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  • 25.11.2016 · IWW-Abrufnummer 190154

    Oberlandesgericht Naumburg: Beschluss vom 08.06.2016 – 12 W 36/16

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Naumburg

    Beschl. v. 08.06.2016

    Az.: 12 W 36/16 (KfB)

    In der Beschwerdesache
    ...

    hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Fichtner als Einzelrichter am 8. Juni 2016 beschlossen:

    Tenor:

    Unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Streithelferin im Übrigen wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Halle vom 12. Januar 2016 - 3 O 242/06 - teilweise abgeändert:

    Aufgrund des vorläufig vollstreckbaren Urteils des Landgerichts Halle vom 4. März 2015 werden weitere von der Klägerin an die Streithelferin zu erstattende Kosten in Höhe von 337,36 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 24. März 2015 festgesetzt.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin zu 35 % und die Streithelferin zu 65 %.

    Der Beschwerdewert wird auf 974,00 € festgesetzt.

    Gründe

    I.

    Gemäß Urteil des Landgerichts Halle vom 4. März 2015 sind der Klägerin die Kosten der Streithilfe in erster Instanz auferlegt. Nur über diese Kosten, deren Festsetzung mit Schriftsatz vom 23. März 2015 beantragt worden war, ist der angegriffene Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Halle vom 12. Januar 2016 ergangen, korrigiert durch den Beschluss vom 3. März 2016, mit welchem die geltend gemachten Kosten nur teilweise zur Erstattung festgesetzt wurden. Hiergegen hat die Streithelferin mit Schriftsatz vom 17. März 2016 sofortige Beschwerde eingelegt.

    II.

    Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 104 Abs. 3, 567 ff. ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Zur Entscheidung ist gemäß § 568 ZPO der Einzelrichter berufen.

    Die sofortige Beschwerde ist auch teilweise begründet.

    Hinsichtlich der Übernachtungskosten, geltend gemacht in Höhe von 405,00 € und berücksichtigt durch das Landgericht in Höhe von nur 60,00 €, hat die sofortige Beschwerde teilweise Erfolg. Die Hotelübernachtungen im Zusammenhang mit den Terminen am 6. Mai 2010, am 7. Oktober 2010 und am 14. Juli 2011 waren für den Prozessbevollmächtigten der Streithelferin notwendig, er war nicht gehalten, zur Wahrnehmung der Gerichtstermine jeweils noch am selben Morgen von seiner Kanzlei in A. nach Halle anzureisen. Einer Partei bzw. einem Streithelfer kann nicht abverlangt werden, die in einer Rechtssache notwendig werdenden Reisen zur Nachtzeit durchzuführen. Als Nachtzeit ist in Anlehnung an § 758 a Abs. 4 ZPO die Zeit von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr anzusehen (z.B. OLG Hamburg, AGS 2011, 463; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2003, 1654). Eine Anreise, bei welcher der Prozessbevollmächtigte der Streithelferin seine Wohnung vor 6.00 Uhr morgens hätte verlassen müssen, musste dieser also nicht durchführen. Dies wäre aber erforderlich gewesen, wenn er zum Terminsbeginn um 10.00 Uhr (am 6. Mai 2010 bzw. am 14. Juli 2011) oder gar um 9.00 € am 7. Oktober 2010 im Gerichtsgebäude in Halle hätte anwesend sein wollen. Für den Termin am 7. Oktober 2010 steht außer Frage, dass die Nacht davor in Halle übernachtet werden durfte (Kosten 60,00 €). Dies gilt aber auch für die beiden Termine am 6. Mai 2010 (Kosten 47,66 €) und am 14. Juli 2010 (Kosten 44,00 €), die jeweils für 10.00 Uhr anberaumt waren.

    Zwar ist ausweislich des Google-Routenplaners derzeit mit einer reinen Fahrtzeit von drei Stunden und sechs Minuten zu rechnen. Um allerdings, worauf die in der Sache erkennenden Gerichte durchaus Wert legen, möglichst rechtzeitig zu der Verhandlung zu erscheinen, ist ein Rechtsanwalt darauf verwiesen, einen ausreichenden zeitlichen Puffer bei der Reisezeit wegen unvorhergesehener Verzögerungen wie Staus u.ä. vorzusehen. Hinzu kommt die Zeit einer angemessenen Fahrpause, dies auch eingedenk des Umstandes, dass der Prozessbevollmächtigte zum Zeitpunkt jener Termine schon weit älter als 70 Jahre war. Im vorliegenden Fall entscheidend ist aber, dass die heutigen Straßenverhältnisse einer gut ausgebauten Bundesautobahn 9 nicht zugrunde gelegt werden können, auf der der Prozessbevollmächtigte in erster Linie zu fahren hatte. Bis zur Vervollständigung des sechsspurigen Ausbaus der BAB 9 in Thüringen und Sachsen-Anhalt, der erst im November 2014 abgeschlossen war, war regelmäßig mit Verzögerungen und Geschwindigkeitsreduzierungen wegen Baustellen und hohem Verkehrsaufkommen zu rechnen, etwa an der Engstelle zwischen Schleiz und Triptis. Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass ein Rechtsanwalt aus A. seine Reise für einen Termin um 10.00 Uhr vorsorglich vor 6.00 Uhr beginnen müsste. Insofern sind zusätzlich 91,66 € durch die Klägerin zu erstatten. Für die weiteren Termine am 24. Mai 2007 (Beginn 14.45 Uhr), 26. März 2009 (Beginn 10.30 Uhr), 7. Oktober 2009 (Beginn 11.00 Uhr) und 28. Januar 2015 (Beginn 13.00 Uhr) gilt dies allerdings nicht. Hier standen zumindest 4,5 Stunden ab 6.00 Uhr für eine ausreichend rechtzeitige Anreise nach Halle zur Verfügung. Eine Fahrstrecke von insgesamt 670 km an einem Tag, unterbrochen durch die Gerichtsverhandlung erscheint dem Senat auch nicht unzumutbar.

    Erstattungsfähig sind Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 1.409,70 €, geltend gemacht in Höhe von 1.473,00 € und berücksichtigt durch das Landgericht in Höhe von nur 1.344,00 €, für sieben Gerichtstermine vor dem Landgericht Halle. Dabei sind die Fahrtkosten im Ausgangspunkt ab der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Streithelferin, K. Platz 8 in A. , zu berechnen. Dass eine Fahrt vom Sitz der Streithelferin in P. um 17 km kürzer wäre, ist ohne Relevanz. Im Übrigen ist zu unterscheiden:

    Für die Tage, an denen eine Hotelübernachtung erforderlich war, also am 6. Mai 2010, am 7. Oktober 2010 und am 14. Juli 2011, ist zunächst - laut Google-Routenplaner - die Strecke bis zu dem angemessenen Waldhotel B. , H. Straße 1 in Halle (332 km), sodann die Strecke von dort zu dem Parkhaus, unmittelbar am Sitz des Landgerichts gelegen, (6 km) und schließlich von dort zu der Kanzlei des Bevollmächtigten (335 km) zugrunde zu legen, also pro Termin 673 km, für alle drei Termine somit 2.019 km.

    Hinsichtlich der weiteren vier Terminstage, 24. Mai 2007, 26. März 2009, 7. Oktober 2009 und 28. Januar 2015, für die keine Übernachtung erforderlich war, ist die doppelte Entfernung zwischen der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Streithelferin, K. Platz 8 in A. , und dem Parkhaus, unmittelbar am Sitz des Landgerichts, zugrunde zu legen, nämlich 335 km laut Google-Routenplaner, insgesamt 2.680 km. Nicht nachvollziehbar und somit keine tragfähige Grundlage der Berechnung ist die Angabe der Antragstellerin, dass die Entfernung (hin und zurück) 710 bis 713 km betragen habe. Für alle sieben anzuerkennenden Fahrten (4.699 km) ergeben sich gemäß VV RVG 7003 (0,30 €/km) insgesamt 1.409,70 €.

    Tage- und Abwesenheitsgeld gemäß VV RVG 7005 Nr. 3, geltend gemacht in Höhe von 980,00 € und von dem Landgericht berücksichtigt in Höhe von 480,00 €, sind in Höhe von insgesamt 660,00 € zu erstatten. Dies ist zunächst einmal das Tage- und Abwesenheitsgeld für die unstrittig acht Terminstage vor dem Landgericht Halle, dies sind in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung des RVG jeweils 60,00 €, zusammen 480,00 €. Hinzu kommen jeweils 60,00 € für die Abwesenheitstage neben den Terminstagen am 6. Mai 2010, am 7. Oktober 2010 und am 14. Juli 2011, für die eine Übernachtung erforderlich war, insgesamt 180,00 €.

    Anders als die Beschwerdeführerin meint, sind auch nicht die Parkgebühren übergangen worden. Diese sind als zu erstattende Kosten in die Kostenfestsetzung eingeflossen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 ZPO.

    RechtsgebietÜbernachtungskostenVorschriften§ 104 Abs. 3 ZPO; § 567 ff. ZPO