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  • 22.04.2014 · IWW-Abrufnummer 141205

    Oberlandesgericht Rostock: Beschluss vom 07.02.2014 – 1 W 88/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    OLG Rostock, 07.02.2014 - 1 W 88/13
    Tenor:

    Auf die Beschwerde des Klägers wird die Streitwertfestsetzung im Urteil des Landgerichts Rostock - 1 O 169/10 - vom 26.09.2013 geändert:

    Der Streitwert wird auf 134.578,16 Euro festgesetzt (58.809,42 + 34.401,20 + 41.367,54 Euro).
    Gründe

    I.

    Der Kläger war Vorstandsmitglied der K.-Genossenschaft N. e.G. (im Folgenden: Schuldnerin), über deren Vermögen am 31.01.1992 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet worden und für das inzwischen der Beklagte zum Gesamtvollstreckungsverwalter bestellt ist. Der Beklagte hatte das Dienstverhältnis am 27.10.2009 gekündigt, der Kläger dagegen die Unwirksamkeit der Kündigung sowie Vergütungsansprüche geltend gemacht.

    Mit seiner am 18.11.2009 zunächst zum Arbeitsgericht Rostock erhobenen und sodann an das Landgericht Rostock verwiesenen Klage begehrte der Kläger zuletzt die Zahlung angeblich vereinbarter Bruttovergütung für sieben Monate à 7.387,06 Euro in Höhe von insgesamt 51.709,42 Euro sowie eine Sonderzahlung von 7.100,00 Euro, die Feststellung, dass das Anstellungsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet sei und hilfsweise, dass das Anstellungsverhältnis durch die Kündigung frühestens zum 31.05.2010 beendet worden sei. Der Beklagte hat widerklagend Schadensersatz in Höhe von 34.401,20 Euro verlangt.

    Das Landgericht hat mit am 26.09.2013 verkündeten Urteil festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 27.10.2009 zum 31.05.2010 beendet worden ist. Im Übrigen hat es die Klage wie auch die Widerklage abgewiesen. Rechtsmittel hiergegen sind nicht eingelegt worden.

    Darüber hinaus hat das Landgericht in dem Urteil den Streitwert auf 305.957,95 Euro festgesetzt, und zwar bezüglich des Zahlungsantrages auf 58.809,42 Euro, bezüglich der Widerklage auf 34.401,20 Euro und bezüglich des Feststellungsantrages auf 212.747,33 Euro. Letzteres hat es gestützt auf § 42 Abs. 3 GKG (gemeint ist ersichtlich: § 42 Abs. 2 GKG in der vom 01.09.2009 bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung, im Folgenden: a.F.) und zudem einen Abschlag von 20 % berücksichtigt.

    Gegen diese Entscheidung richtet sich die Streitwertbeschwerde des Klägers, die er mit am 25.11.2013 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten eingelegt und mit weiteren Schriftsätzen vom 11.12.2013 und 31.01.2014 begründet hat. Dabei beanstandet er die Wertfestsetzung für die Zahlungs- und die Widerklage ausdrücklich nicht, sondern wendet sich allein gegen die Festsetzung des Streitwerts für den Feststellungantrag. Die vom Landgericht herangezogene Vorschrift des § 42 Abs. 3 GKG a.F. sei nicht einschlägig. Da der Beklagte das Anstellungsverhältnis ordentlich zum 31.05.2010 hätte kündigen können, komme es unter Berücksichtigung des maßgeblichen Interesses des Klägers nur auf den Zeitraum von November 2009 bis Mai 2010 an, so dass sich der Streitwert insoweit bei einem Bruttogehalt von 7.387,06 Euro und einem Abschlag von 20 % auf 41.367,54 Euro belaufe.

    Das Landgericht hat der - zu diesem Zeitpunkt noch nicht begründeten - Beschwerde mit Beschluss vom 06.12.2013 nicht abgeholfen. Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung, tritt der Beschwerde entgegen und weist darauf hin, dass der Kläger im Jahr 2008 ein durchschnittliches Bruttogehalt von monatlich 8.471,55 Euro bezogen habe.

    II.

    Die zulässige (§ 68 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 GKG) Beschwerde ist begründet und führt zur Herabsetzung des Streitwerts entsprechend dem Vorbringen des Klägers.

    1.

    Die Wertfestsetzung für Zahlungsklage und Widerklage nimmt der Kläger hin, sie wird auch vom Beklagten nicht beanstandet. Der Senat sieht insoweit keinen Anlass für eine Änderung von Amts wegen (§ 63 Abs. 3 GKG).

    2.

    Den Wert des Feststellungsantrages hat das Landgericht dagegen zu hoch angesetzt, da § 42 Abs. 2 GKG a.F. (jetzt: § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG i.d.F. des 2. KostRMoG) hier weder direkt noch indirekt zur Anwendung kommt.

    a)

    Mit Recht verweisen allerdings sowohl das Landgericht wie auch beide Parteien für den vorliegenden Fall auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 09.06.2005 - III ZR 21/04, NJW-RR 2006, 213 = NZA 2006, 287, zitiert nach juris). Danach ist der Gebührenstreitwert in Ermangelung spezieller Normen gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen, da weder das Gerichtskostengesetz noch die Zivilprozessordnung besondere Bestimmungen über die Ermittlung des Gegenstandswerts in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen oder Nichtbestehen oder die Beendigung eines Dienstverhältnisses des bürgerlichen Rechts enthalten (BGH, aaO., Tz. 7, 8; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.04.2011 - I-24 W 27/11, Tz. 12, 13 zitiert nach juris). So liegt es hier:

    § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG (§ 42 Abs. 2 Satz 1 GKG a.F.) gilt zwar u.a. auch bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem - vorliegend gegebenen - Dienstverhältnis eines Organmitglieds einer juristischen Person (§§ 9, 17 Abs. 1 GenG; vgl. Hartmann, Kostengesetze, 43. Aufl., § 42 GKG Rn. 26), ist aber auf den hier in Rede stehenden Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung nicht unmittelbar anwendbar. § 52 Abs. 5 GKG wiederum betrifft ausschließlich besoldete öffentlich-rechtliche Dienst- oder Amtsverhältnisse, die hier nicht gegeben sind.

    Schließlich kommt § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG a.F. (jetzt: § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG), wonach in Streitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses für die Wertberechnung höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend ist, ebenfalls nicht in Betracht. Diese Vorschrift, die weitgehend § 12 Abs. 7 ArbGG in der bis zum 30.06.2004 geltenden Fassung entspricht, beschränkt sich nach Wortlaut und Gesetzessystematik auf das arbeitsgerichtliche Verfahren. Auf Verfahren vor den ordentlichen Gerichten über andere Dienstverhältnisse lässt sich diese Sonderregelung nicht übertragen (BGH, aaO.; OLG Düsseldorf, aaO.).

    b)

    Maßgebend ist damit nach allgemeinen Grundsätzen (§ 3 ZPO) das vom Gericht zu schätzende Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung (BGH, aaO., Tz. 8; OLG Düsseldorf, aaO., Tz. 13). Wesentlicher Anhaltspunkt ist dabei der gestellte Antrag des Klägers, zu dessen Auslegung die Klagebegründung herangezogen werden kann (Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rn. 2; Hartmann, aaO., § 48 GKG Anh I Rn. 4, 5, jeweils m.w.N.).

    aa)

    Dieses Interesse wird allerdings meist in erster Linie auf die Wahrung der Ansprüche auf die vereinbarte Vergütung gerichtet sein und damit dem Wert einer alternativ möglichen Klage auf Feststellung, dass der Dienstberechtigte zur Fortzahlung der Vergütung über den Kündigungszeitpunkt hinaus verpflichtet sei, entsprechen. Für eine solche Klage wäre aber § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG unmittelbar einschlägig. Deshalb erscheint es grundsätzlich gerechtfertigt, die Wertberechnung des § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG als Anhaltspunkt zu nehmen und den dreifachen Jahresbetrag der wiederkehrenden Vergütungsleistung auch für den Streitwert einer Feststellungsklage der vorliegenden Art anzusetzen (BGH, aaO.; OLG Düsseldorf, aaO., Tz. 15). Davon ist vorliegend ersichtlich das Landgericht ausgegangen.

    bb)

    Diese "mittelbare" Anwendung des § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG gilt jedoch, worauf der Kläger mit Recht abstellt, nicht in jedem Fall und nicht ohne Ausnahme. Vielmehr kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine andere Entscheidung jedenfalls dann in Betracht kommen, wenn der andere Vertragsteil vor Ablauf von drei Jahren zu einer ordentlichen Kündigung des Dienstverhältnisses befugt gewesen wäre (BGH, aaO. m.w.N.; in diesem Sinne wohl auch OLG Rostock, 6. Zivilsenat, Beschluss vom 11.12.2003 - 6 U 210/02, OLG-NL 2005, 90). Das Interesse des auf Feststellung klagenden Dienstverpflichteten ist dann auf die - geringere - Höhe der bis zum Wirksamwerden der möglichen früheren Kündigung anfallenden Vergütung beschränkt. Dies wiederum entspricht dem Rechtsgedanken des § 42 Abs. 1 Satz 1, letzter Halbsatz GKG, wonach der dreifache Jahresbetrag nicht maßgebend ist, wenn der Gesamtbetrag der geforderten Leistung geringer ist.

    cc)

    Ein solcher Ausnahmefall ist hier gegeben.

    Zwar zielte der Hauptantrag des Klägers auf die Feststellung, dass das Anstellungsverhältnis durch die ausgesprochene Kündigung vom 27.10.2009 nicht zu einem bestimmten Termin beendet sei, war also unbefristet. Auch hat der Kläger durchgehend geltend gemacht, der Anstellungsvertrag habe solange nicht gekündigt werden können, als er - der Kläger - zum Vorstand der Schuldnerin bestellt sei. Damit ging er aber nicht von einer generellen Unkündbarkeit aus, sondern hielt eine ordentliche Kündigung durch die Schuldnerin bzw. den Beklagten jedenfalls dann für möglich, wenn zuvor die Bestellung zum Vorstand widerrufen würde. Das belegt auch an der Hilfsantrag, wonach festgestellt werden sollte, dass das Anstellungsverhältnis frühestens zum 31.05.2010 beendet worden sei.

    Tatsächlich war das Dienstverhältnis, unabhängig von den zwischen den Parteien streitigen Regelungen in dem vom Kläger nicht vorgelegten Anstellungsvertrag und unabhängig von möglichen Kündigungsbeschränkungen für die Schuldnerin, jedenfalls für den Beklagten ordentlich kündbar: nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens konnte er gemäß § 9 Abs. 2 GesO i.V.m. Art. 103 EGInsO bestehende Arbeitsverhältnisse unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist - hier von sieben Monaten nach § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BGB - kündigen. Dementsprechend hat das Landgericht dem Hilfsantrag stattgegeben. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall von jenem, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (aaO., vgl. Tz. 9) zugrunde liegt, da der Dienstvertrag dort nur aus wichtigem Grund gekündigt werden konnte.

    Der Kläger ging ersichtlich nicht davon aus, sein Dienstverhältnis mit der Schuldnerin sei prinzipiell unkündbar. Auch nach seiner Vorstellung hätte er jedenfalls bei Widerruf seiner Bestellung als Vorstand ordentlich gekündigt werden können, und zwar auch während des Gesamtvollstreckungsverfahrens. Anderes ergibt sich weder aus der Klagebegründung vom 18.11.2009 noch aus dem späteren Vortrag des Klägers in weiteren Verfahren. So hat er mit Schriftsatz vom 11.08.2010 (Bd. I Bl. 99/100 d.A.) ausdrücklich darauf abgestellt, dass er sich gegen die Kündigung zum 31.01.2010 wehre. Nach seiner Auffassung "wäre eine Kündigung - wenn überhaupt - frühestens zum 31.05.2010 zulässig" gewesen, und zwar aufgrund der Dauer seines Arbeitsverhältnisses und der sich daraus ergebenden Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 2 Nr. 7 BGB. Dem steht nicht entgegen, dass er - worauf der Beklagte zutreffend hinweist - auch erklärt, aus Kostengründen zunächst nur die ihm angeblich zustehende Vergütung bis zum 31.05.2010 eingeklagt zu haben (Schriftsatz vom 30.11.2010, Bd. I Bl. 143 d.A.). So betrifft dies in erster Linie den Zahlungs- und nicht den Feststellungsantrag. Außerdem wird auch in diesem Schriftsatz deutlich, dass der Kläger nicht von einer generellen Unkündbarkeit ausging, sondern eine wirksame Kündigung jedenfalls zum 31.05.2010 für möglich hielt.

    Damit war das maßgebliche Feststellungsinteresse des Klägers auf diesen Zeitraum beschränkt, so dass nicht der dreifache Jahresbetrag anzusetzen ist, sondern lediglich der Wert der bis zum 31.05.2010 anfallenden Vergütung.

    dd)

    Ob darüber hinaus in Fällen, in denen der rechtspolitische Zweck einer Deckelung des Streitwerts gemäß (jetzt:) § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG dies nahe legt, dessen Wertungen in die Anwendung des (jetzt:) § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG einfließen können (so zum alten Recht OLG Rostock, aaO.) und damit ein noch kürzerer Zeitraum heranzuziehen wäre, bedarf keiner Entscheidung. Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass für den Kläger mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von mehr als 7.000,00 Euro eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit, deren Zielsetzung die eng begrenzte Ausnahmebestimmung ist (vgl. BGH, aaO., Tz. 8 a.E.), nicht besteht.

    c)

    Zutreffend hat das Landgericht das einzusetzende Bruttoeinkommen mit monatlich 7.387,06 Euro angesetzt. Dass der Kläger, wie der Beklagte mit der Beschwerdeerwiderung behauptet, im Jahr 2008 ein höheres durchschnittliches Einkommen bezogen haben soll, spielt keine Rolle, weil der Kläger selbst ausweislich des Zahlungsantrages von dem geringeren Betrag ausgegangen ist.

    3.

    Damit errechnet sich der Wert des Feststellungsantrages unter Berücksichtigung des auch hier vorzunehmenden Abschlages von 20 % auf 41.367,54 Euro (7 x 7.387,06 Euro ./. 20 %). Dies ergibt einen Streitwert des Verfahrens insgesamt von 134.578,16 Euro (58.809,42 + 34.401,20 + 41.367,54 Euro).

    III.

    Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, § 68 Abs. 3 GKG.

    Auch eine Entscheidung über die Zulassung einer weiteren Beschwerde bzw. der Rechtsbeschwerde ist entbehrlich, weil eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht statthaft ist (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

    RechtsgebieteGKG, ZPOVorschriften§ 42 Abs. 1 S. 1 GKG; § 48 Abs. 1 S. 1 GKG; § 3 Hs. 1 ZPO