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  • 05.01.2009 | Auslagenpauschale

    Dokumentenpauschale für DVD-Kopie?

    von RiLG Dr. Julia Bettina Onderka, Bonn

    Der nach § 141 StPO beigeordnete Pflichtverteidiger erhält nach § 45 Abs. 3 RVG seine Vergütung aus der Staatskasse. Gleiches gilt nach § 46 Abs. 1 und Abs. 2 S. 3 RVG für Auslagen und Aufwendungen, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit erforderlich waren. Kürzlich haben sich zwei Gerichte mit der Frage beschäftigt, ob und welche Kosten ein Pflichtverteidiger für die Herstellung und Überlassung von Kopien einer DVD (Nr. 7000 Ziff. 2 i.V. mit Nr. 7000 Ziff. 1 d VV RVG) verlangen kann. Beide Senate kommen zu demselben Ergebnis. Der vorliegende Beitrag stellt die maßgeblichen Begründungsansätze dar und zeigt auf, wann die Dokumentenpauschale verlangt werden kann.  

     

    Der Fall des OLG Düsseldorf

    Die Strafkammer stellt dem Pflichtverteidiger A eine DVD zur Verfügung, auf der die ca. 23.000 Seiten umfassenden Ermittlungsakten in insgesamt 3.348 Dateien gespeichert sind. Als dem Angeklagten ca. drei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung ein weiterer Pflichtverteidiger B bestellt wird, lässt A nach Rücksprache mit dem Kammervorsitzenden eine Kopie der DVD für B erstellen. Dafür stellt er eine Dokumentenpauschale von knapp 10.000 EUR in Rechnung. Das OLG Düsseldorf hat nur eine Pauschale von 2,50 EUR, also den Erstattungsbetrag für die Kopie einer einzigen Datei, zuerkannt (OLG Düsseldorf 6.3.08, III-3 Ws 72/08, n.v., Abruf-Nr. 083823).  

     

    Lösung des Gerichts: Nach Ansicht des Gerichts scheitert der Anspruch des Pflichtverteidigers schon daran, dass Nr. 7000 Ziff. 2 VV RVG im Verhältnis zwischen Pflichtverteidiger und Staatskasse nicht anwendbar sei, da es an einem Auftraggeber fehle. Der Angeklagte sei kein Auftraggeber des Pflichtverteidigers, da die gerichtlich angeordnete Pflichtverteidigung eine besondere Form der Indienstnahme Privater zu öffentlichen Zwecken darstelle und die Bestellung nach Inhalt und Qualität einem begünstigenden Verwaltungsakt gleiche. Auch das Gericht sei kein Auftraggeber, da vom Gericht veranlasste Maßnahmen allein in Nr. 7000 Ziff. 1 b VV RVG angesprochen würden. Hilfsweise sei die beantragte Dokumentenpauschale jedenfalls der Höhe nach nicht gerechtfertigt. Denn der tatsächliche Aufwand für die Überlassung der elektronisch gespeicherten Dateien stehe im krassen Missverhältnis zum Erstattungsanspruch. Es müsse daher beim Aufwendungsersatzanspruch verbleiben, der sich nach dem tatsächlichen Aufwand richtet.  

     

    Der Fall des OLG Köln

    Der Pflichtverteidiger hat für den Angeklagten - im Einverständnis mit dem Strafkammervorsitzenden - eine Kopie der ihm überlassenen DVD angefertigt, die 18.323 Audio-Dateien mit abgehörten Telefongesprächen enthält. Dafür macht er eine Dokumentenpauschale von rund 54.500 EUR für das Kopieren der Audio-Dateien geltend. Das OLG Köln hat lediglich eine Pauschale in Höhe von 2,50 EUR, also den Satz für die Kopie einer einzigen Datei, zuerkannt (OLG Köln NJW 08, 1330).  

     

    Lösung des Gerichts: Nach Ansicht des Gerichts scheitert der Anspruch daran, dass das vom Gesetz geforderte Einverständnis des Auftraggebers fehle. Denn der Vorsitzende der Strafkammer habe nur die Überlassung der DVD-Kopie an den Angeklagten gestattet. Darin könne bei einer an allgemeinen Auslegungsgrundsätzen orientierten Auslegung kein gebührenrechtlich relevantes Einverständnis mit Aufwendungen auf Kosten der Staatskasse gesehen werden. Dazu hätte es einer ausdrücklichen Erklärung der Kostenübernahme bedurft. Ergänzend seien - beim erklärten Einverständnis - im zweiten Schritt die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 RVG zu prüfen, die hier ebenfalls nicht erfüllt seien. Erstattungsfähig seien nur solche Aufwendungen, die zur Prozessführung notwendig waren. Die Anfertigung der weiteren DVD, auf der Teile des Akteninhalts gespeichert sind, sei aber der Sache nach nichts anderes als die (auszugsweise) Herstellung eines Aktendoppels für den Angeklagten. Entsprechende Kosten müsse die Staatskasse grundsätzlich nur erstatten, wenn es notwendig ist, dass der Angeklagte die Unterlagen ständig zur Hand habe. Dafür sei hier nichts ersichtlich.  

     

    Zunächst ist zu prüfen, ob die Dokumentenpauschale nach Nr. 7000 Ziff. 2 VV RVG entstanden ist. Sodann ist zu prüfen, ob der Pflichtverteidiger die entsprechenden Kosten von der Staatskasse verlangen kann.  

     

    Dokumentenpauschale entstanden