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  • 30.03.2011 | Prozesskostenhilfe

    Muss eine Geldstrafe bei der PKH-Bewilligung berücksichtigt werden?

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    1. Es ist grundsätzlich nicht angemessen, die auf eine Geldstrafe zu zahlende Rate bei der Einkommensermittlung gemäß § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO zu berücksichtigen.  
    2. Nach § 42 StGB i.V. mit § 459a StPO kann der Bedürftige bei einer - auch im Lichte der von ihm verwirkten Strafe - nicht mehr zumut- baren wirtschaftlichen Belastung eine entsprechende Zahlungserleichterung bei der Vollstreckungsbehörde erreichen. Damit ist sichergestellt, dass ihm der Zugang zu den Gerichten nicht versperrt wird.  
    (BGH 12.1.11, XII ZB 181/10, Abruf-Nr. 110684)

     

    Sachverhalt

    In einer Familiensache streiten die Parteien um Trennungsunterhalt. Der Beklagte hat PKH beantragt. Das OLG hat ihm PKH bewilligt, bei der Ermittlung des anrechenbaren Einkommens aber eine vom Beklagten zu zahlende Geldstrafe unberücksichtigt gelassen. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde hatte beim BGH keinen Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Zur Begründung seiner Auffassung verweist der BGH auf § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO: Danach sind für die Ermittlung des - für die Prozesskosten - einzusetzenden Einkommens weitere Beträge abzusetzen, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist. In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob dazu auch die auf eine Geldstrafe zu entrichtende Rate zählt (dafür u.a. OLG Hamburg FamRZ 01, 235; Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl. § 115 Rn. 37). Begründet wird die diese Frage bejahende Ansicht damit, dass Zweck der PKH die Verwirklichung des sozialstaatlichen Gebots einer Gleichstellung wirtschaftlich Starker und Schwacher im Rechtsschutzbereich sei. Sie diene dem staatlichen Ziel, den Zugang zu den Gerichten jedermann in gleicher Weise zu eröffnen. Mit diesem Grundsatz sei es nicht zu vereinbaren, im Rahmen der PKH-Bewilligung Ratenzahlungen auf eine Geldstrafe unberücksichtigt zu lassen. Ihnen könne sich die Partei unter keinen Umständen entziehen. Würde die Geldstrafe nicht gezahlt werden, wäre damit zu rechnen, dass der Betroffene eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen müsste (OLG Hamburg, a.a.O.).  

     

    Der BGH schließt sich jedoch der wohl überwiegenden Meinung an, die eine Berücksichtigung von Geldstrafen im Rahmen des § 115 ZPO ablehnt (so u.a. OLG Karlsruhe FamRZ 08, 1541; MüKo/Motzer, ZPO, 3. Aufl., § 115 Rn. 42). Es wird darauf verwiesen, dass der Strafcharakter der Geldstrafe teilweise entfallen würde, wenn der Bedürftige seinen Prozess auf Kosten der Allgemeinheit wegen Anrechnung etwaiger Geldstrafen führen könnte (siehe dazu OLG München, a.a.O.). Zum anderen wird argumentiert, dass auch ein Sozialhilfeempfänger die gegen ihn verhängte Geldstrafe aus der ihm gewährten Sozialhilfe unter entsprechenden persönlichen Einschränkungen zu begleichen habe, ohne dass seine Sozialhilfe deshalb erhöht würde. Dem schließt sich der BGH an. Es sei nicht angemessen, die auf eine Geldstrafe zu zahlende Rate bei der Einkommensermittlung gemäß § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO zu berücksichtigen. Allerdings dürfe dem Bedürftigen der Zugang zu den Gerichten nicht verwehrt werden. Ebenso müsse ausgeschlossen sein, dass die Nichtberücksichtigung dieser Rate dazu führe, dass er Gefahr laufe, eine Ersatzfreiheitsstrafe antreten zu müssen. Den Weg, um das zu verhindern, sieht der BGH über § 42 StGB i.V. mit § 459a StPO. Danach könne der Bedürftige bei der Strafvollstreckungsbehörde Zahlungserleichterungen bis hin zu einer Stundung beantragen.