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  • 17.11.2021 · IWW-Abrufnummer 225887

    Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz: Beschluss vom 28.10.2021 – 7 E 10100/21.OVG

    Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 4. Januar 2021 wird zurückgewiesen.

    Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.



    1.

    Eine Terminsgebühr für die Mitwirkung an außergerichtlichen Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind (Nr. 3104 VV RVG i.V.m. Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 VV RVG), entsteht unabhängig davon, ob im gerichtlichen Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist.
    2.

    Zu den Voraussetzungen einer auf Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung.
    3.

    Dass das tatsächliche Vorliegen dieser Voraussetzungen zwischen den Beteiligten streitig ist, hindert die Festsetzung der Terminsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nicht. Ausreichend ist insoweit die Glaubhaftmachung der Voraussetzungen (hier: hinreichende Glaubhaftmachung verneint).




    In dem Verwaltungsrechtsstreit
    A.,
    - Antragstellerin und Beschwerdeführerin -
    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwaltskanzlei B.
    gegen
    die Stadt Frankenthal (Pfalz), vertreten durch den Oberbürgermeister, Rathausplatz 2-7, 67227 Frankenthal (Pfalz),
    - Antragsgegnerin -
    wegen Umsetzungsverfügung
    hier: Kostensache
    hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 28. Oktober 2021, an der teilgenommen haben
    Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Stahnecker
    Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Arnold
    Richter am Oberverwaltungsgericht Göbel
    beschlossen:
    Gründe
    1

    Die gemäß § 146 Abs. 1 und 3 VwGO zulässige Beschwerde, über die der Senat in der Besetzung mit drei Richtern entscheidet (vgl. OVG Nds, Beschluss vom 11. Juni 2007 - 2 OA 433/07 -, juris, Rn. 2 ff. m.w.N.), ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung der Antragstellerin (Antrag auf Entscheidung des Gerichts nach §§ 165, 151 VwGO) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 27. November 2020 jedenfalls im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Festsetzung der geltend gemachten Terminsgebühr.
    2

    1. Nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - VV RVG - entsteht eine Terminsgebühr nach § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. Nr. 3104 VV RVG für die Mitwirkung an außergerichtlichen Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind; dies gilt nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber.
    3

    Sie entsteht nach dem Willen des Gesetzgebers unabhängig davon, ob im gerichtlichen Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist oder nicht (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs zu dieser Vorschrift, BT-Drs. 17/11471, S. 147; OVG NRW, Beschluss vom 17. Juli 2014 - 8 E 376/14 -, juris, Rn. 5 ff.).
    4

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluss vom 20. November 2006 - II ZB 9/06 -, juris = NJW-RR, 2007, 286), der sich das Bundesverwaltungsgericht angeschlossen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. September 2018 - 3 KSt 1/18 -, juris, Rn. 5 f.), setzt eine auf Erledigung gerichtete Besprechung als mündlicher Austausch von Erklärungen die Bereitschaft der Gegenseite voraus, überhaupt in Überlegungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens einzutreten. Verweigert der Gegner von vornherein entweder ein sachbezogenes Gespräch oder eine gütliche Einigung, kommt eine Besprechung schon im Ansatz nicht zustande. Im Unterschied dazu ist von einer Besprechung auszugehen, wenn sich der Gegner auf das Gespräch einlässt, indem er die auf eine Erledigung des Verfahrens gerichteten Vorschläge zwecks Prüfung und Weiterleitung an seine Partei entgegennimmt. Die außergerichtliche Besprechung kann auch telefonisch durchgeführt werden. Nicht erforderlich ist, dass die Besprechung kausal für die Erledigung des Verfahrens gewesen ist. Der Gebührentatbestand knüpft nicht an den Erfolg einer gütlichen Einigung an.
    5

    Dass das tatsächliche Vorliegen dieser Voraussetzungen zwischen den Beteiligten streitig ist, hindert die Festsetzung der Terminsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nicht. Ausreichend ist insoweit gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Glaubhaftmachung der Voraussetzungen (OVG Nds, Beschluss vom 24. Januar 2011 - 8 OA 2/11 -, juris, Rn. 6 m.w.N.).
    6

    2. Nach diesen Maßstäben hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass zwischen ihrem Prozessbevollmächtigten und einer Mitarbeiterin der Antragsgegnerin eine die Terminsgebühr auslösende Besprechung stattgefunden hat.
    7

    a) Nach Darstellung ihres Prozessbevollmächtigten im Kostenfestsetzungsverfahren mit den Schriftsätzen vom 22. Oktober 2020, 12. November 2020 und 26. November 2020 hat dieser mit einer Mitarbeiterin der Antragsgegnerin auf deren Initiative zweimal telefoniert. Es sei über die Rücknahme des Widerspruchs durch die Antragstellerin gesprochen worden. Ergebnis der Telefongespräche sei gewesen, dass der Widerspruch von beiden Seiten als weiterhin existent angesehen werden sollte. Er habe auch versucht, die Antragsgegnerin davon zu überzeugen, die Umsetzung der Antragstellerin nicht durchzuführen bzw. die Entscheidung über den Widerspruch abzuwarten. Ziel der Mitarbeiterin der Antragsgegnerin sei wohl gewesen, dass er den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes zurücknehme. Genau darüber sei gesprochen worden.
    8

    Nach Darstellung der Antragsgegnerin hingegen ist es in dem Telefongespräch mit dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ausschließlich um die Rücknahme des Widerspruchs durch die Antragstellerin gegangen. Zwar sei Intention ihrer Mitarbeiterin tatsächlich die Rücknahme des Eilrechtsschutzantrags gewesen. Jedoch sei eine solche Rücknahme in dem Gespräch angesichts der massiven Kritik des Prozessbevollmächtigten an dem Zustandekommen der Widerspruchsrücknahme seiner Mandantin nicht zur Sprache gekommen.
    9

    b) Es kann dahinstehen, ob ein Telefongespräch mit dem vom Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin geschilderten Inhalt, wonach auch über die Rücknahme des Eilrechtsschutzantrags gesprochen worden sei, als Besprechung, die auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet ist, anzusehen wäre, was vom Verwaltungsgericht wegen fehlender Einigungsbereitschaft der Gesprächsparteien verneint worden ist (vgl. zu den Anforderungen an die "Gesprächsbereitschaft" der Gegenseite, Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 25. Auflage 2021, VV RVG Vorbemerkung 3, Rn. 177 ff. m.w.N.).
    10

    Denn die Antragstellerin hat nicht hinreichend gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht, dass in dem Telefongespräch ihres Prozessbevollmächtigten mit der Mitarbeiterin der Antragsgegnerin auch über die Rücknahme des Eilrechtsschutzantrags gesprochen worden ist.
    11

    Die Mitarbeiterin der Antragsgegnerin hat dies ausdrücklich in Abrede gestellt und hierzu ausgeführt, dass sie zwar eine entsprechende Intention bei ihrem Telefonanruf gehabt habe, eine solche Rücknahme aber angesichts der massiven Kritik des Prozessbevollmächtigten an dem Zustandekommen der Widerspruchsrücknahme seiner Mandantin nicht zur Sprache gekommen sei.
    12

    Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat für seine gegenteilige Behauptung, es sei auch über die Rücknahme des Eilrechtsschutzantrags gesprochen worden, weder einen seinerzeit gefertigten Vermerk zu dem Telefongespräch noch eine eidesstattliche Versicherung zur Glaubhaftmachung vorgelegt. Er hat außerdem schon nicht näher dargelegt, was die Mitarbeiterin der Antragsgegnerin und er in Bezug auf eine Rücknahme des Antrags genau - soweit noch erinnerlich - erklärt haben sollen. Seine Schriftsätze im Kostenfestsetzungsverfahren enthalten die bloße Behauptung, es sei darüber gesprochen worden. In der Erinnerung vom 4. Dezember 2020 heißt es hierzu lediglich, die Parteien hätten sich in dem Telefonat sehr wohl darüber unterhalten, ob die Antragstellerin ihren Antrag wegen der Rücknahme des Widerspruchs zurücknehmen solle oder nicht. In der Beschwerde vom 11. Januar 2021 findet sich nur die Angabe, es seien materiell-rechtliche Fragen und auch Fragen der Art und Weise der weiteren Fortführung des Rechtsstreits (wie und ob) besprochen worden. Nähere Angaben zu dem Ablauf und den Äußerungen des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin und der Mitarbeiterin der Antragsgegnerin, die eine Plausibilisierung ermöglichen könnten, enthält jedoch auch die Beschwerdeschrift nicht.
    13

    Mit diesem pauschalen Vorbringen ist weder hinreichend dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin in dem Telefongespräch mit dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin auch über die Rücknahme des Eilrechtsschutzantrags gesprochen worden ist.
    14

    Nach alledem ist nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Telefongespräche des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin mit der Antragsgegnerin auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet gewesen sind.
    15

    3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
    16

    Eine Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) nur eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.
    17

    Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1

    RechtsgebietGebührenrechtVorschriften§ 2 Abs. 2 RVG i. V. m. Nr. 3104 VV RVG