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  • · Fachbeitrag · Gebührenanrechnung

    Anrechnung einer Geschäftsgebühr bei PKH

    von Dipl. Rechtspfleger Joachim Volpert, Willich

    • 1.Eine Zahlung, die der PKH-Anwalt von seinem Mandanten oder einem Dritten auf den nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG anzurechnenden Teil der Geschäftsgebühr erhalten hat, ist nur insoweit auf den Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse anzurechnen, als sie die Differenz zwischen der Wahlanwaltsvergütung und der Prozesskostenhilfevergütung für das konkrete Verfahren übersteigt. Deshalb erfolgt eine Anrechnung dieser Zahlung auf den Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse nur, wenn die Anrechnung dazu führt, dass die Differenz völlig beglichen ist.
    • 2.Die vom Senat vor Einführung des § 15a RVG vertretene Auffassung, dass die Verfahrensgebühr aufgrund der Anrechnungsvorschriften von vornherein nur in gekürzter Höhe entsteht (NJW-RR 09, 558), ist mit der vom Gesetzgeber in § 15a Abs. 1 RVG vorgenommenen Klarstellung nicht (mehr) zu vereinbaren, sodass an ihr nicht mehr festgehalten wird. 

    (OLG Braunschweig 22.3.11, 2 W 18/11, Abruf-Nr. 112859 )

    Sachverhalt

    Im Antrag auf Festsetzung der PKH-Vergütung gegen die Staatskasse hatte der Rechtsanwalt angegeben, für die außergerichtliche Vertretung der PKH-Partei eine nach § 13 RVG berechnete 1,3 Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) nach einem Wert von 143.072 EUR mit 2.475,80 EUR erhalten zu haben. Die PKH-Vergütung wurde ohne Anrechnung dieser Zahlung antragsgemäß auf 1.654,70 EUR festgesetzt. Der Festsetzungsbetrag enthält u.a. eine nach § 49 RVG berechnete 1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG von 508,30 EUR. Hier gegen legte die Landeskasse Erinnerung ein und beantragte, nur 1.049,82 EUR festzusetzen. Begründung: Die erhaltene 1,3 Geschäftsgebühr sei zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr anzurechnen, sodass insoweit kein Vergütungsanspruch mehr verbleibt. Erinnerung und Beschwerde blieben erfolglos.

     

    Entscheidungsgründe

    Der Anspruch auf Zahlung der 1,3 Verfahrensgebühr aus der Landeskasse ist nicht durch Anrechnung der vom PKH-Anwalt vereinnahmten hälftigen Geschäftsgebühr erloschen. Zwar bestimmt Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG, dass eine wegen desselben Gegenstands angefallene Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG zur Hälfte, jedoch höchstens mit 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen ist. Nach § 15a Abs. 2 RVG kann sich ein Dritter auf die Anrechnung jedoch nur berufen, soweit er

    Hieraus hat das OLG geschlossen, dass nicht nur die gezahlte Geschäftsgebühr dem Gericht mitzuteilen ist (§ 55 Abs. 5 S. 2 - 4 RVG), sondern diese auch nach § 58 Abs. 2 RVG zunächst auf die Wahlanwaltsvergütung anzurechnen ist. Zahlungen werden gemäß § 58 Abs. 2 RVG nur insoweit auf den Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse angerechnet, als sie die Differenz zwischen der Wahlanwaltsvergütung und der Prozesskostenhilfevergütung für das konkrete Verfahren übersteigen. Ein Abzug von dem Anspruch gegen die Staatskasse kommt deshalb nur in Betracht, wenn der Anrechnungsbetrag diesen Differenzbetrag übersteigt (OLG Zweibrücken RVG prof. 11, 10). Denn § 58 Abs. 2 RVG nimmt Zahlungen auf die Geschäftsgebühr nicht aus. Zudem ist die vor Einführung des § 15a RVG u. a. vom BGH vertretene Auffassung, dass die Verfahrensgebühr aufgrund der Anrechnungsvorschriften von vornherein nur in gekürzter Höhe entsteht, mit der vom Gesetzgeber in § 15a Abs. 1 RVG vorgenommenen Klarstellung nicht (mehr) zu vereinbaren. So ergibt sich aus den Motiven zu § 15a RVG (BT-Drucks. 16/12717, S. 58) ausdrücklich, dass beide Gebührenansprüche von den Anrechnungsregelungen grundsätzlich unangetastet bleiben, der Rechtsanwalt also beide Gebühren jeweils in voller Höhe geltend machen kann. Es ist ihm lediglich verwehrt, insgesamt mehr zu verlangen, als sich aus der Summe der beiden Gebühren nach Abzug des anzurechnenden Betrages ergibt. Hier wurde die Differenz zwischen PKH- und Wahlanwaltsvergütung nicht vollständig durch den Anrechnungsbetrag der Geschäftsgebühr ausgeglichen, sodass eine Kürzung der PKH-Vergütung nicht in Betracht gekommt.