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  • 01.10.2006 | Vergleichskosten

    Kostenübernahme im Vergleich

    von RiLG Dr. Julia Bettina Onderka, Bonn
    Die Tragweite einer Erklärung in einem Vergleich, nach der die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits zu tragen haben, ist durch Auslegung zu ermitteln (OLG Karlsruhe 16.6.06, 11 W 20/06, n.v., Abruf-Nr. 062542).

     

    Sachverhalt

    In der mündlichen Verhandlung haben die Parteien nicht nur über die rechtshängigen Ansprüche verhandelt, sondern auch über wechselseitige Ansprüche, die nicht Gegenstand des Rechtsstreits waren. Dabei überstieg die Höhe dieser nicht rechtshängigen Ansprüche den Streitgegenstand des Prozesses deutlich. Nachdem keine Einigung über die nicht rechtshängigen Ansprüche möglich war, schlossen die Parteien „in der Hauptsache“ einen Vergleich. Darin verpflichteten sich die Beklagten, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Klägerin macht auf der Grundlage dieser Regelung die Erstattung auch derjenigen Anwaltskosten geltend, die ihr durch die vergeblichen Verhandlungen zur Erzielung einer Einigung über die nicht rechtshängigen Ansprüche entstanden sind. Gegen die entsprechende Festsetzung haben die Beklagten erfolgreich sofortige Beschwerde eingelegt.  

     

    Entscheidungsgründe

    Es kann offen bleiben, ob die geltend gemachten Anwaltsgebühren entstanden sind. Jedenfalls müssen die Beklagten sie nicht auf Grund des Prozessvergleichs in voller Höhe erstatten. Die Tragweite der vertraglichen Regelung, dass die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits tragen müssen, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist neben dem Wortlaut des Vergleichs die erkennbare Interessenlage der Parteien zu berücksichtigen, soweit sie Rückschlüsse auf den Inhalt ihrer vertraglichen Willenserklärungen zulässt. Danach ist nicht davon auszugehen, dass die Beklagten auch diejenigen Anwaltskosten übernehmen wollten, die aus den vergeblichen Gesprächen über eine Einigung hinsichtlich der nicht rechtshängigen Ansprüche resultieren. Diese Kosten sind erheblich, weil die Höhe dieser Ansprüche den Wert des Prozessgegenstands deutlich übersteigt. Für eine Übernahme dieser Kosten durch die Beklagten bestand nach den – ergebnislosen – Verhandlungen kein Anlass. Dann liegt es fern anzunehmen, die Beklagten hätten sich auch zu Übernahme dieser Kosten verpflichten wollen. Vielmehr hätte es nahe gelegen, dies ausdrücklich zu regeln. Auch die Klägerin macht nicht geltend, dass über diesen Punkt gesprochen und eine Einigung erzielt worden sei.  

     

    Praxishinweis

    Welche Partei die Kosten des Rechtsstreits tragen muss, richtet sich nach dem im Urteil festgestellten Maßstab des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens (Kostenquote). Endet der Rechtsstreit nicht durch Urteil, sondern durch einen Vergleich, ist § 98 ZPO die maßgebliche Vorschrift für die Kostenverteilung. Danach sind – soweit die Parteien keine ausdrückliche Regelung getroffen haben – sowohl die Kosten des Vergleichs als auch die des erledigten Rechtsstreits (wenn über diese noch keine rechtskräftige Entscheidung vorliegt) als gegeneinander aufgehoben anzusehen. Im vorliegenden Fall haben die Beklagten im Vergleichstext ausdrücklich die „Kosten des Rechtsstreits“ übernommen. Ist damit eine dem § 98 ZPO vorrangige Kostenregelung getroffen worden, richtet sich die Erstattungspflicht nach dieser, wobei der Umfang durch Auslegung zu ermitteln ist.