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  • 16.10.2012 · IWW-Abrufnummer 123114

    Kammergericht Berlin: Beschluss vom 16.07.2012 – 8 W 36/12

    Der Gebührenstreitwert für den Klageantrag des Mieters auf Feststellung, dass sich die Nettokaltmiete durch die Modernisierungsmieterhöhungserklärungen des Vermieters nicht erhöht hat, bemisst sich gemäß § 41 Abs.5 Satz 1 GKG auf den zwölffachen Erhöhungsbetrag.


    Kammergericht
    Beschluss
    Geschäftsnummer: 8 W 36/12
    65 T 34/12 Landgericht Berlin
    233 C 182/11 AG Charlottenburg
    In dem Rechtsstreit XXX

    hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch die Richterin am Kammergericht Spiegel als Vorsitzende, die Richterin am Kammergericht Dr. Henkel und den Richter am Kammergericht Dittrich am 16. Juli 2012 b e s c h l o s s e n :
    Auf die weitere Beschwerde der Beklagten vom 23. März 2012 wird der Beschluss der Zivilkammer 65 des Landgerichts Berlin vom 13. März 2012 abgeändert und der Streitwert auf 2.423,76 € festgesetzt.
    Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
    G r ü n d e
    I.
    Die Klägerin hat die Feststellung begehrt, dass sich durch die beiden Erhöhungserklärungen der Beklagten vom 23. Dezember 2010 und 28. April 2011 die von der Klägerin für die Wohnung in dem Wohnhaus L in 1 B , 1. Obergeschoss links geschuldete Miete nicht erhöht hat. Die Beklagte hat widerklagend beantragt, die Klägerin zu verurteilen, an sie für den Zeitraum 1. März 2011 bis 36. Mai 2011 eine wegen Modernisierungsmaßnahmen erhöhte Miete von (3 x 105,92 € =) 317,76 € zu zahlen.
    Das Amtsgericht hat den Streitwert mit Beschluss vom 24. Januar 2012 auf 2.106,00 € (12 x 105,92 € + 12 x 69,58 €) festgesetzt. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägervertreters vom 27. Januar 2012 hat das Landgericht Berlin mit Beschluss vom 13. März 2012 den Streitwert auf (105,92 € x 42 + 69,58 € x 42 + 317,76 € =) 7.688,76 € festgesetzt. Es hat die weitere Beschwerde zugelassen.
    II.
    Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 68 Abs.1 Satz 1, Satz 5 GKG i.V.m. § 66 Abs.4 Satz 1 GKG statthaft und rechtzeitig innerhalb der Frist des § 68 Abs.1 Satz 6 GKG eingelegt worden. Unschädlich ist, dass die Beklagte nicht anwaltlich vertreten ist, denn bei der Streitwertbeschwerde herrscht kein Anwaltszwang (Hartmann, Kostengesetze, 42. Auflage, § 68 GKG, Rdnr.12).
    Die Beschwerde ist auch überwiegend begründet.
    Entgegen der Auffassung des Landgerichts bemisst sich der Gebührenstreitwert für den Klageantrag des Mieters auf Feststellung, dass sich die Nettokaltmiete durch die Modernisierungsmieterhöhungserklärungen des Vermieters nicht erhöht hat, nach § 41 Abs.5 Satz 1 GKG auf den zwölffachen Erhöhungsbetrag und damit auf (12 x 105,92 € + 12 x 69,58 € =) 2.106,00 €.
    Gemäß § 41 Abs.5 Satz 1, Hs. 1 GKG ist der Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum für die Wertberechnung maßgebend.
    Vorliegend wendet sich die klagende Mieterin mit ihrer Feststellungsklage gegen die auf § 559 BGB gestützten Modernisierungsmieterhöhungen der beklagten Vermieterin.
    Die negative Feststellungsklage der Mieterin stellt das Spiegelbild einer positiven Feststellungsklage des Vermieters auf Feststellung, dass der Mieter verpflichtet ist, die aus einer Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 BGB resultierenden Mieterhöhungsbeträge zu zahlen, dar. Sowohl die positive Feststellungsklage des Vermieters, als auch die negative Feststellungsklage des Mieters werden von § 41 Abs.5 Satz 1 GKG erfasst.
    Der Auffassung, dass § 41 Abs.5 GKG nur für Klagen gelte, mit denen die materiell-rechtlich erforderliche Zustimmung des Mieters (§ 558 Abs.1 BGB) eingefordert werden soll (Schneider, NJW-Spezial 2012, 347) und dass es sich bei einer Klage des Vermieters auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung einer künftig erhöhten Miete nicht um eine Klage auf Mieterhöhung, sondern um eine Klage aus einer Mieterhöhung handele (Kammergericht, Beschluss vom 16. Juli 2009 – 22 W 76/08 – (Grundeigentum 2010, 546), kann nicht gefolgt werden.
    Diese Auslegung gibt schon der Wortlaut des § 41 Abs.5 GKG nicht her, denn § 41 Abs.5 Satz 1 lautet nicht “bei Ansprüchen auf Zustimmung zur Erhöhung der Miete…”, sondern “bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete”…
    Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist. Dem Ziel, den im Gesetz objektivierten Willen des Gesetzgebers zu erfassen, dienen die nebeneinander zulässigen, sich gegenseitig ergänzenden Methoden der Auslegung aus dem Wortlaut der Norm, aus ihrem Zusammenhang, aus ihrem Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (BGH Kartellsenat, BGHZ 46, 74 m.w.N).
    Da der Wortlaut des § 41 Abs.5 Satz 1 Hs 1 GKG weit gefasst ist, stellt sich die Frage nach dem Zweck der Vorschrift, der sich vorliegend zweifelsfrei aus der Entstehungsgeschichte und den Gesetzesmaterialien entnehmen lässt. Die Gesetzesmaterialien, vor allem die im Gesetzgebungsverfahren erfolgten Äußerungen der an dem Gesetzeswerk beteiligten Verfassungsorgane, die die mit der getroffenen Regelung verfolgten gesetzgeberischen Zwecke und die für sie maßgebenden Beweggründe hervortreten lassen, erbringen oft – und so auch hier – einen wertvollen Anhaltspunkt, ja geradezu einen Beweis dafür, worin der Rechtfertigungsgrund für eine Vorschrift liegt, welchen Zweck man mit ihr verfolgt hat und welche Zweckvorstellungen auch heute noch für die Auslegung bestimmen müssen (BGH, a.a.O.). Ausweislich der Gesetzesbegründung (Deutscher Bundestag, Drucksache 15/1971, zu § 41 GKG, Seite 154) liegen der in § 41 Abs.5 GKG enthaltene Regelung sozialpolitische Erwägungen folgende zugrunde:
    “Ziel der Begrenzung ist es, Mieter nicht durch hohe Gerichtsgebühren davon abzuhalten, das Bestehen oder die Dauer eines Mietverhältnisses oder etwa die Berechtigung einer Räumung der bisher genutzten Wohnung gerichtlich prüfen zu lassen. Auch bei gerichtlichen Auseinandersetzungen um eine Mieterhöhung begrenzt schon jetzt § 16 Abs.5 GKG den Gebührenstreitwert. Aus vergleichbaren sozialpolitischen Gründen soll mit der vorgeschlagenen Regelung festgelegt werden, dass im Falle der Klage eines Mieters der Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung und bei der Klage des Vermieters der Jahresbetrag einer (insbesondere nach den Bestimmungen der §§ 557 bis 561 BGB) möglichen Mieterhöhung maßgebend ist….”
    Das heißt, nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgeber erfasst § 41 Abs.5 Satz 1 HS. 1 GKG gerichtliche Auseinandersetzungen um eine Mieterhöhung nach den Bestimmungen der §§ 557 bis 561 BGB (so wohl auch Baumbach/Lauterbach, ZPO, 70. Auflage, 2012, Anhang zu § 3, Rdnr.79 f; Hartmann, Kostengesetze, 42. Auflage, 2012, § 41 GKG, Rdnr.35 f. sowie Anhang I zu § 48 GKG, Rdnr.79 f.).
    Es würde dem Willen des Gesetzgebers widersprechen, wenn der Streitwert einer Klage des Mieters auf Feststellung der Unwirksamkeit einer auf § 559 BGB gestützten Mieterhöhung nicht nach dem Jahresbetrag des Mieterhöhungsbetrages, sondern nach dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag des Mieterhöhungsbetrages bemessen werden würde. Ein Streitwert, der sich nach dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag des Mieterhöhungsverlangens bemessen würde, könnte den Mieter davon abhalten, seine Rechte geltend zu machen. Zwar ist in der Gesetzesbegründung die besondere Konstellation der negativen Feststellungsklage des Mieters auf Unwirksamkeit einer Mieterhöhung nicht ausdrücklich erwähnt. Da es sich bei dieser Klage des Mieters aber – wie dargelegt – um das Spiegelbild der positiven Feststellungsklage des Vermieters auf Feststellung, dass der Mieter zur Zahlung des aus der Modernisierungsmieterhöhungserklärung zu zahlenden Mieterhöhungsbetrag zu zahlen verpflichtet ist, handelt und diese Klage des Vermieters nach dem Willen des Gesetzgebers ausdrücklich von § 41 Abs.5 Satz 1 GKG erfasst wird, ist auch die negative Feststellungsklage des Mieters von der Vorschrift des § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG mitumfasst.
    Die Annahme des Jahreswertes erscheint auch in systematischer Hinsicht sachgerecht, denn es wäre widersprüchlich, bei einem Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen des gesamten Mietverhältnisses nach § 41 Abs.1 GKG von dem Wert der Jahresmiete auszugehen und ein Weniger – nämlich den Streit um die Berechtigung zur Mieterhöhung – und damit nur einen Ausschnitt aus dem Vertragsverhältnis höher zu bewerten (in diesem Sinne auch KG, Beschluss vom 26. August 2010 – 8 W 38/10, MDR 2010, 1493).
    Auch die vom Landgericht für seine in der angefochtenen Entscheidung vertretene Rechtsauffassung angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes stehen der Annahme des Jahreswertes nicht entgegen.
    Dem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 20. April 2005 – XII ZR 248/04 – (NJW-RR 2005, 938) lag zum einen kein Wohnraummietverhältnis, sondern ein Mietvertrag über eine Telefonanlage zugrunde. Die Mieterin hat, da sie den Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten hat, u.a. Feststellung verlangt, dass sie nicht mehr zur Zahlung des Mietzinses an den Vermieter verpflichtet ist. Da eine Mieterhöhung gar nicht streitgegenständlich war, hatte sich der Bundesgerichtshof auch aus diesem Grund nicht mit § 41 Abs.5 GKG auseinander zusetzen.
    Soweit der Bundesgerichthof in seiner Entscheidung vom 21. September 2005 – XII ZR 256/03 – (NJW-RR 2006, 16) für den im Wege der Widerklage geltend gemachten Feststellungsantrag, dass der Mieter zur Minderung des Mietzinses um 100 % berechtigt sei, den dreieinhalbfachen Minderungsbetrag zugrunde gelegt hat, ist diese Entscheidung nach altem Kostenrecht ergangen und ist daher im Hinblick auf die Neueinführung des § 41 Abs.5 GKG nicht mehr einschlägig ( vgl. Beschluss des Senates vom 4. August 2011 – 8 W 48/11AGS 2011, 558).
    Das Urteil des Bundesgerichthofes vom 24. März 2010 – VIII ZR 235/09 – steht der Anwendung des § 41 Abs.5 Satz 1 GKG schon deshalb nicht entgegen, weil der Bundesgerichtshof seine Streitwertentscheidung nicht begründet hat.
    Der Streitwert war insgesamt auf 2.423,76 r€ festzusetzen, da die mit der Widerklage geltend gemachte Forderung gemäß § 45 Abs.1 GKG streitwerterhöhend zu berücksichtigen war. Entgegen der Rechtsauffassung des Amtsgerichts liegt insoweit keine Nämlichkeit vor.
    Gemäß § 69 Abs.3 GKG ist das Verfahren kosten- und gebührenfrei.
    Die Zulassung einer Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof nach § 574 Abs.2 ZPO kommt nicht in Betracht, weil eine Beschwerde an den obersten Gerichtshof des Bundes in Streitwertsachen nach § 68 Abs.1 S.5, § 66 Abs.3 S.3 GKG unstatthaft ist (BGH, WuM 2012, 114).

    RechtsgebietGKGVorschriften§ 41 GKG