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  • · Fachbeitrag · Insolvenz

    Haftungsbescheid: Die in der Insolvenztabelle angemeldeten Steuerforderungen sind maßgeblich

    von RA Prof. Dr. Carsten Wegner, Krause & Kollegen, Berlin

    | Wird eine Steuerforderung gegenüber einer GmbH widerspruchslos zur Insolvenztabelle festgestellt, ist der Geschäftsführer der GmbH im Haftungsverfahren wegen Haftung gemäß § 166 AO mit Einwendungen gegen die Höhe der Steuerforderung ausgeschlossen, wenn er der Forderungsanmeldung hätte widersprechen können, dies aber nicht getan hat. |

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin K war seit Gründung der X-GmbH im Jahr 2000 deren Geschäftsführerin (GFin). Die GmbH gab für die Jahre 2003 bis 2005 weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen noch Umsatzsteuer-Jahreserklärungen oder Körperschaftsteuererklärungen ab. Das FA setzte deshalb die USt, KSt und den Solz aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Hiergegen legte die GmbH Einsprüche ein.

     

    Am 31.5.06 beantragte das FA ‒ und am 12.10.06 die GmbH ‒ die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH. Das Verfahren wurde im November eröffnet. Im Laufe des Insolvenzverfahrens reichte der Insolvenzverwalter im November 2007 Steuererklärungen für die GmbH ein. Das FA berechnete die Steuer jeweils neu, wich teilweise von den Erklärungen ab und meldete die USt, KSt und den Solz für die Jahre 2003 bis 2005 sowie Säumniszuschläge, Zinsen und Verspätungszuschläge zur Insolvenztabelle an.

     

    Anfangs bestritt der Insolvenzverwalter die Forderungen. Mit Schreiben vom 2.7.08 erklärte er, er sei bereit, für Zwecke der Forderungsanmeldung eine Hinzuschätzung bei den Erlösen zu akzeptieren. Einer Forderungsanmeldung auf Grundlage dieser Zahlen werde er nicht widersprechen. Auch die GmbH widersprach den Forderungen nicht. Die K war während des Insolvenzverfahrens weiterhin GFin der GmbH.

     

    Nach Anhörung der K erließ das FA am 2.12.08 einen Haftungsbescheid gegen K. Alle im Haftungsbescheid aufgeführten Steuern und steuerliche Nebenleistungen seien ohne Widerspruch zur Insolvenztabelle festgestellt worden.

     

    Entscheidungsgründe

    Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos (BFH 27.9.17, XI R 9/16, Abruf-Nr. 197823). Die Vorinstanz (FG München 10.3.16, 14 K 2710/13, EFG 16, 1931) hatte darauf hingewiesen, dass sich K im Haftungsverfahren nicht darauf berufen könne, dass die Steuerschulden nicht in der vom FA geltend gemachten Höhe bestünden, weil sie insoweit an die in der Insolvenztabelle festgestellten Forderungen (§ 166 AO) gebunden sei. Dem schloss sich der BFH an.

     

    Nach § 191 Abs. 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Nach § 69 AO i.V. mit § 34 AO haften die Geschäftsführer einer GmbH, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

     

    Vorliegend war die K als GFin der GmbH deren gesetzliche Vertreterin (§ 35 Abs. 1 GmbHG) und hat als solche ihre gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 AO bestehende Pflicht verletzt, rechtzeitig Steuererklärungen abzugeben (§ 149 AO, § 18 Abs. 3 UStG) und die fälligen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO, § 18 Abs. 4 S. 2 UStG) zu erfüllen (§ 34 Abs. 1 S. 2 AO). Diese objektive Pflichtwidrigkeit indiziert ‒ so auch der BFH ‒ den gegenüber der K zu erhebenden Schuldvorwurf.

     

    Relevanz für die Praxis

    Pflichtverstöße können sich somit in der Insolvenz eines Unternehmens zu erheblichen persönlichen finanziellen Risiken eines ehemaligen Geschäftsführers entwickeln. Diese Risiken können sich durch Passivität im Insolvenzverfahren weiter erhöhen. Denn der BFH weist darauf hin, dass die widerspruchslose Feststellung der Insolvenztabelle inklusive angemeldeter Forderung des FA dazu führt, dass der Betroffene (Geschäftsführer) dies gegen sich gelten lassen muss.

     

    MERKE | Ein potenziell Betroffener muss also selbst aktiv werden (widersprechen) oder rechtzeitig dafür sorgen, dass er im Insolvenzverfahren die Befugnis verliert, für die GmbH zu handeln (Rücktritt als Geschäftsführer). Dann kann er später weiter streiten.

     
    Quelle: Ausgabe 02 / 2018 | Seite 37 | ID 45026373

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