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  • 25.05.2012 · IWW-Abrufnummer 121599

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Beschluss vom 19.03.2012 – I-3 W 286/11

    1. Der nach § 37 Abs. 1 Satz 1 GKG a. F. für die Erhebung der Gebühren für den Antrag auf Eröffnung und für die Durchführung des Konkursverfahrens maßgebliche Wert der Insolvenzmasse bei Beendigung des Verfahrens ist – in Abweichung zu der Entscheidung des 10. Zivilsenats vom 27.07.2010 (10 W 60/10), NZI 2010, 861 f. - als der „wirtschaftliche Wert“ der Insolvenzmasse zu verstehen, wie ihn der Verwalter bis zum Abschluss des Konkursverfahrens hat realisieren können.


    2. Beim Unternehmenswert ist im Falle einer Veräußerung des Unternehmens auf den Reinerlös der Veräußerung abzustellen, nämlich die Gesamteinnahmen zuzüglich der Einnahmen aus der Veräußerung abzüglich der mit der Veräußerung verbundenen Verbindlichkeiten (betrieblichen Aufwendungen).


    Oberlandesgericht Düsseldorf

    I-3 W 286/11

    Tenor:

    Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

    Die Entscheidung ergeht frei von Gerichtsgebühren. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

    G r ü n d e :

    I.

    Der Kostenbeamte des Amtsgerichts hat unter dem 23.03.2011 aufgrund des Schlussberichts und der Schlussrechnung des Konkursverwalters eine Kostenrechnung erlassen, in welcher die Gerichtsgebühren auf der Grundlage eines Gegenstandswertes in Höhe von 61.639.926 DM, der Summe sämtlicher Einnahmen der eingesetzten Konkursverwalter abzüglich des Wertes des Aus- und Absonderungsgutes, angesetzt worden sind. Die vom Konkursverwalter mit insgesamt 29.534.031,04 € (umgerechnet 57.763.543,93 DM) bezifferten Kosten der Betriebsfortführung sind dabei nicht abgezogen worden.

    Der hiergegen eingelegten Erinnerung des Konkursverwalters hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 05.07.2011 (veröffentlicht in: ZIP 2011, 6131-1633) abgeholfen und – unter weiterem Abzug der Kosten der Betriebsfortführung - den Gegenstandswert des Verfahrens auf 1.716.675,19 € festgesetzt, die vorläufige Kostenrechnung vom 23.03.2011 aufgehoben und die Sache zu erneuten Entscheidung auf der Grundlage des festgesetzten Gegenstandes an den Kostenbeamten zurückverwiesen.

    Durch Beschluss vom 11.08.2011 hat das Landgericht die gegen diese geänderte Streitwertfestsetzung gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 2) zurückgewiesen; es hat zugleich die weitere Beschwerde zugelassen, die der Beteiligte zu 2) am 24.08.2011 eingelegt hat. Ziel des Rechtsmittels ist die Heraufsetzung des Gegenstandswerts auf den dem Kostenansatz des Kostenbeamten zugrundeliegenden Wert.

    II.

    Die weitere Beschwerde ist infolge ihrer Zulassung im Beschluss des Landgerichts zulässig (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 4 Satz 1 GKG).

    In der Sache bleibt das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg.

    Zu Recht hat das Landgericht den vom Amtsgericht festgesetzten Gegenstandswert für die Gerichtskosten des Konkursverfahrens unter Berücksichtigung der geschäftlich veranlassten Ausgaben für die Fortführung des schuldnerischen Unternehmens auf 1.716.675,19 € bestätigt.

    Die Gebühren für den Antrag auf Eröffnung und die Durchführung des Konkursverfahrens werden nach § 37 Abs. 1 GKG a.F. nach dem Wert der Insolvenzmasse bei Beendigung des Verfahrens erhoben.

    Der Begriff der "Insolvenzmasse" ist nicht zu verstehen als Summe der isolierten Einzelwerte aller Massebestandteile. Er ist vielmehr – wie Amts- und Landgericht zutreffend herausgestellt haben - als der "wirtschaftliche Wert" der Insolvenzmasse zu verstehen, wie ihn der Verwalter bis zum Abschluss des Konkursverfahrens hat realisieren können. Gehört zur Insolvenzmasse ein laufender Geschäftsbetrieb, bestimmt sich dessen wirtschaftlicher Wert nicht nach den Werten einzelner betrieblicher Vermögensgegenstände und der Summe vereinnahmter Umsätze auf der Aktivseite und den auf der Passivseite anzusetzenden Produktionskosten. Denn diese Wertansätze und Kostenbeträge spiegeln den Wert eines Unternehmens, das am Ende des Konkursverfahrens verkauft wird, nicht wider. Der Unternehmenswert kann im Falle einer Veräußerung des Unternehmens daher nicht allein nach den Gesamteinnahmen zuzüglich der Einnahmen aus der Veräußerung beurteilt werden. Von diesen Einnahmen sind die mit der Veräußerung verbundenen Verbindlichkeiten (betrieblichen Aufwendungen) abzuziehen, so dass auf den Reinerlös der Veräußerung abzustellen ist. Darüber hinaus ist als weiterer Faktor des Unternehmenswertes der Einnahmeüberschuss zu berücksichtigen, der vor der Veräußerung während der Betriebsfortführung nach Abzug der geschäftlich veranlassten Ausgaben erwirtschaftet worden ist (Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl., 2011, § 58 GKG Rn. 5: "Wert einer Verwertung"; LG Hof Rpfleger 1966, 85).

    Bestehen – wie im vorliegenden Fall – keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verkauf des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin zu unangemessenen Bedingungen erfolgt ist, ist davon auszugehen, dass der "good will" des Betriebes bei der Festlegung des Kaufpreises eine angemessene Berücksichtigung gefunden hat und nicht gesondert frei zu schätzen ist (vgl. Meyer, in GKG/FamGKG, 13. Aufl., § 58 Rn. 3 m.w.N., der auf den Wert abstellt, der sich aus Aktiven, Passiven und dem frei zu schätzenden "Façonwert" ergibt).

    Soweit der 10. Zivilsenat in einer Entscheidung vom 27.07.2010 (10 W 60/10 - in: NZI 2010, 861 f.) hinsichtlich des für die Gebührenberechnung relevanten Werts der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfahrens bei einer Betriebsfortführung auf "das dem Schuldner gehörende Vermögen einschließlich der Früchte, Nutzungen und Zinsen" und – bei einer Betriebsfortführung – auf die erzielten Umsatzerlöse als die den Wert des fortgeführten Geschäfts prägenden Faktoren abstellt, ist dem nicht zu folgen. Denn diese Auffassung stellt für die kostenrechtliche Bewertung auf den Legalbegriff der Insolvenzmasse in § 35 InsO ab, der "das gesamte, dem Schuldner gehörende Vermögen zuzüglich des von ihm während des Verfahrens erlangten Vermögens einschließlich der Früchte, Nutzungen und Zinsen" umfasst. Dieser Legalbegriff der Insolvenzmasse bestimmt jedoch lediglich, welches Vermögen vom laufenden Insolvenzverfahren erfasst werden soll. Er ist nicht identisch mit dem – kostenrechtlich allein maßgeblichen - Wert der Insolvenzmasse zum Zeitpunkt der Beendigung des Verfahrens und kann daher zu deren kostenrechtlicher Bewertung nicht herangezogen werden.

    Danach ergibt sich die vom Amtsgericht unter Bezugnahme auf Seite 2 des Schlussberichts des Konkursverwalters vom 08.09.2010 mit 1.716.675,19 € errechnete Teilungsmasse und der darauf fußende Wert der Konkursmasse (Unternehmenswert) bei Beendigung des Verfahrens.

    Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 68 Abs. 3 GKG.

    RechtsgebietGKGVorschriftenGKG § 37 Abs. 1 Satz 1 a. F.