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  • 01.07.2011 | Rahmengebühren

    Bemessung der Rahmengebühr

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    1. Ein pauschaler Aufschlag von 20 Prozent auf die Mittelgebühr der dem Rechtsanwalt zustehenden Rahmengebühren ist unzulässig.  
    2. Im Disziplinarverfahren entsteht im Fall einer Aufhebung der angegriffenen Disziplinarverfügung und damit einhergehender materieller Erledigung des Rechtsstreits aufgrund eines gerichtlichen Hinweises auf eine eingetretene Änderung der Rechtslage nicht die Zusatzgebühr Nr. 6216 VV RVG.  
    (VG Berlin 5.11.10, 80 KE 2.10, Abruf-Nr. 112137)

     

    Sachverhalt

    Der Rechtsanwalt war im Disziplinarverfahren für einen Beamten tätig. Die Disziplinarverfügung wurde vom beklagten Dienstherrn aufgehoben, nachdem das VG einen gerichtlichen Hinweis auf eine Änderung der Rechtslage erteilt hatte. Eine mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden. Der Rechtsanwalt hat auch eine Gebühr Nr. 6216 VV RVG geltend gemacht. Die Gebühren setzte er jeweils mit 20 Prozent über der Mittelgebühr fest. Der Kostenbeamte hat jedoch nur die Mittelgebühren festgesetzt, die Zusatzgebühr Nr. 6216 VV RVG wurde nicht anerkannt. Das dagegen gerichtete Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der Rechtsanwalt hat die jeweilige Gebühr nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung aller in § 14 Abs. 1 RVG genannten Umstände zu bestimmen. Dabei ist ihm ein gewisser Spielraum eingeräumt. Seine Bestimmung ist lediglich dann nicht verbindlich für das Festsetzungsverfahren, wenn die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen und die von ihm getroffene Bestimmung unbillig ist (§ 14 Abs. 1 S. 4 RVG). Für durchschnittliche Fälle ist vom Mittelwert des jeweiligen Rahmens auszugehen. Ein Spielraum für die Erhebung einer höheren Gebühr besteht nur, wenn besondere Umstände eine Erhöhung über den Mittelwert hinaus rechtfertigen. Ein „pauschaler“ Zuschlag zur Mittelgebühr von 20 Prozent - wie hier - ist nicht anerkennungsfähig, weil auf diese Weise der für Verfahren mittlerer Schwierigkeit vorgesehene mittlere Gebührensatz in Richtung des Höchstsatzes verschoben und der zur Verfügung stehende Gebührenrahmen nach oben verzerrt würde. Besondere Umstände, die hier eine Erhöhung über den Mittelwert hinaus rechtfertigen könnten, sind aber nicht erkennbar.  

     

    Die zusätzliche Gebühr Nr. 6216 VV RVG entsteht nach der Anm. 1, wenn eine gerichtliche Entscheidung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergeht oder einer beabsichtigten Entscheidung ohne Hauptverhandlungstermin nicht widersprochen wird. Entsprechend der vergleichbaren Gebühr Nr. 4141 VV RVG im Strafverfahren ist hierfür ein zumindest mitursächlicher Beitrag des Rechtsanwalts erforderlich, aber auch ausreichend. Diese Voraussetzungen haben hier jedoch nicht vorgelegen. Maßgeblich oder zumindest mitursächlich für die unstreitige Erledigung vor einer mündlichen Verhandlung war der Umstand, dass der Beklagte aufgrund eines gerichtlichen Hinweises die angegriffene Disziplinarverfügung aufgehoben und den Beamten damit klaglos gestellt habe. Der Rechtsstreit war damit materiell erledigt.