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  • · Fachbeitrag · Steuerhinterziehung

    „Formaler Schaden“: Indizwirkung des Regelbeispiels widerlegbar

    von RD David Roth, LL.M. oec., Köln

    | Liegt nur ein „formaler Schaden“ vor, kann die Indizwirkung des verwirklichten Regelbeispiels der Hinterziehung in großem Ausmaß ggf. zu verneinen sein. Darauf weist der BGH in einem Fall von unberechtigtem Vorsteuerabzug des Scheinrechnungsempfängers hin, wenn der Aussteller der Scheinrechnungen die ausgewiesene USt ordnungsgemäß abgeführt hat. |

     

    Sachverhalt

    Der Angeklagte beschäftigte 2013 bis 2016 als formeller bzw. faktischer Geschäftsführer zweier GmbHs zahlreiche Arbeitnehmer als Reinigungskräfte im Industrieservicebereich, denen er den Lohn teilweise „schwarz“ auszahlte sowie Sozialabgaben und Lohnsteuern nicht bzw. nicht vollständig abführte. Darüber hinaus reichte er für eine seiner GmbHs eine USt-Jahreserklärung 2014 ein, in der er Vorsteuern i. H. v. rd. 73.700 EUR aus Scheinrechnungen seiner anderen GmbH geltend machte, denen keine Leistungen zugrunde lagen und die als Abdeckrechnungen zur Verschleierung der Zahlung der Schwarzlöhne erstellt worden waren. Die Rechnungen ausstellende GmbH führte die in den Scheinrechnungen ausgewiesene USt allerdings ordnungsgemäß ab, sodass ‒ trotz des unberechtigten Vorsteuerabzugs der ersten GmbH ‒ umsatzsteuerlich im Ergebnis nur ein „formaler Schaden“ entstand. Das LG verurteilte den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung ‒ hinsichtlich der USt in großem Ausmaß ‒ und Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten.

     

    Entscheidungsgründe

    Der Strafausspruch ‒ insbesondere zur USt-Hinterziehung ‒ hatte keinen Bestand. Das LG hatte zwar das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO wegen verkürzter Steuern von weit über 50.000 EUR zunächst richtigerweise als erfüllt angesehen. Der BGH (22.9.21, 1 StR 86-21, Abruf-Nr. 226065) moniert jedoch, dass nicht hinreichend geprüft worden war, ob die mit dem verwirklichten Regelbeispiel eintretende Indizwirkung im Einzelfall doch entfallen ist. Dazu seien im Rahmen einer Gesamtwürdigung die Erschwernis- und Milderungsgründe darzulegen und auf diese Weise nach pflichtgemäßem Ermessen gegeneinander abzuwägen.

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