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  • · Fachbeitrag · Terminsgebühr

    Wenn das Gericht vergisst, den entbundenen Pflichtverteidiger abzuladen ...

    | Nicht alltäglich ist der Fall, den das AG Nürnberg entschieden hat (9.12.19, 401 Ds 419 Js 65519116 (3), Abruf-Nr. 213624 ): Der Anwalt war als Pflichtverteidiger am 10.4.19 entbunden worden. Danach wurde er aber (noch) mit Ladung vom 11.4.19 zum Hauptverhandlungstermin am 20.5.19 geladen. In der Ladung befand sich der Satz: „Zu diesem Termin werden sie als Pflichtverteidiger des Angeklagten pp. geladen“. Gegen die Entpflichtungsentscheidung hatte der Anwalt Beschwerde eingelegt. Diese hat das LG am 15.5.19 als unbegründet verworfen. Hiervon erfuhr der Anwalt aber nicht vor der Hauptverhandlung am 20.5.19. Er ist dann zum Hauptverhandlungstermin erschienen. Hierfür hat er die Terminsgebühr geltend gemacht. Das AG hat diese auf die Erinnerung des Rechtsanwalts festgesetzt. |

     

    Das AG geht davon aus, dass der Anwalt angesichts der Ladung darauf vertrauen durfte, dass er als Pflichtverteidiger erscheinen muss. Auch wenn das AG ihn nach dem Entbindungsbeschluss geladen hatte, hat das Vertrauen des Verteidigers insoweit fortbestanden, als dass das LG noch über die Entbindung entscheiden musste. Da die Beschwerdeentscheidung dem Verteidiger aber nicht vor dem Hauptverhandlungstermin zuging und er zuvor eine Ladung zum Termin als Pflichtverteidiger erhalten hatte, ist es gerechtfertigt, dass er die Gebühren auch für das Erscheinen zum Termin am 20.5.19 erhält.

     

    Beachten Sie | Das AG hätte zur Begründung seiner zutreffenden Entscheidung nicht auf allgemeine Vertrauensschutzgrundsätze zurückgreifen müssen, um die Terminsgebühr festzusetzen. Denn die war nach Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV RVG auf jeden Fall entstanden.

     

    MERKE | Der Anwalt erhält die Terminsgebühr auch, wenn er zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen nicht stattfindet, die er nicht zu vertreten hat. Insoweit ist es weitgehend einhellige Meinung, dass für das Entstehen dieser Terminsgebühr für den sog. „geplatzten Termin“ entscheidend ist, ob der Termin für den jeweiligen Rechtsanwalt „nicht stattgefunden hat“. Die Gebühr ist „personenbezogen“. Es kommt also nicht darauf an, wenn der Termin ggf. mit einem anderen Rechtsanwalt durchgeführt worden ist (vgl. LG Marburg 16.8.11, 4 Qs 56/11; AG Hagen RVG prof. 07, 24; Burhoff/Volpert, RVG, Vorbem. 4 VV Rn. 97). Das sieht nur OLG Frankfurt am Main anders (RVGreport 12, 64), was aber mit dem Sinn und Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren ist, die nutzlosen Aufwand des Rechtsanwalts/Verteidigers honorieren soll.

     

    Im vorliegenden Fall hatten sich im Übrigen auch keine Einschränkungen aus dem Rechtsgedanken der Vorbem. 4 Abs. 3 S. 3 VV RVG ergeben, weil der Verteidiger trotz seiner Entpflichtung noch zum Hauptverhandlungstermin erschienen war. Denn die Ladung war hier nach der Entpflichtung durch das AG erfolgt. Über die Beschwerde des Verteidigers gegen seine Entpflichtung war bis zum Hauptverhandlungstermin nicht entschieden, jedenfalls hatte der Verteidiger keine Kenntnis von der Beschwerdeentscheidung.

    Quelle: Ausgabe 03 / 2020 | Seite 37 | ID 46308922