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  • · Fachbeitrag · Auslagen

    Anwaltliche Beweispflicht, wenn der Mandant nachträglich anderen Wohnort behauptet

    von Christian Noe B. A., Göttingen

    | Eine Partei darf sich einen Anwalt nahe ihrem Wohnsitz nehmen. Aber nur weil die Post des Mandanten an eine bestimmte Adresse geschickt wird, heißt das noch lange nicht, dass dieser dort auch gewöhnlich wohnt. Dies sei nach Ansicht des OLG Bamberg entscheidend und zwinge den Anwalt, dies zu beweisen und den Wohnsitz nicht lediglich glaubhaft zu machen. |

     

    Sachverhalt

    Der Kläger mit Wohnsitz in Bamberg machte gegen die Beklagte vor dem LG Bamberg Ansprüche geltend und ließ sich von Rechtsanwalt R aus München vertreten. Kanzleiort und Wohnsitz des Klägers lagen somit 230 km voneinander entfernt. Später machte R Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld für fünf Verhandlungstermine geltend. Die Beklagte wandte ein, dass der Kläger im Gerichtsbezirk Bamberg wohnte und dort einen Anwalt hätte beauftragen können. R versicherte anwaltlich, dass sein Mandant bereits vor Klageerhebung über Monate hinweg über seine Münchener Anschrift angeschrieben worden war, und legte entsprechende Schreiben seiner Kanzlei und von Banken und Versicherungen vor. Dem LG und dem OLG genügte dies nicht und R bekam lediglich die fiktiven Reisekosten zuerkannt (OLG Bamberg 23.1.23, 2 W 2/23, Abruf-Nr. 233714; vgl. auch RVG prof 22, 136).

     

    Relevanz für die Praxis

    Das Gericht muss von vorneherein informiert sein, wo der regelmäßige Wohnsitz einer Partei liegt. Ein Wechsel während des Verfahrens ist bei einem Umzug nachvollziehbar. Erst zum Ende des Verfahrens plötzlich einen anderen Wohnsitz des Mandanten zu behaupten, wirkt unglaubwürdig. Grundsätzlich muss bewiesen sein, dass der Mandant zum Zeitpunkt der erstmaligen anwaltlichen Beratung seinen Wohnsitz nahe der Kanzlei hatte. Insofern muss ein Anwalt den Wohnsitz des Mandanten aber nicht glaubhaft machen, soweit dieser im Prozess nicht streitig ist und sich aus Schriftsätzen und Unterlagen ergibt. Werden jedoch ‒ wie hier ‒ erst im Kostenfestsetzungsverfahren andere Wohnsitze und Aufenthaltsorte behauptet, genügt es nicht, allein eine postalische Anschrift zu haben, ohne sich gewöhnlich oder zumindest regelmäßig dort aufzuhalten. Obwohl im vorliegenden Fall anwaltlich glaubhaft gemacht, schien dem OLG die Münchener Anschrift lediglich eine Postadresse zu sein. Allein einen ‒ auch gemeldeten ‒ weiteren (Zweit-)Wohnsitz außerhalb des Prozessgerichts zu haben (hier: München), rechtfertigt es kostenrechtlich nicht, an diesem Ort einen Anwalt zu mandatieren.