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  • · Fachbeitrag · Durchsuchung

    Durchsuchung darf nicht mündlich und ohne jegliche Dokumentation angeordnet werden

    von RA Prof. Dr. Carsten Wegner, Krause & Kollegen, Berlin

    | Wird eine mündliche richterliche Durchsuchungsanordnung nicht oder nur verspätet dokumentiert, kann die Anordnung rechtswidrig sein, es sei denn, es lag ein die mündliche Anordnung rechtfertigender Eilfall vor. Dies zeigt eine aktuelle Entscheidung des LG Lüneburg. |

     

    Sachverhalt

    Am 7.10.15 gegen 13:18 Uhr haben Polizeibeamte den Beschuldigten B kontrolliert, den sie aufgrund der Angaben eines Zeugen eines versuchten Diebstahls eines E-Bikes verdächtigten. Beim B haben sie unter anderem einen Bolzenschneider, Kneifzangen und Schraubendreher sowie ein durchgekniffenes Seilringschloss und ein als gestohlen gemeldetes Smartphone aufgefunden. Er wurde festgenommen. In der darauf folgenden Vernehmung hat der B angegeben, dass er unter Bewährung stehe und auch schon einmal inhaftiert gewesen sei. In dem polizeilichen Durchsuchungsbericht ist angegeben, dass die Durchsuchung „um 15:00 Uhr, durch Richterin K am AG Celle, mündlich angeordnet“ worden sei. Die Durchsuchung hat um 16:30 Uhr begonnen, den B haben die Polizeibeamten um 17:35 Uhr aus dem Gewahrsam entlassen.

     

    Mit seiner Beschwerde vom 11.11.15 begehrt der B die Feststellung, dass die Durchsuchung rechtswidrig sei. Die Anordnung genüge nicht den Anforderungen des § 105 Abs. 1 StPO, es sei nicht zu erwarten gewesen, dass weitere Beweismittel aufgefunden werden, Gefahr im Verzug habe nicht vorgelegen und die Anordnung sei unverhältnismäßig gewesen. Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Stellungnahme zwar von einem Fehler bei der Dokumentation der Anordnung aus. Hieraus folge aber „nicht zwingend“ die Rechtswidrigkeit der Maßnahme.

     

    Entscheidungsgründe

    Das LG Lüneburg gab der Beschwerde statt (LG Lüneburg 7.12.15, 26 Qs 281/15, Abruf-Nr. 190457). Die mündliche, undokumentierte Anordnung der Durchsuchung durch das AG sei rechtswidrig. Zwar hätten ausreichende Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass bei der Durchsuchung weitere gestohlene Gegenstände aufgefunden werden. Jedoch hätte die Anordnung nicht mündlich und ohne jegliche Dokumentation in den Akten ergehen dürfen.

     

    Relevanz für die Praxis

    Grundsätzlich muss eine Durchsuchungsanordnung - auch in Steuerstrafverfahren - schriftlich erfolgen; in Eilfällen kann sie jedoch auch mündlich erlassen werden. Insbesondere bei einem Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) dient der Richtervorbehalt der Kontrolle der Einhaltung der Verfassung und des einfachen Rechts.

     

    Durch eine geeignete Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses trifft das Gericht die Pflicht sicherzustellen, dass der Eingriff in Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt. Durch die Beschreibung des Tatvorwurfs und ein Abstecken des äußeren Rahmens wird auch dem Betroffenen ermöglicht, die Durchsuchung zu kontrollieren und einer etwaigen Ausuferung entgegenzutreten. Dies kann am effektivsten mit einer schriftlichen Anordnung erreicht werden, die dem Betroffenen ausgehändigt werden kann.

     

    Ein die mündliche Anordnung rechtfertigender Eilfall kann dagegen etwa gegeben sein, wenn ein Beweismittelverlust droht - z. B. wenn sich während einer laufenden Durchsuchungsaktion Hinweise auf weitere taugliche, bislang unbekannte Durchsuchungsobjekte ergeben.

     

    Schließlich ist darauf zu achten, dass eine mündliche Durchsuchungsanordnung hinreichend dokumentiert wird. Unterbleibt dies, kann dies zur Unwirksamkeit der Anordnung führen. Denn für das Beschwerdegericht muss anhand der Aktenlage nachvollzogen werden können, von welchem Sachverhalt und welchem Vorwurf gegen den Beschuldigten der Ermittlungsrichter zum Zeitpunkt der Anordnung der Durchsuchung ausgegangen ist und in welchen Räume nach welchen Dingen gesucht werden soll. Die nachträgliche Dokumentation im Rahmen der Nichtabhilfeentscheidung ist regelmäßig nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit zu beseitigen.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2017 | Seite 5 | ID 43966792

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