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  • · Fachbeitrag · Selbstanzeige

    Selbstanzeige und Geldwäsche: eine verhängnisvolle Liaison?

    von Dr. Karsten Webel, LL.M. (Indiana), Hamburg

    | Aufgrund der Neureglung des § 261 StGB kann jede „normale“ Steuerhinterziehung eine Vortat des § 261 StGB darstellen. Im ersten interaktiven Webinar des IWW Instituts zum Steuerstrafrecht wurde daher die Wechselwirkung zwischen der Selbstanzeige nach § 371 AO und dem Straftatbestand der Geldwäsche nach § 261 StGB in den Blick genommen. Zu den beispielhaften Ergebnissen des Webinars mit Workshopcharakter im Einzelnen: |

     

    Musterformulierung / Freiwillige Anzeige bei Geldwäsche

    Max Mustermann

    Bahnhofstraße 10

    99999 A-Stadt

     

    An die Staatsanwaltschaft A-Stadt1

    Hauptstraße 1

    99999 A-Stadt

     

    Betr.: Max Mustermann, StNr. XX/YY/ZZZZZ

     

    Sehr geehrte Damen und Herren,

     

    heute habe ich das Finanzamt A-Stadt zu meiner o. g. Steuernummer davon in Kenntnis gesetzt, dass ich versehentlich Einnahmen nicht erklärt habe (vgl. Anlage 1)2. Nach meiner rechtlichen Würdigung handelt es sich dabei um eine steuerliche Nacherklärung i. S. d. § 153 AO.

     

    Für den Fall, dass die Finanzverwaltung mein vorgenanntes Schreiben ‒ nach meiner Einschätzung unzutreffend ‒ als Selbstanzeige i. S. d. § 371 AO wertet und damit vom Vorliegen einer Steuerhinterziehung ausgeht, möchte ich Sie hiermit im Hinblick auf § 261 StGB höchst vorsorglich über die Verwendung der Einnahmen informieren:3

     

    Einnahmen 2014: …

    Einnahmen 2015: …

    Einnahmen 2016: …

    Einnahmen 2017: …

    Einnahmen 2018: …

    Einnahmen 2019: …

    Einnahmen 2020: …

    Einnahmen 2021: …

     

    Ich versichere, dass ich die sich aufgrund der Nacherklärungen ergebenden Mehrsteuern und Zinsen fristgerecht entrichten werde.4

     

    Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir eine kurze Eingangsbestätigung für dieses Schreiben erteilen würden.

     

    Mit freundlichen Grüßen

    Erläuterungen

    1 Die freiwillige Anzeige ist bei der zuständigen Behörde i. S. d. § 158 Abs. 1 S. 1 StPO und somit nicht beim Finanzamt abzugeben.

     

    2 Als Anlage 1 das Schreiben an das Finanzamt beifügen. Allerdings ist mit dem Mandaten im Vorfeld kritisch zu erörtern, ob eine freiwillige Anzeige gewünscht ist. Dafür spricht, dass eine wechselseitige Informationspflicht der Behörden besteht, §§ 31b, 116 AO. Dagegen spricht das Erfordernis größerer finanzieller Mittel und die Gefahr der Kontamination von ganzen Konten.

     

    3 Angaben über die jeweiligen Kontostände könnten im Hinblick auf eine Kontamination der Konten relevant sein, sollten jedoch nicht ohne Nachfrage der StA gegeben werden.

     

    4 Weitergehende Hinweise zur Sicherstellung der Tatobjekte, ggf. der kontaminierten Konten sollten an dieser Stelle noch nicht gegeben werden, da es ‒ bis zu einer höchstgerichtlichen Klärung ‒ angezeigt erscheint, sich auf den Gedanken der Dekontamination zu berufen.

     

    Musterformulierung / Selbstanzeige (§ 371 AO) nach Schätzung

    Max Mustermann

    Bahnhofstraße 10

    99999 A-Stadt

     

    An das

    Finanzamt A-Stadt

    Am Ring 4

    99999 A-Stadt

     

    Betr.: Max Mustermann

    IdNr. AA BBB CCC DDD

    StNr. XX/YY/ZZZZZ

     

    Sehr geehrte Damen und Herren,

     

    bei der Durchsicht meiner Unterlagen fiel mir auf, dass ich versehentlich nicht alle Einnahmen in zutreffender Höhe erklärt habe.1

     

    Es handelt sich insoweit um Einnahmen aus Kapitalvermögen, die über ein Konto in der Schweiz bei der SBU-Bank erzielt wurden.

     

    2014

    2015

    2016

    2017

    2018

    2019

    2020

    2021

    12.000 EUR

    13.000 EUR

    13.000 EUR

    13.000 EUR

    14.000 EUR

    14.000 EUR

    16.000 EUR

    10.800 EUR

     

    Das Konto wurde zu Beginn des Jahres 2014 eröffnet (Kontoeröffnungsformular anbei). Das Kapital stammt aus dem Verkauf eines vom 1.6.1987 bis zum 31.12.2013 im Privatvermögen gehaltenen Einfamilienhauses (Am Ortsrand 8 in 00000 B-Stadt).2

     

    Allerdings sind die obigen Beträge geschätzt, da eine präzise Bezifferung zurzeit noch nicht möglich ist. Entsprechende Unterlagen sind bereits seit einer Woche bei der SBU-Bank angefordert, liegen jedoch noch nicht vor.

    Die obige Schätzung erfolgte unter größtmöglicher Sorgfalt und unter bewusster Zugrundelegung eines zu hohen Zinssatzes i. H. v. 8 Prozent pro Jahr. Darüber hinaus wurde pro Jahr ein Sicherheitszuschlag i. H. v. 50 Prozent berücksichtigt, sodass ich davon ausgehe, dass es sich tatsächlich um deutlich geringere Einnahmen handelt.3

     

    Ich bitte deshalb darum, vom Erlass von Änderungsbescheiden für die jeweiligen Jahre vorerst abzusehen, bis ich auf Grundlage der dann vorliegenden Kontoauszüge und Bescheinigungen die exakten Beträge ermittelt habe. Ich werde Ihnen dann unverzüglich und unaufgefordert die korrigierten Zahlen mitteilen und die entsprechenden Unterlagen übersenden.4

     

    Ich versichere, dass ich die sich aufgrund der Nacherklärungen ergebenden Mehrsteuern und Zinsen fristgerecht entrichten werde, und bitte insoweit um eine angemessene Frist.

     

    Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir eine kurze Eingangsbestätigung für diese Nacherklärung erteilen würden.

     

    Mit freundlichen Grüßen

     

    Erläuterungen

    1 Keine Bezeichnung als Selbstanzeige. Sofern vorhanden, können auch gerne weitere steuerliche Punkte in das Schreiben aufgenommen werden.

     

    2 Diese Angabe ist nicht erforderlich. Sie dient lediglich dazu, die Angaben nachprüfbar und plausibel zu machen und dadurch Nachfragen der Finanzbehörde zu vermeiden. Darüber hinaus ermöglichen die Zeitangaben zum Verkaufserlös auch eine Selbstkontrolle, da auf keinen Fall vergessen werden darf, die Erträge aus dem Jahr der Einzahlung zu erfassen. Ferner muss nach der Änderung des § 371 AO zum 1.1.2015 die Selbstanzeige (mindestens) Angaben zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart in den letzten zehn Kalenderjahren enthalten. Folglich ist nicht nur auf die in diesem Fall strafrechtlich unverjährten Taten der letzten fünf Jahre abzustellen. Da allerdings noch keine Rechtssicherheit besteht, wie der maßgebliche Zeitraum von zehn Jahren zu berechnen ist, sollten sämtliche steuerlich noch nicht festsetzungsverjährten Kalenderjahre offengelegt werden. In diesem Beispiel ist jedoch eine Erstreckung der Angaben auf die Jahre vor 2014 nicht erforderlich, weil vor 2014 (hoffentlich) keine Steuerstraftaten begangen wurden.

     

    3 Durch diese Angabe soll dem Finanzamt angezeigt werden, dass ein schneller Erlass von Änderungsbescheiden direkt ins Einspruchsverfahren führt.

     

    4 Auch die Übersendung dieser Unterlagen wäre nicht erforderlich, dient aber dazu, die Angaben nachprüfbar und plausibel zu machen, dadurch Nachfragen der Finanzbehörde zu vermeiden und durch diese Mitwirkung ein Abwarten des Finanzamts zu erreichen. Sollte das Finanzamt von der Festsetzung nicht absehen, so darf nicht vergessen werden, Einspruch einzulegen, bis die exakten Beträge ermittelt sind.

     

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