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  • · Fachbeitrag · Vergütungsfestsetzung

    Antrag auf Festsetzung von Vergütung aus der Staatskasse ist nicht formbedürftig

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    • 1. Für den Antrag nach § 55 RVG und damit auch für die Erklärung nach § 55 Abs. 5 S. 2 RVG ist keine besondere Form vorgeschrieben.
    • 2. Auf den durch § 45 Abs. 3 S. 1 RVG begründeten öffentlich-rechtlichen Vergütungsanspruch des bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse ist § 10 RVG nicht anwendbar.

    (KG Berlin 16. 5. 14, 1 Ws 21/14, Abruf-Nr. 143046).

     

    Sachverhalt

    Der Pflichtverteidiger hat einen Festsetzungsantrag seiner Pflichtverteidigergebühren gestellt. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat diesen zurückgewiesen, weil die unterschriebene Erklärung über erhaltene Zahlungen nur per Telefax und nicht im Original vorgelegt wurde.

     

    Das LG hat die dagegen gerichtete Erinnerung zurückgewiesen. Die Beschwerde des Pflichtverteidigers hatte beim KG Erfolg und hat zur Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und zur Zurückverweisung der Sache an den Urkundsbeamten des LG geführt.

     

    Entscheidungsgründe

    Richtig ist zwar, dass die Erklärung gemäß § 55 Abs. 5 S. 2 RVG über Vorschüsse und Zahlungen (§ 58 Abs. 3 RVG) in dem Antrag auf Festsetzung der Pflichtverteidigergebühren enthalten sein muss. Für diesen Antrag ist jedoch in § 55 RVG keine besondere Form vorgeschrieben. Das LG kann sich für seine gegenteilige Ansicht auch nicht auf § 10 Abs. 1 S. 1 RVG berufen, der für eine Honorarforderung des Rechtsanwalts gegen seinen Auftraggeber eine von ihm eigenhändig unterzeichnete Berechnung vorschreibt. Denn § 10 RVG gilt nur im Innenverhältnis zwischen dem Mandanten und dem von ihm beauftragten Rechtsanwalt (OLG München ZfSch 07, 48). Auf den durch § 45 Abs. 3 S. 1 RVG begründeten öffentlich-rechtlichen Vergütungsanspruch des bestellten beziehungsweise beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse ist die Bestimmung nicht anwendbar.

     

    Vielmehr haben die Sondervorschriften der §§ 55 ff. RVG den Vorrang. Sie enthalten keine Verweisung auf § 10 RVG. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der - für den Rechtsanwalt ohnehin unverbindlichen - bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift „VwV Vergütungsfestsetzung“ in der Fassung vom 26.8.09. Darin wird zwar für den „Festsetzungsantrag mit der Berechnung der Gebühren und Auslagen“ als Klammerzusatz § 10 RVG ohne nähere Begründung zitiert (A. 1.1. S. 1). Gleichzeitig wird mit S. 2 aber auch die Möglichkeit eröffnet, den Antrag formlos zu stellen.

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung ist ein nicht zur Nachahmung empfohlenes Beispiel dafür, wie man in der Justiz die ohnehin beklagten knappen Ressourcen vertut. Denn die Frage musste nun wahrlich nicht erst durch das KG entschieden werden. Das KG weist in seiner Entscheidung auch ausdrücklich darauf hin, dass Verfahrensvorschriften keinen Selbstzweck haben, sondern sie die einwandfreie Durchführung eines Verfahrens sicherstellen sollen.

     

    Das bedeutet natürlich nicht, dass der Urkundsbeamte nicht nachfragen kann und darf, wenn Zweifel an der Urheberschaft und inhaltlichen Richtigkeit des gestellten Antrags bestehen. Er kann auch nach § 55 Abs. 5 S. 1 RVG, § 104 Abs. 2 ZPO weitere Auskünfte zur Glaubhaftmachung einholen und die Vorlage von Originaldokumenten verlangen.

     

    Weiterführende Hinweise

    • RVG prof. 14, 173; 14, 158 zum Vorschussrecht gegen die Staatskasse
    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 189 | ID 42732479