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  • · Fachbeitrag · Staatskasse

    Rückforderungsanspruch verjährt in einem Jahr

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    Eine Rückforderung von Rechtsanwaltsvergütung ist analog § 20 Abs. 1 S. 1 GKG nur bis zum Ablauf des nächsten Kalenderjahres nach Mitteilung des KFB möglich (OLG Düsseldorf 11.1.12, III-1 Ws 362/12, Abruf-Nr. 123516).

    Sachverhalt

    Die Pflichtverteidigerin hatte in einem vor dem LG geführten Strafverfahren gegen den inhaftierten Angeklagten den Nebenkläger vertreten, der sich nicht in Haft befand. Bei der Kostenfestsetzung hat sie Haftzuschläge von 697,40 EUR geltend gemacht. Die Kosten wurden am 10.8.07 antragsgemäß festgesetzt und ausgezahlt. Rund vier Jahre später hat sie ergänzend Kostenfestsetzung gegen den Angeklagten beantragt und dabei erneut Haftzuschläge geltend gemacht. Das LG hat die Kosten festgesetzt, allerdings vermindert um die Haftzuschläge. Die Erinnerung der Pflichtverteidigerin hatte keinen Erfolg. Das OLG hat die Haftzuschläge hingegen wieder gewährt.

     

    Entscheidung

    Die 2007 erfolgte Kostenfestsetzung durfte 2011 nicht mehr geändert werden. Aufgrund des erheblichen Zeitablaufs war eine Rückforderung der zu Unrecht bewilligten Haftzuschläge ausgeschlossen. Denn: Eine Rückforderung von Rechtsanwaltsvergütung ist nach heute ganz h.M. analog § 20 Abs. 1 S. 1 GKG (vormals § 7 GKG) nur bis zum Ablauf des nächsten Kalenderjahres nach Mitteilung des Kostenfestsetzungsbeschlusses möglich. Die Interessenlage bei der Nachforderung - auf die sich § 20 Abs. 1 GKG bezieht, - entspricht strukturell derjenigen bei der Rückforderung, die sich bei erfolgreicher Erinnerung der Staatskasse nach § 56 Abs. 1 S. 1 RVG ergibt. In beiden Fällen verlangt die Staatskasse von dem Betroffenen eine Zahlung. Ein tragfähiger Grund, beide Fälle unterschiedlich zu behandeln, ist nicht ersichtlich. Das RVG ist insoweit erkennbar lückenhaft. § 20 Abs. 1 S. 1 GKG konkretisiert den allgemeinen Vertrauensschutzgedanken, der auch hinter dem Rechtsinstitut der Verwirkung (§ 242 BGB) steht. Die analoge Rechtsanwendung schließt die bestehende Lücke. Weiterer, über den bloßen Zeitablauf hinausgehender Umstände bedurfte es nicht, um die Rückforderung auszuschließen. Namentlich müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Verwirkung nicht erfüllt sein.

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung entspricht der h.M. der OLG (OLG Brandenburg JurBüro 10, 307; AGS 11, 280; OLG Jena Rpfleger 06, 434; OLG Rostock JurBüro 12, 197; OLG Schleswig FamRZ 09, 451). Zum Teil wird das aber auch anders gesehen (OLG Düsseldorf RVGreport 08, 216; OLG Köln NJW-RR 11, 1294 ). Das wird damit begründet, dass die analoge Anwendung der ausdrücklichen gesetzgeberischen Wertung in § 56 Abs. 2 S. 1 RVG widerspreche, Erinnerungen gegen Vergütungsfestsetzungen gerade keiner Frist zu unterwerfen (Volpert in: Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl., Teil A: Rechtsmittel gegen die Vergütungsfestsetzung §§ 56, 33, Rn. 1125).

    Quelle: Ausgabe 12 / 2012 | Seite 204 | ID 36199420