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  • 03.03.2008 | Anwaltshonorar

    Kein Honoraranspruch mangels Hinweis auf exorbitante Honorarhöhe

    von RiLG Dr. Julia Bettina Onderka, Bonn
    1. Ein Anwalt kann aufgrund der Umstände des Einzelfalls gehalten sein, Auskunft zumindest über die Größenordnung der zu erwartenden Gebühren zu erteilen, wenn er ein entsprechendes Aufklärungsbedürfnis des Mandanten erkennen konnte und musste.  
    2. Verletzt der Anwalt diese Pflicht, kann dem Mandanten ein Anspruch auf Befreiung von der Honorarverbindlichkeit zustehen, wenn er darlegt, dass er bei entsprechender Kenntnis von einer Beauftragung des Anwalts abgesehen hätte.  

     

    Entscheidungsgründe

    Es kann dahinstehen, ob nach § 49b Abs. 5 BRAO der Anwalt Angaben über die Höhe der gesetzlichen Gebühren machen muss. Denn der Kläger war schon aus allgemeinen Erwägungen aufgrund der Umstände des Einzelfalls gehalten, Auskunft zumindest über die Größenordnung der zu erwartenden Gebühren zu erteilen. Eine solche aus dem Grundsatz von Treu und Glauben resultierende Pflicht besteht, wenn der Anwalt nach den konkreten Umständen des Einzelfalls ein Aufklärungsbedürfnis des Mandanten erkennen konnte und musste. Hier bestand ein entsprechendes Aufklärungsbedürfnis. Gegenstand des Mandats waren derselbe Lebenssachverhalt und vergleichbare Tätigkeiten des Klägers wie im Jahr zuvor. Wenn nun anstelle der früheren Kosten von 3.134,90 EUR ein Honorar in Höhe von über 150.000 EUR entstehen sollte, war der Kläger gehalten, dies seinem Vertragspartner vor Augen zu führen. Die erforderliche Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem entstandenen Schaden ist gegeben. Die Beklagten haben dargelegt, dass sie bei Kenntnis einer Abrechnung nach einem Gegenstandswert von 17 Mio. EUR von einer Beauftragung abgesehen und eine andere Kanzlei mandatiert hätten, welche die Leistung auf der Grundlage einer Honorarvereinbarung mit Stundensatz erbracht hätte. Der Kläger ist diesem Vortrag erstinstanzlich nicht entgegengetreten. Hiernach steht den Beklagten gegen den Kläger, da der Schaden in der Belastung mit der Pflicht, Anwaltshonorar auf gesetzlicher Grundlage zu zahlen, besteht, ein Anspruch auf Befreiung von dieser Verbindlichkeit zu.  

     

    Praxishinweis

    Seinem Wortlaut nach umfasst § 49b Abs. 5 BRAO nur die Verpflichtung des Anwalts, darauf hinzuweisen, dass sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnen. Der Anwalt muss seinem Mandanten also ohne entsprechende Nachfrage weder erläutern, wie hoch der Gegenstandswert im konkreten Fall ist, noch vorrechnen, welche Gebühren sich nach dem RVG für die übliche Bearbeitung eines solchen Mandats ergeben. Der Gesetzgeber ging bei Einführung des § 49b Abs. 5 BRAO davon aus, dass nach einem entsprechenden Hinweis des Anwalts auf die Abrechnung nach dem Gegenstandswert – mit dem allein ein Mandant nicht viel anfangen können wird – nähere Nachfragen des Mandanten folgen und damit die Gebührensituation erörtert wird (BT-Drs. 15/1971, 232). Entsprechend hat der BGH in seinem Urteil vom 24.5.07 (IX ZR 89/96, Abruf-Nr. 072146) auch klargestellt, dass ein Schadenersatzanspruch des Mandanten aus § 280 Abs. 1 BGB bei unterlassenem Hinweis nur in Betracht kommt, wenn der Mandant darlegt und unter Beweis stellt, wie er auf eine solch allgemeine Information (Abrechnung nach dem Gegenstandswert) reagiert hätte.  

     

    Das OLG Saarbrücken hat diesen Problembereich letztlich ausgeklammert, weil es die Aufklärungspflicht des Klägers nicht aus § 49b Abs. 5 BRAO, sondern aus dem Grundsatz von Treu und Glauben hergeleitet hat. Nach h.M. (vgl. nur BGH NJW 98, 3486; BGH FamRZ 06, 478; BGH NJW 07, 2332) kann ein Hinweis auf die Gebührenhöhe z.B. geschuldet sein, wenn aufgrund eines ungewöhnlich hohen Gegenstandswerts und der sich daraus ergebenden hohen gesetzlichen Gebühren das vom Auftraggeber verfolgte Ziel wirtschaftlich sinnlos wird. Letztlich hängt die Aufklärungspflicht entscheidend davon ab, ob der Anwalt nach den Umständen des Einzelfalls ein entsprechendes Aufklärungsbedürfnis des Mandanten erkennen konnte und musste.