08.01.2010
Finanzgericht Bremen: Urteil vom 06.06.2000 – 299006K 2
1. Die Wiederausfuhr nach Art. 182 ZK ist u.a. nach einem Zollagerverfahren möglich.
2. Das Verbringen von in einem Zollager gelagerter, unter zollamtlicher Aufsicht befindlicher Ware in eine Freizone oder die Wiederausfuhr setzen eine zollrechtliche „Bestimmung” der Verfahrensart, die der Verfügungsberechtigte für die betreffende Ware wählt, durch den Verfügungsberechtigten voraus.
3. Da der Rat von der Ermächtigung in Art.184 ZK noch keinen Gebrauch gemacht hat, gilt die VO (EWG) Nr. 918/83, die durch ihre Aufnahme in Art. 252 ZK Bestandteil des ZK geworden ist, weiter.
4. Im Streitjahr 1994 war § 27 ZollV neben den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften als einzelstaatliche Regelung geltendes Recht hinsichtlich der Zollfreiheit von für den Bordbedarf an Schiffen bestimmter Ware; danach durfte Schiffsbedarf nur an Schiffsführer bezugsberechtigter Schiffe abgegeben und nur von diesen Personen bezogen werden. Die Möglichkeit der Vertretung des Schiffsführers wurde erst später geschaffen (BGBl I 1998, 1276).
5. Die Voraussetzungen von § 27 ZollV sind nicht erfüllt, wenn der Schiffsführer den Schiffsbedarf nicht persönlich bestellt und dessen Lieferung im Zeitpunkt der Lieferung nicht persönlich bestätigt hat. Eine nachweislich erst nachträglich geleistete Unterschrift des Kapitäns auf den vorgeschriebenen „Lieferzetteln” ändert daran nichts.
6. Für das Absehen von einer nachträglichen buchmäßigen Erfassung eines gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrags nach Art. 220 Abs. 2 Buchst.b ZK ist ein „aktiver” Irrtum der Zollstelle erforderlich; der Irrtum muss also auf einem eigenen Handeln der Zollstelle beruhen.
Im Namen des Volkes hat das Finanzgericht Bremen, 2. Senat, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 2000 durch den Richter ... die Richterin ..., und den Richter ... sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ... für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit den Zollanmeldungen
1 | vom | 1. | Dezember 1994 |
2 | vom | 5. | Dezember 1994 |
3 | vom | 9. | Dezember 1994 |
4 | vom | 13. | Dezember 1994 |
5 | vom | 14. | Dezember 1994 |
6 | vom | 15. | Dezember 1994 |
7 | vom | 16. | Dezember 1994 |
8 | vom | 19. | Dezember 1994 |
meldete die Klägerin jeweils mit dem Vordruck 0733 Einheitspapier (Versendung/Ausfuhr) (1993) Schiffsbedarf aus dem ihr am 15. Dezember 1992 bewilligten privaten Zolllager zur Ausfuhr mit dem Schiff „MS X” beim beklagten HZA an. Sämtliche Vordrucke enthalten im Feld „B Angaben für Verbuchungszwecke” den Aufdruck „Lagerabmeldung Ausfuhrzollanmeldung Art. 54 Abs. 2/Zolllager DVO”. Im Feld „D Prüfung durch die Abgangszollstelle” enthalten die Vordrucke einen Abfertigungsstempel des beklagten HZA und einen weiteren Stempel „In die Freizone verbracht Hauptzollamt Y Zollamt Z”. Außerdem enthalten die dem HZA von der Klägerin zur Verfügung gestellten Drittschriften „Exemplar für den Versender/Ausführer” betr. die Zollanmeldungen 1, 2, 4 und 6 jeweils einen Stempel mit dem Namen des belieferten Schiffes und dem Namen der Reederei und eine oder zwei offensichtlich auf den Stempel bezogene Unterschrift(en) oder Unterschriftsparaphe(n). Der gleiche Stempelabdruck und die gleiche Unterschrift wie auf den jeweiligen vorstehend aufgeführten Zollanmeldungen finden sich auf dem Vordruck „Lieferzettel für Schiffsbedarf gemäß § 135 Abs. 5, § 145 Abs. 3 AZO” und zusätzlich auf den Lieferzetteln betr. die Zollanmeldungen 3, 5, 7 und 8 wobei der Stempel und die Unterschrift sich in dem Feld „Empfangsbestätigung und Erklärung des Bezugsberechtigten” befinden, in dem der Unterzeichner bestätigt, die vorstehend aufgeführten Waren als Mund- und Schiffsvorrat an Bord erhalten zu haben. Unter der Unterschriftszeile der Empfangsbestätigung heißt es zur Erläuterung: „Unterschrift des Schiffseigners, Schiffsführers oder des von ihnen beauftragten Vertreters”. Abweichend hiervon befindet sich der Stempel des Schiffes auf zwei Lieferzetteln (betr. die Zollanmeldungen 6 und 7) im Unterschriftenfeld des für die Lieferung verantwortlichen „Sachbearbeiters”: dort hatte der Geschäftsführer der Klägerin schon seine Unterschrift geleistet, bevor der Stempel beigedrückt wurde. In den Lieferzetteln wird jeweils auf die Zollanmeldungen verwiesen; außerdem waren den Zollanmeldungen und den Lieferzetteln jeweils ein oder mehrere Lieferschein(e) beigefügt, in dem (denen) die gelieferten Waren angegeben waren. Insgesamt wurden 227.700 Stück unversteuerte Zigaretten verschiedener Marken und 724 Liter unversteuerte Spirituosen verschiedener Marken von der Klägerin zum Schiff geliefert (vgl. die im angefochtenen Steuerbescheid enthaltene Auflistung der gelieferten Zigaretten und Spirituosen). Vom 1. bis 19. Dezember 1994 lag das Schiff, das unter russischer Flagge fuhr, im Dock der Werft in der Freizone. Auf den Lieferzetteln ist als Fahrtziel „Kreuzfahrt” angegeben. Tatsächlich verließ das Schiff Bremerhaven am 20. Dezember 1994 für eine fünfmonatige Weltreise.
In einem in den Behördenakten befindlichen Vermerk des Zollkommissariats Land des beklagten HZA heißt es, daß während des Dockaufenthalts des Schiffes mehrere Personen mit unversteuerten Waren aufgegriffen worden seien. Dies habe man zum Anlaß genommen, am 19. Dezember 1994 eine Bestandsprüfung des Schiffsbedarfs an Bord durchzuführen. Der für die Verwaltung des Schiffsbedarfs zuständige Proviantmeister habe den Zollbeamten erklärt, daß er von der Klägerin keinerlei Lieferung erhalten habe; er beziehe ausschließlich Schiffsbedarf für den Hotelbetrieb an Bord, und zwar von einem Lieferanten aus Hamburg. Er wisse aber, daß die Klägerin Lieferungen für die Besatzung getätigt habe. Zuständig hierfür seien der Kapitän bzw. der Oberzahlmeister des Schiffes. Der Oberzahlmeister habe nach Rücksprache mit dem Kapitän angegeben, daß weder er noch der Kapitän von Aufträgen an die Klägerin wisse. Nur er – der Oberzahlmeister – sei vom Kapitän beauftragt, Schiffsbedarf zu beziehen. Am selben Tag nannte der Geschäftsführer der Klägerin auf Befragen der Beamten vier Schiffsangehörige, die ihm als bestellende Besatzungsmitglieder von Schiffsbedarf bekannt sein.
In einem weiteren Vermerk, der vom Zeugen B unterzeichnet ist, heißt es, daß einen Tag später – am 20. Dezember 1994 – Beamte der Zollfahndung und des Zollkommissariats den namentlich genannten Chief Purser aufgesucht hätten, dem sämtliche Lieferscheine vorgelegt worden seien. Dieser habe erklärt, daß er erst am 11. Dezember 1994 angeheuert worden sei. Zu den ihm vorgelegten fünf Lieferscheinen, die nach diesem Datum ausgestellt worden sind, habe er angegeben, daß dieser Schiffsbedarf weder von ihm noch einer anderen bezugsberechtigten Person bestellt worden sei. Nur er in seiner Eigenschaft als Chief Purser, der Master und der Staff Capt. seien für die Bestellung und den Empfang von Schiffsbedarf autorisiert. Außerdem könnten die unmittelbar unterstellten Assistenten mit dieser Aufgabe betraut werden. Keine dieser Personen habe Schiffsbedarf bei der Klägerin bestellt bzw. in Empfang genommen. Der Chief Purser habe erläutert, daß von den bezugsberechtigten Personen jeder für sich über einen Schiffsstempel mit seiner Funktion verfüge. Die Stempelabdrucke auf den Lieferscheinen stammten von einem bedeutungslosen Stempel, der bei der Information ausliege und jedem zugänglich sei. Schiffsbedarf für die Mannschaft werde in einem unter Verschluß gehaltenen Store aufbewahrt. Über Ein- und Ausgang von Schiffsbedarf dieser Art werde vom Store Keeper Buch geführt. Keine dieser Lieferungen seien in dem Buch ein- bzw. ausgetragen worden. Anhand der Unterschriften habe festgestellt werden können, daß der am 13. Dezember 1994 gelieferte Schiffsbedarf von der Stewardess P in Empfang genommen, bezahlt, die Empfangsbestätigung und Erklärung des Bezugsberechtigten mit dem Stempel, der an der Information ausliege, abgestempelt und unterschrieben worden sei. Die gesamte Lieferung habe sich noch in ihrer Kabine befunden. Die Zollbeamten hätten veranlaßt, daß die Waren in den Store aufgenommen worden seien. Sie habe angegeben, daß sie die Bestellung an Bord selber aufgegeben habe. Weiterhin sei festgestellt worden, daß der Kellner K die Lieferungen vom 15, 16. und 19. Dezember 1994 empfangen, auf dem Lieferzettel abgestempelt und die Empfangsbestätigung unterschrieben habe. Er habe nur noch über acht Flaschen Spirituosen und 26 Stangen Marlboro verfügt. Bei dem Maschinisten M. seien noch 20 Stangen Zigaretten vorgefunden worden.
Am selben Tage, dem 20. Dezember 1994, wurde der Kellner K. vom Zeugen B. und einem weiteren Beamten der Zollfahndung förmlich als Zeuge vernommen. In der Niederschrift über die Zeugenvernehmung heißt es: Er habe die Waren bei einem Schiffsbedarfshändler, der ebenfalls Fahrer des Lkw sei, bestellt; diesen Fahrer hatte er in der Zeugenvernehmung beschrieben. Er habe die Waren für sich und für andere Personen bestellt. Die Waren seien von den Personen, die die Waren bestellt gehabt hätten, beim Fahrer des Lkw in Empfang genommen und bezahlt worden. Er habe die Lieferzettel über den Schiffsbedarf als Bezugsberechtigter, der er jedoch nicht sei, unterschrieben. Den Schiffsstempel habe er sich bei der Information geholt. Ihn habe niemand danach gefragt, wozu er diesen Stempel benötigt habe. Im sei nicht bekannt gewesen, daß er die Lieferzettel für Schiffsbedarf nicht habe unterschreiben dürfen.
In einem weiteren Vermerk vom 21. Dezember 1994 heißt es, daß u. a. der Zeuge B. an diesem Tage den noch jetzt tätigen Geschäftsführer und den weiteren später ausgeschiedenen Geschäftsführer der Klägerin aufgesucht habe. Beide hätten erklärt, daß sie bezüglich dieser Lieferungen Order vom Kapitän gehabt hätten und daß man sich schließlich vor Ort nicht mehr davon überzeugen könne, ob die übernehmende Person bezugsberechtigt sei oder nicht.
Am selben Tag wurde der Kraftfahrer L. nach Einleitung eines Bußgeldverfahrens als Betroffener von der Zollfahndung vernommen. Im Protokoll seiner Vernehmung, die vom Zeugen B. geleitet wurde, heißt es: Die Lieferungen vom 1. und 5. Dezember 1994 seien vom Oberzahlmeister bei ihm persönlich an Bord bestellt worden. Der damaligen Kapitän S. habe sein Einverständnis hierzu gegeben gehabt. Beide Lieferungen seien vom damaligen Oberzahlmeister übernommen und bezahlt worden. Für die Lieferung am 13. Dezember 1994 habe die Stewardess P. die Bestellung bei ihm persönlich am 12. Dezember 1994 aufgegeben. Er habe die Waren dann auch direkt an sie geliefert. Er habe das Geld persönlich von ihr erhalten und es bei dem Geschäftsführer der Klägerin abgeliefert. Ihm sei bekannt, daß nur berechtigte Personen bezugsberechtigt seien. Er habe nicht gewußt, daß die Stewardess nicht bezugsberechtigt gewesen sei. Die Lieferung vom 14. Dezember 1994 sei vom Chief Mate bei ihm persönlich bestellt worden, und er habe die Ware auch an ihn persönlich abgeliefert, das Geld entgegengenommen und beim Geschäftsführer abgeliefert. Die Lieferungen vom 15., 16. und 19. Dezember 1994 seien vom Kellner K. persönlich bei ihm aufgegeben worden. Er habe mit seinem Lkw an der Gangway vor dem Schiff gehalten. Nachdem er den Kellner informiert habe, seien dieser und weitere Personen, die ihm namentlich nicht bekannt gewesen seien, zum Lkw gekommen. Dort habe jede einzelne Person die für sie bestimmte Menge an Zigaretten und anderen Waren erhalten. Die gesamte Lieferung sei von den einzelnen Personen vom Lkw an Bord gebracht worden. Die Waren mit der Rechnungsnummer 1000 vom 19. Dezember 1994 seien an vier Personen abgegeben worden, nämlich an die Stewardess, den Kellner sowie an einen A. und S., Die Waren mit der Rechnungsnummer 2000, ebenfalls vom 19. Dezember 1994, seien für den Maschinisten C. bestellt und bezahlt worden. Auf die Frage, ob er jemals Zweifel gehabt habe. ob der große Personenkreis, der die Waren erhalten habe, wie die Stewardess, der Kellner und der Maschinist, bezugsberechtigt gewesen seien, antwortete der Fahrer nach dem Inhalt des Protokolls, daß er einsehe, daß es überwiegend seine Schuld sei, daß er nicht bezugsberechtigten Personen Waren geliefert habe.
Am 23. Dezember 1994 wurde der jetzt alleinige Geschäftsführer der Klägerin als Betroffener wegen des Verdachts der Eingangsabgabengefährdung (Verletzung der Aufsichtspflicht nach § 130 OWiG) vom Zeugen B. vernommen. Nach dem Inhalt des Vernehmungsprotokolls erklärte der Geschäftsführer: Er habe sich vor den Lieferungen davon überzeugt, daß der Kapitän seinem Kraftfahrer die Erlaubnis erteilt habe, für die Crew Bestellungen entgegenzunehmen; anschließend habe er die Lieferungen genehmigt. Der Kapitän habe selber Waren bei der Klägerin bestellt und bezogen. Soweit er am 19. Dezember 1994 gegenüber den Zollbeamten die Namen von vier Personen als bezugsberechtigt genannt habe, habe er nach Rücksprache mit dem Kraftfahrer die Namen dieser Personen als Bezugsberechtigten genannt bekommen. Bis zu diesem Tage sei ihm dieser Personenkreis namentlich nicht bekanntgewesen. Er sei immer davon ausgegangen, daß die Waren an bezugsberechtigte Personen ausgeliefert worden seien. Der Kraftfahrer arbeite zum größten Teil selbständig und übernehme Bestellungen an Bord, die Lieferungen und die Abrechnung. Die Bestellungen seien nicht einzeln abgerechnet worden, sondern per Lieferschein.
Nachdem das ZFA einen Ermittlungsbericht vorgelegt hatte, leitete das beklagte HZA gegen den Geschäftsführer der Klägerin und den Kraftfahrer L. jeweils ein Steuerstrafverfahren wegen Verdachts eines Vergehens nach § 370 AO und jeweils ein Bußgeldverfahren wegen Abgabe von Schiffsbedarf an nicht bezugsberechtigte Personen ein.
Der Geschäftsführer der Klägerin ergänzte seine gegenüber dem ZFA gemachten Angaben mit Schreiben vom 21. April 1995 gegenüber dem HZA noch dahin, daß sämtliche Lieferungen vom 1. bis 19. Dezember 1994 mit Genehmigung des Kapitäns erfolgt seien. Dieser Kapitän sei bis zum 19. Dezember 1994 an Bord gewesen. Auf allen Lagerabmeldungen bis zum 19. Dezember 1994 habe der Kapitän den Erhalt der Waren mit seiner Unterschrift bestätigt. Hierzu verwies der Geschäftsführer auf die Unterschriften, die sich auf den Zollanmeldungen unter oder neben dem Feld mit dem Aufdruck „Lagermeldung ...” befinden, wobei der Schiffsstempel jeweils einen Teil der Unterschrift erfaßt.
Daraufhin nahm das ZFA Nachermittlungen vor. In einem Vermerk vom 5. August 1995, der auch vom Zeugen B. unterzeichnet ist, heißt es: Bei einem Besuch des Schiffes am 05.08.1995 seien die Kapitäne S. und P. anwesend gewesen. Diesen sei das Beweismittelheft vorgelegt worden. Kapitän P. habe angegeben, daß auf der Lagerabmeldung vom 1. Dezember 1994, auf dem Lieferschein 100, auf der Lagerabmeldung vom 5. Dezember 1994, auf dem Lieferschein 101, auf den Lagerabmeldungen vom 13. und 15. Dezember 1994 und auf dem Lieferschein 102 seine Unterschrift vorhanden sei. Eine Unterschrift des Kapitäns S. habe sich auf keiner der Lagerabmeldungen bzw. Lieferscheine befunden. Kapitän P. sei bis zum 9. Dezember 1994 zuständiger Kapitän gewesen; am 10. Dezember 1994 habe Kapitän S. das Kommando übernommen. Keiner der beiden Kapitäne habe während seiner Dienstzeit die Crew dazu bevollmächtigt, eigenmächtig Schiffsbedarf zu bestellen. Kapitän P. sei nach dem 9. Dezember 1994 auf ein anderes Schiff gewechselt. Am 22. oder 23. Dezember 1994 sei der Kraftfahrer L. auf seinem neuen Schiff erschienen und habe ihm erklärt, daß die Klägerin Schwierigkeiten mit dem Zoll habe und ob er deshalb die betreffenden Lagerabmeldungen/Lieferscheine nachträglich noch unterschreiben könne. Er habe Bedenken geäußert, ob er diese Unterschriften leisten könne, ohne Schwierigkeiten mit dem Zoll zu bekommen. Dies habe der Kraftfahrer verneint. Der Kraftfahrer habe dem Kapitän die betreffenden Formulare vorgelegt, die bereits mit dem Schiffsstempel der „X” versehen gewesen seien. Hierbei habe es sich nicht um den Stempel des Kapitäns gehandelt. Der Kapitän habe die Unterlagen unterschrieben und sie dem Kraftfahrer wieder ausgehändigt.
Mit Steuerbescheid vom 7. September 1995 setzte das HZA für die acht „Lagerabmeldungen” folgende Abgaben gegen die Klägerin fest:
Zoll-Euro | 8.790,90 DM |
Tabaksteuer | 40.490,55 DM |
Branntweinsteuer | 8.621,26 DM |
Biersteuer | 14,66 DM |
EuSt | 10.798,06 DM |
Summe | 68.715,43 DM |
In der Begründung des Bescheides heißt es: Die Klägerin habe den Schiffsbedarf aus ihrem Zolllager nicht an den Schiffsführer, sondern an andere Personen an Bord des MS „X” geliefert. Dadurch sei der abgabenrechtlich entlastende Nachweis der Ausfuhr dieser Nichtgemeinschaftswaren aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft nicht erbracht worden. Nach Art. 204 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 und 3 ZK i. V. m. Art. 4 Nr. 1 2. Anstrich ZK sei eine Zollschuld der Klägerin entstanden. Entsprechendes gelte nach § 21 Abs. 2 UStG für EUSt, nach § 21 Tabaksteuergesetz für die Tabaksteuer und nach § 147 Abs. 1 des Gesetzes über das Branntweinmonopol für die Branntweinsteuer.
Nachdem die Klägerin am 19. September 1995 Einspruch eingelegt hatte, setzte das HZA das Strafverfahren gegen den Geschäftsführer der Klägerin und gegen den Kraftfahrer L. am 10. Oktober 1995 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Besteuerungsverfahren aus.
Ihren Einspruch begründete die Klägerin mit Zweifeln an im einzelnen bezeichneten tatsächlichen Feststellungen der Zollbehörden, die dem angefochtenen Steuerbescheid zugrundelägen. Die bisherigen Ermittlungen der Zollfahndung ließen nicht den Schluß zu, daß Schiffsbedarf an nicht bezugsberechtigte Personen abgegeben worden sei. Im übrigen könnten für nachweislich in einen Freihafen verbrachte Drittlandswaren Eingangsabgabenschulden nur nach Art. 205 ZK entstehen. Hiervon abweichende Besonderheiten für Schiffsbedarfslieferungen in eine Freizone könnten allenfalls über die Sonderermächtigung nach § 27 Abs. 8 Satz 5 ZollV durch die OFD bestimmt werden; von dieser Ermächtigung habe die OFD offenbar nicht Gebrauch gemacht.
Mit Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 1998, die mit einfachem Brief am 8. Dezember 1998 zur Post gegeben wurde, wies das HZA den Einspruch als unbegründet zurück. In den Gründen heißt es: Das Zolllagerverfahren für Schiffsbedarf werde nach Art. 89 ZK beendet, wenn die Waren einer zollrechtlichen Bestimmung zugeführt worden seien. Als zollrechtliche Bestimmungen kämen u. a. das Verbringen in eine Freizone (Art. 4 Nr. 15 Buchst. b ZK) oder die Wiederausfuhr aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft (Art. 4 Nr. 15 Buchst. c ZK) in Betracht. Nach der Dienstanweisung VSF Z 2302 Abs. 5 unterlägen Waren, die u. a. für die Wiederausfuhr bestimmt seien, den für diese zollrechtlichen Bestimmungen festgelegten Regelungen, selbst wenn das tatsächliche Verbringen aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft über das Gebiet einer Freizone erfolge. Die Regelungen für die Wiederausfuhr von Schiffsbedarf ergäben sich aus § 27 ZollV. Nach Abs. 1 sei Handel mit Schiffsbedarf jede Abgabe von Nichtgemeinschaftswaren oder unversteuerten Gemeinschaftswaren zum Ausrüsten von Schiffen, einschließlich Wassersportfahrzeugen, sowie als Mund- und Schiffsvorrat für diese Schiffe. Schiffsbedarf i. S. von Abs. 1 dürfe nur an Schiffsführer, die nach Maßgabe der Absätze 3 bis 5 bezugsberechtigt seien, abgegeben und nur von diesen Personen bezogen werden (§ 27 Abs. 2 ZollV.). Nach § 27 Abs. 9 ZollV gelte Schiffsbedarf, der nach Absätzen 1 bis 8 des § 27 abgegeben und bezogen worden sei, zur Wiederausfuhr oder Ausfuhr überlassen mit der Maßgabe, daß er mit Beginn der seewärtigen Fahrt verbraucht werden dürfe.
Hier sei der zur Wiederausfuhr bestimmte Schiffsbedarf nach den Feststellungen des ZFA nicht vom Schiffsführer des „MS X” oder dessen Vertreter bezogen und von der Klägerin nicht an diese Personen abgegeben, sondern ausweislich der Lieferzettel an andere Personen an Bord des Schiffes aufgrund von Einzelaufträgen geliefert worden. Die nachträglich auf den betreffenden Lieferzetteln angebrachten Unterschriften des Kapitäns P. hätten keinerlei Beweiskraft, da sie nach dem Ergebnis einer Befragung des Kapitäns durch Beamte des ZFA offensichtlich aus Gefälligkeit gegenüber dem Kraftfahrer L. geleistet worden sein. Von beiden für den besagten Zeitraum zuständigen Schiffsführern sei die Bevollmächtigung der bestellenden Besatzungsmitglieder zum eigenmächtigen Bezug von Schiffsbedarf verneint worden. Damit habe der Schiffsbedarf nicht zur Wiederausfuhr nach § 27 Abs. 9 ZollV durch das HZA -ZA Z- überlassen gegolten, weil er entgegen § 27 Abs. 2 ZollV an nicht bezugsberechtigte Personen abgegeben worden sei. Durch die Lieferung an nicht bezugsberechtigte Personen sei der Schiffsbedarf der zollamtlichen Überwachung entzogen worden. Die Einfuhrzollschuld sei nach § 203 Abs. 1 und 3 ZK in der Person der Klägerin entstanden. Gleiches gelte für die übrigen im Steuerbescheid aufgelisteten Abgaben.
Am 11. Januar 1999 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie bezieht sich auf ihr Vorbringen im Einspruchsverfahren und trägt weiter vor: Aus Art. 89 Abs. 1 i. V. m. Art. 4 Nr. 15 Buchst. b ZK ergebe sich eindeutig, daß das Nichterhebungsverfahren mit dem Verbringen in die Freizone beendigt worden sei. Dieses Ergebnis werde durch Merkblätter der Zollverwaltung und die Fachliteratur bestätigt. Der angefochtene Steuerbescheid halte einer Nachprüfung auch aus tatsächlichen Gründen nicht stand. Der Chief Purser habe auf Befragen durch die Zollfahndung angegeben, daß er, der Master und der Staff Captain sowie die unmittelbar diesen Personen unterstellten Assistenten zum Bezug von Schiffsbedarf zuständig seien. Der Vorwurf, bei den Unterschriften des Kapitäns auf den Zollanmeldungen handele es sich um Gefälligkeitshandlungen des neuen Kapitäns, sei durch nichts bewiesen. Es habe sich um eine riesiges russisches Passagierschiff mit ca. 250 Mann Besatzung gehandelt, die einschließlich der Kapitäne während der Hafenlagerzeit bei einem Werftaufenthalt im Freihafen auch noch teilweise gewechselt hätten. Es sei durchaus üblich gewesen, daß Schiffsbedarfsbestellungen nicht zentral, sondern von verschiedenen von der Schiffsleitung autorisierten Personen oder von diesen unmittelbar unterstellen Assistenten abgewickelt worden seien. Die Zollfahndung habe außerdem gewisse, möglicherweise zollrechtlich relevante Details nach Warenübergabe/Besitzübergang an Bord nicht ermittelt, z. B. warum der gelieferte Schiffsbedarf nicht in das übliche Anschreibebuch eingetragen und in den vorgesehenen verschließbaren Vorratsraum verbracht worden sei und wer den direkt handelnden Personen der Schiffsbesatzung Weisung für die (unkontrollierte) Ausgabe der Waren an Bord gegeben habe. Diese nachträglich kaum noch aufzuklärenden Ermittlungsdefizite könnten selbstverständlich nicht der Klägerin angelastet werden, sondern seien im Rahmen der ihm obliegenden Beweislast für steuerbegründende Merkmale dem beklagten HZA zuzurechnen.
Die zollrechtliche Würdigung der Liefervorgänge durch das HZA mit seiner bloßen Bezugnahme auf § 27 Abs. 2 ZollV weise ganz erhebliche Defizite auf. Dessen zollrechtliche Bedeutung werde dadurch als ausschließlich nationale Ordnungs- und Überwachungsvorschrift verfälscht, die zollschuldrechtlich zu Lasten der Klägerin allenfalls aufgrund eines (hier nicht vorliegenden und auch vom HZA nicht behaupteten) zollschuldbegründenen Sachverhalts nach Art. 205 Abs. 1 ZK Bedeutung erlangen könnte. So sei als Sanktion für die Verletzung des § 27 ZollV durch unberechtigten Bezug des Schiffsbedarfs der Ausschluß des Schiffes von der Bezugsberechtigung vorgesehen. Für die Überwachung von Schiffsbedarfslieferungen in Freizonen könne die OFD besondere Regelungen erlassen, die aber tatsächlich nicht erlassen worden seien. In Ermangelung solcher spezifischer Vorschriften für Schiffsbedarfslieferungen in Freizonen gälten daher die allgemeinen Vorschriften für abgabenbegünstigten Schiffsbedarf, wobei die Abgabenbefreiung i. S. von Art. 4 Nr. 10 ZK für Schiffsvorrat und Mundbedarf gelte, der an Bord als Mundvorrat durch die Schiffsbesatzung oder die Fahrgäste verbraucht oder als Schiffsvorrat für das Schiff verwendet werde (§ 14 Abs. 1 ZollV). Dieser Eingangsabgabenfreiheit für Schiffsbedarf werde durch „Überführung der Waren in den freien Verkehr zur besonderen Verwendung” nach dem Verfahren des Art. 82 ZK gewährt (vgl. § 5 Abs. 1 ZollV). Bei der Ausfuhr/Wiederausfuhr von Schiffsbedarf habe der Verbringer (d. h. das jeweilige Schiff bzw. dessen Schiffsführung) bestimmte Unterlagen bis zum Verbringen aus dem deutschen Teil des EG-Zollgebietes gesammelt aufzubewahren und evtl. weitere Überwachungsmaßnahmen der zuständigen Zollstelle durchzuführen/zu dulden (§ 9 Abs. 2 ZollV). Bereits die Nichterwähnung all dieser für den Streitsachverhalt ebenfalls einschlägigen nationalen Zollrechtsbestimmungen durch das HZA lasse dessen verengte, offenbar einseitig fiskalisch motivierte Sicht zu Lasten der Klägerin als einen ordnungsgemäß handelnden Schiffsbedarfshändler offen zu Tage treten. Insbesondere die Behauptung bestimmungswidriger Lieferung unter Bezugnahme auf § 27 Abs. 9 ZollV, der ersichtlich nur das beziehende Schiff, nicht aber den liefernden Schiffsbedarfshändler als Adressaten meinen könne, entbehre damit einer gesetzlicher Grundlage. Deshalb hätte eine Durchfuhr „durch den Freihafen” allenfalls durch das Schiff/die Schiffsleitung selbst bei Auslaufen des Schiffes aus dem Freihafen geschehen können. § 27 Abs. 9 Satz 1 ZollV sie im Zusammenhang mit § 14 ZollV zu lesen. Weitere Sanktionen bei Verstößen seien nur noch in § 31 Abs. 2 Nr. 6 ZollVG und § 30 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 ZollV, d. h. ausschließlich als steuerliche Ordnungswidrigkeiten i. S. von § 382 Abs. 1 Nr. 2 AO, vorgesehen. Hierfür habe das HZA keinen Nachweis geführt. Eine Zollschuld könne nur nach Art. 205 ZK entstehen, für dessen besondere Tatbestandsvoraussetzungen hier nichts vorliege. Die Zolllagerbewilligung enthalte im übrigen weder einen Hinweis auf die im Zeitpunkt der Erteilung 1992 geltenden Vorschriften noch auf die mit dem Inkrafttreten des ZK ab 01.01.1994 eingetretenen Änderungen. Die ursprünglich 1987 erteilte „Schiffsbedarfshändler-Erlaubnis” (§ 25 Abs. 1 ZollVG) sie bis heute nicht umgestellt bzw. neugefaßt worden.
Soweit die Ermächtigung zur Vertretung der Schiffsleitung durch autorisierte Personen nach § 27 Abs. 2 Satz 2 ZollV erst durch die ÄndVO vom 15. Juni 1998 eingefügt worden sei, habe es sich nur um die Klarstellung einer schon vorher denknotwendig bestehenden Rechtslage handeln können. Eine ordnungsgemäße Übergabe an autorisierte vertretungsberechtigte Schiffspersonen sei jedenfalls bei einem Schiff mit 250 Mann Besatzung und 750 Passagieren gar nicht möglich.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 2000 hat das HZA den angefochtenen Steuerbescheid dahin geändert, daß die festgesetzten Einfuhrabgaben um DM 2.955,94 (Lieferung vom 13. Dezember 1994 betr. Zollanmeldung 4) auf
DM 65.759,49
reduziert worden sind. Hinsichtlich des Betrages von DM 2.955,94 haben die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Klägerin beantragt,
den Steuerbescheid vom 7. September 1995, geändert am 6. Juni 2000, in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 1998 aufzuheben.
Das beklagte HZA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es bezieht sich auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor: Die Schiffsbedarfslieferungen seien ohne jeden Zweifel durch nicht von der Schiffsführung beauftragte Personen in Auftrag gegeben worden. Daraus ergebe sich auch, weshalb die Waren z. B. nicht in den Vorratsraum gebracht und im Anschreibebuch angeschrieben worden seien. Die Klägerin habe offenkundig hoch zollbare Waren unter Vortäuschung einer Schiffsbedarfslieferung zum Verbrauch in die Freizone Bremerhaven geliefert und damit der zollamtlichen Überwachung entzogen. Der Handel mit Schiffsbedarf sei im § 27 ZollV geregelt. Nur wenn eine in Abs. 2 dieser Vorschrift genannte Person Schiffsbedarf unberechtigt bezogen habe, könne das HZA sie von der Bezugsberechtigung nach Abs. 7 ausschließen. Von der Schiffsführung des Schiffes sei aber kein Schiffsbedarf von der Klägerin bezogen worden. Wie sich die Klägerin bei der Belieferung von Schiffen mit Schiffsbedarf in eine Freizone zu verhalten habe, ergebe sich für sie aus der ihr erteilten Bewilligung für den Handel mit Schiffsbedarf. Insoweit sei das Überwachungsverfahren durch die OFD geregelt worden.
Würden Waren nach Art. 170 Abs. 2 ZK gestellt, um sie in eine Freizone zu verbringen (Art. 4 Nr. 15 Buchst. b ZK), so sei nach Art. 176 Abs. 1 ZK die Person anzugeben, in deren Räumlichkeiten die Waren gelagert oder umgeschlagen werden sollten. Ferner seien die nach Art. 168 Abs. 4 ZK i. V. m. Art. 812 ZK-DVO in der Freizone zu verwendenden Beförderungspapiere mit Registriernummer und ggf. den Vermerken nach Art. 610,644 und 711 ZK-DVO zu versehen. Verstöße gegen das Verbrauchs- und Verwendungsverbot nach Art. 175 ZK würden von den Zollbehörden regelmäßig über die Kontrolle der Bestandsaufzeichnungen ermittelt. Eine Einfuhrzollschuld entstehe dann nach Art. 205 Abs. 1 ZK. Verschwundene Waren würden als verbraucht angesehen. Zollschuldner werde nach Art. 205 Abs. 3 ZK die Person, die die Waren verbraucht oder verwendet habe. Bei verschwundenen Waren sei die Person zur Zahlung der Zollschuld verpflichtet, die nach Kenntnis der Zollbehörden als letzte im Besitz der Waren gewesen sei. Hier seien die Waren von der Klägerin als Schiffsbedarf aus dem ihr bewilligten privaten Zolllager zur Ausfuhr mit dem Schiff MS Fedor Dostojewski über die Freizone Bremerhaven beim Zoll – ZA Roter Sand – gestellt und anschließend auf das Schiff geliefert worden. Diese Bestimmung (Ziel) der Ware (Wiederausfuhr aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft über die Freizone, Art. 4 Nr. 15 Buchst. c ZK) ergebe sich schlüssig aus den Zollanmeldungen Felder 17, 18 und 21. Das Zolllagerverfahren werde nach Art. 89 ZK erst beendet, wenn die Waren einer zollrechtlichen Bestimmung zugeführt worden seien. Ein Verbringen in die Freizone Bremerhaven (Art. 4 Nr. 15 Buchst. b ZK) zum Zweck der Lagerung oder des Umschlags sei von der Klägerin nicht beabsichtigt und auch von ihr nicht durchgeführt worden. Deshalb sei nur die Ausfuhr bzw. Wiederausfuhr eine zulässige neue zollrechtliche Bestimmung gewesen. Für die Wiederausfuhr des Schiffsbedarfs zur Beendigung des Zolllagerverfahrens seien jeweils in „Lagerabmeldungen” umbenannte Ausfuhranmeldungen mit den nach Art. 221 ZK-DVO erforderlichen Dokumenten bei der Ausgangszollstelle (ZA Roter Sand) abgegeben worden. Ein externes Versandverfahren zwischen Ausfuhr- und Ausgangszollstelle sie nicht erforderlich gewesen. Bei den „Lagerabmeldungen” habe es sich um einen aus betrieblichen Gründen gefertigten Abgangsbeleg gehandelt, der zollamtlich nicht vorgeschrieben gewesen sei. Im März 1996 habe das HZA dann die Benutzung derartiger „Lagerabmeldungen” untersagt.
Da der von der Klägerin gelieferte Schiffsbedarf nicht vom Schiffsführer oder dessen Vertreter bezogen und von der Klägerin nicht an diese Personen abgegeben worden sei, habe der Schiffsbedarf nicht zur Wiederausfuhr nach § 27 Abs. 9 ZollV durch das HZA -ZA Z- überlassen gegolten. Der Schiffsbedarf sei durch die bestimmungswidrige Lieferung der zollamtlichen Überwachung entzogen worden und habe damit keine neue Bestimmung zur Beendigung des Zolllagerverfahrens erhalten. Deshalb sei die Einfuhrzollschuld nach Art. 203 Abs. 1 und 3 ZK in der Person der Klägerin entstanden. In Ermangelung spezifischer EG-rechtlicher Bestimmungen gälten für Schiffsbedarf die bestehenden nationalen Bestimmungen der ZollV weiterhin als geltendes Recht i. S. der Art. 1, 4 Nr. 23 ZK.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze mit Anlagen und das Sitzungsprotokoll vom 6. Juni 2000 verwiesen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 2000 hat der Senat Beweis erhoben über die Befragung der Kapitäne S. und P. am 5. August 1995 wegen der Lieferung von Schiffsbedarf im Dezember 1994 und die vorausgegangenen Ermittlungen der Zollfahndung durch Vernehmung des ZHS B. als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 6. Juni 2000 (GA Bd. II Bl. 200–202) verwiesen.
Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren das Aktenstück des angefochtenen Steuerbescheids, der Einspruchsvorgang und die Ermittlungsakte E Nr. mit dem zugehörigen Beweismittelheft, soweit sie in diesem Urteil verwertet worden sind.
Gründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Das HZA hat die Klägerin zu Recht als Zollschuldnerin in Anspruch genommen.
I. Das Entstehen der Zollschuld ist in den Art. 201 ff. ZK geregelt. Die Voraussetzungen des Art. 201 ZK sind ebensowenig wie die Voraussetzungen des Art. 202 ZK erfüllt. Die Waren sind nicht in den zollrechtlich freien Verkehr oder in das Verfahren der vorübergehenden Verwendung unter teilweiser Befreiung von Einfuhrabgaben übergeführt worden (Art. 201 Abs. 1 ZK). Ebensowenig sind sie vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft, noch aus einer Freizone vorschriftswidrig in einen anderen Teil des Zollgebiets der Gemeinschaft verbracht worden (Art. 202 Abs. 2 ZK). Der Entstehungstatbestand des Art. 204 ZK, auf den das HZA den Steuerbescheid gestützt hat, wäre nur dann anwendbar, wenn der vorliegende Sachverhalt nicht nach Art. 203 ZK zum Entstehen der Einfuhrzollschuld geführt hätte. Das HZA ist davon in der Einspruchsentscheidung zutreffend ausgegangen, so daß die Alternativvorschrift des Art. 204 ZK nicht angewandt werden kann. Nach Art. 203 Abs. 1 ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, denn die von der Klägerin an verschiedene Personen der Schiffsbesatzung gelieferten einfuhrabgabenpflichtigen Waren sind der zollamtlichen Überwachung entzogen worden (abweichend hiervon hat der BFH im Urteil vom 20. Januar 1998 VII R 8/97, ZfZ 1998, 236, BFH/NV 1998, 1137 mit Rechtsprechungsnachweisen das Entstehen der Zollschuld für eine ähnliche Fallgestaltung im Truppenzollrecht aus Art. 2 Abs. 1 Buchst. d ZollschuldVO hergeleitet, dem jetzt Art. 204 ZK entspricht).
1. Waren, die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden, unterliegen vom Zeitpunkt des Verbringens an nach Art. 37 Abs. 1 ZK der zollamtlichen Überwachung. Bei der zollamtlichen Überwachung handelt es sich nach Art. 4 Nr. 13 ZK um allgemeine Maßnahmen der Zollbehörden, um die Einhaltung des Zollrechts und ggf. der sonstigen für Waren unter zollamtlichen Überwachung geltenden Vorschriften zu gewährleisten. Nach Art. 37 Abs. 2 ZK bleiben Nichtgemeinschaftswaren solange unter zollamtlicher Überwachung, bis sie ihren zollrechtlichen Status wechseln, in eine Freizone oder ein Freilager verbracht, wieder ausgeführt oder nach Art. 182 ZK wiederausgeführt, vernichtet oder zerstört werden. Die zollamtliche Überwachung der Ausfuhr und die Wiederausfuhr ist im Art. 183 ZK geregelt.
Zweifelsfrei ist, daß sich die im Zolllager der Klägerin gelagerten Waren unter zollamtlicher Überwachung befanden (vgl. Art. 101 Buchst. a ZK). Das Verbringen in eine Freizone und die Wiederausfuhr setzen nach Art. 4 Nr. 15 Buchst. b und c ZK die entsprechende zollrechtliche Bestimmung einer Ware voraus. Die zollrechtliche Bestimmung i. S. des Titels IV ZK ist die Verfahrensart, die der Verfügungsberechtigte für die betreffende Ware wählt, d. h. bestimmt (vgl. Schwarz in Schwarz/Wockenfoth, Zollrecht, vor Art. 58 RdNr. 5, Stand 6/98). Nach Art. 89 Abs. 1 ZK endet ein Nichterhebungsverfahren mit wirtschaftlicher Bedeutung – zu dem nach Art. 84 Abs. 1 Buchst. a ZK auch das Zolllagerverfahren gehört – wenn die in dieses Verfahren übergeführten Waren eine zulässige neue zollrechtliche Bestimmung erhalten.
Nach Art. 182 Abs. 1 erster Anstrich ZK können Nichtgemeinschaftswaren aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft wiederausgeführt werden. Die Wiederausfuhr ist u. a. nach einem Zolllagerverfahren möglich (Witte/Prieß, ZK, 2. Aufl., Art. 182 Tz 2). Die Vorschriften des Ausfuhrverfahrens sind sinngemäß anzuwenden (Art. 182 Abs. 3 Satz 4 ZK, Art. 278 Abs. 1 Satz 2, 841 ZK-DVO).
2. Die Klägerin hat hier in allen streitigen Fällen die Waren zur Wiederausfuhr entsprechend Art. 161 ZK angemeldet. Dies ergibt sich nicht nur aus der Verwendung des Vordrucks 0733 „Einheitspapier (Versendung/Ausfuhr)” sondern auch aus den Eintragungen in diesen Vordrucken. So ist in Feld 17 Bestimmungsland jeweils „Schiffsbedarf” und in den Feldern 18 und 21, in denen Kennzeichen und Staatszugehörigkeit des Beförderungsmittels beim Abgang und des grenzüberschreitenden aktiven Beförderungsmittels anzugeben sind, jeweils der Name des russischen Schiffes eingetragen worden. Im Feld B befindet sich der Begriff „Ausfuhrzollanmeldung Art. 54 Abs. 2/Zolllager-DVO”. Wenn diese Vorschrift auch im Jahr 1994 bei dem Zollanmeldungen nicht mehr galt, wird aus diesen Eintragungen deutlich, daß die Klägerin die zollrechtliche Bestimmung in der Weise getroffen hat, daß das Zolllagerverfahren beendet sein sollte und die Nichtgemeinschaftswaren zu dem genannten russischem Schiff gebracht und mit diesem aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft ausgeführt werden sollten. Unerheblich ist deshalb auch, daß die Vordrucke auch den Aufdruck „Lagerabmeldung” enthielten. Dieser Aufdruck beruht auf einer noch unter dem Vorkodexrecht ergangenen Anweisung des beklagten HZA vom 30. März 1993, wonach aus betrieblichen Gründen Abgangsbelege zu fertigen waren, zu denen auch Ausfuhranmeldungen bei der Wiederausfuhr von Waren nach einem Zolllagerverfahren gerechnet wurden. Die ausgefüllten Vordrucke stellen sämtlich Ausfuhranmeldungen nach Art. 221 ZK-DVO dar.
Dem steht auch nicht entgegen, daß das ZA Z als Ausgangszollstelle hinsichtlich der Beendigung des Zolllagerverfahrens die Zollanmeldungen mit dem Stempel „In die Freizone verbracht” versehen hat. Selbst wenn das ZA damit das Verbringen in die Freizone nach Art. 37 Abs. 2 ZK hätte bestätigen wollen, käme dieser Auffassung keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Da die zollrechtliche Bestimmung allein der Klägerin als Verfügungsberechtigter zustand und sie die Wiederausfuhr aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft mit der Vorlage der Zollanmeldungen bestimmt hat (Art. 62, 64 ZK), waren die Zollbehörden an diese Bestimmung gebunden. Hinzu kommt, daß der Inhalt der eingereichten Zollanmeldungen auch den Zielen der Klägerin entsprach: Sie wollte die in den Lieferscheinen aufgelisteten Waren als Schiffsbedarf auf das russische Schiff liefern, und die Waren sind auch tatsächlich auf das Schiff gebracht worden.
Unter diesen Umständen bedarf es keines Eingehens auf die Frage, ob die Lieferung von Schiffsbedarf aus einem Zolllager auf ein in einer Freizone liegendes Schiff in jedem Fall als Ausfuhr zu qualifizieren ist oder ob es auch rechtlich möglich wäre, das Zolllagerverfahren durch das Verbringen der Ware in eine Freizone zu beenden (so Henke/Witte, Das Zolllager, 1996, RdNr. 340, die nur darauf abstellen, daß das Zolllagerverfahren durch das Verbringen der Ware in eine Freizone beendet worden ist). Da hier die Wiederausfuhr in der Zollanmeldung von der Klägerin bestimmt worden ist, handelt es sich nur um eine „Durchfuhr” durch die Freizone (so zutreffend VSF Z 2302 Abs. 5) und nicht um ein Verbringen der Waren aus dem Zolllager in die Freizone nach Art. 37 Abs. 2 ZK.
3. Art. 184 ZK enthält eine Ermächtigung zum Erlaß von außertariflichen Zollbefreiungen durch den Rat. Da der Rat von dieser Ermächtigung noch keinen Gebrauch gemacht hat, gilt die VO (EWG) Nr. 918/83, zuletzt geändert durch die VO Nr. 355/94, Abl. EG Nr. L 46 S. 5 weiter (Schwarz, a. a. O. Art. 184, Tz. 2, Stand 6/98). Durch ihre Aufnahme in den Art. 252 ZK ist sie Bestandteil der Regelungen des ZK geworden (Schwarz, a. a. O., Tz. 8). Sie läßt entsprechend Art. 139 Buchst. b die „geltenden Bestimmungen über Bordverpflegung für Schiffe ...” unberührt. Im Zeitpunkt des Inkraftretens des ZK war die Zollfreiheit von Schiffsbedarf im § 36 AZO geregelt, der auf Grund des § 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c ZG erlassen und als mit der VO Nr. 918/83 vereinbar angesehen worden war (dazu Bail/Schädel/Hutter, Zollrecht, B 24, Tz. 1 ff., 6, Stand 6/85 und B 24 (36), Tz. 1, 2, Stand 3/88). Deshalb war der nationale Gesetzgeber befugt, im § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c ZollVG den Bundesminister der Finanzen zu ermächtigen, eine Rechtsverordnung zu erlassen, in der – im Rahmen des EG-Rechts – Zollfreiheit angeordnet werden kann „für Waren, die Bordbedarf für Schiffe ... sind” (Witte/Kampf, Anhang 1, Tz. 146). Darüber hinaus bestimmt § 29 Abs. 2 ZollVG, daß die Zollfreiheit davon abhängig gemacht werden kann, daß bestimmte Nachweise bis zu bestimmten Zeitpunkten geführt werden und daß die Waren unter zollamtlicher Überwachung zu dem begünstigten Zweck verwendet werden. Auf Grund dieser Ermächtigung ist im § 27 ZollV vom 23. Dezember 1993 BGBl I, 2449, der hier in der ursprünglichen Fassung anwendbar ist, der Handel mit Schiffsbedarf geregelt worden (vgl. Lichtenberg in Rüsken, Zollrecht, B II 1/133 – 138, Tz. 4, Stand 11/99).
4. § 27 ZollV ist somit geltendes Recht, der nach Art. 1 Satz 1, Art. 4 Nr. 23 ZK neben den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften als einzelstaatliche Regelung anzuwenden ist. § 27 Abs. 6 (jetzt Abs. 9) ZollV bestimmt, daß Schiffsbedarf, der nach den vorstehenden Absätzen abgegeben und bezogen wurde, als zur Wiederausfuhr oder Ausfuhr mit der Maßgabe überlassen gilt, daß er mit Beginn der seewärtigen Fahrt verbraucht werden darf. Nach § 27 Abs. 2 ZollV in der hier anwendbaren ursprünglichen Fassung darf Schiffsbedarf nur an Schiffsführer bezugsberechtigter Schiffe abgegeben und nur von diesen Personen bezogen werden. Die Bezugsberechtigung der „X” war nach § 27 Abs. 3 ZollV unstreitig gegeben. § 27 Abs. 5 (jetzt Abs. 8) ZollV bestimmt, daß bei der Lieferung und Abgabe des Schiffsbedarfs ein Lieferzettel in dreifacher Ausfertigung zu verwenden ist, auf dem Menge und Beschaffenheit der einzelnen Waren sowie ihr abgabenrechtlicher Status, Name, Art und Fahrtziel des Schiffs verzeichnet sind. Diesen Anforderungen sollten offenbar die „Lieferzettel für Schiffsbedarf” mit den Lieferscheinen der Klägerin entsprechen, wenn diese Vordrucke sich auch noch auf die früheren Vorschriften der AZO bezogen. Weiter ist im § 27 Abs. 5 Satz 2 (jetzt Abs. 8 Satz 2) ZollV geregelt, daß der Bezugsberechtigte den Empfang der Waren auf dem Lieferzettel zu bestätigen hat.
Daß nur der Schiffsführer bezugsberechtigt war, ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 27 Abs. 2 ZollV in der hier anwendbaren ursprünglichen Fassung. Die Möglichkeit einer Vertretung des Schiffsführers durch andere Personen ist erst mit der Ersten Verordnung zur Änderung der Zollverordnung vom 5. Juni 1998 BGBl. I, 1276 eingeführt worden, so daß die Berufung der Klägerin darauf, daß sie Schiffsbedarf zulässigerweise an Vertreter des Schiffsführers entsprechend den Anforderungen des § 27 Abs. 6 ZollV geliefert habe, mit der damals geltenden Rechtslage nicht im Einklang steht. Ebensowenig begründen die nachträglichen Unterschriften des Kapitäns P. die ordnungsgemäße Abgabe des Schiffsbedarfs. Abgesehen davon, daß dieser nur bis zum 9. Dezember 1994 zuständiger Kapitän und damit Schiffsführer des Schiffes gewesen ist und seine Unterschrift deshalb überhaupt nur für die Lieferungen vom 1. und 5. Dezember 1994 relevant sein könnte, hat er nach seinen eigenen Angaben, die der Zeuge B. bestätigt hat, die Unterschriften erst nachträglich geleistet, ohne daß er den an diesen Tagen gelieferten Schiffsbedarf tatsächlich bestellt und nach § 27 ZollV bezogen hätte. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob ein Bezug von Schiffsbedarf durch andere Personen als den Schiffsführer persönlich überhaupt nachträglich durch dessen Unterschrift mit der Folge genehmigt werden konnte, daß von der ordnungsgemäßen Abgabe ausgegangen werden konnte.
Selbst wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgehen würde, daß die später in den § 27 Abs. 2 ZollV eingefügte Vertretungsmöglichkeit des Schiffsführers beim Bezug nur eine Klarstellung des schon vor Erlaß des ZK bestehenden Rechtszustandes darstellte, hätte die Klägerin den Schiffsbedarf nicht an bezugsberechtigte Personen geliefert. Es hätte dann jedenfalls eindeutiger Regelungen des jeweiligen Schiffsführers hinsichtlich der zur Vertretung befugten Personen bedurft. Ob solche Regelungen bestanden, bedarf keiner Entscheidung. Es liegen nämlich keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die Personen, die die Waren bezogen haben, vertretungsbefugt waren. Im Gegenteil ist dem Vernehmungsprotokoll des ZFA betr. den Kraftfahrer L. vom 21.12.1994 zu entnehmen, daß er in dem hier interessierenden Zeitraum Bestellungen von Angehörigen der Schiffsbesatzung entgegengenommen und ausgeführt hat, ohne sich zu vergewissern, ob diese in Vertretung des jeweiligen Kapitäns gehandelt hatten. Der Kellner K. hat bei seiner Vernehmung durch das HZA selbst eingeräumt, daß er zur Bestellung von Schiffsbedarf nicht befugt gewesen sei. Soweit der Kraftfahrer L. bei seiner Vernehmung durch das ZFA behauptet hat, die Lieferungen von 1. und 5.12.1994 seien vom Oberzahlmeister im Einverständnis mit dem Kapitän S. bestellt worden, liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die Behauptung zutrifft. Die Lieferzettel für diese beiden Lieferungen enthalten nämlich wie die Lieferzettel der übrigen im Streit befindlichen Lieferungen jeweils nur Abdrucke eines Stempels, der bei der Information des Schiffes auslag und jedermann zugänglich war. Der Schiffsführer und einzelne andere Führungspersonen der Schiffsbesatzung hatten eigene Stempel, die bei der Empfangsbestätigung von Schiffsbedarf nach den Ermittlungen des ZFA verwendet wurden. Das ZFA hat weiter festgestellt, daß Schiffsbedarf für den Hotelbetrieb des Schiffes von einem Schiffsbedarfshändler aus Hamburg bezogen wurde. Schiffsbedarf für die Mannschaft wurden vom Store Keeper in einem unter Verschluß gehaltenen Lager aufbewahrt. Dieser führte über die Zu- und Abgänge Buch. Während der Werftliegezeit in Bremerhaven wurden keine Zugänge vermerkt.
Der Senat hat keine Bedenken, diese Feststellungen des ZFA seiner Entscheidung zugrundezulegen. Der Zeuge B. hat bei seiner gerichtlichen Vernehmung ausdrücklich bestätigt, daß er – soweit er an der Anfertigung der Protokolle und der Vermerke beteiligt war – nur das aufgeschrieben und unterschrieben habe, was von den vernommenen Personen erklärt oder von ihm selbst festgestellt worden war. Soweit er sich noch an Einzelheiten der Vernehmungen und Befragungen erinnern konnte, ergänzen sie den Inhalt der in den Ermittlungsakten enthaltenen Schriftstücke, ohne daß insoweit relevante Widersprüche erkennbar wären.
Eine weitere Beweiserhebung war schon deshalb nicht erforderlich, weil der Senat die Feststellungen hinsichtlich einer etwaigen Vertretungsbefugnis der Personen, die den Schiffsbedarf bestellt und dessen Empfang bestätigt haben, nur hilfsweise trifft. Entscheidungserheblich ist allein, daß entsprechend der damaligen gesetzlichen Regelung Schiffsbedarf nur vom Schiffsführer persönlich bestellt werden durfte. Bei keiner der hier infragestehenden Lieferungen hat der jeweilige Schiffsführer den Schiffsbedarf persönlich bestellt und auch dessen Lieferung im Zeitpunkt der Lieferung nicht persönlich bestätigt. Hinzukommt, daß der Kraftfahrer L., der sämtliche Bestellungen entgegengenommen und sämtliche Lieferungen tatsächlich ausgeführt hat, vernehmungsunfähig ist, so daß die Beteiligten übereinstimmend auf seine gerichtliche Vernehmung verzichtet haben.
5. Da somit mangels Anwendbarkeit des § 27 Abs. 6 ZollV der Schiffsbedarf nicht als zur Wiederausfuhr überlassen galt, hätten diese Lieferungen von der Klägerin nicht als Ausfuhrlieferungen vorgenommen werden dürfen. Die Abgabenfreiheit, die nur bei Einhaltung der Voraussetzungen des § 27 ZollV bestanden hätte, entfiel infolge der Verwendung zu anderen Zwecken i. S. des Art. 82 ZK, indem der Schiffsbedarf an nicht bezugsberechtigte Personen geliefert worden ist. Durch diese bestimmungswidrigen Lieferungen wurde der Schiffsbedarf der zollamtlichen Überwachung entzogen und hat keine gesetzmäßige neue Bestimmung zur Beendigung des Zolllagerverfahrens erhalten. Die Klägerin hätte die Waren zur Überführung in den freien Verkehr anmelden müssen. Da sie dies nicht getan hat, entstand die Einfuhrzollschuld nach Art. 203 Abs. 1 und 3 ZK in der Person der Klägerin. Diese Vorschrift gilt sinngemäß auch für die Einfuhrumsatzsteuer, die Tabaksteuer, die Branntweinsteuer und die Biersteuer (§ 21 Abs. 2 Satz 1 UStG, § 10 Abs. 1 und 2 TabakStG, § 147 Abs. 1 des Gesetzes über das Branntweinmonopol, § 13 Abs. 1 BierStG, jeweils in der 1994 geltenden Fassung).
II. Das HZA hat zu Recht den der Zollschuld entsprechenden Abgabenbetrag buchmäßig erfaßt (Art. 220 ZK). Die Voraussetzungen des hier allein infragekommenden Ausschlußtatbestandens des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b liegen nicht vor. Danach erfolgt keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörde nicht buchmäßig erfaßt worden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat. Hierbei ist für das Absehen von einer nachträglichen buchmäßigen Erfassung ein „aktiver” Irrtum der Zollstelle erforderlich: Der Irrtum muß auf einem eigenen Handeln der Zollstelle beruhen. Kein Irrtum ist anzunehmen, wenn die Behörde ihm nur unterlegen ist (vgl. BFH-Urteil ZfZ 1998, 236, BFH/NV 1998, 1137 mit Rechtsprechungnachweisen). Hier ist schon ein aktiver Irrtum der Zollstelle Roter Sand zu verneinen. Die Vordrucke für die Zollanmeldungen hatte die Klägerin vollständig ausgefüllt, und die Lieferzettel waren den Zollanmeldungen beigefügt. Die dritte Ausfertigung der Lieferzettel mit den Empfangsbestätigungen hat die Zollstelle erst nachträglich erhalten. Allein aus den Stempeln und den unterschiedlichen Unterschriften konnte die Zollstelle nicht entnehmen, daß die Unterschriften von nicht bezugsberechtigten Personen stammten, zumal die Empfangsbestätigungen der Zollstelle nicht gleichzeitig vorgelegt wurden, so daß auch nicht ins Auge fallen konnte, daß jeweils verschiedene Personen den Empfang bestätigt hatten.
Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, ob die vertretungsberechtigten Personen der Klägerin „gutgläubig” i. S. des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK gehandelt hatten. Im übrigen wäre diese Frage zu verneinen. Nach den Ausführungen des Geschäftsführers der Klägerin im Termin vom 6. Juni 2000 vor dem Senat haben sowohl er als auch der damalige weitere Geschäftsführer sich auf die Erklärungen des Kraftfahrers L. verlassen, daß alle Bestellungen vom Kapitän persönlich oder von dem von ihm ermächtigten Staff Offizier erteilt worden seien. Diesen Erklärungen haben sie offensichtlich vertraut, ohne sich zu vergewissern, ob diese zutreffend waren. Zu einer Überprüfung und Kontrolle wäre vor allem deshalb Anlaß gewesen, weil der Kraftfahrer L. seine Tätigkeit bei der Klägerin erst am 1. Dezember 1994 aufgenommen hatte und an diesem Tag bereits die erste Bestellung aufgegeben worden war. Die Geschäftsführer konnten deshalb keine Kenntnisse über die Zuverlässigkeit des Kraftfahrers L. haben, und sie hatten auch keine Erfahrungen hinsichtlich des Wahrheitsgehalts seiner Bekundungen. Der Umstand, daß L. zuvor viele Jahre bei einem anderen Schiffsausrüster tätig gewesen war, ändert daran nichts. Hierbei gingen beide Geschäftsführer offenbar auch fälschlich davon aus, daß andere Personen als der jeweilige Kapitän persönlich zur Bestellung von Schiffsbedarf befugt waren. Sie waren über die damals aktuelle – geänderte – Rechtslage nicht informiert. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch, daß der im Termin angehörte Geschäftsführer K. im Rahmen der Ermittlungen der Zollfahndung mit Schreiben vom 21. April 1995 Kopien der „Lagerabmeldungen” dem HZA unter Hinweis darauf übersandt hatte, daß der Kapitän den Erhalt der Waren mit seiner Unterschrift bestätigt habe. Erst aufgrund der Befragung der beiden Kapitäne durch die Zollfahndung am 5. August 1995 stellte sich heraus, daß die Unterschriften des Kapitäns P. nachträglich von diesem auf Bitten des Kraftfahrers L. beigefügt worden waren. Diesen Vorgang hat der Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt.
Da die Klägerin Einwendungen gegen die Höhe der errechneten Abgabenbeträge nicht erhoben hat und das Gericht auch keine Fehler in den Berechnungen erkennen konnte, muß die Klage abgewiesen werden.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 3 und 138 Abs. 2 Satz 1 FGO. Trotz der Reduzierung des Abgabenbetrages um DM 2.955,94 ist es gerechtfertigt, von einer Quotierung der Kosten abzusehen. Auch wenn das HZA von vornherein nur den erst im Klageverfahren reduzierten Betrag gegen die Klägerin geltend gemacht hätte, hätte dies an der Höhe der entstandenen Gerichts- und Beraterkosten nichts geändert. Bei einem Wert von mehr als DM 60.000,– bis zu DM 70.000,– entstehen nämlich jeweils die gleichen Gebühren.
Die Revision war zuzulassen, denn die Sache hat nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO grundsätzliche Bedeutung.