· Nachricht · Strafprozess
Zusammenspiel von Grundgebühr und Verfahrensgebühr
| Das Zusammenspiel von Grundgebühr und Verfahrensgebühr scheint bei einigen Gerichten immer noch zur Verwirrung zu führen. So leider offenbar auch beim LG Koblenz (18.11.24, 3 Qs 45/24, Abruf-Nr. 247835 ). |
Der Anwalt hatte nach der Verbindung mehrerer Strafverfahren in allen Verfahren Grundgebühr und Verfahrensgebühr geltend gemacht. AG und LG haben in einigen Verfahren nur die Grundgebühr gewährt, aber keine Verfahrensgebühr festgesetzt. Die Begründung: Die Verfahrensgebühr entstehe zwar nach Anm. 1 zu Nr. 4100 VV RVG neben der Grundgebühr. Abgegolten werden mit ihr ‒ im hier maßgeblichen vorbereitenden Verfahren ‒ allerdings nur Tätigkeiten nach der Erstinformation des Anwalts, d. h. alle Tätigkeiten nach dem ersten Mandantengespräch und der ersten Akteneinsicht. Die erste Akteneinsicht sei dagegen bereits von der Grundgebühr umfasst. Werde das Verfahren nach der Erstinformation zu einem anderen Verfahren verbunden, bestehe für die Annahme einer neben der Grundgebühr stets entstehenden Verfahrensgebühr (Nr. 4104 VV RVG) kein Raum (OLG Celle 26.1.22, 2 Ws 19/22, AGS 22, 206 m. w. N.). In einigen Verfahren habe der Anwalt nur ein Akteneinsichtsgesuch gestellt. Eine weitergehende Tätigkeit sei für keines der hinzuverbundenen Verfahren dargetan.
Diese Ausführungen sind falsch. Grundgebühr und Verfahrensgebühr entstehen nach der Anm. 1 zur Nr. 4100 VV RVG stets nebeneinander (vgl. Burhoff AGS 21, 433). Voraussetzung für das Entstehen dieser Gebühren des Anwalts ist die von ihm für den Mandanten erbrachte Tätigkeit. Dazu stellt das LG auf die Akteneinsichtsgesuche des Rechtsanwalts ab und meint, da der Pflichtverteidiger (offenbar) weitere Tätigkeiten nicht erbracht hat, sei die Verfahrensgebühr nicht entstanden bzw. deren Anwendungsbereich nicht erreicht. Dabei übersieht es aber, dass die jeweilige Verfahrensgebühr als sog. Betriebsgebühr immer mit der ersten Tätigkeit des Anwalts entsteht und daneben zugleich die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG. Diese honoriert (nur) den zusätzlichen Aufwand, der für die erstmalige Einarbeitung anfällt. Sie ist eine Art Verfahrensgebühr mit dem Charakter einer Zusatzgebühr, die den Rahmen der Verfahrensgebühr erweitert (BR-Drucks. 517/12, S. 439 = BT-Drucks. 1771471, S. 281; Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Nr. 4100 VV Rn 26 m. w. N.).
(mitgeteilt von RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Leer/Augsburg)