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  • · Fachbeitrag · Besteuerungsverfahren

    Strafgericht und Finanzgericht

    RA Prof. Dr. Carsten Wegner, FA StrafR, Krause & Kollegen, Berlin

    Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung bei Abweichung des FG von auf einer Beweisaufnahme beruhenden Feststellungen eines Strafurteils ohne eigene Beweisaufnahme (BFH 20.11.13, X B 164/13, Abruf-Nr. 140420).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger K war alleiniger Geschäftsführer einer GmbH. Im Jahr 2000 begann eine Steuerfahndungsprüfung, deren Ergebnisse das beklagte FA geänderten Bescheiden zugrunde legte.

     

    Parallel zum finanzgerichtlichen Klageverfahren wurde der K am 21.11.05 wegen Betrugs verurteilt. Das Gericht führte an insgesamt 26 Verhandlungstagen eine umfangreiche Beweisaufnahme durch und vernahm eine Vielzahl von Zeugen. Im Hinblick auf die S-GmbH stellte es fest, K habe gewusst, dass es sich um eine Scheinfirma gehandelt habe. Er habe sie dazu genutzt, den Eingang gefälschter Software buchhalterisch zu belegen. Am 21.9.09 wurde K wegen Hinterziehung von USt - unter Einbeziehung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem vorangegangenen Urteil - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Ihm lag der von der GmbH in Anspruch genommene Vorsteuerabzug aus Scheinrechnungen der S-GmbH und einer weiteren GmbH zugrunde.

     

    Das FG wies die Klage gegen geänderte Steuerbescheide ab und folgte ohne eigene Beweisaufnahme den Feststellungen des Strafgerichts. Es führte aus, der Kläger habe die strafrechtlichen Feststellungen nicht substantiiert in Frage gestellt. Hinsichtlich der „Scheinrechnungen“ der S-GmbH wich es - zuungunsten des K - insoweit vom landgerichtlichen Urteil ab, als es ausführte, es gebe keine Anhaltspunkte für die Annahme, der K habe einen Teil dieser Rechnungen dazu genutzt, den Eingang gefälschter Software buchhalterisch zu belegen.

     

    Entscheidungsgründe

    Mit seiner Beschwerde begehrt K - erfolgreich - die Zulassung der Revision. K rügt zu Recht, das FG habe die ihm von Amts wegen obliegende Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 FGO) verletzt, indem es einerseits unter ausdrücklicher Abweichung vom landgerichtlichen Urteil ausgeführt habe, es gebe keine Anhaltspunkte für die Feststellung des Strafgerichts, ein Teil der Scheinrechnungen der S-GmbH habe dazu gedient, den Eingang gefälschter Software buchhalterisch zu belegen, andererseits aber die vom Strafgericht hierzu vernommenen Zeugen nicht selbst vernommen habe.

     

    Die Verpflichtung des FG zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen bedeutet nicht, dass jeder fernliegenden Erwägung nachzugehen ist. Wohl aber muss das FG die sich im Einzelfall aufdrängenden Überlegungen auch ohne ausdrücklichen Hinweis der Beteiligten anstellen und entsprechende Beweise erheben. Danach hätte sich dem FG vorliegend die Vernehmung der drei genannten Zeugen aufdrängen müssen. Bereits das FA war ausweislich der Anlage zu dem angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, dass nur Teile der von der GmbH auf die „Scheinrechnungen“ geleisteten Barzahlungen ins Privatvermögen des K gelangt seien, und die Beträge im Übrigen von der GmbH zum Ankauf von Diebesgut sowie gefälschter Hard- und Software verwendet worden seien. Diese Einschätzung war durch die vom Strafgericht durchgeführte umfangreiche Beweisaufnahme bestätigt worden.

     

    Praxishinweis

    Strafgerichtliche Feststellungen können eine ganz zentrales Beweismittel für finanzgerichtliche Entscheidungen sein (BFH 24.9.13, XI B 75/12, PStR 14, 32 f.). Die Übernahme entsprechender Erkenntnisse ohne eigene Beweisaufnahme muss aber in sich schlüssig sein. Der K musste vorliegend zwar damit rechnen, dass das FG die strafgerichtlichen Feststellungen ohne eigene Beweisaufnahme übernimmt. Er muss aber nicht damit rechnen, dass es zu seinen Lasten ohne Beweisaufnahme von Feststellungen des Strafgerichts abweicht, die auf die übereinstimmenden Ergebnisse der Vernehmung mehrerer Zeugen gestützt waren und zudem mit der vom FA vorgenommenen Würdigung des Sachverhalts übereinstimmten.

    Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 55 | ID 42505738

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