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  • 01.02.2006 | Einigungsgebühr

    Kann in Sorgerechtsverfahren eine Einigungsgebühr entstehen?

    1. Auch in Sorgerechtsverfahren kann grundsätzlich eine Einigungsgebühr anfallen.  
    2. So z.B., wenn der eine Elternteil seinen Antrag auf Übertragung der Alleinsorge für ein Kind nicht weiter verfolgt und der andere Elternteil dem Antrag hinsichtlich des weiteren Kindes zustimmt.  
    (OLG Zweibrücken 7.10.05, 5 WF 96/05, n.v., Abruf-Nr. 053338)  

     

    Entscheidungsgründe

    Dem Beschwerdeführer steht die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG zu. Diese Bestimmung ist anstelle des früher geltenden § 23 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BRAGO getreten. Die Gebühr entsteht für die Mitwirkung des Anwalts beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht.  

     

    Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hier erfüllt. Nr. 1000 VV RVG hat, abweichend von der BRAGO, den Abschluss eines Vergleichsvertrages i.S. von § 779 BGB nicht mehr zur Voraussetzung für den Anfall der Einigungsgebühr. Der Gesetzgeber ist bewusst von diesem Erfordernis abgerückt, um „jegliche vertragliche Beilegung des Streits“ zu honorieren (BT-Drucksache 15/1997, 174 und 204). Er hat damit die inhaltlichen Anforderungen an eine solche vertragliche Regelung zur Streitbeilegung gegenüber den Voraussetzungen eines Vergleichs i.S. von § 779 BGB herabgesetzt. Diese geringeren Anforderungen betreffen allerdings nicht das erforderliche Vorliegen eines gegenseitigen Nachgebens, wie der Ausschluss von Anerkenntnis und Verzicht zeigt. Da das RVG nun geringere Anforderungen an eine Einigung stellt als die BRAGO, kann eine Verfügungsbefugnis der Parteien über den Gegenstand der Einigung – hier die mangelnde Verfügungsbefugnis der Eltern über das Sorgerecht – nicht Voraussetzung für den Gebührentatbestand sein. Es entspricht deshalb seit In-Kraft-Treten des RVG der vorherrschenden Ansicht, dass auch in isolierten Sorgerechtsverfahren eine Einigungsgebühr anfallen kann (OLG Nürnberg FamRZ 05, 741; Schneider, MDR 04, 423). Dem schließt sich der Senat an.  

     

    Praxishinweis

    Der Ansicht ist zuzustimmen. Wie der Senat weiter ausgeführt hat, ist es Ziel des Gesetzgebers des RVG gewesen, dass der Anwalt auch in isolierten Verfahren zum Sorge- und Umgangsrecht die „allgemein üblichen Gebühren“ erhält (BT-Drucksache 15/1971, 149). Dazu gehört auch die Einigungsgebühr. Die Voraussetzungen der Einigung sind hier erfüllt. Die Parteien haben beide nachgegeben, indem der Antragsteller seinen Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts für einen seiner Söhne nicht weiter verfolgt und die Antragsgegnerin im Antrag im Übrigen hinsichtlich des weiteren Kindes zugestimmt hat und beide Parteien zudem eine Einigung über den Bezug und die Verwendung des Kindergeldes getroffen haben.