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  • 01.11.2006 | Vergütungsvereinbarungen

    Besonderheiten vereinbarter Honorare

    von RA U.W. Hauskötter, Dortmund

    Die „Thesen zu Vergütungsvereinbarungen“ informieren auch über Besonderheiten bei Vergütungsvereinbarungen. Dazu im Einzelnen (vgl. zu diesen Thesen der Arbeitsgruppe der Tagung der Gebührenreferenten der RA-Kammern auch Hauskötter, RVG prof. 06, 73; 94; 109; 112; 131 und 174):  

     

    Checkliste: Besonderheiten bei Beratungshilfe
    • Nichtigkeit von Vergütungsvereinbarungen: Gewährt der Anwalt einem Rechtssuchenden Beratungshilfe, darf er keine Vergütungsvereinbarung mit dem Mandanten treffen. Nach § 4 Abs. 6 RVG i.V. mit § 8 BerHG sind Vereinbarungen über eine Vergütung in der Beratungshilfe nichtig. Der Anwalt kann nur eine Schutzgebühr von 10 EUR nach Nr. 2500 VV RVG geltend machen.

     

    • Anwaltskenntnis von der Beratungshilfesituation: Allein das Vorliegen der Voraussetzungen für Beratungshilfe führt noch nicht zur Nichtigkeit eines Vergütungsvertrags. Der Anwalt muss erkennen oder einen Hinweis von seinem Auftraggeber erhalten, dass die Beratungshilfevoraussetzungen geben sind. Schließt er dennoch eine Vergütungsvereinbarung mit diesem, ist diese Vereinbarung nichtig. Erfährt der Anwalt die Tatsachen, die zum Anspruch auf Beratungshilfe führen, erst nach Abschluss der Vergütungsvereinbarung, ist die bereits abgeschlossene Vereinbarung nur für die Zukunft nichtig. Ein Rückforderungsanspruch des Auftraggebers besteht bei in die Zukunft wirkender Nichtigkeit der Vergütungsvereinbarung nur für solche von ihm geleisteten Zahlungen, die ab dem Zeitpunkt der Nichtigkeit erfolgen. Hat der Anwalt aber bereits vor Eintritt der Nichtigkeit der Vereinbarung eine Leistung erbracht und der Mandant diese auf der Grundlage der später nichtig werdenden Vergütungsvereinbarung bezahlt, dann gibt es für diese Zahlung keinen Rückforderungsanspruch.

     

    • Mandantenkenntnis von der Beratungshilfesituation: Weiß der Mandant um seinen Anspruch auf Beratungshilfe und nimmt er anwaltliche Beratungsdienstleistungen ohne Hinweis auf seinen Beratungshilfeanspruch trotzdem in Anspruch, ist eine Vergütungsvereinbarung nicht nichtig. § 8 BerHG gilt nur, wenn Beratungshilfe auf Antrag gewährt worden ist bzw. der Rechtssuchende unmittelbar einen Anwalt aufsucht und seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse glaubhaft macht und versichert, dass ihm in der selben Angelegenheit Beratungshilfe bisher weder gewährt, noch durch das AG versagt wurde. Verzichtet der Mandant freiwillig, trotz Kenntnis der Voraussetzungen auf Beratungshilfe, z.B. weil ein Dritter die Anwaltskosten für ihn übernimmt, greift § 8 BerHG nicht ein.

     

    • Rückforderungsanspruch des Mandanten: Zahlungen auf der Grundlage einer nichtigen Vergütungsvereinbarung kann der Beratungshilfeberechtigte nach § 812 ff. BGB (ungerechtfertigte Bereicherung) zurückfordern. Im Gegenzug muss er aber die Beratungshilfegebühr nach Nr. 2500 VV RVG zahlen.

     

    • Der Rückforderungsanspruch besteht auch, wenn der Mandant die Zahlungen freiwillig und in Kenntnis der Tatsache geleistet hat, dass er oder ein Dritter zu solchen Zahlungen nicht verpflichtet gewesen ist. Für die Beratungshilfe fehlt eine den § 4 Abs. 5 S. 2 RVG entsprechende Vorschrift als Grundlage für das Behaltendürfen der nicht geschuldeten Vergütung. Der Mandant kann also auch bei freiwilliger Zahlung vom Anwalt das Geleistete zurückfordern.

     

     

     

    Checkliste: Besonderheiten bei PKH
    • Vergütungsvereinbarung und Beiordnung: Nach § 4 Abs. 5 S. 1 RVG kann der Anwalt, der seinem Mandanten im Wege der PKH beigeordnet wurde, von diesem keine Zahlung fordern. Alleiniger Gebührenschuldner ist nach Maßgabe des Bewilligungsbeschlusses gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO die Staatskasse, § 45 RVG. Eine trotzdem getroffene Vergütungsvereinbarung begründet keine Verbindlichkeit für den Mandanten. Es entsteht nur eine nicht einklagbare Naturalobligation (unvollkommene Verbindlichkeit, wie Spiel- oder Wettschulden). Der Mandant muss eine vertraglich eingegangene Vergütungsverpflichtung gegenüber dem Anwalt auch nicht erfüllen, selbst wenn nach § 120 ZPO Ratenzahlung angeordnet ist und der Anwalt seine volle Regelgebühr erhalten hat (§ 50 RVG), soweit durch die Vergütungsvereinbarung ein Honorar oberhalb der gesetzlichen Gebühren verabredet war.

     

    Der Zeitpunkt der Beiordnung ist nicht ausschlaggebend. Erfasst ist auch eine vor der Beiordnung verabredete Vergütungsvereinbarung, sofern rückwirkend PKH gewährt wird.

     

    • Freiwillige und vorbehaltlose Leistung des Mandanten: Für eine freiwillige und vorbehaltlose Leistung durch den Auftraggeber auf der Grundlage einer Vergütungsvereinbarung gilt § 4 Abs. 5 S. 2 RVG. Er kann die Zahlung nicht zurückfordern, weil keine einklagbare Verbindlichkeit bestanden hat. Der Anwalt darf also mit dem Mandanten auch bei PKH-Beiordnung eine Vergütung vereinbaren. Es besteht lediglich keine Pflicht des Mandanten, entsprechend der Vereinbarung an den Anwalt zu zahlen. Leistet er dennoch freiwillig und vorbehaltlos, kann er die gezahlte Vergütung nicht zurückerstattet verlangen.

     

    Nach der in den „Thesen“ vertretenen Auffassung, ändert sich an diesem Ergebnis auch nichts durch § 16 Abs. 2 BORA (Berufsordnung für Rechtsanwälte). Dort ist geregelt, dass der durch PKH-Bewilligung beigeordnete Anwalt Zahlungen des Auftraggebers oder eines Dritten nur annehmen darf, die freiwillig und in Kenntnis der Tatsache gegeben werden, dass der Mandant oder der Dritte dazu nicht verpflichtet ist. Gelegentlich wird daraus gefolgert, dass der Anwalt nach seiner Beiordnung keine Leistungen seines Aufraggebers oder eines Dritten annehmen darf. Allerdings entfaltet diese berufsrechtliche Vorschrift keine zivilrechtliche Wirkung und ist auch kein Verbotsgesetz i.S. von § 134 BGB. Ein Verstoß gegen § 16 Abs. 2 BORA führt deshalb nicht zu einer Nichtigkeit einer Vergütungsvereinbarung.

     

    • Tätigkeiten außerhalb der Beiordnung: Sobald die Anwaltstätigkeit außerhalb der Bewilligung von PKH liegt, kann dafür eine Vergütungsvereinbarung getroffen werden:
    • PKH wird für Teile des Rechtsstreits abgelehnt;
    • nach Beiordnung wird eine Vergütungsvereinbarung für Tätigkeiten verabredet, die zeitlich vor der Beiordnung ausgeführt wurden;
    • Bewilligung der PKH wird aufgehoben;
    • Vereinbarungen über Fahrtkosten des Anwalts, die nicht von der Beiordnung erfasst sind.

     

    • Maßgeblich für den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 RVG ist daher der Beiordnungsbeschluss, aus dem sich Dauer und Umfang der Beiordnung ergeben:
    • Sofern die Beiordnung nicht rückwirkend erfolgt, ist eine vereinbarte Vergütung für vor der Beiordnung liegende Tätigkeiten nicht betroffen.
    • Gleiches gilt für Anwaltstätigkeiten, die außerhalb des Rechtsstreits erbracht werden, für den PKH bewilligt wurde.
    • Erfolgt die Beiordnung rückwirkend, wird die Vergütungsvereinbarung nicht nachträglich unwirksam, sondern wandelt sich nur in eine nicht einklagbare Naturalobligation.

     

    • Sonstige Beiordnung oder Bestellung: Wird ein Anwalt nach anderen Vorschriften als dem Beratungshilfegesetz oder den PKH-Bestimmungen beigeordnet, ist die Freiheit zur Vergütungsvereinbarung mit dem Mandanten dadurch nicht berührt. § 4 Abs. 5 RVG bezieht sich seinem Wortlaut nach nur auf die Beiordnung im Wege der PKH, nicht auf andere Fälle der Beiordnung, z.B. Bestellung
    • als gerichtlicher Vertreter (Prozesspfleger) für Prozessunfähige, § 57 ZPO,
    • als gerichtlicher Vertreter (Prozesspfleger) bei herrenlosem Grundstück oder eingetragenem Schiff, § 58 ZPO,
    • als einstweiliger besonderer Vertreter für den Erben, § 779 Abs. 2 ZPO;
    • zur Zwangsvollstreckung bei herrenlosem Grundstück oder eingetragenem Schiff, § 787 ZPO;
    • als Pflichtverteidiger bei notwendiger Verteidigung i.S. von § 140 StPO, § 141 StPO, § 49 RVG.