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  • · Fachbeitrag · Pflichtverteidigung

    Pflichtverteidigerbestellung und Erstreckung

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Münster/Augsburg

    | In der Praxis machen Fragen der Erstreckung der Beiordnung eines Pflichtverteidigers (§ 48 Abs. 6 RVG) häufig Schwierigkeiten. Das gilt vor allem hinsichtlich der Frage, ob und wann ein Erstreckungsantrag ausdrücklich gestellt werden muss. Damit hat sich nun das OLG Hamm befasst. Der Senat meint, dass § 48 Abs. 6 S. 1 RVG unmittelbar anzuwenden ist, wenn Verfahren zunächst verbunden werden und danach der Pflichtverteidiger in dem (verbundenen) Gesamtverfahren bestellt wird. |

     

    Sachverhalt

    Im Fall des OLG (16.5.17, 1 Ws 95/17, Abruf-Nr. 196615) war gegen den Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren 1 anhängig. Ferner wurden gegen ihn weitere Ermittlungsverfahren 2 bis 5 geführt, die die Staatsanwaltschaft in der Folgezeit zum Verfahren 1, das führend blieb, hinzuverbunden hat. Der Rechtsanwalt hat als gesetzliche Vergütung für das führende Verfahren und für jedes der Verfahren 2 bis 5 die Festsetzung u. a. je einer Grundgebühr sowie einer Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren beantragt. Festgesetzt worden ist nur eine Grundgebühr und eine Verfahrensgebühr. Begründung: Nach Hinzuverbindung der fünf weiteren Verfahren handele es sich insgesamt nur noch um ein Verfahren. In den weiteren Verfahren sei der Verteidiger weder vor Verbindung beigeordnet worden noch sei die Beiordnung auf diese Verfahren erstreckt worden. Das OLG hat die beantragten Gebühren festgesetzt.

     

    Entscheidungsgründe

    Für die Anwendung des hier maßgeblichen § 48 Abs. 6 RVG ist umstritten, welche Gebühren zu erstatten sind, wenn eine Beiordnung erst erfolgt, nachdem mehrere Verfahren, in denen der Pflichtverteidiger bereits als Wahlverteidiger tätig war, i. S. d. § 4 StPO verbunden worden sind. Die Literatur und die überwiegende Rechtsprechung gehen davon aus, dass dem Rechtsanwalt über § 48 Abs. 6 S. 1 RVG (bis zum 2. KostRMoG § 48 Abs. 5 S. 1 RVG) Vergütungsansprüche gegen die Staatskasse für alle vorher hinzuverbundenen Verfahren erwachsen, soweit er in diesen vor der Verbindung als Wahlverteidiger tätig geworden ist (u. a. OLG Bremen RVG prof. 12, 186; OLG Hamm JurBüro 05, 532; Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl., § 48 Rn. 22 ff.; a.A. OLG Braunschweig AGS 14, 402; OLG Koblenz StraFo 12, 290; OLG Oldenburg NStZ-RR 11, 261).