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  • 24.01.2012

    Finanzgericht München: Urteil vom 29.11.2011 – 2 K 845/11

    Gibt ein Landwirt jahrelang keine Steuererklärungen ab, aus denen das FA das Vorliegen und ggf. den Wegfall der Voraussetzungen einer Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen erkennen könnte, bestimmt sich – vergleichbar mit der Sachlage bei der Neugründung eines Betriebs – die Zulässigkeit der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen ausschließlich nach § 13a Abs. 1 S. 1 EStG (entgegen Niedersächsisches FG v. 2.3.2005 2 K 378/04). Danach bedarf es keiner Mitteilung nach § 13a Abs. 1 S. 2 EStG, wenn die Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 S. 1 EStG zum Zeitpunkt der erstmaligen Steuererklärung nach jahrelanger erklärungsloser Zeit nicht vorliegen.


    IM NAMEN DES VOLKES

    Urteil

    In der Streitsache

    hat der 2. Senat des Finanzgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht …, den Richter am Finanzgericht …, der Richterin am Finanzgericht …, den ehrenamtlichen Richter … und der ehrenamtlichen Richterin … auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2011 für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens

    3. Die Revision wird zugelassen.

    Gründe

    I.

    Streitig ist, ob die Klägerin in den Streitjahren (Wirtschaftsjahre ab 1999/2000) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittsätzen gemäß § 13a des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (EStG) ermitteln durfte.

    Die Klägerin ist eine Gemeinschaft von in Mitunternehmerschaft verbundenen Eheleuten (Bundesfinanzhof – BFH – Beschluss vom 22. September 2010 IV B 120/09, BFH/NV 2011, 257), die in den Streitjahren mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.

    In ihrer Einkommensteuerklärung für das Jahr 1981 gaben die Eheleute Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft an, die sie nach § 13a EStG a.F. berechneten. Daraufhin teilte der Beklagte (Finanzamt) den Eheleuten mit, dass die Prüfung der Einkommensteuererklärung ergeben habe, dass sie für den Veranlagungszeitraum 1981 nicht zu veranlagen seien. In den Folgejahren erteilte das Finanzamt den Eheleuten bis einschließlich 1990 Bescheinigungen über die Nichtveranlagung. Steuererklärungen reichten die Eheleute ab 1982 nicht mehr ein.

    Mit notariellem Vertrag vom 27. September 2001 übertrugen die Eheleute unter gleichzeitiger Einrichtung eines Leibgedings zu ihren Gunsten ihren gesamten gemeinschaftlich gehaltenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auf einen ihrer Söhne.

    Mit Schreiben vom 05. Oktober 2002 (…) wurden die Eheleute zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 aufgefordert. Nach der daraufhin – unter Mitwirkung einer Steuerberatungsgesellschaft – erstellten Erklärung betrugen die selbstbewirtschafteten Flächen insgesamt 36,92 ha (…). In den nachfolgend für die Jahre 1999 und 2000 eingereichten Steuererklärungen wurden die landwirtschaftlich selbst bewirtschafteten Flächen jeweils mit insgesamt 37,71 ha angegeben. Die Gewinne des landwirtschaftlichen Betriebs wurden von den Eheleuten jeweils nach Maßgabe des § 13a EStG ermittelt.

    Mit Schreiben vom 28. Mai 2004 forderte das Finanzamt die Eheleute auf, Gewinnermittlungen über die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nachzureichen (…). Da dies nicht geschah, setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für die Streitjahre 1999 bis 2001 unter Schätzung der Besteuerungsgrundlagen abweichend von den Steuererklärungen fest. Für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 wurde der Gewinn noch gemäß § 13a EStG a.F. ermittelt und entsprechend mit 50 % der Einkommensteuerberechnung für das Kalenderjahr 1999 zu Grunde gelegt. Ab dem Wirtschaftsjahr 1999/2000 ging das Finanzamt davon aus, dass eine Ermittlung des Gewinns nach § 13a EStG nicht möglich sei, da die maßgebliche bewirtschaftete Fläche gemäß § 13a Abs. 1 Nr. 2 EStG von 20 ha überschritten worden sei (…).

    Die Einsprüche dagegen wies das Finanzamt mit der Einspruchsentscheidung vom 28. September 2006 als unbegründet zurück. Die Eheleute hätten trotz ihrer Verpflichtung gemäß § 25 EStG i.V.m. § 56 EStDV in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (EStDV) keine Steuererklärungen eingereicht, obwohl ihre Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft auch bei einer Gewinnermittlung nach § 13a EStG jeweils über 26.351,– DM gelegen hätten. Weil sie ihrer Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen nicht nachgekommen seien und sie insoweit pflichtwidrig gehandelt hätten, könnten sich die Eheleute nicht auf die fehlende Wegfallmitteilung nach § 13a Abs. 1 S. 2 EStG berufen, da durch ihr treuwidriges Verhalten die Schutzwirkung dieser Regelung entfallen sei (unter Bezugnahme auf das Urteil des BFH vom 29. November 2001 IV R 13/00, BFH/NV 2002, 433).

    Auf das sich daran anschließende Klageverfahren 2 K 4141/06 und den Rückverweisungsbeschluss des BFH vom 22. September 2010 IV B 120/09 sowie das im zweiten Rechtsgang anhängige und derzeit bis zum Abschluss des vorliegenden Streitverfahrens ausgesetzte Klageverfahren 2 K 3315/10 wegen Einkommensteuer 1999, 2000, 2001 (…) wird Bezug genommen.

    Auf Aufforderung des Finanzamts reichte nunmehr die Klägerin im November 2010 Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für die Jahre 1999, 2000 und 2001 hinsichtlich der von den Eheleuten gemeinsam erzielten Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft ein. Dabei wurden die Gewinne des landwirtschaftlichen Betriebs jeweils Bezug nehmend auf die Einkommensteuererklärungen der Eheleute für die Streitjahre nach Maßgabe des § 13a EStG ermittelt.

    Unter Hinweis gemäß § 181 Abs. 5 Satz 2 der Abgabenordnung – AO – stellte das Finanzamt mit Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen jeweils vom 2. März 2011 abweichend von den Feststellungserklärungen die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für 1999 auf 73.400 DM, für 2000 auf 85.092 DM und für 2001 auf 66.796 DM fest und teilte die Besteuerungsgrundlagen jeweils hälftig auf die beiden Eheleute auf.

    Dabei ermittelte das Finanzamt die Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 unverändert gemäß § 13a EStG a.F. und schätzte den Gewinn ab dem Wirtschaftsjahr 1999/2000, da Gewinnermittlungen nicht vorgelegt worden seien und eine solche nach Durchschnittssätzen wegen Überschreitung des gesetzlich festgelegten Umfangs der bewirtschafteten Flächen von mehr als 20 ha nicht zulässig gewesen sei. Die Klägerin könne sich nicht auf die fehlende Wegfallmitteilung gemäß § 13a Abs. 1 Satz 2 EStG berufen, da die Klägerin ihrer Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen nicht nachgekommen sei und insoweit pflichtwidrig gehandelt habe.

    Mit am 18. März 2011 bei Gericht eingegangenen Klageschriftsatz hat die Klägerin ohne Durchführung eines Vorverfahrens gegen die Feststellungsbescheide vom 2. März 2011 Sprungklage (§ 45 der Finanzgerichtsordnung – FGO –) erhoben, der das Finanzamt mit am 4. April 2011 eingegangenen Schriftsatz zugestimmt hat.

    Zur Begründung der Klage wird – Bezug nehmend auf das Klageverfahren 2 K 4141/06 – ausgeführt, dass die Gewinne aus dem landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin auch für die die Streitjahre betreffenden Wirtschaftsjahre nach § 13a EStG zu ermitteln seien, da das Finanzamt nicht rechtzeitig vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsjahre eine Mitteilung nach § 13a Abs. 1 S. 2 EStG über den Wegfall der Durchschnittssatzgewinnermittlung erlassen habe. Die Schutzwirkung des § 13a Abs. 1 S. 2 EStG dürfe der Klägerin nicht entzogen werden. Da das Finanzamt die Klägerin über nahezu 20 Jahre nicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung angehalten habe, habe es durch sein eigenes Verhalten dafür gesorgt, dass die Klägerin ihre steuerlichen Verpflichtungen als erfüllt angesehen habe und sich über die mögliche Unrechtmäßigkeit ihres Handelns nicht bewusst gewesen sei. Anders als in dem in Bezug genommenen Entscheidungsfall des BFH vom 29. November 2001 IV R 13/00, BFH/NV 2002, 433, hätte die Klägerin auch nicht durch unrichtige und unvollständige Angaben bewusst dafür gesorgt, dass ihr die nicht mehr zustehende Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG entzogen werden könne. Die Grundsätze von Treu und Glauben verböten es aber, von der Klägerin rückwirkend eine anderweitige Gewinnermittlung einzufordern, da die Klägerin in vollem Bewusstsein von der Rechtmäßigkeit ihres steuerlichen Verhaltens ausgegangen sei. Es sei letztlich der Vorgehensweise des Finanzamts zuzuschreiben, dass erst nachträglich durch Anforderung von Steuererklärungen in Zusammenhang mit der Hofübergabe das Überschreiten der Flächengrenzen durch das Finanzamt festgestellt worden sei. Entsprechend zutreffend habe das Niedersächsische Finanzgericht mit Urteil vom 02. März 2005 2 K 378/04, entschieden, dass die Finanzbehörden nicht berechtigt seien, auf eine Mitteilung zu verzichten, wenn die Steuerpflichtigen keine Einkommensteuererklärungen abgegeben hätten oder abgeben hätten müssen. Vorliegend hätte die nicht steuerberatend vertretene Klägerin auch nicht die Höhe ihrer steuerlichen Einkünfte ermitteln und damit abschätzen können, ob sie der Erklärungspflicht nach § 56 EStDV unterliege. Mangels steuerlicher Beratung sei es den Klägerin auch für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 trotz außerordentlich hoher Einkünfte durch eine einmalige Mietzahlung nicht möglich gewesen, zu erkennen, ob sie der Steuererklärungspflicht unterliege. Selbst aber bei einem angenommenen fahrlässigen Verhalten dürften die Klägerin die Schutzwirkung der Mitteilung nach § 13a Abs. 1 S. 2 EStG nicht verlieren. Denn das bisherige Verhalten des Finanzamts über Jahre hinweg habe bei der Klägerin den Rechtsschein erweckt, keine Einkommensteuererklärung abgeben zu müssen. Zudem habe das Finanzamt aus den bei ihm geführten Akten bereits an Amtsstelle selbst ermitteln und feststellen können, dass die Klägerin ab dem Wirtschaftsjahr 1999/2000 nicht mehr zur Gewinnermittlung nach § 13a EStG berechtigt gewesen sei.

    Die Klägerin beantragt,

    unter Änderung der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1999, 2000 und 2001 jeweils vom 2. März 2011 die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ab dem Wirtschaftsjahr 1999/2000 jeweils in der Höhe, die nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG ermittelt werden, festzustellen,

    und hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Das Finanzamt beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    und hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Klageerwidernd wird ausgeführt, dass das Finanzamt bezugnehmend auf das Urteil des BFH in BFH/NV 2002, 433, berechtigt gewesen sei, den Gewinn der Klägerin ab dem Wirtschaftsjahr 1999/2000 zu schätzen, da Gewinnermittlungen nicht vorgelegt worden seien und eine Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen wegen Überschreitung des gesetzlich festgelegten Umfangs der bewirtschafteten Flächen von nicht mehr als 20 ha nicht zulässig gewesen sei. Im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz bestünde in Fällen, in denen ein bisher steuerlich nicht geführter, aber umfangreicher landwirtschaftlicher Betrieb bewirtschaftet werde und es der Finanzbehörde wegen nicht vorliegender Steuererklärungen nicht möglich gewesen sei, eine Grenzüberschreitung der Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 EStG festzustellen, kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand der Gewinnermittlungen nach § 13a EStG. Auf Unkenntnis dürfte sich die Klägerin nicht berufen. Sie habe mindestens seit 1996 Flächen von 35 bis 37 ha bewirtschaftet. Zudem habe sie in den Jahren 1997 und 1998 erstmals Einnahmen aus der Vermietung eines Sendestandorts für den Mobilfunk erzielt. Auch deshalb hätte sich den Eheleuten eine Überprüfung ihrer möglichen Steuerpflicht aufdrängen müssen. Im Hinblick auf die Höhe der Einkünfte in den Jahren 1996, 1997 und 1998 wären die Eheleute mithin bereits zur Abgabe von Steuererklärungen für diese Jahre verpflichtet gewesen. Wären die Eheleute dieser Verpflichtung nachgekommen, so hätte das Finanzamt im Rahmen der Neufassung des § 13a EStG zum 1. Januar 1999 Kenntnis von der nunmehr vorliegenden Überschreitung der Grenzen des § 13a Abs. 1 EStG gehabt und eine entsprechende Mitteilung im Sinne des § 13a Abs. 1 Satz 2 EStG für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 gemacht. Unbeachtlich sei, dass das Finanzamt die Klägerin seit 1981 nicht zur Abgabe von Steuererklärungen aufgefordert habe; denn die Pflicht zur Abgabe von Steuerklärungen ergebe sich aus dem Gesetz. Im Übrigen habe auch seitens des Finanzamt kein Anlass bestanden, die Klägerin zur Abgabe von Steuererklärungen aufzufordern, da die eigene landwirtschaftliche Fläche mit ca. 17 ha die Grenze des § 13a Abs. 1 EStG von 20 Ha nicht überstiegen habe.

    Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

    II.

    Die zulässige (Sprung-)Klage ist unbegründet.

    Das Finanzamt war berechtigt, den Gewinn der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft für die Streitjahre ab dem Wirtschaftsjahr 1999/2000 abweichend von den Ermittlungsgrundsätzen des § 13a EStG zu schätzen (§ 162 AO).

    Nach § 13a Abs. 1 S. 1 EStG ist der Gewinn für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen zu ermitteln, wenn der Steuerpflichtige nicht buchführungspflichtig ist und die selbstbewirtschaftete Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung nicht 20 ha überschreitet und – worauf es im Streitfall nicht ankommt – seine Tierbestände insgesamt 50 Vieheinheiten nicht übersteigen (§ 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG) und der Wert der selbstbewirtschafteten Sondernutzungen nicht mehr als 2.000,– DM je Sondernutzung beträgt (§ 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG). Liegen diese oder eine dieser Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 S. 1 EStG nicht (mehr) vor und ist der Steuerpflichtige von der Finanzbehörde darauf hingewiesen worden (§ 13a Abs. 1 S. 2 EStG) oder ist ein solcher Hinweis nicht erforderlich, so hat er seinen Gewinn auf andere Weise zu ermitteln, nämlich durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG oder durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG auf Grund freiwilliger Buchführung oder auf Grund Buchführungspflicht gemäß § 141 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 AO (vgl. BFH-Urteil vom 26. Mai 1994 IV R 34/92, BStBl II 1994, 891 m.w.N.).

    Kommt danach eine Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen nicht oder nicht mehr in Betracht, führt der Steuerpflichtige aber weder die nach § 4 Abs. 3 EStG erforderlichen Aufzeichnungen noch – freiwillig oder dazu verpflichtet – Bücher, so ist die Finanzbehörde zur Schätzung gemäß § 162 AO befugt (BFH in BStBl II 1994, 891).

    Jedoch ist der Gewinn gemäß § 13a Abs. 1 S. 2 EStG letztmalig nach Durchschnittsätzen in dem Wirtschaftsjahr zu ermitteln, in dem die Finanzbehörde auf den Wegfall einer der Vorraussetzungen des § 13a Abs. 1 EStG hingewiesen hat. Allerdings kann ein Gewinn nur dann letztmalig nach Durchschnittssätzen ermittelt werden, wenn er in den Vorjahren nach Durchschnittssätzen ermittelt und erklärt worden ist. Nur dann kann die Finanzbehörde dem Steuerpflichtigen gegebenenfalls den Wegfall der Voraussetzungen für eine Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen mitteilen. Die Zulässigkeit einer Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen ergibt sich in diesen Fällen auch nicht aus dem Fehlen einer (Wegfall-)Mitteilung nach § 13a Abs. 1 S. 2 EStG, als gewissermaßen negativer Tatbestandsvoraussetzung (vgl. Jachmann in Kirchhoff, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 13a Rz. 4).

    Somit muss eine Mitteilung nach § 13a Abs. 1 S. 2 EStG über den Wegfall der Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 S. 1 EStG nicht erfolgen, wenn diese Voraussetzungen von Anfang an tatsächlich nicht vorgelegen haben; denn dann können sie auch nicht weggefallen sein (vgl. BFH-Beschluss vom 1. Juli 1997 IV B 35/96, BFH/NV 1997, 856) und dann kann auch keine Mitteilung gemäß § 13a Abs. 1 S. 2 EStG darüber erfolgen. Deshalb bedarf es bei Neugründung eines Betriebs keiner Mitteilung nach § 13a Abs. 1 S. 2 EStG durch die Finanzbehörde, wenn die Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 S. 1 EStG von Anfang an nicht vorliegen. Die Zulässigkeit der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen bestimmt sich dann ausschließlich nach § 13a Abs. 1 S. 1 EStG (BFH in BFH/NV 1997, 856 m.w.N.).

    Danach war auch vorliegend eine Wegfallmitteilung nach § 13a Abs. 1 S. 2 EStG gegenüber der Klägerin nicht erforderlich.

    Für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft der Klägerin sind ab dem Veranlagungszeitraum 1982 keine Steuererklärungen mehr eingereicht und ist daher auch der Gewinn aus dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht nach Durchschnittssätzen ermittelt worden. Erst auf Aufforderung des Finanzamts hat die Klägerin für die Jahre 1999, 2000 und 2001 Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung über die von den Eheleuten gemeinsam erzielten Einkünfte aus der Land und Forstwirtschaft eingereicht.

    Werden aber – wie im Streitfall – jahrelang keine Steuererklärungen eingereicht, aus denen die Finanzbehörde das Vorliegen und ggf. den Wegfall der Voraussetzungen einer Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen erkennen könnte, bestimmt sich – vergleichbar mit der Sachlage bei einer Neugründung eines Betriebs – die Zulässigkeit der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen dann ausschließlich nach § 13a Abs. 1 S. 1 EStG (a.A. möglicherweise Niedersächsisches Finanzgericht Urteil vom 2. März 2005 – 2 K 378/04). Dies hat zur Folge, dass es einer Mitteilung nach § 13a Abs. 1 S. 2 EStG durch die Finanzbehörde nicht bedarf, wenn die Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 S. 1 EStG zum Zeitpunkt der erstmaligen Steuererklärung nach jahrelanger erklärungsloser Zeit nicht vorliegen.

    Somit ist die Klägerin – ungeachtet der Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen (§ 56 EStDV) bereits in den Vorjahren – nicht berechtigt, in den Streitjahren den Gewinn für ihren Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG zu ermitteln; denn im Streitfall haben die Voraussetzungen für eine Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen nicht vorgelegen. Die von den Klägerin selbst bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen haben mit ca. 37 ha die in § 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG vorgesehene Höchstgrenze von 20 ha überschritten. Diese Voraussetzung ist allerdings nicht erst weggefallen, sondern hat bereits von Anfang an, als das Finanzamt die Klägerin zur Abgabe von Feststellungserklärungen für 1999, 2000 und 2001 aufgefordert hat, nicht bestanden. Daher besteht im Streitfall mangels Wegfall von Voraussetzungen auch keine Veranlassung für eine Wegfallmitteilung nach § 13a Abs. 1 S. 2 EStG als rechtliche Voraussetzung für die vom Finanzamt zutreffend vorgenommenen – und der Höhe nach nicht streitigen – Schätzungen ab dem Wirtschaftsjahr 1999/2000.

    Im Übrigen wird der von der Klägerin unter Hinweis auf die Entscheidung des BFH in BFH/NV 2002, 433 in Anspruch genommene Schutzgedanke des § 13a Abs. 1 S. 2 EStG nicht berührt, da vorliegend nicht eine zu Unrecht vorgenommene Durchschnittssatzgewinnermittlung der Klägerin mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben wird. Vielmehr hat das Finanzamt bis zum Wirtschaftsjahr 1998/1999 die Durchschnittssatzbesteuerung erklärungsgemäß beibehalten.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Revision wird zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage, ob eine Mitteilung gemäß § 13a Abs. 1 S. 2 EStG über den Wegfall der Voraussetzungen der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen entbehrlich ist, wenn der Steuerpflichtige jahrelang keine Steuererklärungen abgibt, aus denen die Finanzbehörde den Wegfall der Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 EStG hätte erkennen können (BFH-Beschluss vom 22. September 2010 IV B 120/09, BFH/NV 2011, 257).

    VorschriftenEStG 1997 § 13a Abs. 1 S. 1, EStG 1997 § 13a Abs. 1 S. 2, EStG 1997 § 25, EStDV 2000 § 56, AO § 149 Abs. 1, AO § 162

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