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  • · Fachbeitrag · Strafverfahrensrecht

    Vorläufige Sicherstellung beim Steuerberater: Verdacht zwingend

    von RD David Roth, LL.M. oec., Köln

    | Beschlagnahmeverbote beim Steuerberater sind ausnahmsweise nicht zu beachten, wenn er selbst Beschuldigter ist, § 97 Abs. 2 S. 2 StPO bzw. § 160a Abs. 4 S. 1 StPO . Dafür muss aber ein konkretisierter Tatverdacht gegen ihn vorliegen. Nach Ansicht des BVerfG reicht es nicht, dass der Verdacht erst durch (unzulässig) bei ihm sichergestellte Daten entsteht. |

     

    Sachverhalt

    Das AG hatte angeordnet, die Wohn- und Geschäftsräume des StB als Beschuldigter (§ 102 StPO) sowie der Geschäftsräume der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft (§ 103 StPO) zu durchsuchen, in der er als Partner (Steuerberater) tätig war. Gegen ihn bestehe der Verdacht der Beihilfe zur ESt-, USt- und Gewst-Verkürzung zum Vorteil der als Haupttäter angeklagten Immobilienkaufleute. Der StB sei beauftragt gewesen, Steuererklärungen zu erstellen sowie Grundstücke im Zusammenhang mit der Einbringung in das Gesellschaftsvermögen zu bewerten. Es seien Rechnungen über noch nicht ausgeführte Bauleistungen (Scheinrechnungen) eingereicht sowie Grundstücke mit überhöhten Verkehrswerten in das Betriebsvermögen der Gesellschaft eingebracht worden, wodurch ungerechtfertigt hohe Abschreibungen (AfA) generiert worden seien. In der Privatwohnung des StB wurden ein Computer sowie eine Festplatte, in seinem Büro sowie im Büro eines Mitarbeiters Unterlagen und Daten sichergestellt. Auf die Beschwerde des StB hob das LG den gegen ihn persönlich gerichteten Durchsuchungsbeschluss mangels Anfangsverdachts auf. Die Auswertung der Daten ließ es aber weiter zu. Nach § 160a Abs. 4 StPO sei es auch im Fall eines sich nachträglich ergebenden Verdachts der Beteiligung des Berufsgeheimnisträgers zulässig, die Erkenntnisse zu verwerten.

     

    Entscheidungsgründe

    Dem tritt das BVerfG entgegen (30.11.21, 2 BvR 2038/18, Abruf-Nr. 227650). Die vorläufige Sicherstellung von Akten und Datensätzen sei als Durchsicht der Papiere i. S. d. § 110 StPO zu werten und verfassungsrechtlich unzulässig. Hier sei das Beschlagnahmeverbot des § 97 Abs. 1 StPO nicht beachtet worden. Nach § 160a Abs. 5 StPO stelle § 97 Abs. 1 StPO ein dem § 160a StPO gegenüber vorrangiges Beschlagnahmeverbot dar (BVerfG 27.6.18, 2 BvR 1405/17, 2 BvR 1780/17), das auch Gegenstände im Gewahrsam eines nach § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO zeugnisverweigerungsberechtigten Wirtschaftsprüfers/StB umfasse. Zwar komme ein Beschlagnahmeverbot gem. § 97 Abs. 2 S. 2 StPO ‒ ähnlich wie bei § 160a Abs. 4 S. 1 StPO ‒ bei einem selbst beschuldigten Zeugnisverweigerungsberechtigten nicht in Betracht (BVerfG 20.9.18, 2 BvR 708/18). Diese Rückausnahme setze jedoch dem Wortlaut nach einen Verdacht auf dessen Teilnahme an der Tat oder an einer (Daten-)Hehlerei, Begünstigung oder Strafvereitelung voraus. Erforderlich sei ein „konkretisierter Tatverdacht“ gegen den Zeugnisverweigerungsberechtigten selbst. Durchsuchung, Durchsicht oder Beschlagnahme dürften nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die erforderlich sind, um einen Verdacht zu begründen, da sie einen Verdacht bereits voraussetzen.

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