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  • 01.06.2010 | Wahlverteidigervergütung

    Verteidigerhonorar: Angemessenheit trotz Überschreitung des fünffachen Gebührensatzes

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    Die aus dem Überschreiten des fünffachen Satzes der gesetzlichen Gebühren herzuleitende Vermutung der Unangemessenheit eines vereinbarten Verteidigerhonorars kann durch die Darlegung entkräftet werden, dass die vereinbarte Vergütung im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist (Modifikation von BGH NJW 05, 2142) (BGH 4.2.10, IX ZR 18/09, Abruf-Nr. 100919).

     

    Sachverhalt

    Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen ein Ehepaar wegen Subventionsbetrugs (8 Mio EUR). Das Verfahren ist eingestellt. Verteidiger waren zwei Mitglieder einer Großkanzlei. Mit diesen hatten die Eheleute zwei Honorarvereinbarungen getroffen. In der Vereinbarung aus 2001 verpflichteten sie sich zur Zahlung eines Stundensatzes von 311,38 EUR bzw. 504,65 EUR. In einer 2002 geschlossenen Honorarvereinbarung wurde zusätzlich für die Vertretung in der Hauptverhandlung ein Pauschalhonorar von jeweils 100.000 EUR nebst Reisespesen vereinbart. Die Verteidiger waren in der 30-tägigen Hauptverhandlung an 28 bzw. an 27 Hauptverhandlungstagen anwesend. Die Parteien haben im Zivilverfahren nach teilweiser Zahlung durch die Beklagten noch um die Restzahlung aus der in 2001 getroffenen Vereinbarung und um die vollständige Zahlung des 2002 vereinbarten Honorars gestritten. Die Klage hatte nur teilweise Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Der BGH hat zu den anstehenden Rechtsfragen in seinem umfangreich begründeten und lesenswerten Urteil detailliert Stellung genommen.  

     

    Übersicht: So begründet der BGH die Entscheidung zur Stundenhonorarvereinbarung
    • Die Vereinbarung eines Stundenhonorars ist angesichts des besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeitsgrads der Sache sachgerecht.

     

    • Bei einem Stundenhonorar trägt der Rechtsanwalt die Beweislast dafür, dass die berechnete Vergütung tatsächlich entstanden ist. Er muss denn Nachweis führen, dass der geltend gemachte zeitliche Arbeitsaufwand überhaupt angefallen ist. Die geltend gemachten Stunden sind schlüssig darzulegen. Der Rechtsanwalt kann ohne weiteres stichwortartig in einer verständlichen Weise niederlegen, welche konkrete Tätigkeit er innerhalb eines bestimmten Zeitraums verrichtet hat. Allgemeine Hinweise über Aktenbearbeitung, Literaturrecherche und Telefongespräche sind nicht ausreichend.

     

    • Der vom Verteidiger nachgewiesene Zeitaufwand kann nur dann in vollem Umfang berücksichtigt werden, wenn er in einem angemessenen Verhältnis zu Schwierigkeit, Umfang und Dauer der zu bearbeitenden Angelegenheit steht. Schaltet der Mandant einen Spezialisten ein, darf er grundsätzlich davon ausgehen, dass die Sache innerhalb eines üblichen Zeitrahmens erledigt wird. Die danach erforderliche Prüfung obliegt in erster Linie den Tatgerichten.

     

    • Die Höhe des vereinbarten Honorars ist darauf zu prüfen, ob die zwischen den Parteien getroffene Honorarvereinbarung nach Sachlage als unangemessen hoch einzustufen ist. Für eine Herabsetzung des vereinbarten Stundensatzes ist aber nur Raum, wenn es unter Berücksichtigung aller Umstände unerträglich und mit den Grundsätzen des § 242 BGB unvereinbar wäre, den Mandanten an seinem Honorarversprechen festzuhalten.