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  • 14.06.2021 · IWW-Abrufnummer 222902

    Oberlandesgericht Brandenburg: Beschluss vom 12.02.2021 – 6 W 96/20

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Brandenburg

    Beschluss vom 12.02.2021


    Tenor:

    Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Neuruppin vom 12.05.2020 - 1 O 406/19 - abgeändert.

    Die von dem Kläger an die Beklagte nach dem Beschluss des Landgerichts Neuruppin vom 01.04.2020 gemäß § 104 ZPO zu erstattenden Kosten werden auf

    1.923,04 €

    (in Worten: eintausendneunhundertdreiundzwanzig und 4/100 EUR)

    nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seit dem 15.04.2020 festgesetzt.

    Die Anschlussbeschwerde des Klägers wird zurückgewiesen.

    Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden auf die Hälfte ermäßigt; die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

    Gründe

    Sowohl die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Neuruppin vom 12.05.2020 wie auch die Anschlussbeschwerde des Klägers sind zulässig. Nur die sofortige Beschwerde der Beklagten hat allerdings in der Sache Erfolg, hingegen war die Anschlussbeschwerde des Klägers als unbegründet zurückzuweisen.

    I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist nach § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässig. Sie ist auch begründet. Zu Recht wendet sich die Beklagte dagegen, dass das Landgericht die mit Kostenfestsetzungsantrag vom 26.03.2020 mit beantragte Einigungsgebühr nach §§ 2, 13 Abs. 1 RVG i.V.m. Nrn 1003, 100 VV RVG nicht festgesetzt hat.

    Der Begründung des Landgerichts, die beantragte Einigungsgebühr könne nicht festgesetzt werden, weil es an einer Kostengrundentscheidung fehle, ist nicht zu folgen. Vielmehr stellt der Beschluss des Landgerichts Neuruppin vom 01.04.2020, nach dem der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, die maßgebliche Kostenentscheidung dar. Dieser Titel sagt aus, wer die Verfahrenskosten zu tragen hat, während die Höhe der zu erstattenden Kosten nach Maßgabe der Vorgaben der VV RVG im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103ff ZPO ermittelt und festgesetzt werden (Zöller-Herget, ZPO, 32. Aufl. 2018, §§ 103, 104 ZPO Rn 1).

    Entgegen der Ansicht des Klägers kann die Beklagte auch die Erstattung einer Einigungsgebühr nach VV RVG 1000 verlangen. Diese Gebühr entsteht nach VV RVG 1000 Abs. 1 Nr. 1 u.a. für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Diese Voraussetzungen sind bereits nach dem Vortrag des Klägers erfüllt, denn er macht geltend, dass die Parteien zur Erledigung des Rechtsstreits eine Einigung über die Rücknahme der Klage und die dafür seitens der Beklagten zu erbringende Gegenleistung getroffen haben. Mit dieser Regelung haben die Parteien den Streit über die Passivlegitimation der Beklagten und eine mögliche Verjährung eines Teils der geltend gemachten Forderungen beseitigt. Das hat auch die Beklagte im Kern so vorgetragen. Dass die Parteien nunmehr über den Umfang der Einigung streiten, steht der Entstehung der Einigungsgebühr nicht entgegen, denn dieser Dissenz betrifft nur einen Teil der Abrede, nämlich betreffend der an die Beklagte zu erstattenden gerichtlichen Kosten. Hingegen tragen die Parteien übereinstimmend vor, Konsens über die Rücknahme der Klage und die Erstattung der dem Kläger entstandenen vorgerichtlichen Kosten durch die Beklagte erzielt zu haben. Es liegt mithin zumindest eine Teileinigung vor, die die Geltendmachung der Einigungsgebühr rechtfertigt.

    Der Geltendmachung der Einigungsgebühr steht entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht entgegen, dass sich die Beklagte verpflichtet hätte, ausschließlich eine Verfahrensgebühr zur Festsetzung anzumelden, wenn er, der Kläger, die Klage zurücknimmt. Die Beklagte ist diesem Vortrag substantiiert entgegengetreten, indem sie den email-Verkehr der beteiligten Prozessbevollmächtigten vom 24. und 25.03.2020 wörtlich zitiert hat. Daraus ergibt sich, dass die Beklagte die Frage nach einem Verzicht auf einen Kostenantrag nach Klagerücknahme abschlägig beschieden hat. Dass der Kläger danach noch einen Vorschlag unterbreitet hätte, dass nur die Verfahrensgebühr abgerechnet wird (und die Beklagte dem zugestimmt hat), bevor noch am selben Tag Rücknahme der Klage erklärt worden ist, ergibt sich aus dem dargestellten Kommunikationsverlauf nicht und ist seitens des Klägers entgegen § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO auch nicht glaubhaft gemacht. Die Erwiderung seines Prozessbevollmächtigten auf den Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten vom 26.03.2020 genügt dafür nicht.

    II. Die Anschlussbeschwerde des Klägers, mit der er sich gegen die Festsetzung der Terminsgebühr wendet, ist entgegen der Ansicht des Landgerichts ebenfalls zulässig, denn für dieses unselbständige Rechtsmittel gilt die Beschwerdefrist des § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht.

    Sie ist aber unbegründet, nachdem der Kläger, wie aufgezeigt, auch auf den substantiierten Vortrag der Beklagten nicht glaubhaft gemacht hat (§§ 104 Abs. 2 Satz 1, 294 ZPO), dass die Parteien eine Einigung dahin erzielt hätten, dass die Beklagte im Fall der Klagerücknahme durch den Kläger nur eine Verfahrensgebühr zur Kostenfestsetzung anmeldet.

    III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, Nr. 1812 KV GKG.

    Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 ZPO nicht erfüllt sind.

    RechtsgebietRVG-VVVorschriftenRVG-VV Nr. 1000