08.01.2010
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 25.08.1999 – 7 K 2815/96
-Die Haftungsinanspruchnahme des Steuerhinterziehers nach § 71 AO ist weder subsidiär noch im Ausnahmefall des § 191 Abs. 5 Satz 2 AO akzessorisch zur Primärschuld.
-Die Durchbrechung der Akzessorietät der Haftung nach § 191 Abs. 5 Satz 2 AO gilt sowohl für die täterschaftliche Begehung als auch für die Beihilfe zur Steuerhinterziehung.
-Der aktiven Steuerhinterziehung macht sich als Mittäter oder Gehilfe strafbar, wer trotz einer Verpflichtung zur Verhinderung des für möglich gehaltenen Erfolges die Tatausführung durch Dritte billigend duldet.
-Ein bei der bewußten Inkaufnahme einer unmittelbar bevorstehenden zollrechtlichen Falschdeklaration vermeidbarer Irrtum über die Erfolgsabwendungspflicht schließt den Vorsatz nicht aus.
Die Klage wird abgewiesen
Tatbestand
Der Kläger schloß im Jahre 1987 eine Ausbildung als Konditormeister ab. Im Anschluß daran machte er eine Weiterbildung zum Betriebswirt des Handwerks durch, die er im Herbst 1988 beendete. Anschließend war er zunächst bei seinem Vater, der ebenfalls Konditormeister ist, in dessen Betrieb beschäftigt. Im Jahr 1984 lernte der Kläger die Beigeladene Y kennen. Als der Kläger, der das Reiten zunächst nur als Hobby betrieb, 1988 bei einem Turnier, an dem er aktiv teilnahm, ein Springen gewann und ihn die Beigeladene Y bei dieser Veranstaltung gesehen hatte, zeigte diese Interesse daran, den Kläger im Reitsport dadurch zu unterstützen, daß sie ein entsprechend qualifiziertes Pferd für ihn kaufen wollte.
In der Folgezeit kam es zum Erwerb und der Einfuhr von zwei Pferden aus der Schweiz (P und N). Da die beiden Pferde von der Schweiz aus in das Zollgebiet der Gemeinschaft importiert wurden, war eine entsprechende Zollabfertigung erforderlich. Ausweislich der Zollbelege wurden die Zollwerte der Pferde nicht zutreffend für die Abgabenberechnung zugrunde gelegt. Daraus resultiert der hier streitgegenständliche Steuerhaftungsbescheid.
Am 16. September 1988 fand die Abfertigung des Pferdes P mit Zollbeleg Nr. beim Hauptzollamt L, Zollamt Ö am , statt. Der Zollantrag wurde von der Spedition Gebrüder Ü AG, abgegeben. Diese Spedition hat auf der deutschen Seite des Zollamtes Ö am ein Abfertigungsbüro. Für die Spedition unterschrieb der Angestellte Hans HZ. Als Empfänger wird in diesem Zollbeleg „Sportzentrum F GmbH K.P. X” in .H. angegeben. Die an „Sportzentrum F - K.P. X”, H, adressierte Begleitrechnung der Gerhard Z Sportpferde AG in Ü, Schweiz, vom 15. September 1988 lautet wie folgt:
„8 j. braune Stute Holland | DM 4.000,-- |
7 j. brauner Wallach SF | DM 6.500,-- |
total freie Grenze | DM 10.500,--” |
Bei dem mit „SF” gekennzeichneten Wallach handelt es sich um das Pferd P, bei der braunen Stute um ein Pferd namens D.
Die auf der Grundlage der Rechnungswerte errechneten Eingangsabgaben (2.785,30 DM) wurden bar bei der Zahlstelle des Zollamtes Ö am 16. September 1988 eingezahlt (zu allem siehe Besteuerungsgrundlagenheft I a, Blatt 1-7).
Mit dem Zollbeleg GB 9 Nr. vom 30. November 1988 der vorbezeichneten Zollstelle fand die Abfertigung eines weiteren Pferdes statt. Die Eingangsabfertigung wurde ebenfalls durch die Spedition Ü veranlaßt. Als Empfänger weist dieser Zollbeleg „Reitsportzentrum F GmbH Herrn X”, H, aus. Die an „Herrn K. P. X, F”, H, gerichtete Begleitrechnung der Gerhard Z Sportpferde AG vom 30. November 1988 lautet wie folgt:
„Stute 9 j. braun Belgien | |
total frei Grenze | DM 10.000,--” |
Bei dieser Stute handelt es sich um das Pferd N.
Ausweislich der von der Zahlstelle des Zollamtes Ö ausgestellten Quittung wurde der unter Zugrundelegung der vorstehenden Wertangaben errechnete Eingangsabgabenbetrag von 2.640,-- DM am 30. November 1988 bar bezahlt (zu allem siehe Besteuerungsgrundlagenheft I a, Blatt 8-15).
Schon nach den eigenen Angaben des Klägers am 7. März 1991 vor dem Zollfahndungsamt sind beide in den Rechnungen ausgewiesenen Preisangaben für die Pferde P und N unzutreffend. Zwischen den Beteiligten ist weiter unstreitig, daß für den Wallach P, obwohl von einem gemeinsamen Oder-Konto der Beigeladenen Y und des Klägers nur (mit Wert 15. September 1988) 320.000,-- DM abgebucht worden sind, ein Kaufpreis von 280.000 Schweizer Franken vereinbart und bezahlt wurde und die Stute N zu einem Preis von 1 Mio. Schweizer Franken verkauft wurde. Hinsichtlich des letztgenannten Erwerbes liegt ein von der Beigeladenen Y unter dem 21. November 1988 unterzeichneter Kaufvertrag vor, der diesen Betrag als Kaufpreis ausweist. Ferner liegt insoweit vor ein Zahlungsauftrag im Außenwirtschaftsverkehr, der vom Kläger am 24. November 1988 unterzeichnet wurde und mit dem zu Lasten des damals zwischen der Beigeladenen Y und dem Kläger bestehenden Oder-Kontos bei der Dresdner Bank in H zugunsten des Herrn Z eine Auslandszahlung im Gegenwert von 1.195.097,75 DM gebucht wurde (Besteuerungsgrundlagenheft I a, Blatt 17 und 18).
Nach durchgeführter Beweisaufnahme steht für den erkennenden Senat für die beiden Einfuhrvorgänge im einzelnen folgender Sachverhalt fest:
Einfuhr des Pferdes P am 16. September 1988:
Nachdem es im Anschluß an ein Turnier im Sommer 1988 zu einem weiteren Treffen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen Y gekommen war, sollte für den Kläger ein Pferd erworben werden. Der Kläger stellte deswegen in Zusammenarbeit mit dem Beigeladenen Ä, seinem damaligen Reitlehrer, der sich auch im Handel mit Pferden auskannte, die Verbindung zur Pferdehandlung Z in der Schweiz her. Ob insoweit der Kläger oder der Beigeladene Ä bei der Knüpfung des Kontaktes federführend war, konnte nicht mehr geklärt werden. Auf dem Gestüt Z suchte man sich das Pferd P aus. Bei einem der Besichtigungsbesuche waren sowohl der Kläger wie auch die beiden Beigeladenen zugegen. Abgeschlossen wurde der Kaufvertrag anläßlich eines Turnieres in A-Stadt, bei welchem sich Herr Z und die Beigeladene Y trafen und weiter sowohl der Kläger als auch der Beigeladene Ä anwesend waren. Bei den Vertragsverhandlungen bestand über die Art und Weise der Einfuhr des Pferdes P, nämlich Einfuhr mit einer unterfakturierten Rechnung, zumindest zwischen dem Kläger, dem Beigeladenen Ä und Herrn Z Einverständnis. Dies wird jedoch - jeweils unter Entlastung der eigenen Person - sowohl vom Kläger als auch vom Beigeladenen Ä bestritten.
Das Pferd P wurde durch Mitarbeiter der Firma Z am 16. September 1988 zum Grenzzollamt gebracht. Kurze Zeit vorher war die Spedition Ü, die bereits seit vielen Jahren Abfertigungen von Pferden für die Firma Z vorgenommen hatte, davon unterrichtet worden. Vom Gestüt Z aus erhielt der Zeuge HZ, damals Angestellter dieser Spedition, auch die Unterlagen, die er für das Erstellen des Zollantrages benötigte. Ihm ist dabei auch gesagt worden, er solle die Abfertigung für den in der Rechnung angegebenen Empfänger vornehmen. HZ hat sich insoweit für den ersten Fall der Einfuhr am 15. September 1988 telefonisch bei einem Herrn X versichert, daß dieser zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Bei diesem Telefonat ist ihm von einem Herrn X bestätigt worden, daß er (X) der Einführer sei und die Spedition Ü in seinem (Xs) Namen die Zollabfertigung beantragen solle. Dieses Telefonat wird sowohl vom Kläger als auch von dessen Vater, dem Zeugen P X, bestritten. Bei der Einfuhr des zweiten Pferdes (N) fand kein weiteres Telefonat mehr statt.
Im Laufe des außergerichtlichen Ermittlungsverfahrens hat der Vater des Klägers, P X, auf Anfrage des Hauptzollamtes zum ersten Einfuhrvorgang (P) mit am 24.6.1994 beim Hauptzollamt eingegangenem Schreiben folgendes mitgeteilt:
„Die Pferde wurden im Namen des Reitsportzentrums F GmbH auf Wunsch von Frau Y eingeführt. Frau Y stand zu diesem Zeitpunkt in Verhandlungen mit der Reitsportgemeinschaft, zwecks Übernahme von Gesellschaftsanteilen.
Die Reitsportgemeinschaft F erklärte sich auf Wunsch von Frau Y bereit, daß die Adresse der Reitsportgemeinschaft für die Zollabfertigung angegeben werden könne. Ein Zollantrag wurde von der Reitsportgemeinschaft nicht gestellt. ...
Frau Y ist Gesellschafterin der GmbH bis zum heutigen Tag.”
Ausweislich der im Handelsregister B 333 des Amtsgerichts H enthaltenen Eintragungen wurde die Reitsportzentrum F GmbH gemäß Eintrag vom 12. September 1995 wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht. Ausweislich der in den Registerakten befindliche Liste der Gesellschafter dieser GmbH vom 17. Oktober 1980 und vom 29. April 1995 hat jedenfalls zu diesen beiden Zeitpunkten die Beigeladene Y keine Gesellschaftsanteile der GmbH gehalten.
Das Pferd P sowie das weitere Pferd D wurden von dem Zeugen Ch, der zur damaligen Zeit als Pferdewirt bei dem Reitbetrieb F GmbH beschäftigt war, an der Schweizer Grenze abgeholt. Dem Angestellten Ch wurde gemeinsam vom Kläger und vom Beigeladenen Ä, zumindest jedoch - was von diesen jetzt allerdings wechselseitig bestritten wird - mit dem jeweiligen Wissen und Einverständnis des anderen, neben einem Umschlag mit dem Kaufgeld ein Geldbetrag in Höhe von ca. 2.500,-- DM „für Zoll, Spesen und Sprit” mitgegeben. Der Kläger erhielt auch zeitnahen Einblick in die vom Zeugen Ch bei dessen Rückkehr auf dem F ausgehändigten Zollpapiere und sonstigen Unterlagen des Pferdes P.
Sowohl für P wie für das noch folgende Pferd N wurde der Kläger als sogenannter erster Mitbesitzer bzw. sogar (in der Schweiz) als „owner/propri|fetaire” in dem jeweiligen Pferdepaß eingetragen. Wegen der Eigentumsverhältnisse an den beiden genannten Pferden kam es zu einem Rechtsstreit zwischen der Beigeladenen Y und dem Kläger, weil letzterer behauptete, er habe Miteigentum an den beiden Tieren. Dieser Auffassung folgte indes das Landgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 5. Juli 1990 (xxxxxxx) nicht. Vielmehr wurde darin festgestellt, daß die Beigeladene Y Alleineigentum u.a. an den beiden Pferden P und N von Anbeginn an innehatte.
Hinsichtlich der Einfuhr der Stute N ist unstreitig, daß für die Verzollung lediglich ein Zollwert wie in der Rechnung ausgewiesen von 10.000,-- DM zugrunde gelegt wurde, obwohl - ebenfalls unstreitig - für dieses Pferd 1 Mio. Schweizer Franken gezahlt wurden.
Hinsichtlich der Einfuhr dieses Pferdes geht das Gericht von folgendem Sachverhalt aus:
Bei einem Reitturnier in Stuttgart fiel dem Kläger das Pferd N besonders auf. Der ebenfalls auf dem Turnier anwesende Beigeladene Ä trat an Herrn Z heran und erfuhr, daß das Pferd einem Herrn V gehöre und für 1 Mio. Schweizer Franken verkäuflich sei. Der Kläger und der Beigeladene Ä fuhren in die Schweiz und kamen zu dem Entschluß, das Pferd N zu kaufen, nachdem es der Kläger probegeritten hatte. Die zu diesem Zeitpunkt in den USA weilende Beigeladene Y wurde vom Kläger fernmündlich und per Videoaufnahmen, die vom Pferd gemacht wurden, über das Pferd unterrichtet. Die Beigeladene Y erklärte sich bereit, den Kaufpreis in Höhe von 1 Mio. Schweizer Franken für das Pferd zu zahlen. Der Kauf sollte über das Gestüt Z, offensichtlich als Vertreter des Eigentümers V, abgewickelt werden. Zu diesem Zweck entwarf der Kläger einen Kaufvertrag, den er an die Beigeladene Y und an Z per Telefax versandte. Ob auf dem Kaufvertrag bereits der Zusatz „Verzollung geht zu Lasten der Käuferin” enthalten war, als die Beigeladene Y den Vertrag erhielt, ist offengeblieben und nicht mehr aufklärbar. Von der Beigeladenen Y wird dies bestritten.
Der Kaufpreis wurde von der Beigeladenen Y zur Verfügung gestellt und vom Kläger in die Schweiz überwiesen. Zuvor wurde der Beigeladene Ä von Frau Z telefonisch an die noch ausstehende Zahlung erinnert.
Das Pferd wurde vom Beigeladenen Ä an der Grenze abgeholt. Im - wiederum von Beiden wechselseitig in Abrede gestellten - Einverständnis zwischen Kläger und Ä nahm Ä einen Betrag in Höhe von entweder 700,-- DM bis 800,-- DM (so Ä) oder ca. 3.000,-- DM (so der Kläger) zur Begleichung der an der Grenze anfallenden Kosten mit. Insgesamt wurden 2.640,-- DM an Eingangsabgaben entrichtet. Bei Rückkunft lieferte Ä das Pferd nebst den entsprechenden Papieren auf dem F ab.
Der Kläger hatte unter dem 14. Februar 1989 einen Anstellungsvertrag mit der Beigeladenen Y geschlossen, wonach dieser die von Frau Y in ihrem Reitstall gehaltenen Pferde auf internationalen Turnieren vorführen sollte (vgl. z.B. Vertragstext in dem gelben Hefter, der der Strafakte vorgeordnet ist, Blatt 26 ff.). Dieses Vertragsverhältnis wurde im Streit beendet. Es kam in diesem Zusammenhang zu verschiedenen Rechtsstreitigkeiten, und zwar sowohl vor der Arbeitsgerichtsbarkeit wie auch vor den ordentlichen Gerichten. Der Streit über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und des Zeitpunktes der Beendigung wurde letztlich durch Vergleich vom 14. Mai 1991 beigelegt. Dieser Vergleich befindet sich z.B. in dem bereits vorerwähnten gelben Heftrücken, Blatt 2 ff.
Die durch die Selbstanzeige des Klägers ausgelösten Ermittlungen der Zollbehörden führten letztlich zu dem hier streitgegenständlichen Haftungsbescheid vom 11. August 1995 (Heft I, Blatt 41), mit dem für das Pferd P insgesamt xxxxxxxx DM und für das Pferd N insgesamt xxxxxxxx DM, zusammen somit xxxxxxxx DM, Eingangsabgaben angefordert wurden. In seiner Begründung wurde dieser Haftungsbescheid ergänzt durch Verfügung vom 17. Oktober 1995 (Heft II, Blatt 20 ff.).
Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 1996, Heft II, Blatt 95 ff.).
Der Kläger macht geltend, seine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner sei rechtswidrig. Dabei rügt er insbesondere, daß die unterschiedlichen Abläufe hinsichtlich des Kaufes und der Einfuhrabfertigungen der Pferde P und N nicht getrennt behandelt worden seien. Der Haftungsbescheid leide aber vor allen Dingen darunter, daß die Verwaltungsbehörde das von ihr auszuübende Ermessen nicht ausreichend bzw. falsch betätigt habe. Denn es sei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt haltbar, daß lediglich der Kläger als Haftungsschuldner in Anspruch genommen würde. Die Verwaltungsbehörde hätte vielmehr die Pflicht gehabt, sich zunächst einmal an den Abgabenschuldner zu halten. Dies sei, wie sich hier auch aus der entsprechenden Prüfung durch die Verwaltungsbehörde ergäbe, die Spedition Ü in der Schweiz. Sofern dorthin ein entsprechender Abgabenbescheid nicht gesandt werden könne, bliebe immer noch der Weg einer Klage aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 BGB. Nicht ermessensgerecht sei auch die Entscheidung der Verwaltungsbehörde, weder Frau Y noch Herrn Ä oder die Pferdehandlung Z in der Schweiz in Anspruch zu nehmen.
Unzutreffend sei darüber hinaus die strafrechtliche Bewertung der Beteiligung des Klägers als mittelbarer Täter einer Steuerhinterziehung. Der Kläger habe nie eigeninitiativ gehandelt, sondern insoweit lediglich auf entsprechende Anweisung oder nach Absprache mit der Beigeladenen Y sich betätigt. Es habe an der überlegenen Willensherrschaft gefehlt. Vielmehr sei es so gewesen, daß der Kläger in eine bereits seit Jahrzehnten praktizierte Form der Steuerhinterziehung durch Ausstellen unterfakturierter Rechnungen bei der Einfuhr von Pferden hineingeraten sei. Er selbst habe jedoch die unterfakturierten Rechnungen nicht ausstellen lassen. Allein das Wissen des Klägers, daß eine solche Rechnung von Z ausgestellt werden sollte, begründe jedoch keine Straftat.
Wegen Einzelheiten des klägerischen Vorbringens wird auf dessen Schriftsätze sowie dessen Beteiligtenvernehmung in der Sitzung vom 25.8.1999 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
den Haftungsbescheid vom 11.8.1995 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.6.1996 aufzuheben und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält auch im gerichtlichen Verfahren an seiner Ansicht fest, daß der Kläger zu Recht als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werde. Denn dieser sei Steuerhinterzieher. Aus der Tatsache, daß die Firma Ü mit Rücknahme des Steuerbescheides nicht mehr als Steuerschuldnerin in Anspruch genommen werden könne, folge entgegen der Rechtsansicht des Klägers nicht, daß dadurch wegen des Grundsatzes der Akzessorität auch eine Inanspruchnahme des Klägers als Haftender entfallen müsse. Im übrigen sei auch die Ermessensausübung rechtmäßig gewesen. Der Beklagte verweist insoweit auf die Ausführungen in seiner Einspruchsentscheidung.
In einem beim erkennenden Senat anhängig gewesenen AdV-Verfahren (7 V 1243/98) hat der Senat mit Beschluß vom 19.6.1998 die Vollziehung des Steuerhaftungsbescheides zum Teil ausgesetzt. Wegen Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen.
Im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens wurden jeweils am 16.11.1998 gegen die Beigeladenen Y und Ä ebenfalls Haftungsbescheide erlassen. Mit Beschluß des Senats vom 23.4.1999 wurden diese beiden Personen zum Verfahren beigeladen.
Die einschlägigen Verwaltungsakten lagen dem Senat vor. Der Senat hat Beweis erhoben durch Venehmung der Zeugen P X (Blatt 529 der Gerichtsakten), sowie durch Vernehmung der beiden Beigeladenen (Y, Blatt 668, Ä, Blatt 677) und des Klägers (Blatt 684) als Beteiligte. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 24. und 25.8.1999 Bezug genommen
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Bei der nach § 191 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) „zweigliedrigen Entscheidung” (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 4.10.1988 VII R 53/85, Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 1989, 274, 275) über die Inhaftungnahme des Klägers für die durch unstreitig viel zu niedrige Zoll(wert)anmeldungen der Turnierpferde P und N verkürzten Eingangsabgaben hat das beklagte Hauptzollamt die haftungsbegründenden Voraussetzungen des § 71 AO i.V.m. § 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 AO zu Recht bejaht und - auch unter Beachtung von § 191 Abs. 3 und Abs. 5 AO - sein nur im Rahmen des § 102 Finanzgerichtsordnung (FGO) nachprüfbares Verwaltungsermessen ordnungsgemäß ausgeübt.
Dieser Inanspruchnahme als Haftungsschuldner steht keine Primärschuld des Klägers entgegen. Gemäß §§ 10 Abs. 3 Satz 1, 35 a Abs. 1 Satz 2 Zollgesetz (ZG) i.V.m. § 21 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) ist Einfuhrabgabenschuldner der Zollbeteiligte. Zollbeteiligter ist der Antragsteller. Vorliegend konnte das Gericht nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen, daß der Kläger Antragsteller war. Der Kläger selbst bestreitet dies. In seiner Aussage vor dem erkennenden Senat stellt er in Abrede, insoweit ein Telefonat mit dem Speditionsangestellten HZ mit dem Inhalt geführt zu haben, daß er selbst Einführer sei. Der Zeuge HZ konnte zwar bestätigen, daß er mit einem Herrn X ein Telefonat geführt habe (Aussage vor dem Senat i.V.m. seiner in Bezug genommenen Vernehmung vor dem Zollfahndungsamt Freiburg am 12.3.1992). Ob er jedoch mit dem Kläger sprach oder mit dessen Vater, dem Zeugen P X, konnte nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, da auch der Zeuge P X ein entsprechendes Telefonat ausdrücklich in Abrede stellte. Der Senat geht zwar davon aus, daß entweder der Kläger oder sein Vater ein entsprechendes Telefongespräch führte (der später schriftsätzlich genannte Großvater des Klägers dürfte nach Auffassung des Senats nicht in Frage kommen); der Senat vermag insoweit allerdings nicht festzustellen, welche der beiden Aussagen unzutreffend ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß die Pferde offensichtlich nicht für eine natürliche Person, sondern für eine GmbH eingeführt werden sollten. So wird die „Reitsportzentrum F GmbH” sowohl im Zollantrag für die Einfuhr des Pferdes P am 16.9.1988 als auch im Antrag für die Einfuhr des Pferdes N am 30.11.1988 als Empfänger bezeichnet. Der Zusatz „K.P. X” (1. Einfuhrvorgang) bzw. „Herrn X” (2. Einfuhrvorgang) ist nach Auffassung des Senats nicht dahingehend zu verstehen, daß eine natürliche Person namens X Antragsteller sein sollte. Dies ergibt sich auch aus der Aussage des Zeugen HZ, wonach eine GmbH als Einführer benannt worden sei und er (HZ) davon ausgegangen sei, daß ein Herr X Vertreter der GmbH sei. Der Vater des Klägers, P X, hat im Rahmen des außergerichtlichen Verfahrens gegenüber dem Hauptzollamt Frankfurt schriftlich (Schreiben ohne Datum, am 24.6.1994 beim Hauptzollamt eingegangen) angegeben, daß die Pferde im Namen des Reitsportzentrums F GmbH auf Wunsch von Frau Y eingeführt worden seien und die Reitsportgemeinschaft F sich auf Wunsch von Frau Y dazu bereit erklärt habe, daß die Adresse der Reitsportgemeinschaft für die Zollabfertigung angegeben werden könne. Ein Zollantrag sei jedoch von der Reitsportgemeinschaft nicht gestellt worden.
Bei einer Gesamtwürdigung dieser Umstände hebt der erkennende Senat entscheidend darauf ab, daß sich die Angaben zur (EUSt-)Vorsteuer-abzugsberechtigung auf die Reitsportzentrum F GmbH bezogen. Dadurch wurde diese deshalb zugleich als Zollbeteiligte (Zollschuldnerin) ausgewiesen, weil die Eingangsabfertigung zum freien Verkehr hinsichtlich Zoll und EUSt derart zusammengefaßt erfolgt, daß in einem einheitlichen Verfahren nur eine einzige Person berechtigt und verpflichtet wird. Kann die Spedition Ü aber keine einschlägige Vertretungsmacht nachweisen, so gilt nach § 10 Abs. 3 Satz 2 ZG, § 21 Abs. 2 UStG stattdessen sie, keinesfalls aber der Kläger als Zoll- und EUSt-Schuldner (vgl. dazu die BFH-Urteile vom 19.1.1988 VII R 61-62/85, Zeitschrift für Zoll und Verbrauchsteuern - ZfZ - 1988, 237, und vom 17.2.1988 VII R 91/85, ZfZ 1988, 238, 239).
Nach dem Gesamtergebnis dieses Klageverfahrens steht zur Überzeugung des erkennenden Senats fest, daß sich der Kläger an beiden aktiven Steuerhinterziehungen (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) in mittelbarer Täterschaft, in Mittäterschaft oder zumindest in der ebenfalls nicht nur steuerstrafrechtlich (Kohlmann, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 AO Rdnr. 339), sondern auch steuerhaftungsrechtlich (Tipke/Kruse, AO, 16. Aufl., § 71 Tz. 9) wahlfeststellungsfähigen Teilnahmeform der vorsätzlichen Beihilfe nach § 71 AO haftungsbegründend beteiligt hat; bei dem Jedermann-Delikt einer aktiven Steuerhinterziehung macht sich schon als Mittäter oder Gehilfe strafbar, wer trotz einer Verpflichtung zur Verhinderung des für möglich gehaltenen Erfolgs die Tatausführung durch Dritte billigend duldet.
Diese Voraussetzungen sind beim Kläger aus folgenden Gründen erfüllt.
Entgegen der Aussage und Darstellung des Klägers geht der Senat davon aus, daß der Kläger bei der Einfuhr der streitgegenständlichen Pferde zumindest mit dem Beigeladenen Ä eine mitbeherrschende Rolle spielte. Dafür spricht schon die Tatsache, daß die Pferde nicht nur im Interesse der Geldgeberin, der Beigeladenen Y, sondern auch im Interesse des Klägers gekauft wurden. Die Abwicklung beider Einfuhren hat der Kläger, sicherlich bedingt durch seine Interessen an dem Kauf dieser Pferde und als Beauftragter der inlandsabwesenden Beigeladenen Y, in Zusammenarbeit mit dem Beigeladenen Ä auch in tatsächlicher Hinsicht selbst oder durch Einschaltung Dritter bewerkstelligt. Mit anderen Worten: Zumindest der Kläger, der Beigeladene Ä und die Eheleute Z waren nach Auffassung des Senats nicht nur über die Modalitäten der Einfuhr informiert, sondern gestalteten diese bewußt in ihrem Sinne. Den Senat vermag die Darstellung des Klägers, er habe bei den Einfuhren lediglich eine untergeordnete Rolle gespielt, nicht zu überzeugen. So hat die Beigeladene Y ausgesagt, sie sei davon ausgegangen, der Kläger erledige alles, was mit der Abwicklung der Pferdekäufe zusammenhänge. Der Kläger - und nicht der Beigeladene Ä - sei insoweit ihr Ansprechpartner gewesen. Der Senat hält diese Aussage aufgrund der damaligen Gesamtumstände, nämlich der Freundschaft zwischen dem Kläger und der Beigeladenen Y, deren damaliger Unerfahrenheit im Bereich des Reitsports und des Pferdekaufs und dem Zurverfügungstellen großer Geldsummen an den Kläger für den Pferdekauf, für glaubhaft. Daß sich der Kläger auch persönlich um die Auswahl der Pferde kümmerte, ergibt sich nicht nur aus seiner eigenen Aussage, sondern auch aus den Aussagen der Beigeladenen Ä und Y sowie den Aussagen der Zeugen Z, Ch und Tittelbach. Nach diesen Aussagen steht für den Senat fest, daß der Kläger nicht nur bei der Auswahl der Pferde, sondern auch bei der Abwicklung der Einfuhr maßgeblich beteiligt war.
Für die einzelnen Einfuhrvorgänge ergibt sich dies aus folgenden Erwägungen:
Einfuhr des Pferdes P:
Der Kläger hat ausgesagt, daß er dieses Pferd zusammen mit den Beigeladenen Ä und Y im Gestüt Z ausgesucht habe. Daß er über den Kaufpreis informiert war, ergibt sich nicht nur aus seiner eigenen Aussage, sondern auch aus der Aussage der Beigeladenen Y. Das Gericht hält die Einlassung des Klägers, er sei über die weiteren Einfuhrmodalitäten nicht weiter informiert gewesen, für nicht überzeugend. Hiergegen sprechen nicht nur die Aussagen der Beigeladenen Y, wonach sie (Y) davon ausgegangen sei, daß der Kläger alles erledige, was zur Abwicklung der Pferdekäufe gehöre, sondern auch die Aussage des Beigeladenen Ä, wonach alles weitere (nämlich die Abwicklung der Einfuhren) der Kläger und Herr Z erledigen sollten. Auch die Aussage des in der Schweiz rogatorisch einvernommenen Zeugen Gerhard Z bestätigt, daß der Kläger selbst die Verhandlungen maßgeblich führte. Diese Aussage wird bestätigt durch die Aussage der ebenfalls in der Schweiz rogatorisch einvernommenen Ehefrau Hedwig Z. Auch nach deren Aussage bestand der Kläger auf der Ausstellung der (unterfakturierten) Rechnung. Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Aussage der Zeugin Z später dahingehend relativiert wurde, daß auch der Beigeladene Ä den Auftrag zur Ausstellung der Rechnung gegeben haben könnte und daß die Aussage des Zeugen Gerhard Z wegen dessen möglichen Eigeninteresse an der Aufrechterhaltung der Einfuhrpraxis ebenfalls mit der gebotenen Vorsicht zu würdigen ist, ergibt sich aus der Gesamtschau und Würdigung der genannten Aussagen, daß der Kläger maßgeblich an den Einfuhrmodalitäten mitwirkte. Das Gericht verkennt nicht und folgt soweit der Auffassung des Klägers, daß offenbar unter Beteiligung des Gestütes Z bereits seit vielen Jahren Pferdetransporte nach Deutschland erfolgten, ohne daß der tatsächliche Wert der Pferde entsprechend deklariert wurde. Dies wird mehr oder weniger deutlich auch vom Zeugen HZ, der mit den Gepflogenheiten beim Pferdeimport vertraut war, bestätigt. Die Tatsache, daß der Kläger wohl in eine seit vielen Jahren geübte Praxis der Pferdeimporte „hineingeriet” und sich daran beteiligte, kann ihn jedoch nicht entlasten.
Bei den Aussagen der Beigeladenen Y und Ä verkennt das Gericht ebenfalls nicht deren Eigeninteresse am Ausgang des Verfahrens. Angesichts des damaligen besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beigeladenen Y und der hieraus resultierenden hervorgehobenen Stellung des Klägers ist das Gericht jedoch davon überzeugt, daß der Kläger über die Einfuhrmodalitäten des Pferdes P nicht nur genauestens informiert war, sondern diese auch wissentlich und willentlich unterstützte. Diese Überzeugung gründet sich nicht nur auf die dargestellten damaligen Gesamtumstände, sondern auch auf die Aussage des Klägers selbst in seiner Vernehmung vor den Zollfahndungsämtern Düsseldorf am 7.3.1991 und Frankfurt am 11.2.1992. In der zweitgenannten Vernehmung hat der Kläger eindeutig ausgesagt, daß er vor Abholung des Pferdes P über die Ausstellung einer unterfakturierten Rechnung informiert gewesen sei, ohne dies jedoch veranlaßt zu haben. Im gerichtlichen Verfahren hat der Kläger diese Aussage zwar relativiert und darauf hingewiesen, daß die seinerzeitige Aussage unter dem Gesamteindruck der damaligen Geschehnisse zustande gekommen sei. Es sei nicht richtig, daß er bereits bei Einfuhr des Pferdes P über die Einfuhrmodalitäten informiert gewesen sei. Das Gericht hält die gerichtliche Aussage insoweit für eine Schutzbehauptung. Zutreffend erscheint dem Gericht vielmehr die außergerichtliche Aussage des Klägers. Diese Aussage liegt zum einen nicht nur zeitlich deutlich näher am Geschehen, so daß die Erinnerung des Klägers an das Geschehen insoweit besser gewesen sein dürfte als zum Zeitpunkt der gerichtlichen Verhandlung. Zum anderen sprechen gerade die vom Kläger angeführten Gesamtumstände für die Richtigkeit der außergerichtlichen Aussage; denn die damalige Aussage erfolgte ohne den Druck des nunmehr vorliegenden Haftungsbescheides. Ebenfalls ist nicht ersichtlich, warum sich der Kläger - nach erfolgter Belehrung über sein Aussageverweigerungsrecht - insoweit ohne ersichtlichen Grund hätte selbst belasten sollen. Das Gericht geht daher davon aus, daß die damalige Aussage des Klägers zutreffend war. Bestätigt wird dies durch die Aussage des Zeugen Ch, dessen Aussage ohne Eigeninteresse am Ausgang des Verfahrens erfolgte. Nach dessen Aussage hatten ihm entweder der Kläger, der Beigeladene Ä oder beide gemeinsam den Auftrag zur Abholung des Pferdes P (und eines weiteren Pferdes) erteilt und entsprechende Geldbeträge mitgegeben. Außergerichtlich (Aussage vom 19.5.1992 beim Zollfahndungsamt H) und zeitlich deutlich näher am Geschehen hat der Zeuge ausgesagt, daß bei seiner Abfahrt sowohl der Kläger als auch der Beigeladene Ä anwesend gewesen seien. Die Aussage dieses Zeugen deckt sich mit der außergerichtlichen Aussage des Klägers, wonach er (der Kläger) selbst dem Zeugen Ch das Geld mitgegeben habe. Dabei soll dem Zeugen Ch, wie dieser außergerichtlich und gerichtlich bekundet hat, (wohl wegen der grundsätzlich dem Käufer obliegenden Zollwertanmeldung) auch der an der Grenze anzugebende und angegebene Kaufpreis benannt worden sein. Hinsichtlich der widersprüchlichen Aussagen des Klägers einerseits und des Beigeladenen Ä andererseits zur genauen Auftragerteilung und Geldübergabe an den Zeugen Ch vor dessen Abfahrt zur Schweizer Grenze, braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden, welcher Aussage er zu folgen vermag; denn hinsichtlich der Aussage des Zeugen Ch, der außergerichtlichen Aussage des Klägers und der oben dargestellten Gesamtumstände ist der Senat davon überzeugt, daß sowohl der Kläger als auch - zumindest noch - der Beigeladene Ä nicht nur über die Abwicklung der Einfuhr informiert waren, sondern diese in der dann abgewickelten Art und Weise auch wollten. Wer nun konkret bei der Abfahrt des Zeugen Ch anwesend war, ist daher unbeachtlich.
Angesichts dieser Umstände kann es der Senat auch offenlassen, ob der Zeuge HZ mit dem Kläger oder dessen Vater wegen der Einfuhr des Pferdes P telefonierte. Da sowohl der Kläger als auch dessen Vater, der Zeuge P X, dies unter Eid bestritten haben und der Senat insoweit zwar davon ausgeht, daßeiner der Beiden mit dem Zeugen HZ telefonierte (der vom Kläger erst später eingeführte Großvater X kommt nach Auffassung des Gerichtes nicht ernsthaft hierfür in Betracht), jedoch nicht entschieden werden kann, wertelefonierte, muß diese Frage - auch im Hinblick auf einen möglichen Meineid des Klägers oder des Zeugen P X - unentschieden bleiben. Daß der Kläger nicht selbst Einführer der Pferde und damit Zollschuldner war, wurde bereits oben dargestellt.
Zusammenfassend ist das Gericht davon überzeugt, daß der Kläger aufgrund seiner damaligen herausgehobenen Stellung und seines wirtschaftlichen Eigeninteresses - der Kläger gerierte sich immerhin nach der Einfuhr der Pferde als Miteigentümer - nicht nur über die Einfuhrmodalitäten (quasi als außenstehender Unbeteiligter) informiert war, sondern ganz bewußt die Art und Weise der Einfuhr unterstützte und mitgestaltete.
Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, daß nicht er die Gespräche über die Einfuhrmodalitäten mit den Eheleuten Z führte, sondern lediglich anwesend war, und insoweit „federführend” entweder der Beigeladene Ä oder die Beigeladene Y verhandelten, kann dies den Kläger nicht entlasten. Entgegen seiner eigenen Rechtsauffassung war der Kläger aus den dargestellten Umständen eben nicht eine außenstehende Person, die das Gesamtgeschehen nichts anging, sondern zumindest als dieses pflichtwidrig duldender Gehilfe daran beteiligt.
Als Konditormeister und Betriebswirt des Handwerks mußte der Kläger bereits über grundlegende Kenntnisse des Steuerrechts, insbesondere im Bereich der Umsatzsteuer und der Einfuhrumsatzsteuer, verfügen. Außerdem ist die Angabe eines zu niedrigen Kaufpreises zur Steuerersparnis nicht nur eine typische Erscheinungsform der Hinterziehung von Einfuhrabgaben, sondern auch beim allgemein bekannten Grunderwerb gang und gäbe. Bei genauer Kenntnis des tatsächlichen Transaktionswertes kommt es auch auf eine genaue Kenntnis der tatsächlichen Einfuhrabgabensätze nicht an (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 26.2.1991 VII R 3/90, BFH/NV 1991, 504, 506).
Selbst ein bei der bewußten Inkaufnahme einer unmittelbar bevorstehenden Falschdeklaration vermeidbarer Irrtum des Klägers über dessen Erfolgsabwendungspflicht würde den Vorsatz nicht ausschließen. Schon eine pflichtgemäße Nachfrage bei der Beigeladenen Y hätte den vorliegenden Taterfolg zumindest erschwert (vgl. dazu das Urteil des Reichsgerichts vom 12.4.1937 3 D 970/36, Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen 71, 176, 178).
Einfuhr des Pferdes N:
Bei der Einfuhr dieses Pferdes liegt die gleiche Interessenkonstellation vor wie bei der Einfuhr des Pferdes P. Interesse an der Einfuhr dieses Pferdes mit unterfakturierter Begleitrechnung hatten somit der Kläger, die beiden Beigeladenen sowie die Eheleute Z.
Der Kläger mußte befürchten, das Pferd nicht zu erhalten, wenn die Beigeladene Y aufgrund der hohen Einfuhrabgaben Abstand vom Kauf nahm. Das Interesse der Beigeladenen Y als der letztendlich den Kaufpreis aufbringenden Person lag naturgemäß darin, möglichst wenig Geld aufwenden zu müssen.
Fest steht, daß die Beigeladene Y schon laut ihrer Absichtserklärung zum Kauf des Reitsportzentrums F vom 7.11.1988 Kostenbelastungen zu minimieren bestrebt war. Bei ihrer Beteiligtenvernehmung in der Sitzung vom 24.8.1999 vermochte sie nicht zu sagen, ob sie in Kenntnis der verkürzten Einfuhrabgabendifferenz den notwendigen Mehrbetrag ohne weiteres zu zahlen bereit gewesen wäre. Zweifel daran ergeben sich auch aus dem zivilrechtlichen Vergleich vom 14.5.1993, mit dem wohl aufgrund des Vorwurfs, u.a. für den Kläger keine Lohnsteuer und keine Sozialleistungen abgeführt zu haben, dessen Anstellungsvertrag vom 14.2.1989 in ein freies Mitarbeiterverhältnis „umgedeutet” wurde. In die gleiche Richtung weist schon dieser Auszug aus ihrem F-Besprechungsprotokoll vom 1.4.1989: „Ab 3.4.1989 übernimmt Rainer Ä das Reitsportzentrum F als Betriebsleiter. ... Herr Ä erhält ein Monatsgehalt von 2.500,-- DM netto. Wir bezahlen seine Sozialabgaben und seine Versicherung, und mit dem Geld, welches er netto von uns ausgezahlt bekäme, bezahlen wir den Bereiter, der ein Monatsgehalt von nicht mehr als 2.200,-- DM brutto erhalten soll (zuzüglich einer Wohnung im F). Ansonsten verdient R.P. am Beritt und am Ponyunterricht und an der Springstunde dienstag- und donnerstagabends.”
Auch der Beigeladene Ä hatte ein eigenes Interesse am Zustandekommen des Geschäfts, da er sich hiervon eine Provision versprach, die er dann auch tatsächlich erhielt.
Ferner hatten die Eheleute Z ein Interesse an der Verschleierung des wahren Kaufpreises, um - wie auch der Senat vermutet - eine jahrelange Praxis der Zollabwicklung mit unterfakturierten Rechnungen nicht zu gefährden, in dem mit einer „aus dem Rahmen fallenden Rechnung” die Aufmerksamkeit der Zollbeamten erregt wird.
Bei diesem Interessengeflecht hält es der Senat für völlig unwahrscheinlich, daß der Kläger bei seinem dargestellten evidenten Eigeninteresse am Kauf des Pferdes N nicht über die Einfuhrmodalitäten informiert gewesen sein will. Im Gegenteil: Der Senat ist auch hier davon überzeugt, daß der Kläger über die Einfuhrmodalitäten des Pferdes N nicht nur informiert war - so die Einlassung des Klägers -, sondern daß er ganz bewußt offensichtlich in Zusammenarbeit mit dem Beigeladenen Ä den Einfuhrvorgang steuerte. Wie sich aus den Aussagen des Klägers und des Beigeladenen Ä ergibt, waren beide nicht nur über die Höhe des Kaufpreises für das Pferd N informiert; der Kläger selbst hat den Kaufpreis in die Schweiz überwiesen. Daß der vom Kläger an den Beigeladenen Ä mitgegebene Betrag - seien es ca. 3.000,-- DM nach der Aussage des Klägers oder lediglich 700,-- DM bis 800,-- DM nach der Aussage des Beigeladenen Ä - zur Abwicklung der Zollformalitäten bei weitem nicht ausreichend war, war dem Kläger bewußt. Dies ergibt sich aus dessen außergerichtlichen Aussage in seiner Vernehmung vor dem Zollfahndungsamt Frankfurt am 11.2.1992, in welcher sich der Kläger dahingehend einließ, daß er aus der Höhe des Betrages (etwa 3.000,-- DM) auch in diesem Fall (Einfuhr des Pferdes N) geschlossen habe, daß von Z eine Rechnung ausgestellt worden war, die nicht den tatsächlich gezahlten Kaufpreis in Höhe von 1 Mio. Schweizer Franken ausweisen konnte. Der Kläger war somit über die Modalitäten der Zollabwicklung informiert. Der Senat hält diese außergerichtliche Aussage aus den bereits zur Einfuhr des Pferdes P gemachten Gründen für zutreffend. Soweit der Kläger im gerichtlichen Verfahren seine Beteiligung als weniger gewichtig, sozusagen als eine lediglich am Rande des Geschehens beteiligte Person, darzustellen versucht, vermag der Senat dem auch aus den zum ersten Einfuhrvorgang genannten Gründen nicht zu folgen. Zwar geht auch der Senat davon aus, daß zumindest noch der Beigeladene Ä eine maßgebliche Rolle bei der Abwicklung der Einfuhrvorgänge spielte, was nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck kommt, daß der Beigeladene Ä und nicht der Kläger oder die Beigeladene Y an die Entrichtung des noch ausstehenden Kaufpreises für N erinnert wurde. Dies kann den Kläger jedoch nicht entlasten, sondern ist allenfalls für die Frage relevant, ob Allein- oder Mittäterschaft bzw. Teilnahme an einer fremden Tat vorliegt. Aufgrund des bereits oben dargestellten eigenen Tatinteresses des Klägers hält der Senat eine (Mit-)Täterschaft des Klägers für naheliegend, zumindest jedoch eine vorsätzliche Beihilfe zur aktiven Steuerhinterziehung für gegeben.
Dadurch, daß der Kläger somit in beiden Einfuhrfällen die haftungsbegründenden Voraussetzungen des § 71 AO erfüllt hat, ist auch das sog. Entschließungsermessen für seine Inanspruchnahme nach § 191 Abs. 1 Satz 1 Alt. AO vorgeprägt. Der Bundesfinanzhof geht in ständiger Rechtsprechung (Urteil vom 26.2.1991 VII R 3/90, BFH/NV 1991, 504 m.w.N.) davon aus, daß bei einer vorsätzlichen Pflichtverletzung wie Steuerhinterziehung, und zwar auch in der Teilnahmeform der Beihilfe, die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners aufgrund dieses hohen Verschuldensgrades regelmäßig gerechtfertigt sei.
Entgegen der Rechtsansicht des Klägers ist auch die Ausübung des sogenannten Auswahlermessens im Rahmen der eingeschränkten Überprüfung durch das Gericht gemäß § 102 FGO nicht zu beanstanden. Zunächst liegt kein Ermessensfehler in Form einer Ermessensunterschreitung vor, da das Hauptzollamt auch im Rahmen der Auswahl des Haftungsschuldners Ermessenserwägungen angestellt hat. Aus der Einspruchsentscheidung als letzte maßgebliche Verwaltungsentscheidung ergeben sich die Gründe, warum der Kläger und nicht (auch) die Beigeladenen Ä und Y oder die Eheleute Z in Anspruch genommen wurden. Die Tatsache, daß sich das Hauptzollamt bei der Nichtinanspruchnahme der beiden Beigeladenen an dem Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft orientierte und eine Tatbeteiligung dieser Personen an einer Steuerhinterziehung verneinte, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Angesichts der Komplexität des Sachverhaltes und der Tatsache, daß sich die Einzelheiten der Einfuhrvorgänge nicht mehr bis ins Detail aufklären lassen, ist nicht zu bemängeln, daß sich das Hauptzollamt dem Ermittlungsergebnis der für die Strafverfolgung zuständigen Fachbehörde im Rahmen der Ausübung des Auswahlermessens anschloß. Eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung kann hierin nicht gesehen werden. Unerheblich ist daher, daß möglicherweise auch eine Ausübung des Auswahlermessens mit einem anderen Ergebnis vertretbar gewesen wäre. Das Gericht ist jedoch gemäß § 102 FGO nicht befugt, seine eigene Ermessensentscheidung an die Stelle der Verwaltungsentscheidung zu setzen.
Daß das Hauptzollamt im Rahmen des Auswahlermessens davon absah, (auch) die Eheleute Z als Haftungsschuldner heranzuziehen, ist ebenfalls nicht ermessensfehlerhaft. Der erkennende Senat vermag keinen Fehler des Auswahlermessens darin zu erblicken, wenn die Behörde angesichts der leichteren Vollstreckbarkeit einen inländischen Haftungsschuldner statt eines (möglichen) ausländischen Haftungsschuldners in Anspruch nimmt. Die gleichen Erwägungen gelten für die Nichtinanspruchnahme des möglichen ausländischen Steuerschuldners Ü AG.
Gemäß § 191 Abs. 3 Satz 2 AO, wonach diese durch keine gemeinschaftsrechtliche Vorschrift überlagerte Festsetzungsfrist in den Haftungsfällen des § 71 AO zehn Jahre beträgt, ist auch noch keine Verjährung eingetreten. Aufgrund der Verweisung in Art. 3 Unterabs. 2 der sog. Nacherhebungsverordnung verjährte aber selbst der jeweilige Primäranspruch erst zehn Jahre nach Ablauf des Entstehungsjahres (§§ 169 Abs. 2 Satz 2, 170 Abs. 1 AO).
Die Haftung nach § 71 AO setzt auch nicht die (nachhaltige) Festsetzung der Primärschuld voraus. Sie ist weder subsidiär noch im vorliegenden Ausnahmefall des § 191 Abs. 5 Satz 2 AO akzessorisch (Urteil des BFH vom 5.6.1985 VII R 57/82, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1985, 688, 689; Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.9.1997 - BVerwG 8 B 143.97, BStBl II 1997, 782, 783). Nach Ansicht des erkennenden Senats gilt diese Durchbrechung der Haftungsbeschränkung des § 191 Abs. 5 Satz 1 AO auch für die von ihm offen gelassene Alternative, daß dem Kläger „nur” Beihilfe zur aktiven Steuerhinterziehung vorzuwerfen wäre. Entgegen einer „h.M.” (Beermann/Ehlers, Steuerliches Verfahrensrecht, 20. Aktualisierung, § 191 AO Rz. 65; Halaczinsky in Koch/Ch, AO, 5. Aufl. § 191 Rz. 23; Klein/Rüsken, AO, 6. Aufl., § 191 Anm. 9) darf nicht allein aus dem Wortlaut des § 191 Abs. 5 Satz 2 AO, wonach „der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung ... begangen” haben muß, auf die Notwendigkeit der täterschaftlichenBeteiligung an einer solchen Straftat geschlossen werden. Der BFH (Urteil vom 12.4.1983 VII R 3/80, ZfZ 1983, 238) hatte bereits bei der Vorgängervorschrift des § 71 AO (§ 112 AO a.F.), die wie § 70 Abs. 2 Satz 2 AO und § 191 Abs. 5 Satz 2 AO nur an die „Begehung” einer Steuerhinterziehung anknüpfte, auch die Beihilfe zu einer „Steuerhinter-ziehung” unter diesen Begriff subsumiert. Der Gegenschluß ist auch nicht deshalb berechtigt, weil lediglich § 70 Abs. 1, § 71 und („in den Fällen des § 71”) § 191 Abs. 3 Satz 2 AO Täterschaft und Teilnahme ausdrücklichgleichstellen. Vielmehr sprechen insbesondere der Kontext von § 70 Abs. 2 Satz 2 AO (ohne zusätzliche Erwähnung der Teilnahme) und § 70 Abs. 1 AO, aber auch der Gesetzeszusammenhang zwischen § 191 Abs. 5 Satz 2 AO und § 191 Abs. 3 Satz 2 AO dafür, daß der Gesetzgeber die durchgängige”haftungsrechtliche Gleichstellung” (BFH-Beschluß vom 27.5.1986 VII S 5/86, BFH/NV 1987, 10, 11) in späteren Absätzen derselben Paragraphen vorausgesetzt hat. Jedenfalls zwingt die teleologische Auslegung des § 191 Abs. 5 Satz 2 AO zu der Annahme, daß auch für diese Durchbrechung der Haftungsbeschränkung lediglich die weniger verwerfliche Begehung einer leichtfertigen Steuerverkürzungnicht ausreichen soll (ebenso wohl Tipke/Kruse, a.a.O., § 191 Tz. 4).
Eine Verwirkung dieser Inanspruchnahme des Klägers nach Treu und Glauben kommt ebenfalls nicht in Betracht, da das Hauptzollamt dem Kläger keine Veranlassung gegeben hat, darauf zu vertrauen, er werde nicht mehr in Anspruch genommen. Allein ein längerer Zeitablauf bis zum Erlaß des Haftungsbescheides ist hierfür nicht ausreichend, zumal vorliegend komplexe Sachverhaltsermittlungen getätigt werden mußten.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen. Die Auferlegung der außergerichtlichen Kosten der beiden Beigeladenen ergibt sich aus § 139 Abs. 4 FGO. Es entspricht vorliegend der Billigkeit, auch diese Kosten dem Kläger aufzuerlegen, da das persönliche Erscheinen der Beigeladenen angeordnet war und diese durch ihre Vernehmungen als Beteiligte das Verfahren wesentlich gefördert haben (Gräber/Ruban, FGO, 4. Auflage, § 139 Tz. 34).
Die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO beruht auf der grundsätzlichen Bedeutung der allgemein klärungsbedürftigen Rechtsfrage, ob § 191 Abs. 5 Satz 2 AO auch die - hier zumindest vorliegende - Beihilfe zu Steuerhinterziehung umfaßt.