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  • 01.08.2006 | Streitwert

    Richtige Streitwertbemessung für einen Vergleich

    von RiLG Dr. Julia Bettina Onderka, Bonn
    Der Streitwert eines Vergleichs ist auf den Wert des gesamten Verfahrensgegenstands festzusetzen, wenn die Parteien durch Teilklagerücknahme und Vergleich eine Gesamtlösung über den gesamten anhängigen Rechtsstreit herbeiführen wollen (OLG München 12.6.06, 10 W 1672/06, n.v., Abruf-Nr. 062036).

     

    Sachverhalt

    Das LG hatte den Parteien einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, in dem als Streitwert für das Verfahren 10.231 EUR und als Streitwert für den Vergleich 2.081,86 EUR vorgesehen waren. Später wurde der gerichtliche Vorschlag modifiziert und das Gericht setzte den Streitwert für das Verfahren auf insgesamt 10.231 EUR fest. Dagegen legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf Druck der hinter dieser stehenden Rechtsschutzversicherung Beschwerde ein. Das LG änderte die Streitwertfestsetzung daraufhin dergestalt, dass der Wert für das Verfahren auf 10.231 EUR und der Wert für den Vergleich auf 2.081,86 EUR festgesetzt wurde, da sich dem Verhandlungsprotokoll nicht entnehmen lasse, dass die Teilklagerücknahme i.H. von 8.149,14 EUR Resultat einer vergleichsweisen Einigung gewesen sei. Gegen diesen Beschluss legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erfolgreich Beschwerde in eigenem Namen ein.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der Erstrichter übersieht bei seinem Rückgriff auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, dass dieses wegen § 160 Abs. 2 ZPO keine lückenlose Wiedergabe des Verhandlungsverlaufs darstellt und deshalb aus der Wiedergabe der Erklärungen keine zwingenden Argumente für das von den Parteien Gewollte abgeleitet werden können. Nach aller Erfahrung des Senats ist nicht davon auszugehen, dass der teilweise Vergleich und die Teilklagerücknahme isoliert voneinander erfolgten, sondern vielmehr eine Gesamtlösung mit Elementen eines sog. materiellen, informellen, verdeckten oder verkappten Vergleichs angestrebt und auch umgesetzt wurde. Dann ist aber Vergleichsgegenstand der gesamte anhängige Rechtsstreit gewesen, auch wenn der eigentliche Vergleich nur einen Teilbetrag erfasste.  

     

    Im Rahmen des durch § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO eingeräumten freien Ermessens besteht auch keine Veranlassung, den Gegenstandswert für den Vergleich niedriger anzusetzen als den Streitwert für das Verfahren.