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  • · Fachbeitrag · Einziehung

    Antworten auf allgemeine Fragen zum Entstehen der „Einziehungsgebühr“ der Nr. 4142 VV RVG

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Leer/Augsburg

    | Für die Tätigkeiten des Rechtsanwalts in Zusammenhang mit der Einziehung und verwandten Maßnahmen sieht das RVG in den Nrn. 4142, 5116 VV RVG zusätzliche Verfahrensgebühren vor. Deren Bedeutung hat seit dem Jahr 2017 erheblich zugenommen, nachdem die materiellen Vorschriften über die Einziehung in Straf- und Bußgeldverfahren verschärft worden waren. Die mit dem Entstehen und dem Gegenstandswert zusammenhängenden Fragen haben seither zugenommen. Der folgende Beitrag gibt deshalb Antwort auf die praxisrelevanten allgemeinen Fragen (der Beitrag wird mit einem „Gegenstandswert-ABC“ und der Rechtsprechung dazu fortgesetzt). |

     

    • Checkliste: Allgemeine Fragen zur Nr. 4142 VV RVG (Einziehungsgebühr)
    Frage
    Antwort

    1.

    Wie wird die Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG berechnet?

    Die Gebühr berechnet sich nach dem Gegenstandswert. Nach § 2 RVG ist also der Wert maßgeblich, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat.

    2.

    Welche Vorschriften gelten für die Bestimmung des Gegenstandswertes?

    Es gelten die allgemeinen Regelungen der §§ 22 ff. RVG (Grundsätze).

    3.

    Spielt der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit also keine Rolle?

    Nein, die Einziehungsgebühr erfasst jede im Hinblick auf die Einziehung erbrachte Tätigkeit unabhängig von ihrem Umfang. Da es sich um eine reine Wertgebühr handelt, hat der Umfang auch keinen Einfluss auf die Gebührenhöhe. Die im Hinblick auf die Einziehung erbrachte Tätigkeit wird auch nicht mehr bei der Bestimmung der übrigen Gebühren im Rahmen des § 14 RVG berücksichtigt.

    4.

    Wie ist bei mehreren Gegenstandswerten in derselben Angelegenheit zu verfahren?

    Mehrere Gegenstandswerte in derselben Angelegenheit werden zusammengerechnet (LG Osnabrück JurBüro 21, 465; zur Festsetzung des Wertes in den Fällen der Verbindung von Verfahren: LG Kiel AGS 21, 189).

    5.

    Wie wird der Gegenstandswert festgestellt?

    Der Rechtsanwalt muss ggf. den Wert für die Gebühr der Nr. 4142 VV RVG durch das Gericht nach § 33 RVG festsetzen lassen. Für das Verfahren zur Wertfestsetzung gelten die allgemeinen Regeln des § 33 RVG (dazu u.a. Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., Teil Rn. 990 ff. mit Musterantrag).

    6.

    Welcher Wert ist für den Gegenstandswert zugrunde zu legen?

    Maßgebend für den Gegenstandswert ist der objektive Wert. Das subjektive Interesse des Betroffenen ist ohne Belang (Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 25. Aufl., VV 4142 Rn. 19).

    7.

    Wie bemisst sich der Wert?

    Der Wert bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des Angeklagten an der Abwehr der Einziehung.

    8.

    Was gilt bei einer Einziehungsforderung?

    Maßgeblich ist der Nominalwert einer ggf. titulierten Einziehungsforderung. Es kommt dabei nicht darauf an, ob wegen Vermögenslosigkeit des Angeklagten erhebliche Zweifel an der Werthaltigkeit der Einziehungsforderung bestehen (BGH RVGreport 19, 412 m. w. N.).

    9.

    Welche Regeln gelten bei einem dinglichen Arrest?

    Bei einem dinglichen Arrest ist für den Gegenstandswert von einer Schätzung des zu sichernden Anspruchs gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 und 2 RVG i. V. m. § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO auszugehen (BGH AGS 18, 558; OLG Nürnberg AGS 22, 185). Maßgebend ist dabei das wirtschaftliche Interesse des Betroffenen an der Abwehr der Arrestforderung, wobei die konkrete wirtschaftliche Situation in den Blick zu nehmen ist.

     

    Hinweis | Das maßgebliche Interesse des Betroffenen an der Abwehr des Arrests geht aber nicht weiter als Vermögenswerte vorhanden sind, auf die im Wege der Arrestvollziehung zugegriffen werden kann (BGH, a. a. O.; OLG Frankfurt/Main, RVGreport 17, 420).

    10.

    Ist wegen der Vorläufigkeit der Maßnahme ein Abschlag vorzunehmen?

    Diese Frage wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Zum Teil wird, z. B. bei einem Arrest, nur ein Drittel des Wertes angenommen (OLG Hamm AGS 08, 341; OLG München AGS 10, 543; OLG Nürnberg AGS 22, 185; LG Kempten JurBüro 18, 596). Zum Teil werden Abschläge abgelehnt (OLG Frankfurt/Main RVGreport 17, 420; OLG Rostock JurBüro 18, 407; offengelassen von BGH RVG prof. 19, 46).

    11.

    Wie bemisst sich der Gegenstandswert im Revisionsverfahren?

    Der Gegenstandswert für die Tätigkeit im Revisionsverfahren bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse am Erfolg der Revision (BGH RVG prof. 19, 58).

    12.

    Auf welchen Zeitpunkt ist bei der Bestimmung des Gegenstandswertes abzustellen?

    Als Faustregel gilt: Maßgeblich ist der Gegenstandswert zum Zeitpunkt des Entstehens der Gebühr im jeweiligen Verfahrensabschnitt (BGH RVG prof. 19, 58; für Beratung unzutreffend a. A.: LG Amberg RVGreport 19, 354; RVGreport 19, 431; AG Mainz RVGreport 19, 141; 19, 424).

     

    Hinweis | Spätere Erhöhungen/Reduzierungen haben auf bereits entstandene zusätzliche Gebühren keinen Einfluss (OLG Bamberg AGS 07, 192).

    13.

    Wonach richtet sich der Gegenstandswert, wenn der Schlussantrag der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung niedriger ausfällt als nach den zum Zeitpunkt der Beratung in der Verfahrensakte erkennbaren Anhaltspunkten?

    Entscheidend sind die zum Zeitpunkt der Beratung in der Verfahrensakte erkennbaren Anhaltspunkte (KG NStZ-RR 05, 358; OLG Karlsruhe NStZ-RR 07, 391; OLG Oldenburg NJW 10, 884; OLG Stuttgart RVG prof. 10, 170; LG Magdeburg StRR 08, 480).

    14.

    Entsteht die Gebühr auch, wenn der Gegenstandswert niedriger als 30 EUR (sog. Bagatellbereich) ist?

    Nein, in Bagatellfällen entsteht die Gebühr der Nr.  4142 VV RVG nach Anm. 2 nicht. Damit hat die Vorschrift keine Bedeutung bei der Einziehung von Gegenständen im Bagatellbereich, insbesondere also nicht bei der Einziehung nur geringwertiger Tatwerkzeuge (dazu BT-Drucksache 15/1971, S. 228).

    15.

    Wie kann der Rechtsanwalt Tätigkeiten abrechnen, die den Bagatellbereich betreffen?

    Die Tätigkeiten, die der Rechtsanwalt im sog. Bagatellbereich erbringt, sind über § 14 Abs.  1 S. 1 RVG bei der Bemessung der Rahmengebühr zu berücksichtigen (Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., VV 4142 Rn. 17).

     

    Weiterführender Hinweis

    • Zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG: Da steckt eine Menge Geld drin, RVG prof. 09, 65
    Quelle: Ausgabe 07 / 2023 | Seite 115 | ID 49487064