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  • · Fachbeitrag · Schwarzarbeit

    Beihilfetaten des Scheinrechnungserstellers

    Wer einem anderen durch Scheinrechnungen und Geldweitergabe zu dessen tatmehrheitlich begangenen Lohnsteuerhinterziehungen Beihilfe leistet, handelt ebenfalls tatmehrheitlich (BGH 5.6.13, 1 StR 626/12, Abruf-Nr. 132600).

     

    Sachverhalt

    Bei Bauaufträgen oblagen die Planung und Durchführung der Arbeiten sogenannten Kolonnenführern. Diese hatten auch die erforderlichen Arbeiter zu stellen, anzuweisen und zu überwachen. Um die Bauleistungen unter Einsatz nicht ordnungsgemäß beim FA und den Sozialversicherungsträgern gemeldeter Arbeitnehmer „schwarz“ erbringen zu können, stellte die Angeklagte den Kolonnenführern eine nur zum Schein als Baufirma auftretende O-GmbH zur Verfügung und erstellte unter deren Namen jeweils nach Vorgaben der Kolonnenführer Rechnungen an die Auftraggeber. Nach Eingang der Zahlungen reichte die Angeklagte die Beträge nach Abzug einer Provision von 8 % an die Kolonnenführer weiter, die die Gelder teils zur Auszahlung von Schwarzlöhnen verwendeten und teils als Gewinn behielten.

     

    Entscheidungsgründe

    Der BGH bestätigt die Verurteilung der Angeklagten wegen mehrerer tatmehrheitlich begangener Fälle der Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt: Die Kolonnenführer konnten vom LG als Arbeitgeber angesehen werden; zu deren Taten - Lohnsteuer sowie Beiträge zur Sozialversicherung wurden nicht angemeldet und abgeführt - hat die Angeklagte jeden Monat Beihilfe geleistet.

     

    • Wer Arbeitgeber i.S. von § 266a StGB ist, richtet sich nach dem Sozialversicherungsrecht, das wiederum auf das Arbeitsrecht Bezug nimmt. Arbeitgeber ist dementsprechend der nach §§ 611 ff. BGB Dienstberechtigte, also derjenige, dem der Arbeitnehmer nicht selbstständige Dienste gegen Entgelt leistet und zu dem er in einem Verhältnis persönlicher Abhängigkeit steht, das sich vornehmlich in seiner regelmäßig mit einem Weisungsrecht des Arbeitgebers verbundenen Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers äußert. Maßgeblich sind insoweit allein die tatsächlichen Gegebenheiten.

     

    • Das LG hat die Beihilfehandlungen der Angeklagten zu Recht als rechtlich selbstständige Fälle beurteilt. Die Hilfeleistung der Angeklagten erschöpfte sich nicht im Aufbau und der Aufrechterhaltung eines auf Straftaten ausgerichteten Betriebs („uneigentliches Organisationsdelikt“). Vielmehr hat die Angeklagte durch Rechnungserstellung und Weiterleitung der Gelder in jedem der monatlichen Anmeldungs- bzw. Beitragszeiträume einen Beitrag zu jeder einzelnen Tat geleistet.

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung ist in Linie mit der bisherigen Rechtsprechung nicht nur des 1. Strafsenats BGH zu den Konkurrenzen. Für die Annahme eines „uneigentlichen Organisationsdelikts“ ist nur dann Raum, wenn sich der Tatbeitrag im Aufbau und in der Aufrechterhaltung eines auf Straftaten ausgerichteten Geschäftsbetriebs erschöpft. Soweit ein Täter durch die Beschaffung von jeweils „schwarz“ ausgezahlten Lohnanteilen jedenfalls im Bereich der Vorbereitungshandlungen an jeder einzelnen Tat beteiligt ist, liegt für jede Lohnsteueranmeldung eine rechtlich selbstständige Tat vor (BGH 14.6.11, 1 StR 90/11, PStR 11, 220, wistra 11, 344; BGH 26.8.03, 5 StR 145/03, NStZ 04, 633; BGH 17.6.04, 3 StR 344/03, wistra 04, 418; BGH 11.12.97, 4 StR 323/97, wistra 98, 148). Durch die gesetzlich nicht geregelte Rechtsfigur des uneigentlichen Organisationsdelikts dürfen nicht die Grundsätze von Täterschaft und Teilnahme sowie Tateinheit und Tatmehrheit unterlaufen werden. Das Tatgericht hat daher für jeden Einzelfall festzustellen, ob und in welchem Umfang ein Angeklagter an den - hier monatlich wiederkehrend - begangenen Straftaten nach § 370 AO und § 266a StGB beteiligt ist.(AM)

    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 223 | ID 42248501

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