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  • 23.11.2012 · IWW-Abrufnummer 123510

    Oberlandesgericht Karlsruhe: Beschluss vom 16.04.2012 – 1 W 10/12

    1. Das Oberlandesgericht ist für die Entscheidung über eine Beschwerde, die sich gegen die Streitwertfestsetzung durch das Landgericht als Berufungsgericht richtet, als "nächst höheres" Gericht im Sinne von § 68 Abs. 1 Satz 4 GKG in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 2 GKG zuständig, obwohl das Oberlandesgericht im Instanzenzug in der Hauptsache nicht zur Entscheidung befugt wäre.

    2. Im Verkehrsunfallhaftpflichtprozess sind die neben anderen Schadenspositionen eingeklagten Kosten eines vorprozessual eingeholten Sachverständigengutachtens und die Unkostenpauschale regelmäßig keine Nebenforderungen, die bei der Berechnung des Streitwerts und der Beschwer außer Betracht bleiben (im Anschluss an BGH NJW 2007, 1752 [BGH 13.02.2007 - VI ZB 39/06]).

    3. Andererseits wirken vorprozessual oder gar prozessbegleitend aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Hauptanspruchs nicht werterhöhend unabhängig davon, ob diese Kosten der Hauptforderung hinzugerechnet werden oder neben der im Klagewege geltend gemachten Hauptforderung Gegenstand eines eigenen Antrags sind (vgl. BGH NJW 2007, 3289 [BGH 30.01.2007 - X ZB 7/06]).


    OLG Karlsruhe, 16.04.2012

    1 W 10/12

    In Sachen

    - Kläger / Berufungsbeklagter / Beschwerdegegner -

    Prozessbevollmächtigte:

    gegen

    1.

    2.

    - Beklagte / Berufungskläger -

    Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:

    - Beschwerdeführer -

    wegen Schadensersatzes

    hier: Streitwertbeschwerde
    Tenor:

    Die Beschwerde der Beklagtenvertreter gegen den Streitwertbeschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 18. Januar 2012 - 1 S 73/11 - wird zurück gewiesen.
    Gründe

    I. Vor dem Amtsgericht hat der Kläger die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Die Eintrittspflicht der Beklagten war dem Grunde nach unstreitig, Streit bestand unter den Parteien über die Höhe des zu leistenden Schadensersatzes. Mit seiner am 15.06.2010 beim Amtsgericht eingegangenen Klage bezifferte der Kläger seine restliche Schadensersatzforderung (unter Berücksichtigung einer Zahlung des zweitbeklagten Haftpflichtversicherers i. H. v. 865,04 €) auf noch 1.122,58 €. Darin enthalten waren Gebühren für ein vom Kläger vorgerichtlich eingeholtes Reparaturkostensachverständigengutachten vom 14.06.2009 über brutto 329,61 €. Im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens erweiterte der Kläger die Klage und begehrte die Erstattung der Kosten für ein während des Verfahrens eingeholtes Privatgutachten i. H. v. 968,24 €.

    Die Beklagte zu 2 hat widerklagend vom Kläger die Rückzahlung einer bereits von ihr vorprozessual geleisteten Zahlung i. H. v. 865,04 € (abzüglich einer als berechtigt anerkannten Schadensposition) verlangt sowie vom Kläger die Erstattung der Kosten für zwei erstinstanzlich eingeholte Gutachten i. H. v. 715,55 € und 132,57 € begehrt. Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 15.04.2011 der Klage teilweise stattgegeben und die Widerklage vollständig abgewiesen. Dagegen hat sich die Berufung der Beklagten gerichtet, mit der diese ihren Antrag auf Klagabweisung sowie ihren Widerklageantrag auf Zahlung von 1.637,70 € weiter verfolgte.

    Das Landgericht hat mit Urteil vom 18.01.2012 auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Amtsgerichts unter Aufhebung der Kostenentscheidung teilweise abgeändert, die Beklagten verurteilt, an den Kläger 700,79 € zu zahlen, die weitergehende Klage abgewiesen und auch die Widerklage der Beklagten zu 2 abgewiesen.

    Zur Sachdarstellung im Übrigen wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts vom 18.01.2012 verwiesen.

    Während das Amtsgericht den Streitwert auf 3.728,52 € festgesetzt hatte, setzte das Landgericht mit Beschluss vom 18.01.2012 den Streitwert für die erste Instanz auf 1.912,16 € und den Streitwert für die Berufungsinstanz auf 1.490,29 € fest. Hiergegen wenden sich die Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit der Beschwerde, die sie mit Schriftsätzen vom 01.02., 09.02. und 28.03.2012 begründeten und der das Landgericht mit Beschluss vom 12.03.2012 nicht abgeholfen hat. Die Klägerseite hat sich nicht geäußert.

    Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

    II. 1. Die einfache Beschwerde der Beklagtenvertreter gegen den Streitwertbeschluss des Landgerichts vom 18. Januar 2012 ist nach §§ 32 Abs. 2 RVG, 68 Abs. 1 S. 1 GKG statthaft, gemäß §§ 32 Abs. 2 RVG, 68 Abs. 1 S. 3, 63 Abs. 3 S. 2 GKG innerhalb offener Frist eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig; eine Beschwerde der Beklagten wäre nicht zulässig, da ein höherer Streitwert erstrebt wird.

    Das Oberlandesgericht ist für die Entscheidung über die Beschwerde, die sich gegen die Streitwertfestsetzung durch das Landgericht als Berufungsgericht richtet, als "nächst höheres" Gericht im Sinne von § 68 Abs. 1 Satz 4 GKG in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 2 GKG zuständig, obwohl das Oberlandesgericht im Instanzenzug in der Hauptsache nicht zur Entscheidung befugt wäre (vgl. dazu auch KG NZM 2010, 739 m.w.N.).

    2. In der Sache hat die Streitbeschwerde keinen Erfolg. Das Landgericht hat die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beachtet und hat bei der Bemessung des Streitwerts sachgerecht und korrespondierend mit der rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache und zu den Kosten (Urteil vom 18.01.2012) differenziert.

    Im Verkehrsunfallhaftpflichtprozess sind die neben anderen Schadenspositionen eingeklagten Kosten eines vorprozessual eingeholten Sachverständigengutachtens und die Unkostenpauschale regelmäßig keine Nebenforderungen, die bei der Berechnung des Streitwerts und der Beschwer außer Betracht bleiben (BGH NJW 2007, 1752 [BGH 13.02.2007 - VI ZB 39/06]). So hat das Landgericht die Sachverständigenkosten in Höhe von 329.61 Euro, die dem Kläger bereits vorprozessual entstanden waren und die er von Anfang an als eigene Schadensposition von den Beklagten ersetzt verlangte, bei der Bemessung des Streitwerts berücksichtigt.

    Andererseits wirken vorprozessual oder gar prozessbegleitend aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Hauptanspruchs nicht werterhöhend unabhängig davon, ob diese Kosten der Hauptforderung hinzugerechnet werden oder neben der im Klagewege geltend gemachten Hauptforderung Gegenstand eines eigenen Antrags sind (vgl. BGH NJW 2007, 3289 [BGH 30.01.2007 - X ZB 7/06]). Dementsprechend hat das Landgericht die erst im weiteren Prozessverlauf vom Kläger für ein zusätzliches Gutachten verlangten sowie die widerklagend von der Zweitbeklagten geltend gemachten weiteren Sachverständigenkosten nicht streitwerterhöhend berücksichtigt. Denn diese jeweiligen Gutachten sind von den Parteien ausschließlich prozessbezogen zur Untermauerung des wechselseitigen Prozessvortrags eingeholt und eingeführt worden.

    Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet, § 68 Abs. 3 GKG.

    RechtsgebieteZPO, GKG, RVGVorschriften§ 3 ZPO § 4 ZPO § 63 GKG § 68 GKG § 32 RVG