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  • · Fachbeitrag · Schwarzarbeitsgesetz

    Entdeckt die FKS Steuerhinterziehungen? - Sperrwirkung gemäß § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO?

    von ORR Dr. Thomas Möller und OStA Dr. Alexander Retemeyer, Osnabrück

    | Der Arbeitsbereich Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) wird auf der Basis des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG) tätig, das am 1.8.04 in Kraft getreten ist. Zweck des Gesetzes ist gemäß § 1 SchwarzArbG die Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit. Die Schwarzarbeit ist durch § 1 Abs. 2 SchwarzArbG definiert. Schwarzarbeit leistet, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei seine sich aufgrund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG). |

    1. Prüfung steuerlicher Pflichten

    Die FKS nimmt einerseits Prüfungen im Rahmen der Zuständigkeitsregelung gemäß § 2 SchwarzArbG vor (Prüfgegenstände). § 2 Abs. 1 S. 4 SchwarzArbG umfasst auch einen Prüfungsauftrag der Zollverwaltung für die sich aus Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten. Damit kann die Zollverwaltung ihre Mitteilungspflichten gegenüber den Landesfinanzbehörden erfüllen. Die Prüfung der Erfüllung steuerlicher Pflichten i.S. von § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG obliegt den Landesfinanzbehörden. Die Behörden der Zollverwaltung sind zur Mitwirkung an den Prüfungen der Landesfinanzbehörden berechtigt. Die Prüfung nach dem SchwarzArbG ist keine steuerliche Prüfung (Möller, PStR 11, 13 f., m.w.N.).

     

    Andererseits hat die Zollverwaltung gemäß § 14 SchwarzArbG die Befugnis zur Ermittlung wegen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die mit einem der in § 2 Abs. 1 SchwarzArbG genannten Prüfgegenstände unmittelbar zusammenhängen. Der unmittelbare Zusammenhang ergibt sich aus dem Tatbestand der Steuerhinterziehung. Eine Zuständigkeit für die Ermittlung von Steuerstraftaten durch die FKS ist demnach gegeben (BMF 2.3.06, III A 6 - SV 3040 - 4/06; a.M. Mössmer/Moosburger, wistra 07, 55). Soweit die FKS Schäden des Abgabenaufkommens feststellt, sind dies keine Abgaben, die sie selbst verwaltet, sondern Abgaben die von anderen Verwaltungsbehörden verwaltet werden (Landesfinanzbehörde, Deutsche Rentenversicherung etc.).

     

    Zur Sicherstellung des auch steuerlich motivierten Prüfungsauftrags und der Zusammenarbeit der FKS mit den Landesfinanzbehörden bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit wurden den Beschäftigten der Zollverwaltung durch die Landesfinanzbehörden Kenntnisse des materiellen Besitz- und Verkehrsteuerrechts vermittelt.

     

    Bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit stellt sich bei jedem aufgedeckten Fall die Frage nach der steuerlichen Behandlung eingesetzter Arbeitnehmer, d.h. ob der Arbeitgeber die LSt überhaupt und in richtiger Höhe einbehalten und abgeführt hat (z.B. Zahlung von Schwarzlohn). Mit Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung geht regelmäßig einher, dass die erzielten Umsätze nicht oder nur unvollständig der Umsatzbesteuerung unterworfen werden. Verstöße wegen Schwarzarbeit wirken sich in der Regel auf die steuerlichen Aspekte aus (z.B. Manipulation der Einnahmen mit Scheinrechnungen). Anders als die LSt-Außenprüfung und die USt-Sonderprüfung muss die Prüfung nach dem SchwarzArbG nicht rechtzeitig vor Prüfungsbeginn angekündigt werden. Die FKS kann sich spontan ein Bild über Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung und die Erfüllung steuerlicher Pflichten machen. In Regelfall wird die FKS die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Steuerhinterziehung erfassen.

    2. Entdeckung der Steuerhinterziehung durch die FKS?

    Es stellt sich daher die Frage, ob eine Selbstanzeige gemäß § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO wegen der durch die FKS entdeckten Steuerhinterziehung ausgeschlossen ist. Mit seinem Beschluss vom 20.5.10 (1 StR 577/09, wistra 10, 304) hat der BGH höhere Hürden für die Selbstanzeige gesetzt. Der Begriff der Tatentdeckung des § 371 AO hat danach einen eigenständigen Bedeutungsinhalt. Dieses Tatbestandsmerkmal ist bereits dann erfüllt, wenn das Vorliegen eines Sachverhalts wahrscheinlich ist, der die Aburteilung als Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit rechtfertigen würde. Ausreichend ist schon, wenn nach allgemeiner kriminalistischer Erfahrung eine Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit naheliegt. Ein Anfangsverdacht gemäß § 152 Abs. 1 StPO ist nicht erforderlich. Wegen des „Kennenmüssens“ führte der BGH aus, dass dieses Merkmal eher durch die objektive Voraussetzung der Tatentdeckung und weniger durch die subjektive Komponente bestimmt sei und letztlich überwiegend auf die objektive Seite abgestellt werden müsse.

     

    Wird die FKS aufgrund einer richterlichen Anordnung tätig erstreckt sich ihr Ermittlungswille auch auf solche Taten, die mit dem bisherigen Ermittlungsgegenstand in sachlichem Zusammenhang stehen (BGH 20.5.10, a.a.O.). Für die Bestimmung des Verfolgungswillens der Strafverfolgungsorgane ist maßgeblich, was mit der jeweiligen richterlichen Handlung bezweckt wird. Dabei sind neben dem Wortlaut der Verfügung (z.B. Durchsuchungsbeschluss zum Auffinden von Beweisen wegen des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen gemäß § 266a StGB) auch der Sach- und Verfahrenszusammenhang entscheidend (BGH 5.4.00, 5 StR 226/99, wistra 00, 219).

     

    Die Kompetenz zur Einleitung eines Steuerstrafverfahrens setzt die Entdeckung einer Steuerhinterziehung sinnlogisch voraus. Mindestens in den typischen Fällen der Schwarzarbeit mit einhergehender Steuerhinterziehung wird die FKS die Tat i.S. des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO entdeckt haben. Die strafbefreiende Selbstanzeige wäre dann ausgeschlossen. Die Entdeckung der Steuerhinterziehung liegt logischerweise vor der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens und ist eine Tatsachenfrage. Auf steuer- oder steuerstrafrechtliche Überlegungen der beteiligten Zoll- oder Steuerbeamten kommt es grundsätzlich nicht an. Kann die FKS wegen Steuerhinterziehung ein Strafverfahren einleiten und deswegen ermitteln, kann sie entsprechende Taten auch entdecken. Kommt die FKS ihrer Mitteilungspflicht an die Landesfinanzbehörde nach und wertet die Landesfinanzbehörde diese aus, verschiebt sich der Zeitraum für die Selbstanzeige daher nicht auf den Zeitpunkt der Einleitung bzw. Bekanntgabe durch die Landesfinanzbehörde. Der Täter wird wegen der Prüfung bzw. strafprozessualen Maßnahme durch die FKS regelmäßig den Schluss ziehen, die FKS habe ausreichend Kenntnis von der Entdeckung der Steuerhinterziehung. Die meisten Schwarzarbeitstäter treffen wegen der Prüfung durch die FKS keine Trennung zu der Zuständigkeit der Landesfinanzbehörde für die hinterzogenen Steuern.

    3. Begriff der Tat

    Aus strafrechtlicher und strafprozessualer Sicht ist der Begriff der Tat entscheidend. Die Nichtabgabe der LSt-Anmeldung bzw. die Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitnehmers sind weder eine Tat i.S. von § 52 StGB noch i.S. von § 264 Abs. 1 StPO. Dies erschließt sich zunächst nicht, da die Schwarzarbeit zwanglos als einheitlicher Lebenssachverhalt gesehen werden kann. Letztlich ist es dem Schwarzunternehmer aber nicht möglich, aus dem Gesamtpaket der Hinterziehung von USt, LSt, ESt und Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge eine einzelne Pflicht herauszunehmen und ordnungsgemäß zu erfüllen; dies würde sofort auffallen. Da die Pflichten aber unterschiedlich ausgestaltet sind, zu verschiedenen Zeiten erfüllt werden müssen und auch gegenüber verschiedenen Stellen bestehen, ist nach den Regeln zum Unterlassungsdelikt eine Tateinheit nach § 52 StGB bzw. eine einheitliche Tat nach § 264 Abs. 1 StPO nicht zu begründen.

     

    Eine Lösung lässt sich allerdings über § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO finden. Nach ganz herrschender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung (Kohler in Münchener Kommentar, § 371 AO, Rn. 223 m.w.N.) ist grundsätzlich jedermann als Tatentdecker geeignet. In Betracht kommen jedoch dabei in erster Linie alle Amtsträger der Finanz- und Strafverfolgungsbehörden, außerdem Richter und andere Behörden wie z.B. die Polizei und die Staatsanwaltschaft. Ausreichend ist, wenn diese Personen verpflichtet sind ihre Erkenntnisse den Strafverfolgungsbehörden mitzuteilen. (BGH 13.5.87, 3 StR 37/87, wistra 87, 293; Bender/Möller/Retemeyer, Zoll- und Verbrauchsteuerstrafrecht, Rn. 121). Bei der Hinterziehung von LSt ist schon aus § 116 AO und erst recht aus den Regeln zur Zusammenarbeit zwischen der Landesfinanzbehörde und der FKS eine Verpflichtung der FKS herzuleiten, ihre Erkenntnisse über Schwarzarbeit dem für die LSt zuständigen FA mitzuteilen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Entdeckung der LSt- bzw. USt-Hinterziehung durch die FKS genauso wie die durch den Staatsanwalt eine Selbstanzeige nach § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO sperrt.

     

    PRAXISHINWEIS | Es bietet sich in der Praxis an, dass operative Vorgehen zwischen FKS und Landesfinanzbehörden miteinander abzustimmen. In geeigneten Fällen (z.B. bei Schwerpunktprüfungen der FKS) sollten gemeinsame Prüfungen der FKS und Landesfinanzbehörde stattfinden. Dies gilt auch für die Vornahme strafprozessualer Maßnahmen, bei denen die Staatsanwaltschaft als Herrin des Verfahrens die Ermittlungen wegen § 266a StGB und § 370 AO möglichst bündeln und koordinieren sollte.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Holewa, Durchsuchung durch FKS mit Beteiligung der Steuerfahndung - Selbstanzeige gesperrt?, PStR 13, 121 ff.
    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 239 | ID 40087070

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