenten des Landgerichts, mit Schreiben vom 25. August 2021 (Blatt 110 d. A.) zurückgewiesen und unter anderem geltend gemacht, dass die Durchführung des Kostenfestsetzungsverfahrens mit Rücksicht auf die Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB vorrangig sei. Sollten die von der Klägerin geltend gemachten Kosten gegen die Beklagte festgesetzt werden, sei der Klägerin schon kein Schaden entstanden, der gegenüber dem Land Berlin geltend gemacht werden könne.

    Das Landgericht Berlin hat der sofortigen Beschwerde, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, mit Beschluss vom 17. Februar 2022 nicht abgeholfen und das Verfahren dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt.

    B.

    I. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3 ZPO statthaft und erreicht den nach § 567 ZPO Abs. 2 ZPO erforderlichen Wert der Beschwer. Sie ist ferner form- und fristgemäß (§ 569 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO) eingelegt worden und damit zulässig. Über sie ist gemäß § 568 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch eines der Mitglieder des Senats als Einzelrichter zu entscheiden.

    II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin hat überwiegend Erfolg. Lediglich wegen des von der Klägerin angesetzten Umsatzsteuersatzes ist sie unbegründet.

    1. Die Klägerin wendet sich zu Recht dagegen, dass das Landgericht (Rechtspflegerin) diejenigen Kosten, die bei der Klägerin für die Anreise ihres Prozessbevollmächtigten zu dem vom Landgericht ursprünglich für den 9. Juli 2020 angesetzten Verhandlungstermin angefallen sind, bei der beantragten Kostenfestsetzung gegen die Beklagte vollständig unberücksichtigt gelassen hat.

    a) Die bei der Klägerin unstreitig entstandenen Kosten der Anreise ihres Prozessbevollmächtigten zu dem ursprünglich für den 9. Juli 2020, 9:30 Uhr vor dem Landgericht Berlin anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung sind dem Grunde nach erstattungsfähig.

    aa) Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die dem Gegner erwachsenen Kosten zu tragen, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Für die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei regelt § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO, dass diese in allen Prozessen zu erstatten sind. Die Vorschrift bildet insofern eine Ausnahme, als sie für ihren Anwendungsbereich von der grundsätzlich gebotenen Prüfung der Notwendigkeit entstandener Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung entbindet. Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts gelten stets als zweckentsprechend verursachte Kosten (BGH, Beschluss vom 07. Februar 2018 - XII ZB 112/17, BGHZ 217, 287-300, Rn. 17; Beschluss vom 20. Mai 2014 - VI ZB 9/13, Rn. 9, juris). Dies gilt grundsätzlich auch für Reisekosten wie Fahrtkosten (VV-RVG Nr. 7003f.) sowie für Tage- und Abwesenheitsgelder (VV-RVG Nr. 7005).

    Die Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltsgebühren und Auslagen findet allerdings dort ihre Grenze, wo für die Tätigkeit des Rechtsanwalts ausnahmsweise kein Anlass bestand. Denn jede Prozesspartei ist verpflichtet, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Fall ihres Obsiegens vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt. Diese Verpflichtung zur Kostenschonung folgt aus dem Prozessrechtsverhältnis und beherrscht als Ausfluss von Treu und Glauben das gesamte Kostenrecht (vgl. BGH, Beschluss vom 07. Februar 2018 - XII ZB 112/17, BGHZ 217, 287-300, Rn. 19).

    Gleiches kann gelten, wenn die fraglichen Kosten der Prozessführung durch die Auswahl eines - wie hier - außerhalb des Gerichtsbezirks niedergelassenen und auch nicht am Ort des Prozessgerichts wohnenden Rechtsanwaltes ausgelöst worden sind und die Hinzuziehung dieses Rechtsanwaltes nicht zur Wahrung der berechtigten Interessen der Partei erforderlich gewesen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 14. September 2021 - VIII ZB 85/20, Rn. 9, juris).

    bb) Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall kann die Erstattungsfähigkeit der für die Anreise des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu dem ursprünglich für den 9. Juli 2020 vor dem Landgericht Berlin anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung angefallenen Kosten dem Grunde nach nicht verneint werden.

    (1) Für die Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der hier in Rede stehenden Reisekosten kommt es - anders als die Rechtspflegerin andeutet - zunächst nicht darauf an, ob es der Beklagten anzulasten ist, dass auf Seiten der Klägerin Kosten für die Anreise ihres Prozessbevollmächtigten zu dem ursprünglich für den 9. Juli 2020 angesetzten Termin angefallen sind.

    (a) Der aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO folgende prozessuale Kostenerstattungsanspruch hat seine Grundlage in dem zwischen den Parteien begründeten Prozessrechtsverhältnis und knüpft verschuldensunabhängig an die Veranlassung der Kosten an (BGH, Beschluss vom 06. Februar 2014 - IX ZB 57/12, Rn. 14, juris; vgl. ferner BGH, Beschluss vom 07. Februar 2018 - XII ZB 112/17, BGHZ 217, 287-300, Rn. 26). Bei der Beantwortung der Frage nach der Erstattungsfähigkeit von Prozesskosten ist daher weder auf ein etwa an ihrer Entstehung mitwirkendes Verschulden derjenigen Partei abzustellen, die den prozessualen Kostenerstattungsanspruch im Kostenfestsetzungsverfahren gegen den (unterlegenen) Gegner geltend macht (vgl. BGH, Beschluss vom 07. Februar 2018 - XII ZB 112/17, BGHZ 217, 287-300, Rn. 26, 30), noch kommt es darauf an, ob diejenige Partei, die aufgrund der im Erkenntnisverfahren getroffenen Kostengrundentscheidung zur (anteiligen) Tragung der Kosten des Rechtsstreits und nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur (anteiligen) Kostenerstattung verpflichtet ist, ihrerseits durch eigenes Verschulden zur Entstehung der fraglichen Kosten beigetragen hat (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 22. Oktober 2018 - 9 W 142/18, Rn. 10, juris).

    (b) Die Beantwortung der Frage danach, ob bestimmte Kosten im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich sind, hängt auch nicht davon ab, ob zu ihrer Entstehung möglicherweise das Verhalten eines Dritten beigetragen hat und dieser derjenigen Partei, die mit den Kosten belastet ist, zum Ersatz des hiermit einhergehenden Schadens verpflichtet sein kann (OLG Schleswig, Beschluss vom 22. Oktober 2018 - 9 W 142/18, Rn. 11, juris; OLG Dresden, Urteil vom 18. April 2018 - 1 U 1509/17, Rn. 19, juris; LG Potsdam, Beschluss vom 1. Dezember 2016 - 12 T 53/16, Rn. 2, juris; LG Berlin, Beschluss vom 7. April 1987 - 82 T 148/87; BeckOK ZPO/Jaspersen, 44. Ed. 1..2022, § 104 Rn. 22b; Herget in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 104 Rn. 21.5; Schneider in JurBüro 2022, 225, 226; Hansens in: RVGReport 2018, 277, 279).

    (c) Maßstab für die Notwendigkeit von Kosten zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr allein, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt als sachdienlich ansehen durfte (BGH, Beschluss vom 10. April 2018 - VI ZB 70/16, Rn. 10, juris; Beschluss vom 07. Februar 2018 - XII ZB 112/17, BGHZ 217, 287-300, Rn. 24).

    Abzustellen ist bei der Prüfung der Erstattungsfähigkeit angefallener Kosten mithin auf die Sicht der Partei in der konkreten prozessualen Situation und dann zu beurteilen, ob ein objektiver Betrachter aus diesem Blickwinkel die Sachdienlichkeit bejahen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 2018 - VI ZB 70/16, Rn. 10, juris; Beschluss vom 07. Februar 2018 - XII ZB 112/17, BGHZ 217, 287-300, Rn. 24). Hierfür maßgeblich ist der jeweilige Informationsstand der Partei, weil sie nur auf dieser Grundlage die Entscheidung für oder gegen eine (kostenauslösende) Maßnahme treffen kann, nicht aber ein sich hiervon ggf. unterscheidender, alle Informationen umfassender Wissensstand des die Sachdienlichkeit ex post Beurteilenden (vgl. BGH, Beschluss vom 07. Februar 2018 - XII ZB 112/17, BGHZ 217, 287-300, Rn. 24). Die Notwendigkeit bestimmt sich daher aus der "verobjektivierten" ex-ante-Sicht der jeweiligen Prozesspartei und nicht nach einem rein objektiven Maßstab (BGH, Beschluss vom 10. April 2018 - VI ZB 70/16, Rn. 10, juris; Beschluss vom 07. Februar 2018 - XII ZB 112/17, BGHZ 217, 287-300, Rn. 24).

    (2) Die beantragte Festsetzung der bei der Klägerin entstandenen Kosten der Anreise ihres Prozessbevollmächtigten zu dem ursprünglich für den 9. Juli 2020 vor dem Landgericht Berlin anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung gegen die Beklagte kann nach Vorstehendem auch nicht deshalb abgelehnt werden, weil die Anreise zu einem zwischenzeitlich bereits verlegten Verhandlungstermin bei rein objektiver Betrachtung nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist. Vielmehr ist insoweit allein danach zu fragen, ob die Anreise zu dem ursprünglich für den 9. Juli 2020 vor dem Landgericht Berlin anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung aus der insoweit maßgeblichen ex-ante-Sicht der Klägerin bzw. ihres Prozessbevollmächtigten unter Berücksichtigung der diesen bekannten Informationen zum Verfahrensstand erforderlich gewesen ist. Dies ist zu bejahen, da nicht ersichtlich ist, dass der Klägerin bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten die zwischenzeitlich verfügte Verlegung des zunächst für den 9. Juli 2020 angesetzten Verhandlungstermins im Zeitpunkt der Anreise des Prozessbevollmächtigten der Klägerin nach Berlin bekannt gewesen ist.

    (a) Mit Rücksicht auf den bei den Akten befindlichen Ausdruck des Sendeprotokolls vom 7. Juli 2020 und dem darauf befindlichen Vermerk der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist zunächst davon auszugehen, dass die drei Tage vor dem Verhandlungstermin am 6. Juli 2020 durch den Vorsitzenden verfügte Umladung der Parteien auf den 19. November 2020 dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht vorab per Telefax übermittelt worden ist.

    (b) Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf andere Weise von der Verlegung des zunächst für den 9. Juli 2020, 9:30 Uhr anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erfahren hat, bevor er die kostenauslösende Reise nach Berlin angetreten hat. Dabei kann offenbleiben, ob die nach Aktenlage am 7. Juli 2020 von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ausgefertigte Umladung - wie dies aus dem bei den Akten befindlichen Erledigungsvermerk (Blatt 52 d.A.) hervorgeht - dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin jedenfalls per Post übermittelt worden ist oder ob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin - wie sie mit Schriftsatz vom 7. März 2022 hervorhebt - dazu aufgefordert worden ist, sich die Umladung am Terminstage von der Geschäftsstelle aushändigen zu lassen, weil auch ein Postversand unterblieben sei. Denn es lässt sich jedenfalls nicht feststellen, dass den Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine etwa per Post versandte Umladung so rechtzeitig erreicht hat, dass er sie noch vor dem Antritt der Reise nach Berlin zur Kenntnis genommen hat oder jedenfalls hätte zur Kenntnis nehmen müssen.

    Zwar haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten den Eingang der Umladung zum Termin am 19. November 2020 um 9:30 Uhr sowohl mit einem auf den 7. Juli 2020 gestempelten Empfangsbekenntnis (Blatt 54 d.A.) als auch mit einem auf den 8. Juli 2020 gestempelten Empfangsbekenntnis (Blatt 54a der Akten) quittiert. Hieraus folgt. dass die an sie per Post versandte Umladung jedenfalls am 8. Juli 2020 und damit einen Tag vor dem ursprünglich für den 9. Juli 2020 angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung bei ihnen eingegangen ist. Aus dem rechtzeitigen Zugang der Umladung bei den Prozessbevollmächtigten der Beklagten kann jedoch nicht darauf geschlossen werden, dass auch dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin, der seinen Kanzleisitz - anders als die Prozessbevollmächtigten der Beklagten - nicht in Berlin hat, ein etwa am 7. Juli 2020 zur Post gegebenes und an ihn gerichtetes Umladungsschreiben bereits am 8. Juli 2020 (und zwar noch vor seiner Abreise nach Berlin) erreicht haben muss.

    (c) Danach ist für das Kostenfestsetzungsverfahren davon auszugehen, dass den Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Umladung zu dem zuletzt für den 19. November 2020 angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht nicht nachweislich vor seiner Abreise nach Berlin erreicht hat. Bei dieser Sachlage war es aus der insoweit maßgeblichen ex-ante-Sicht der Klägerin bzw. ihres Prozessbevollmächtigten ohne weiteres geboten, das Erscheinen ihres Prozessbevollmächtigten zu dem für den (vermeintlich) weiterhin auf den 9. Juli 2020 anberaumten Verhandlungstermin sicherzustellen, wobei der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auch nicht gehalten gewesen ist, sich vor seiner Abreise eigeninitiativ durch eine telefonische Rückfrage darüber zu versichern, ob der einmal anberaumte Termin auch tatsächlich stattfinden wird.

    (3) Im vorliegenden Fall bestehen auch keine Bedenken dagegen, dass die Klägerin einen auswärtigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung und der Wahrnehmung des für den 9. Juli 2020 angesetzten Verhandlungstermins beauftragt hat.

    (a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, ist eine Partei, die - wie hier - an einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird, grundsätzlich nicht gehalten, mit der Prozessführung einen am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt zu beauftragen. Vielmehr stellt die Zuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwalts durch eine Partei, die den Rechtsstreit an einem auswärtigen Gericht führt, im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung dar (BGH, Beschluss vom 27. Februar 2018 - II ZB 23/16, Rn. 11, juris m. zahlr. weit. Nachw.; Beschluss vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, Rn. 14 - 19, juris). Mit der Anerkennung der Notwendigkeit der Beauftragung eines nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwaltes soll dem regelmäßig erforderlichen persönlichen Kontakt zwischen Rechtsanwalt und Mandant, aber auch einem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant Rechnung getragen werden (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2011 - I ZB 47/09, Rn. 6, juris). Ist die Partei nicht gehalten, sich in einem vor einem auswärtigen Gericht geführten Rechtsstreit durch einen am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt vertreten zu lassen, kann grundsätzlich auch ein Rechtsanwalt ihres Vertrauens beauftragt werden, der weder am (Wohn)Sitz der Partei noch am Gerichtsort ansässig ist (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2011 - I ZB 47/09, Rn. 6, juris). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Partei die Beauftragung eines Rechtsanwaltes am dritten Ort deshalb als sachdienlich ansehen kann, weil er von ihr im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes ständig mit der Prozessführung betraut und daher sowohl als mit den Verhältnissen der Mandantin als auch mit der Materie in besonderem Maße vertraut gelten kann (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 2018 - II ZB 23/16, Rn. 11, juris; vgl. ferner BGH, Beschluss vom 14. September 2021 - VIII ZB 85/20, Rn. 12f, juris).

    (b) Dafür, dass die Beauftragung des klägerischen Prozessbevollmächtigten gemessen an diesen Maßstäben im Streitfall nicht sachdienlich gewesen sein könnte, bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte; dies wird von der Beklagten auch nicht geltend gemacht.

    b) Die bei der Klägerin für die Anreise zu dem zunächst für den 9. Juli 2020 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht angefallenen Kosten können auch ungeachtet des Umstandes, dass mit Rücksicht auf die nicht nachweislich rechtzeitige Umladung der Klägerin bzw. ihres Prozessbevollmächtigten vorliegend ein gegen das Land Berlin gerichteter Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 BGB im Raume steht, gegen die Beklagte festgesetzt werden.

    aa) Prozessualer Kostenerstattungsanspruch und Amtshaftungsanspruch stehen grundsätzlich nebeneinander. Die Ansprüche richten sich gegen verschiedene Verpflichtete und haben einen unterschiedlichen Gegenstand. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch entsteht aufschiebend bedingt mit der Begründung des Prozessrechtsverhältnisses und wird allein durch das Unterliegen im Prozess begründet. Auch der Umfang der die unterlegene Partei nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO treffenden Pflicht, die dem obsiegenden Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, richtet sich allein nach den für das Prozessrechtsverhältnis geltenden Maßstäben vgl. (BGH, Beschluss vom 06. Februar 2014 - IX ZB 57/12, Rn. 14, juris). Der Amtshaftungsanspruch dagegen fußt im materiellen Recht (§ 839 BGB) und richtet sich gegen einen außerhalb des Prozessrechtsverhältnisses stehenden Dritten, wobei Entstehung und Umfang einer etwaigen Schadensersatzpflicht der öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach den für das materielle Recht geltenden Regeln zu beurteilen sind. Die Frage danach, ob sich eine der Prozessparteien wegen eines möglichen Fehlverhaltens eines Dritten wegen der einmal entstandenen und nach den für das Prozessrechtsverhältnis geltenden Regeln im Innenverhältnis zwischen den Parteien als erstattungsfähig anzuerkennenden Kosten schadlos halten kann, ist daher weder im Kostenfestsetzungsverfahren nachzugehen, noch ist die Entscheidung darüber, ob den Dritten eine Pflicht zum Ersatz eines den Parteien etwa aufgrund der Verletzung einer Amtspflicht entstandenen Schadens trifft, vorgreiflich für die Entscheidung darüber, ob möglicherweise durch den Dritten zu erstattende Kosten gegen den unterlegenen Prozessgegner festgesetzt werden können (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 22. Oktober 2018 - 9 W 142/18, Rn. 10, juris).

    bb) Hinzu kommt, dass § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB für den Fall einer nur fahrlässigen Amtspflichtverletzung vorsieht, dass sich der Anspruchsteller auf anderweitige Ersatzmöglichkeiten verweisen lassen muss. Danach muss zumindest diejenige Partei, der ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch zusteht, diesen Anspruch grundsätzlich vorrangig im Kostenfestsetzungsverfahren geltend machen. Ob in der Person der Prozesspartei, bei der die möglicherweise durch eine Amtspflichtverletzung ausgelösten Prozesskosten zunächst angefallen sind, ein nach § 839 Abs. 1 BGB erstattungsfähiger Schaden entsteht, oder ob dieser aufgrund einer prozessualen Kostenerstattungspflicht auf den Prozessgegner verlagert wird, wird daher regelmäßig erst nach Durchführung des Kostenfestsetzungsverfahrens beurteilt werden können. Dieses Verfahren kann daher auch aus diesem Grunde nicht nachrangig zu der Inanspruchnahme des Dritten wegen einer möglichen Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB sein (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 22. Oktober 2018 - 9 W 142/18, Rn. 10, juris; OLG Dresden, Urteil vom 18. April 2018 - 1 U 1509/17, Rn. 19, juris; LG Potsdam, Beschluss vom 1. Dezember 2016 - 12 T 53/16, Rn. 2, juris; LG Berlin, Beschluss vom 7. April 1987 - 82 T 148/87, MDR 1988, 237, 238; BeckOK ZPO/Jaspersen, 44. Ed. 1.1.2022, § 104 Rn. 22b; Herget in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 104 Rn. 21.5; Schneider in JurBüro 2022, 225, 226; Hansens in: RVGReport 2018, 277, 279; a.A. OLG Koblenz, Beschluss vom 11. März 1986, 14 W 221/86, BeckRS 1986, 1656).

    cc) Mit der Verlagerung des mit der Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruches einhergehenden Prozessrisikos auf die nach den Regeln des Prozessrechts zur Kostenerstattung verpflichtete Partei wird diese auch nicht unbillig belastet. Vielmehr trifft die in einem Gerichtsverfahren unterlegene Partei allgemein das Risiko, dass durch den Prozess auch solche Kosten ausgelöst werden, die bei auf Seiten des Gerichts reibungsloser und auf Seiten der Parteien möglichst kostensparender Prozessführung vermieden worden wären und kann dem Umstand, dass für die Verursachung von rein objektiv betrachtet überflüssiger Kosten möglicherweise ein Dritter einzustehen hat, dadurch Rechnung getragen werden, dass ein etwa zunächst nur in der Person des Erstattungsberechtigten entstandener materiell-rechtlicher Schadensersatzanspruch an den Erstattungspflichtigen abgetreten wird (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 23. Februar 2022 - 11 U 94/21, Rn. 49, juris; MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl. 2022, BGB § 249 Rn. 294). Hiermit und mit der Berücksichtigung des an die Gegenseite abzutretenden möglichen Schadensersatzanspruches nach § 839 Abs. 1 BGB bereits im Kostenfestsetzungsverfahren (vgl. hierzu OLG Schleswig, Beschluss vom 22. Oktober 2018 - 9 W 142/18, Rn. 9, juris; LG Berlin, Beschluss vom 7. April 1987 - 82 T 148/87, MDR 1988, 237, 238; BeckOK ZPO/Jaspersen, 44. Ed. 1..2022, § 104 Rn. 22b; Herget in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 104 Rn. 21.5.) hat sich die Klägerin auch mit Schriftsaft vom 7. März 2022 (dort S. 3; Blatt 122 d.A.) einverstanden erklärt.

    Unabhängig hiervon wäre im Streitfall auch an einen möglicherweise in der Person der Beklagten selbst entstandenen Schadensersatzanspruch zu denken. Denn die hier in Rede stehende Amtspflicht, die Prozessparteien und ihre Bevollmächtigten möglichst rechtzeitig von der Verlegung eines Verhandlungstermins zu unterrichten, damit rein objektiv betrachtet unnötige Anreisekosten vermieden werden, dürfte im Verhältnis zu allen Prozessbeteiligten bestehen, die nach den Regeln des Prozessrechtes eine Kostentragungspflicht treffen kann.

    c) Die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für die Reise ihres Prozessbevollmächtigten zu dem ursprünglich vor dem Landgericht Berlin für den 9. Juli 2020, 9:30 Uhr anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung, die sie auf der Basis derjenigen fiktiven Reisekosten berechnet hat, die bei der Anreise zu dem Verhandlungstermin durch einen am Sitz der Klägerin in Hamburg ansässigen Rechtsanwalt angefallen wären, sind - hinsichtlich der geltend gemachten Nettobeträge - auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.

    aa) Für die nach Vorstehendem erforderliche Anreise zu dem ursprünglich für den 9. Juli 2020 vor dem Landgericht Berlin angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung ist dem auswärtigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung eines Tage- und Abwesenheitsgeldes nach VV-RVG Nr. 7005 in der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung erwachsen. Dagegen, dass die Klägerin das Abwesenheitsgeld mit der für eine Geschäftsreise, die mehr als 8 Stunden in Anspruch nimmt, vorgesehenen Pauschalvergütung in Höhe von 70,00 € angesetzt hat, stehen mit Rücksicht auf die von der Klägerin dargelegte Dauer der Fahrt mit dem Pkw von Hamburg nach Berlin (und zurück) bereits ausgehend von der reinen Fahrzeit keine durchgreifenden Bedenken, ohne dass es insoweit darauf ankäme, ob auch eine Anreise am Vortag (und damit ein Hotelaufenthalt) erforderlich gewesen ist.

    bb) Nicht zu beanstanden ist zudem, dass die Klägerin ferner die nach VV-RVG Nr. 7003 zu vergütenden Fahrtkosten für die Anreise ihres Prozessbevollmächtigten zu dem ursprünglich für den 9. Juli 2020 anberaumten Verhandlungstermin mit insgesamt 167,40 € (netto) angesetzt hat.

    cc) Schließlich bestehen auch keine Bedenken gegen die Erstattungsfähigkeit der durch Vorlage der entsprechenden Rechnung belegten Hotelübernachtungskosten in Berlin in der Nacht vom 8. auf den 9. Juli 2020. Nach VV-RVG Nr. 7006 erstreckt sich der Vergütungsanspruch auch auf sonstige Auslagen anlässlich einer Geschäftsreise, soweit diese angemessen sind.

    (1) Zu den angemessenen Auslagen im Sinne von VV-RVG Nr. 7006 sind grundsätzlich auch Hotelübernachtungskosten zu zählen (Stollenwerk in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl. 2021, VV RVG Nr.7003-7006 Rn. 37). Übernachtungskosten können auch in eine Abrechnung der Reisekosten auf der Basis derjenigen Aufwendungen einbezogen werden, die einem am Sitz der Partei ansässigen Rechtsanwalt entstanden wären (OLG Nürnberg, Beschluss vom 13. Dezember 2012 - 12 W 2180/12, Rn. 29, juris).

    (2) Erforderlich sind die Kosten einer Hotelübernachtung, wenn Hin- und Rückreise zu dem auswärts wahrzunehmenden Termin am selben Tag nicht möglich oder nicht zumutbar sind. Hiervon ist in Anlehnung an § 758a Abs. 4 ZPO dann auszugehen, wenn die Hin- und Rückreise nicht in einem Zeitfenster von 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr erfolgen können (OLG Frankfurt, Beschluss vom 07. Mai 2018 - 6 W 37/18, Rn. 7, juris; OLG Naumburg, Beschluss vom 08. Juni 2016 - 12 W 36/16 (KfB), Rn. 4, juris; OLG Nürnberg, Beschluss vom 13. Dezember 2012 - 12 W 2180/12, Rn. 28, juris; OLG Hamburg, Beschluss vom 03. März 2010 - 4 W 249/09, Rn. 15, juris; 21; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24. Juli 2003 - 21 W 12/03 -, Rn. 6, juris; LG Memmingen, Beschluss vom 29. Januar 2020 - 34 O 1272/16, Rn. 5, juris; vgl. ferner Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 25. Aufl. 2021, RVG VV 7003 Rn. 72 m. weit. Nachw.).

    Bei der Beurteilung der Frage, ob Hin- und Rückreise zumutbarer Weise in dem vorgenannten Zeitfenster bewerkstelligt werden können, ist ein zeitlicher "Sicherheitspuffer" einzurechnen, mit dem möglichen Verzögerungen bei der An- und Rückreise Rechnung getragen wird (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 07. Mai 2018 - 6 W 37/18, Rn. 8, juris; OLG Naumburg, Beschluss vom 08. Juni 2016 - 12 W 36/16 (KfB), Rn. 4, juris; LG Hamburg, Beschluss vom 11. Juni 2019 - 625 Qs 19/19 -, Rn. 2, juris; Stollenwerk in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl. 2021, VV RVG Nr.7003-7006 Rn. 38).

    Nach den insoweit plausiblen Ausführungen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 2. August 2021 (dort S. 3f; Blatt 106f d. A.), denen die Beklagte nicht im Einzelnen entgegengetreten ist, waren für eine Anreise von Hamburg nach Berlin neben der reinen Fahrzeit von ca. 3 Stunden weitere insgesamt 90 Minuten "Sicherheitspuffer" zu veranschlagen. Danach hätte die Anreise zu dem bereits auf 9:30 Uhr angesetzten Verhandlungstermin in Hamburg um 5:00 Uhr morgens angetreten werden müssen und damit zu einer Uhrzeit, zu der dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin bei der insoweit gebotenen pauschalen Betrachtungsweise ein Reiseantritt (noch) nicht zuzumuten gewesen ist.

    (3) Gegen die Angemessenheit der durch Vorlage einer Rechnung belegten Übernachtungskosten in Höhe von 47,62 € bestehen ebenfalls keinerlei Bedenken.

    Danach belaufen sich die erstattungsfähigen Kosten für die (vergebliche) Anreise zu dem ursprünglich für den 9. Juli 2020 angesetzten Verhandlungstermin auf insgesamt 285,02 € (= 70,00 € + 167,40 € + 47,62 €) netto.

    (4) Nach VV-RVG Nr. 7008 ist auf die vorstehend als erstattungsfähig berechnete Vergütung des Rechtsanwaltes ferner die gesetzliche Umsatzsteuer zu berechnen. Die Klägerin hat im Kostenfestsetzungsantrag angegeben, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein (§ 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO), so dass die Umsatzsteuer auch im Verhältnis zu der Beklagten erstattungspflichtig ist.

    Die nach Vorstehendem ebenfalls erstattungsfähige Umsatzsteuer ist nach dem jeweils gültigen Steuersatz zu berechnen. Maßgeblich für die Bestimmung des Steuersatzes ist der Zeitpunkt der Kostengrundentscheidung und nicht der Zeitpunkt des Anfalls der Auslagen (VG Würzburg, Beschluss vom 27. April 2021 - W 3 M 20.2128, Rn. 29, juris; OLG Brandenburg, Beschluss vom 24. Mai 2011 - 6 W 71/09, Rn. 21, juris; vgl. ferner KG, Beschluss vom 24. Mai 2013 - 1 Ws 28/13 -, Rn. 8, juris; BeckOK RVG/K. Sommerfeldt/M. Sommerfeldt, 55. Ed. 1.3.2022, RVG VV 7008 Rn. 23). Die der Kostenberechnung zugrundeliegende Kostengrundentscheidung ist mit dem auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 2020 ergangenen Urteil des Landgerichts - 24 O 217/19 am 22. Dezember 2020 verkündet worden.

    Mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz war der für die hier in Rede stehenden Leistungen anzusetzende Steuersatz für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 von 19 % auf 16 % reduziert (Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 25. Aufl. 2021, RVG VV 7008 Rn. 34a). Danach ist der Berechnung der erstattungsfähigen Kosten hier ein Steuersatz von 16 % zugrunde zu legen.

    Die erstattungsfähigen Kosten für die (vergebliche) Anreise zu dem ursprünglich für den 9. Juli 2020 angesetzten Verhandlungstermin betragen mithin einschließlich Umsatzsteuer 330,62 € (brutto).

    Soweit die Klägerin den nach ihrer Auffassung erstattungsfähigen Mehrbetrag mit Schriftsatz vom 2. August 2021 unter Berücksichtigung eines Umsatzsteuersatzes von 19 % berechnet hat, hat ihre Beschwerde keinen Erfolg.

    2. Die Klägerin wendet sich ferner mit Erfolg dagegen, dass die Rechtspflegerin auch die Kosten einer Übernachtung in Berlin im Vorfeld des auf den 19. November 2020, 9:30 Uhr verlegten Termins zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht in der Nacht vom 18. auf den 19. November 2020 nicht für erstattungsfähig erachtet hat. Vielmehr sind nach den vorstehend unter 1. c) cc) dargelegten Grundsätzen auch die Kosten einer Hotelübernachtung bei Anreise des Prozessbevollmächtigten der Klägerin am Vortage des Verhandlungstermins erstattungsfähig. Gegen die Angemessenheit der durch Vorlage der entsprechenden Rechnung belegten Übernachtungskosten in Höhe von 72,38 € (netto) bestehen ebenfalls keine Bedenken (vgl. KG, Beschluss vom 29. April 2010 - 2 W 207/09, Rn. 11, juris). Wegen der auf den Nettobetrag anzusetzenden Umsatzsteuer kann ebenfalls auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen werden. Der erstattungsfähige Bruttobetrag beläuft sich mithin auf 83,96 €.

    3. Der insgesamt erstattungsfähige Mehrbetrag errechnet sich wie folgt:


    Abwesenheitsgeld VV-RVG 7005 70,00 €
    Fahrtkosten VV-RVG 7003 167,40 €
    Hotelübernachtung I VV-RVG 7006 47,62 €
    Hotelübernachtung II VV-RVG 7006 72,38 €
    Zwischensumme 357,40 €
    Umsatzsteuer 16% VV-RVG 7008 57,18 €
    Summe 414,58 €

    Danach waren dem Betrag in Höhe von 2.865,10 €, der nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts vom 22. Dezember 2022 für die erste Instanz von der Beklagten an die Klägerin zu erstatten ist, gegen dessen Berechnung die Parteien keine Einwände erhoben haben, weitere 414,58 € hinzuzusetzen, so dass sich der insgesamt festzusetzende Betrag auf 3.279,68 € (= 2.865,10 € + 414,58 €) beläuft.

    Von dem erstattungsfähigen Mehrbetrag sind die auf die vergebliche Anreise zu dem ursprünglich für den 9. Juli 2022 angesetzten Verhandlungstermin entfallenden Kosten in Höhe von 330,62 € (brutto) allerdings nur Zug um Zug gegen Abtretung eines etwaigen Amtshaftungsanspruchs gegen das Land Berlin festzusetzen.

    4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, wobei Gerichtskosten für diese Entscheidung nicht zu erheben sind (vgl. KV-GKG Nr. 1812).

    Der Festsetzung eines Wertes des Beschwerdeverfahrens bedurfte es nicht (§ 33 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 RVG).

    Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §§ 174 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Sache ist weder von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechtes oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

    RechtsgebietReisekostenVorschriftenNr. 7006 VV RVG, § 758a Abs. 4 ZPO, § 839 BGB