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  • · Fachbeitrag · Verfallsverfahren

    Rechtsanwalt erhält im Verfallsverfahren die gleichen Gebühren wie ein Verteidiger

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    Im selbstständigen Verfallsverfahren entstehen im Bußgeldverfahren für den Vertreter des Verfallsbeteiligten die Gebühren wie die eines Verteidigers. Es entsteht nicht nur die Gebühr Nr. 5116 VV RVG (LG Karlsruhe 26.3.13, 3 Qs 7/13 KO, Abruf-Nr. 131933).

     

    Sachverhalt

    Gegen eine Firma erging eine Verfallsanordnung des Regierungspräsidiums, da ihre Verantwortlichen ohne die erforderlichen Erlaubnisse Fahrten mit Arbeitsmaschinen durchgeführt und hierdurch andernfalls angefallene Gebühren erspart hätten. Nach Einspruch gegen die Verfallsanordnung, wurde gegen die Firma durch Urteil des AG ein Verfallsbetrag von 3.500 EUR festgesetzt. Auf die Rechtsbeschwerde wurde das Verfahren vom OLG wegen Verfolgungsverjährung eingestellt.

     

    Die Verfallsbeteiligte V, die im Verwaltungs-, Gerichts- und Rechtsbeschwerdeverfahren von Rechtsanwalt R vertreten worden war, machte mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag Grund-, Verfahrens- und Terminsgebühren sowie Auslagenpauschalen, Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder geltend. Außerdem wurden noch zwei Gebühren nach Nr. 5116 VV RVG für das erstinstanzliche Verfahren und für das Rechtsbeschwerdeverfahren geltend gemacht. Das AG hat lediglich diese Gebühren nach Nr. 5116 VV RVG sowie die Terminsreisekosten des R festgesetzt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Das LG hat der Verfallsbeteiligten einen Anspruch auf Erstattung der zusätzlichen Verfahrensgebühr bei Einziehung und verwandten Maßnahmen nach Nr. 5116 VV RVG für das erstinstanzliche und für das Rechtsbeschwerdeverfahren zugestanden und auch die weiteren Gebühren, die dem Verteidiger eines wegen einer Ordnungswidrigkeit Verfolgten in diesem Verfahren zu erstatten wären. Das begründet das LG mit Wortlaut und Systematik der einschlägigen Gebührentatbestände des Teil 5 VV RVG.

     

    • Die systematische Ordnung zeigt bereits, dass es sich bei der Verfahrensgebühr bei Einziehung und verwandten Maßnahmen nach Nr. 5116 VV RVG nicht um die einzige im selbstständigen Einziehungs- und Verfallsverfahren anfallende Sondergebühr handelt. Vielmehr ist sie eine zusätzliche Gebühr, die neben den Grund-, Verfahrens- und Terminsgebühren anfallen kann. Bestätigt wird das durch die Überschrift „Zusätzliche Gebühren“ zum Unterabschnitt 5 des Teil 5 Abschn. 1 VV RVG, der die Gebühren Nr. 5115, 5116 und 5200 VV RVG enthält.

     

     

    • Des Weiteren enthält Vorbem. 5 Abs. 1 VV RVG die eindeutige Regelung, dass für die Tätigkeit als Beistand oder Vertreter eines Einziehungs- oder Nebenbeteiligten, eines Zeugen oder eines Sachverständigen im Bußgeldverfahren die gleichen Gebühren wie für einen Verteidiger in diesem Verfahren entstehen.

     

    • Auch der Zweck der zusätzlichen Verfahrensgebühr nach Nr. 5116 VV RVG spricht dafür, sie nicht anstatt, sondern zusätzlich zu den im Teil 5 VV RVG im Allgemeinen vorgesehenen Grund-, Verfahrens- und Terminsgebühren zuzubilligen. Mit der zusätzlichen Gebühr Nr. 5116 VV RVG hat nämlich der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen wollen, dass die Abschöpfung von Vermögenswerten oder die Einbehaltung von Gegenständen i.d. Regel erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für den Betroffenen hat. Damit sollte eine bessere Honorierung der anwaltlichen Tätigkeit in diesem Bereich einhergehen.

     

    Praxishinweis

    Verfallanordnungen und/oder selbstständige Verfallsverfahren nehmen in Bußgeldverfahren zu. Demgemäß nehmen auch die Entscheidungen zu, die sich mit den gebührenrechtlichen Konsequenzen dieser Verfahren befassen (müssen), aktuell LG Oldenburg JurBüro 13, 195. Die Entscheidung des LG Karlsruhe entspricht der Ansicht des LG Oldenburg. Beide haben zutreffend entschieden. Der Vertreter des Verfallsbeteiligten erhält für seine Tätigkeit nicht nur die Nr. 5116 VV RVG, sondern auch alle Gebühren, die bei einem Verteidiger entstanden wären. Das sind Grundgebühr, Verfahrensgebühren und Terminsgebühren. Die unzutreffende a.A. des OLG Karlsruhe (RVGreport 12, 301 mit abl. Anm. Burhoff) verkennt die Systematik des RVG und die sich aus Vorbem. 5 Abs. 1 VV RVG ergebenden Konsequenzen.

     

    M.E. bestehen auch wegen der Höhe der Gebühren keine unlösbaren Probleme. Zutreffend ist es zwar - worauf das LG auch hinweist -, dass als Anknüpfungspunkt für die Höhe der Verfahrens- und Terminsgebühren eine bestimmte festgesetzte Geldbuße nicht zur Verfügung steht. Ebenso zutreffend ist es aber, dazu dann auf Vorbem. 5.1 Abs. 2 S. 2 VV RVG zu verweisen. Danach richten sich in einem solchen Fall die Höhe der Gebühren im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde nach dem mittleren Betrag der in der Bußgeldvorschrift angedrohten Geldbuße oder nach dem in einer Rechtsvorschrift bestimmten Regelsatz. Folge ist, dass die Geldbuße zu ermitteln und zugrunde zu legen ist, die festgesetzt worden wäre, wenn man auch gegen den in der Firma/bei der Verfallsbeteiligten Verantwortlichen vorgegangen wäre. Als Anknüpfungspunkt steht im Übrigen gegebenenfalls auch noch der Verfallsbetrag zur Verfügung.

     

    Beachten Sie | Die Entscheidungen des LG Karlsruhe und des LG Oldenburg gelten entsprechend im Strafverfahren für die Nr. 4142 VV RVG.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Zur Vergütung des beigeordneten Zeugenbeistands, LG Düsseldorf, RVG Prof. 13, 9, Abruf-Nr. 123792
    Quelle: Ausgabe 07 / 2013 | Seite 119 | ID 39317640