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  • 30.08.2010 | Persönlicher Geltungsbereich des RVG

    Abrechnung der Tätigkeiten des „Terminsvertreters“ im Strafverfahren

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    Die Tätigkeit eines Pflichtverteidigers als „Terminsvertreter“ für einen Hauptverhandlungstag ist nicht nur mit der Terminsgebühr zu vergüten. Ihm stehen sämtliche im Einzelfall verwirklichten Gebührentatbestände des Teils 4 Abschnitt 1 VV RVG zu (OLG Köln 26.3.10, 2 Ws 129/10, Abruf-Nr. 102617).

     

    Sachverhalt

    RA A war dem Angeklagten als Pflichtverteidiger beigeordnet. Im Hauptverhandlungstermin vor dem LG erschien er nicht. Daraufhin wurde der anwesende RA B auf seinen Antrag „für den heutigen Verhandlungstag dem Angeklagten als Pflichtverteidiger beigeordnet“. RA B beantragte später die Festsetzung seiner Pflichtverteidigergebühren und brachte dabei die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG, eine Verfahrensgebühr für das gerichtliche Verfahren und die Terminsgebühr in Ansatz. Festgesetzt wurde zunächst nur die Terminsgebühr. Im Rechtsmittelverfahren hat das OLG dann auch noch die Grundgebühr festgesetzt, die Festsetzung der Verfahrensgebühr hingegen abgelehnt.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das OLG hat sich der Auffassung in Rechtsprechung und Literatur angeschlossen, die dem „Terminsvertreter“ nicht lediglich die Terminsgebühr gewährt sondern sämtliche im Einzelfall verwirklichten Gebührentatbestände des Teils 4 Abschnitt 1 VV RVG. Die Gegenauffassung greift zu kurz, wenn sie maßgeblich auf den Aspekt der Vertretung abstellt. Das wird der Eigenständigkeit des Beiordnungsverhältnisses nicht gerecht und nimmt die Rechte des Angeklagten auf effektive, rechtsstaatlichen Grundsätzen genügende Verteidigung nicht ausreichend in den Blick.  

     

    Auch im vorliegenden Verfahren ist Rechtsanwalt B ohne inhaltliche Beschränkung beigeordnet worden. Ihm wurde ein voller Verteidigungsauftrag erteilt. Die Bestellung zum Pflichtverteidiger für nur einen Verhandlungstag begründet ein eigenständiges Beiordnungsverhältnis, aufgrund dessen der bestellte Verteidiger für die Dauer der Bestellung die Verteidigung des Angeklagten umfassend und eigenverantwortlich wahrzunehmen hat. Daraus folgt, dass die anwaltlichen Tätigkeiten des jeweiligen Pflichtverteidigers gesondert zu bewerten und zu vergüten sind; der Vergütungsanspruch des „Terminvertreters“ umfasst alle im Einzelfall verwirklichten Gebührentatbestände.