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  • 02.06.2009 | Terminsgebühr

    Volle Terminsgebühr im Verfahren nach § 495a ZPO

    von RiLG Dr. Julia Bettina Onderka

    Die Terminsgebühr ermäßigt sich nicht nach Nr. 3105 VV RVG, wenn das Gericht im Verfahren nach § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung anstelle eines möglichen Versäumnisurteils ein streitiges Endurteil erlassen hat (OLG Düsseldorf 19.3.09, I-10 W 22/09, Abruf-Nr. 091622).

     

    Entscheidungsgründe

    Das LG hat die Beschwerde der Landeskasse gegen die Festsetzung einer 1,2 Terminsgebühr im vereinfachten Verfahren nach § 495a ZPO zu Recht zurückgewiesen. Vorliegend wurde in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden. Dies löste nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG eine 1,2 Terminsgebühr aus. Diese war - entgegen der Auffassung der Landeskasse - nicht nach Nr. 3105 VV RVG auf eine 0,5 Terminsgebühr zu ermäßigen. Der Gebührenermäßigungstatbestand greift vorliegend nicht ein.  

     

    Nr. 3105 VV RVG sowie deren Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 setzen voraus, dass der Termin von einem Prozessbevollmächtigten wahrgenommen wird, während die andere Partei säumig ist, und lediglich ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils oder zur Prozess- oder Sachleitung gestellt wird, das Gericht lediglich eine Entscheidung zur Prozess- oder Sachleitung von Amts wegen trifft oder wenn ein Versäumnisurteil ergeht. Diese Gebührenreduzierung soll dem in der Regel verminderten Aufwand des Anwalts in diesen Fällen Rechnung tragen (BT-Drucks. 15/1971, S. 212f).  

     

    Eine direkte Anwendung des Gebührenermäßigungstatbestandes kommt vorliegend nicht in Betracht. Die Anwendung des Ausnahmetatbestandes scheitert zwar nicht, weil kein Termin stattgefunden hat. Nr. 3105 Abs. 2 VV RVG erklärt Nr. 3104 Abs. 1 VV RVG für entsprechend anwendbar. Dies ist bei verständiger Auslegung zwar dahin zu verstehen, dass die Gebührenreduzierung auch bei einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 495a ZPO eintreten kann, allerdings dort nur unter der Voraussetzung, dass eine der Nr. 3105 Abs. 1 VV RVG vergleichbare Fallkonstellation vorliegt. Dies setzt eine „Säumnis“ der beklagten Partei voraus. Außerdem muss eine Entscheidung nach § 495a Abs. 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung ergehen. Daran fehlt es vorliegend. Zwar hat sich die beklagte Partei nicht am schriftlichen Verfahren beteiligt, aber es ist kein Versäumnisurteil, sondern ein streitiges Endurteil ergangen.  

     

    Der Gebührenermäßigungstatbestand kann auch nicht analog angewendet werden, wenn das Gericht im Verfahren nach § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung anstelle eines möglichen Versäumnisurteils ein streitiges Endurteil erlassen hat (Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., VV 3105, Rn. 36). Für eine Analogie fehlt es an der Regelungslücke im Gesetz. Der Gesetzgeber hat in Nr. 3105 VV RVG konkrete Fallkonstellationen benannt, in denen sich die Terminsgebühr ermäßigt und die Gebührenermäßigung auch im Verfahren ohne mündliche Verhandlung nach § 495a ZPO für anwendbar erklärt. Dass in diesem Verfahren im Falle der Nichtbeteiligung des Gegners anstelle eines Versäumnisurteils auch ein streitiges Endurteil ergehen kann und dies in der Praxis häufig auch geschieht, war dabei bekannt. Dennoch hat der Gesetzgeber dies nicht zum Anlass genommen, auch für diesen Fall eine Gebührenermäßigung zu normieren. Dies spricht dafür, dass er eine Erweiterung des Gebührenausnahmetatbestands auf diesen Fall bewusst unterlassen hat. Damit kann eine Analogie mithin weder mit einem verminderten Arbeitsaufwand des Anwalts noch damit gerechtfertigt werden, dass das Gericht anstelle des streitigen Endurteils auch ein kostengünstigeres Versäumnisurteil hätte erlassen können (so aber z.B. AG Freising JurBüro 08, 142).  

     

    Praxishinweis

    Nach § 495a ZPO kann das Gericht den Verlauf des Verfahrens nach billigem Ermessen bestimmen, wenn der Streitwert nicht über 600 EUR liegt. In der Praxis wird in solchen Fällen überwiegend ohne mündliche Verhandlung entschieden. Die Terminsgebühr entsteht dann trotzdem, wenn ein Urteil oder eine sonstige die Endentscheidung vorbereitende Entscheidung ergeht, die eigentlich einer mündlichen Verhandlung bedurfte.  

     

    Die volle 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG steht dem Prozessbevollmächtigten im Verfahren nach § 495a ZPO unabhängig davon zu, ob der Beklagte Einwendungen erhoben hat, mit denen sich das Urteil auseinander setzt (a.A. AG München AGS 07, 442, für eine reduzierte Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV RVG, wenn sich der Beklagte im Verfahren nach § 495a ZPO nicht meldet und sodann ein streitiges Endurteil ergeht). Da sich das Gebührenrecht nach den Entscheidungen des Gerichts richtet, ist nicht die eventuelle schriftsätzliche Säumnis des Beklagten entscheidend, sondern der Umstand, dass das Gericht das Verfahren nach § 495a ZPO angeordnet und ein mit Entscheidungsgründen versehenes Urteil (kein Versäumnisurteil) erlassen hat. Das OLG hat vorliegend zutreffend die volle Terminsgebühr zugebilligt, da eben kein Versäumnis-, sondern ein streitiges Endurteil erlassen wurde.  

     

    Bedurfte allerdings die im Verfahren nach § 495a ZPO erlassene Entscheidung ohnehin keiner mündlichen Verhandlung, entsteht auch keine Terminsgebühr. Nr. 3104 Anm. 1 Nr. 1 VV RVG will den Anwalt nicht besser stellen, als er ohne die Anordnung des vereinfachten Verfahrens stehen würde. Es entsteht beispielsweise keine Terminsgebühr, wenn im § 495a-Verfahren der Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid verworfen wird, da diese Entscheidung gemäß § 700 Abs. 1, § 341 Abs. 2 ZPO keiner mündlichen Verhandlung bedarf.  

     

    Die Verweisung Nr. 3105 Anm. Abs. 2 auf Anm. Abs. 1 zu Nr. 3104 VV RVG (Entstehen nur einer reduzierten Terminsgebühr von 0,5) kann nur greifen, wenn sich der Beklagte an einem Verfahren nach § 495a ZPO nicht beteiligt und dort nur eine Entscheidung zur Sach- oder Prozessleitung getroffen wird. Hierfür gab es bislang keine Vergütung, da es an einer Entscheidung i.S. der Nr. 3104 VV RVG fehlt. Aufgrund der Anm. Abs. 2 zu Nr. 3105 VV RVG wird man davon ausgehen müssen, dass jetzt eine 0,5 Terminsgebühr anfällt.  

     

    Quelle: Ausgabe 06 / 2009 | Seite 96 | ID 127341