Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Vollstreckbarerklärung

    Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen: Das können Sie verdienen

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Die Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen ist in der gerichtlichen Praxis bedeutungsvoll. Allerdings werden immer wieder dieselben Fehler bei deren Abrechnung gemacht. Der folgende Beitrag klärt auf und behandelt die Vergütung im Verfahren der 1., 2. und 3. Instanz. |

    1. Grundsatz: Besondere gebührenrechtliche Angelegenheit

    Das Verfahren über die Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen ist eine besondere Angelegenheit, für die der Prozessbevollmächtigte des schiedsrichterlichen Verfahrens ‒ ohne Differenzierung danach, ob es sich um einen inländischen oder um einen ausländischen Schiedsspruch handelt ‒ die Gebühren der Nr. 3100 ff. VV RVG besonders erhält (Zöller/Geimer, ZPO, 32. Aufl., § 1065 Rn. 7; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 22. Aufl., § 36 Rn. 10).

     

    PRAXISTIPP | Entgegen einer weitläufigen Ansicht handelt es sich gerade nicht um eine Tätigkeit in der Zwangsvollstreckung, für die nur eine 0,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3309 VV RVG entsteht. Denn durch das Vollstreckbarerklärungsverfahren wird erst ein Vollstreckungstitel und damit die Voraussetzung der Zwangsvollstreckung geschaffen. Ein Schiedsspruch, der noch keinen Zwangsvollstreckungstitel darstellt, bedarf nämlich erst der Vollstreckbarerklärung als Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung (§ 1060 Abs. 1, § 1061 ZPO; OLG Hamburg AGS 18, 464; AnwK-RVG/Mock, 8. Aufl., § 36 Rn. 1).

     

    Nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 RVG sind auf die Tätigkeit im schiedsrichterlichen Verfahren die Bestimmungen nach Teil 3 Abschnitte 1, 2 und 4 VV anzuwenden (Nr. 3100 VV RVG bis 3213 VV RVG; Nr. 3400 VV RVG bis 3406 VV RVG). Es gelten somit die Vorschriften für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten für den ersten und zweiten Rechtszug sowie für Einzeltätigkeiten (BeckOK RVG/v. Seltmann, RVG, § 36 Rn. 3, beck-online). Folge: Der Ansatz einer Geschäftsgebühr nach Teil 2 Abschnitt 3 VV kommt nicht in Betracht (OLG München Rpfleger 17, 184).

    2. Schiedsrichterliche Verfahren nach Buch 10 der ZPO

    Grundsätzlich können alle Gebühren anfallen, wie in einem bürgerlichen Rechtsstreit vor den ordentlichen Gerichten. Jedoch ergeben sich dadurch, dass das schiedsrichterliche Verfahren abweichend zu den allgemeinen Zivilverfahren geregelt ist (vgl. §§ 1042 ff. ZPO), einige Besonderheiten.

     

    a) Gebühren im ersten Rechtszug

    In schiedsrichterlichen Verfahren entstehen Wertgebühren, sodass Teil 3 Abschnitt 1 zunächst nur insoweit anwendbar ist, als sich die Gebührenregelungen nicht auf Betragsrahmengebühren beziehen. Anwendbar sind über § 36 Abs. 1 Nr. 1 daher die Nr. 3100, 3101 und 3104 VV RVG.

     

    aa) Verfahrensgebühr

    Die Verfahrensgebühr entsteht mit einem Gebührensatz von 1,3 für das Betreiben des Geschäfts („Betriebsgebühr“), also bereits mit der Entgegennahme der Information und dem Auftrag, die Streitigkeit dem Schiedsgericht vorzulegen. Endet der Auftrag vorzeitig, reduziert sich unter den Voraussetzungen der Nr. 3101 VV RVG der Gebührensatz auf 0,8.

     

    bb) Terminsgebühr

    Die Terminsgebühr entsteht nach Nr. 3104 VV RVG durch die bloße Wahrnehmung eines Termins.

     

    MERKE | Nr. 3105 VV RVG ist trotz Verweisung auf den gesamten Abschnitt 1 des Teils 3 VV RVG nicht anwendbar, weil die Vorschriften über die Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens die Säumnis einer Partei anders beurteilen, als es die ZPO in den §§ 330 ff. ZPO vorsieht:

     

    • Versäumt es der Kläger des schiedsrichterlichen Verfahrens, seine Klage nach § 1046 Abs. 1 ZPO einzureichen, beendet das Schiedsgericht das Verfahren.
    • Versäumt es der Beklagte des schiedsrichterlichen Verfahrens, die Klage nach § 1046 Abs. 1 ZPO zu beantworten, setzt das Schiedsgericht das Verfahren fort.
    • Versäumt es eine Partei des schiedsrichterlichen Verfahrens, zu einer mündlichen Verhandlung zu erscheinen, kann das Schiedsgericht das Verfahren fortsetzen und den Schiedsspruch nach den vorliegenden Erkenntnissen erlassen (§ 1046 Abs. 3 ZPO).
     

    Es gibt kein Säumnisverfahren und daher auch keinen Säumnisschiedsspruch. Die Voraussetzungen für die Entstehung der Gebühr nach der VV 3105 können deshalb im schiedsrichterlichen Verfahren nicht erfüllt werden. Die Entscheidung des Schiedsgerichts ist verfahrensrechtlich vergleichbar mit einer Entscheidung nach Lage der Akten. Folge: Es entsteht für die Wahrnehmung eines Termins im schiedsrichterlichen Verfahren stets eine 1,2-Terminsgebühr.

     

    MERKE | Nach § 36 Abs. 2 RVG erhält der Anwalt die Terminsgebühr auch, wenn ein Schiedsspruch im schriftlichen Verfahren erlassen wird, ohne dass eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat. Voraussetzung für das Entstehen der Terminsgebühr ist allein die Entscheidung des Gerichts, das Verfahren auf der Grundlage von Dokumenten oder anderen Unterlagen durchzuführen (§ 1047 Abs. 1 ZPO) und der Erlass eines Schiedsspruchs ohne mündliche Verhandlung. Das Entstehen der Terminsgebühr verlangt keine weitere oder umfassendere Tätigkeit des Anwalts.

     

    b) Gebühren im zweiten Rechtszug

    Im schiedsrichterlichen Verfahren kann es dann zu einem zweiten Rechtszug kommen, wenn die Parteien durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel eine zweite Instanz vereinbart haben. Im zweiten Rechtszug sind ausgehend von dem Verweis auf Teil 3 Abschnitt 2 die Nr. 3200, 3201, 3202 VV RVG anwendbar.

     

    aa) Verfahrensgebühr

    Im zweiten Rechtszug erhält der Anwalt eine 1,6-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3200 VV RVG. Im Fall der vorzeitigen Beendigung reduziert sich diese auf 1,1 gemäß Nr. 3201 VV RVG.

     

    bb) Terminsgebühr

    Diese entsteht nach Nr. 3202 VV RVG für die Wahrnehmung eines Termins.

     

    c) Gebühren im dritten Rechtszug

    Im schiedsrichterlichen Verfahren kann es auch zu einem dritten Rechtszug kommen, wenn die Parteien durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel eine dritte Instanz vereinbart haben. Hier kann der Anwalt eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3206 VV RVG mit einem Gebührensatz von 1,6 erhalten. Bei vorzeitige Beendigung reduziert sich dieser Gebührensatz gemäß Nr. 3207 VV RVG auf 1,1. Zusätzlich kann eine Terminsgebühr gemäß Nr. 3210 VV RVG mit einem Gebührensatz von 1,5 ausgelöst werden.

     

    d) Einzeltätigkeiten

    Ist der Anwalt im schiedsrichterlichen Verfahren nur mit Einzeltätigkeiten beauftragt, sind die Nr. 3400, 3401, 3402, 3403, 3404 und 3405 VV RVG anzuwenden. Nicht anwendbar ist Nr. 3406 VV RVG. Hierbei handelt es sich um Betragsrahmengebühren. Wird der Anwalt somit als Verkehrsanwalt, Terminsvertreter oder mit sonstigen Einzeltätigkeiten beauftragt, ist Abschnitt 4 des dritten Teils unmittelbar anzuwenden.

     

    MERKE | Die Nr. 3327 VV RVG und 3332 VV RVG sind in schiedsrichterlichen Verfahren trotz Erwähnung nicht anzuwenden. Sie gelten nur für gerichtliche Verfahren über die Bestellung eines Schiedsrichters oder Ersatzschiedsrichters, über die Ablehnung eines Schiedsrichters oder über die Beendigung des Schiedsrichteramts, zur Unterstützung bei der Beweisaufnahme oder bei der Vornahme sonstiger richterlicher Handlungen anlässlich eines schiedsrichterlichen Verfahrens.

     

    e) Einigungsgebühr

    Hier gibt es keine Besonderheiten. Es muss unter Mitwirkung des Rechtsanwalts ein Vertrag ‒ nicht zwingend ein Vergleich i. S. d. § 779 BGB ‒ zustande gekommen sein, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Der Gebührensatz beträgt 1,5, weil das schiedsrichterliche Verfahren kein gerichtliches Verfahren i. S. d. VV 1003 ist. Daran ändert auch das nachfolgende Vollstreckbarkeitsverfahren nichts, weil dessen Gegenstand nicht die Hauptsache des Schiedsverfahrens ist, über den sich der Vertrag verhält, sondern nur die Vollstreckbarkeit (AnwK/Mock, a. a. O., Rn. 25). Die Gebührentatbestände der Nr. 1003, 1004 VV RVG sind daher nicht anzuwenden.

     

    f) Gebühren im schiedsrichterlichen und im gerichtlichen Verfahren

    Der Rechtsanwalt kann die Gebühren im schiedsrichterlichen Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 RVG neben denjenigen des gerichtlichen Verfahrens und deshalb im Einzelfall auch eine „doppelte“ Verfahrensgebühr beanspruchen. Insbesondere kann der Anwalt im Verfahren der gerichtlichen Entscheidung über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nach § 1040 Abs. 3 S. 2 ZPO vom Anwalt eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG zusätzlich zu der im schiedsrichterlichen Verfahren entstandenen 1,3 Verfahrensgebühr verlangen, da es sich insoweit nicht um ein zum Rechtszug gehörendes Verfahren handelt (OLG Hamburg AGS 09, 575).

    Quelle: Ausgabe 02 / 2019 | Seite 26 | ID 45626339