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  • · Fachbeitrag · Auslagen

    Anschaffung von Festplatten im Strafverfahren

    | In Umfangsverfahren kann sich für den Anwalt sowohl als Verteidiger als auch Nebenklagevertreter wegen des umfangreichen Aktenmaterials, in das er ggf. Einsicht nehmen muss, die Frage der Anschaffung von externen Festplatten stellen, um hierauf die ihm zur Verfügung gestellte E-Akte zu speichern. Mit den damit zusammenhängenden Fragen sah sich jetzt im beim LG Duisburg (26.10.18, 36 KLs 112 Js 23/11 ‒ 10/17, Abruf-Nr. 212796 ) anhängigen Loveparade-Verfahren eine Nebenklagevertreterin konfrontiert. |

     

    Die Rechtsanwältin hatte im Zusammenhang mit Akteneinsicht zwei externe Festplatten mit jeweils 5 TB Speichervolumen angeschafft. Die dadurch entstandenen Kosten sind erstattet worden. Im Zuge einer beantragten erneuten vollständigen Akteneinsicht wurden ihr für eine Woche fünf Festplatten (Fassungsvolumen je 2 TB), bespielt mit der aktualisierten E-Akte, zur Akteneinsicht übergeben. Zur Speicherung hat die Nebenklägervertreterin eine weitere externe Festplatte mit 10 TB Speichervolumen angeschafft. Die dadurch entstandenen Kosten sind nicht festgesetzt worden.

     

    MERKE | Die Festsetzung der Kosten auf der Grundlage der Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV RVG i. V. m. §§ 670, 675 BGB hat das LG als Beschwerdegericht abgelehnt. Zwar handelt es sich bei der Anschaffung von externen Festplatten zur Speicherung großer Datenvolumen nicht um allgemeine Geschäftskosten, sodass eine Erstattung grundsätzlich in Betracht kommt (OLG Hamm RVG prof. 15, 151). Eine dritte externe Festplatte war aber nicht notwendig, um die Angelegenheit sachgerecht durchzuführen, angesichts der bereits angeschafften zwei Festplatten mit einer Gesamtkapazität von 10 TB ‒ auch unter Berücksichtigung etwaiger Verschlüsselungserfordernisse. Selbst bei Annahme eines erforderlichen Umfangs von 5,40 TB ‒ die E-Akte hatte einen Umfang von 4,185 TB ‒ bot diese genügend Platz zur vollständigen Speicherung. Das Gericht führt nämlich die E-Akte fort und strukturiert sie weder neu noch ändert sie sie für die Vergangenheit. Es hätte also ‒ bei dem Wunsch nach Erhaltung der bisherigen Dateien ‒ genügt, die noch nicht oder nicht vollständig gespeicherten Bände der Hauptakte sowie neu hinzugekommene Ordner zu übertragen. Insoweit hätte es nur eines Abgleichs der Listenansichten bedurft.

     

    Was zur Fallbearbeitung sachgemäß ist, bestimmt sich nicht nach subjektiver Ansicht des Anwalts oder Mandanten, sondern nach dem objektiven Standpunkt eines vernünftigen sachkundigen Dritten. Dabei hat der Anwalt einen eher großzügigen Ermessensspielraum. Er muss aber den allgemeinen Kostengrundsatz berücksichtigen, dass jeder die Auslagen möglichst gering halten muss (z. B. OLG Hamm, a. a. O.). Dies führt hier zum zutreffenden Ergebnis des LG, dass die Anschaffungskosten für die dritte Festplatte nicht zu erstatten waren. Denn sie wurde im Zusammenhang mit einer ergänzenden Akteneinsicht gekauft. Insoweit war einerseits ein wesentlicher Teil des Aktenbestands wie der Aktenstruktur bekannt. Die technische Durchführbarkeit einer Zusammenfassung auf einer geringeren Festplattenzahl hatte sich andererseits auch schon bei erster Akteneinsicht gezeigt. Zudem boten die bereits angeschafften Festplatten hinreichend Platz. Daher sollten Verteidiger ggf. vorab bei Gericht klären, ob bestimmte Auslagen später ersetzt werden.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2020 | Seite 21 | ID 46275435