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  • 19.04.2018 · IWW-Abrufnummer 200763

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Beschluss vom 19.05.2017 – 1 Ws 2/17

    1. Die Dauer der Verhandlung ist ein objektiver Gradmesser für die Bestimmung der Terminsgebühr für Fortsetzungstermine.

    2. Sind die Pflichtverteidigergebühren höher als die Wahlanwaltsgebühren, ergibt sich im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens gem. § 464b StPO wegen vollständiger Anrechnung der Pflichtverteidigergebühren (§ 52 Abs. 1 S.2 RVG) kein festsetzbarer Betrag.


    Oberlandesgericht Düsseldorf

    1 Ws 2/17

    Tenor:

    1. Die sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts gegen den Beschluss des Rechtspflegers beim Landgericht Düsseldorf vom 4. Juli 2016 (14 KLs 2/15) wird als unbegründet verworfen.
    2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der frühere Angeklagte.
    1

    G r ü n d e

    2

    I.

    3

    Das Strafverfahren gegen den früheren Angeklagten ist gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten wurden der Staatskasse auferlegt. Rechtsanwalt macht als Pflichtverteidiger, zu dessen Gunsten 12.897,70 Euro Gebühren und Auslagen festgesetzt worden sind (Landgericht Düsseldorf, Beschluss vom 13. Dezember 2016 – 14 KLs 2/15; Senat, Beschluss vom 18. Mai 2017 – III-1 Ws 33 - 34/17), die höheren Gebühren eines Wahlverteidigers nebst Zinsen geltend. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Landgericht – Rechtspfleger – den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts.

    4

    II.

    5

    Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 464b Satz 3, § 304 Abs. 3 StPO i.V.m. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO), aber unbegründet.

    6

    1. Das Rechtsmittel betrifft die dem Grunde nach unstreitigen Terminsgebühren gemäß Ziff. 4120 VV RVG. Nach § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO i.V.m. § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO gehören zu den notwendigen Auslagen eines Beteiligten die Gebühren und Auslagen, die einem Rechtsanwalt als Verteidiger nach dem RVG zustehen. Sind Rahmengebühren entstanden, so bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr – wie hier – von einem Dritten zu ersetzen, so ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nach § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Allerdings steht dem Rechtsanwalt ein Spielraum von 20% (Toleranzgrenze) zu, der auch von den Gerichten zu beachten ist; die von ihm getroffene Bestimmung ist erst dann unbillig und deshalb nicht verbindlich, wenn die berechnete Gebühr um mehr als 20% über der liegt, die das Gericht für objektiv angemessen hält (BGH NJW-RR 2007, 420, Tz. 5; BVerwG NJW 2006, 247, Tz. 24; BSG NJW 2010, 1400, Tz. 19).

    7

    2. Die beantragten Terminsgebühren gemäß Ziff. 4120 VV RVG für die in dem angefochtenen Beschluss im Einzelnen bezeichneten Termine erscheinen unter Berücksichtigung der dargestellten Kriterien als überhöht. Ein objektiver Gradmesser für die Bestimmung der Gebühr für die Fortsetzungstermine ist dabei nach der ständigen Rechtsprechung des Senats die Dauer der Verhandlung (vgl. Senat, Beschlüsse vom 5. Januar 2011 – III-1 Ws 322/10, vom 27. Januar 2006 – III–1 Ws 238/05, vom 12. Juni 2003 – III–1 Ws 36-43/03 und vom 11. Januar 2000 – 1 Ws 930/99). Dabei geht der Senat von folgender Abstufung aus:

    8

    Hauptverhandlung bis zu einer Stunde ® 1,5 fache Mindestgebühr ® 195 EuroHauptverhandlung bis zu zwei Stunden ® 3 fache Mindestgebühr ® 390 EuroHauptverhandlung bis zu vier Stunden ® Mittelgebühr ® 424 EuroHauptverhandlung bis zu fünf Stunden ® 5 fache Mindestgebühr ® 650 Euro.

    9

    Die Rechtsausführungen in der Beschwerdebegründung vom 11. Juli 2016 geben zu einer Änderung dieser Rechtsprechung keine Veranlassung.

    10

    Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergeben sich folgende Werte:

    11

    Termin Dauer Antrag v. 4.3.2016 Angemessener Wert

    12

    24.09.2014 1 Stunde 450 Euro 195 Euro

    13

    29.09.2016 30 Min. 600 Euro 195 Euro

    14

    09.10.2014 1 Stunde 400 Euro 195 Euro

    15

    10.10.2014 1 St. u. 30 Min. 600 Euro 390 Euro

    16

    27.10.2014 1 St. u. 45 Min. 400 Euro wie beantragt

    17

    28.10.2014 1 St u.10 Min. 440 Euro 390 Euro

    18

    31.10.2014 - 440 Euro wie beantragt

    19

    06.11.2014 - 350 Euro wie beantragt

    20

    07.11.2014 - 900 Euro wie beantragt

    21

    10.11.2014 6 Stunden 900 Euro 700 Euro

    22

    14.11.2014 45 Min. 300 Euro 195 Euro

    23

    18.11.2014 5 St. u. 45 Min. 900 Euro 680 Euro

    24

    21.11.2014 1 Stunde 400 Euro 195 Euro

    25

    28.11.2014 1 St. u. 25 Min. 470 Euro 390 Euro

    26

    28.01.2015 1 St. u. 10 Min. 470 Euro 390 Euro

    27

    04.02.2015 35 Min. 440 Euro 195 Euro

    28

    13.02.2015 aufgehoben 180 Euro 130 Euro

    29

    18.02.2015 2 Stunden 440 Euro wie beantragt

    30

    Es ergibt sich daher eine Differenz gegenüber den in dem Antrag des Beschwerdeführers vom 4. März 2016 zugrundegelegten Werten in Höhe von insgesamt 2.310 Euro, so dass sich die Summe der Gebührenpositionen entsprechend dem Antrag des Beschwerdeführers vom 4. März 2016 auf 9.020,40 Euro netto, somit auf 10.734,28 Euro brutto beläuft. Da die festgesetzten Pflichtverteidigergebühren in Höhe von 10.833,84 Euro (ohne die Gebühr für die Vertretung im Adhäsionsverfahren) diesen Betrag übersteigen, ist für eine weitergehende Festsetzung von Wahlverteidigergebühren kein Raum. Die sofortige Beschwerde war daher zu verwerfen.

    31

    3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.