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  • 12.04.2017 · IWW-Abrufnummer 193243

    Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 10.03.2017 – 4 K 977/14

    1. Der Aktienkäufer hat bei außerbörslichen (OTC-) Aktiengeschäften um den Dividendenstichtag die cum Dividende abgeschlossen und ex Dividende beliefert werden (cum-/ex-Aktiengeschäfte) keinen Anspruch auf Anrechnung der vom Emittenten auf die originäre Dividende erhobene Kapitalertragsteuer.

    2. Bei außerbörslichen Aktiengeschäften geht das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien erst im Zeitpunkt der Belieferung auf den Aktienkäufer über.

    3. Auch bei börslichen Geschäften über den zentralen Kontrahenten (CCP) erfolgt ein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nicht bereits mit Abschluss der schuldrechtlichen Verträge.

    4. Die juristische Auslegungsmethodik lässt ausgehend vom Wortlaut des § 39 Abs.1 und Abs.2 Nr.1 AO und der Regel-Ausnahme-Systematik der Norm nur eine einmalige Zurechnung eines Wirtschaftsgutes an ein Steuersubjekt zu.

    5. Soweit der BFH in seinem Urteil vom 15.12.1999, I R 29/97 einen vorzeitigen Übergang des wirtschaftlichen Eigentums von Aktien mit Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages annimmt, liegen die Voraussetzungen an die der BFH diese Rechtsfolge knüpft aufgrund der Börsenusancen nur bei Verkäufen über die Börse durch einen privaten Bestandsverkäufer vor.

    6. Bei der in der Gesetzesbegründung zum Jahressteuergesetz gemachten Aussage zum wirtschaftlichen Eigentum handelt es sich vor dem Regelungshintergrund der Einführung eines neuen Einkünftetatbestands in § 20 Abs.1 Nr.1 S.4 EStG um eine bei Gelegenheit geäußerte Rechtsansicht ("obiter dictum"), die nach den juristischen Auslegungsregeln nicht dem Willen des Gesetzgebers zugerechnet werden kann.

    7. Ein Anspruch auf Anrechnung von Kapitalertragsteuer auf Dividendenkompensationszahlungen besteht für den Aktienkäufer nicht, wenn durch die inländische Depotbank des Aktienverkäufers keine Kapitalertragsteuer erhoben wurde.

    8. Eine Verrechnung von Aktienverkäufen mit gleichartigen Aktienkäufen auf der Ebene der inländischen Depotbank ist rechtswidrig. Nach der gesetzlichen Regelung (§ 44 Abs.1 EStG) ist die Kapitalertragsteuer auf Dividendenkompensationszahlungen auf jeder Handelsstufe zu erheben.


    Finanzgericht Hessen

    Urt. v. 10.03.2017

    Az.: 4 K 977/14

    Tenor:

    1. Der Abrechnungsbescheid über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag vom 25.08.2011, geändert durch Bescheid vom 05.04.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.04.2014 wird dahingehend abgeändert, dass zusätzlich eine Anrechnung von Kapitalertragsteuer in Höhe von x EUR und x EUR Solidaritätszuschlag zu gewähren ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
    3. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten um die Anrechnung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag für das Jahr 2008 i.H.v. x EUR auf im Rahmen von Aktiengeschäften über den Dividendenstichtag erworbenen Aktien (sog. cum/ex- Erwerbe).

    Die Klägerin, ein in ... ansässiges unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtiges Kreditinstitut, ist Rechtsnachfolgerin der A-Bank, die an den streitigen Aktiengeschäften als Aktienkäufer beteiligt war. ...

    Mit der die A-Bank betreffende Körperschaftssteuererklärung 2008 vom 30.09.2009 begehrte die Klägerin die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen in Höhe von x EUR Kapitalertragssteuer zzgl. x EUR Solidaritätszuschlag. Der Beklagte veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß entsprechend der vorgelegten Körperschaftsteuererklärung 2008 und setzte die Körperschaftsteuer unter dem Vorhalt der Nachprüfung mit 0,-- EUR fest . Mit Anrechnungsverfügung im gleichen Bescheid rechnete es die geltend gemachte Kapitalertragsteuer und den Solidaritätszuschlag an und erstattete die Steuerabzugsbeträge.

    Die Anrechnung erfolgte ausdrücklich unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs. Nach Durchführung einer Außenprüfung bei der Klägerin betreffend die A-Bank änderte der Beklagte mit Bescheid vom 12.07.2011 die Anrechnungsverfügung gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO und kürzte die im Steuerbescheid vom 03.11.2009 in Anrechnung gebrachte Kapitalertragsteuer um x EUR sowie den Solidaritätszuschlag um x EUR. Gegen die geänderte Anrechnungsverfügung wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch, den der Beklagte als Antrag auf Erlass eines Abrechnungsbescheides wertete. Mit daraufhin am 25.08.2011 erlassenem Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 AO bestätigte der Beklagte den Inhalt des aufgrund der Außenprüfung erlassenen Änderungsbescheides. Dagegen wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch.

    Im Rahmen des Einspruchsverfahrens reichte sie eine berichtigte Steuererklärung für 2008 für die A-Bank ein. Der Beklagte erließ sodann im Rahmen des Einspruchsverfahrens am 05.04.2013 erneut einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Körperschaftsteuerbescheid in dem die Körperschaftssteuer weiterhin mit 0 EUR festgesetzt wurde und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Zusätzlich änderte der Beklagte mit Bescheid vom 05.04.2013 den Abrechnungsbescheid aus Gründen, die nicht die streitgegenständlichen Geschäfte betrafen. Den nach Erlass der Änderungsbescheide aufrechterhaltenen Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 15.04.2014 zurück. Mit der vorliegenden Klage wendet sich die Klägerin gegen die geänderte Anrechnungsverfügung und die Nichtanrechnung der Kapitalertragssteuer in Höhe von x EUR zzgl. Solidaritätszuschlag i.H.v. x EUR, zusammen x EUR.

    Die noch streitigen Steuerabzugsbeträge resultieren aus Aktienkaufgeschäften der A-Bank im Veranlagungszeitraum 2008 in 15 verschiedenen deutschen Aktiengattungen über den jeweiligen Dividendenstichtag. Im Einzelnen handelte es sich dabei um folgende Aktienkäufe:

    Aktienkäufe Gesamt

    Aktiengattung WKN Stückzahl Kundennummer Depotbank Vertragspartner Stückzahl der vom jeweiligen Vertragspartner erworbenen Aktien
    Addidas AG 500340  7527 B-Bank AG n/a n/a
    BASF SE 515100  7281 Crédit Agrocole Cheuveux SA O Limited 
         R Markets 
    BASF SE 515100  7527 B-Bank AG P Limited 
    BASF SE 515100  7328 N Group N Group 
    Bayer AG 575200  7527 B-Bank AG P Limited) 
    Bayer AG 575200  7015 B-Bank AG M- AG) 
    Commerzbank AG 803200  7015 B-Bank AG M- AG) n/a
    Continental AG 543900  7281 D-Bank n/a n/a
    Continental AG 543900  7015 B-Bank AG n/a n/a
    Daimler AG 710000  7916 M- AG n/a n/a
    Daimler AG 710000  7527 B-Bank AG P Limited) 
    Daimler AG 710000  7328 N Group N Group 
    Daimler AG 710000  7015 B-Bank AG n/a n/a
    Deutsche Lufthansa AG 823.212  7281 D-Bank R Markets 
    Deutsche Lufthansa AG 823.212  7015 B-Bank AG M-AG 
    E.ON AG 761440  7001 C-Bank U Limited 
    E.ON AG 761440  7527 B-Bank AG P-Limited) 
    E.ON AG 761440  7015 B-Bank AG M-AG 
    MAN AG 593700  7527 B-Bank AG n/a n/a
    MAN AG 593700  7015 B-Bank AG n/a n/a
    Münchener Rück AG 843002  7281 D-Bank SA n/a n/a
    Münchener Rück AG 843002  7527 B-Bank AG n/a n/a
    Münchener Rück AG 843002  7015 B-Bank AG n/a n/a
    RWE AG 703712  7281 D-Bank SA O Limited 
    RWE AG 703712  7281 D-Bank SA R Markets 
    RWE AG 703712  7015 B-Bank AG S 
    Siemens AG 723610  7281 D-Bank SA O Limited 
    Siemens AG 723610  7328 N Group O Limited 
    ThyssenKrupp AG 750000  7281 D-Bank SA n/a n/a
    ThyssenKrupp AG 750000  7259 S Services S n/a
    VW AG 766440  7527 B-Bank AG n/a n/a
    VW AG (Vorzugsaktie) 766403  7527 B-Bank AG T Limited 

    Diese Aktienerwerbe wurden über ein bankinternes Wertpapierdepotkonto der A-Bank mit der Nummer 360 9999 und der Bezeichnung "Handelsbuch ...FFM SWAP" gebucht. Bei den auf diesem Konto aufgeführten Beständen handelt es sich ausschließlich um Aktien aus cum/ex-Käufen, die sämtlich außerbörslich (OTC-Geschäfte)erfolgten. Handelspartner waren meistens ausländische Broker oder große inländischen bzw. ausländische Kreditinstitute. Die Aktienkäufe wurden in der Regel einen Tag vor dem jeweiligen Dividendenstichtag mit Dividendenberechtigung abgeschlossen, jedoch erst nach dem Dividendenstichtag und damit ohne Dividendenberechtigung beliefert. Die Aktienerwerbe wurden teilweise fristgerecht innerhalb der vereinbarten zweitägigen Lieferfrist (t +2) erfüllt, teilweise jedoch erst verspätet beliefert (sog. Fails).Die Clearstream Banking AG Frankfurt (Clearstream) schrieb im Rahmen der Dividendenabwicklung dem Geldkonto der A-Bank Beträge in Höhe der jeweiligen Nettodividende als Dividendenkompensationszahlungen gut. Die A-Bank behandelte diese Kompensationszahlungen als Dividendenerträge und stellte sich als depotführendes Kreditinstitut entsprechende Kapitalertragssteuerbescheinigungen aus.

    Ein großer Teil der streitigen Aktiengeschäfte erfolgte über ausländische Depotbanken:

    Aktienkäufe über ausländische Depotbanken
     
    AktiengattungWKNStückzahlLieferverzögerung mit/ohne KundennummerDepotbankStückzahl der vom jeweiligen Vertragspartner erworbenen Aktien
    BASF SE515100  7281D-Bank SA 
    BASF SE515100 07328N Group 
    Continental AG543900 07281D-Bank SAn/a
    Daimler AG710000 07328N Group 
    Deutsche Lufthansa AG823212 07281D-Bank SA 
    Münchner Rück AG843002  7281D-Bank SAn/a
    RWE AG703712 07281D-Bank SA 
    Siemens AG723610  7281D-Bank SA 
    Siemens AG723610  7328N Group 
    ThyssenKrupp AG750000  7281D-Bank SAn/a

    Folgende Aktienkäufe erfolgten über inländische Depotbanken, ohne dass eine Lieferverzögerung vorlag:

    Aktienkäufe ohne Lieferverzögerung - inländische Depotbanken (ohne B-Bank AG)
     
    AktiengattungWKNStückzahlLieferverzögerungKundennummerDepotbankStückzahl der vom jeweilgen Vertragspartner erworbenen Aktien
    E.ON AG761440 07001C-Bank AG 

    Aktienkäufe ohne Lieferverzögerung - B-Bank AG
     
    AktiengattungWKNStückzahlLieferverzögerungKundennummerDepotbankStückzahl der vom jeweilgen Vertragspartner erworbenen Aktien
    BASF SE515100  7527 B-Bank AG 
    Bayer AG 575200  7527B-Bank AG 
    Continental AG543900 07015B-Bank AGn/a
    Daimler AG710000  7527B-Bank AG 
    E.ON AG 761440 07527B-Bank AG 
    E.ON AG761440 07015B-Bank AG 
    MAN AG593700 07527B-Bank AGn/a
    MAN AG593700 07015B-Bank AGn/a
    Münchner Rück AG843002 07527B-Bank AGn/a
    Münchner Rück AG843002 07015B-Bank AGn/a
    RWE AG703712 07015B-Bank AG 
    VW AG766440 07527B-Bank AGn/a
    VW AG (Vorzugsaktie)766403 07527B-Bank AG 

    Die über den Dividendenstichtag ausgeführten Aktienerwerbe der A-Bank standen jeweils im zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit weiteren von der A-Bank durchgeführten Aktien-, Wertpapierdarlehen-/Wertpapierpension-und Swap- Geschäften. Nach den Feststellungen des Beklagten verkaufte die A-Bank etwa 5-10 Tage vor dem Dividendenstichtag der jeweiligen Aktiengattung im außerbörslichen Handel entsprechende Aktien mit Dividendenberichtigung mit einer Erfüllungsfrist von ein oder zwei Tagen (t+1 bzw. t+2). Dabei war die A-Bank im Zeitpunkt des Abschlusses der schuldrechtlichen Verkaufsgeschäfte nicht Aktieninhaber, sondern beschaffte sich die veräußerten Stücke über Wertpapierpensionsgeschäfte und Wertpapierdarlehensgeschäfte, die in der Regel am Liefertag der Aktienverkaufsgeschäfte oder kurz vorher abgeschlossen und beliefert wurden. Diese Geschäfte hatten eine Laufzeit über den Dividendenstichtag der jeweils zu Grunde liegenden Aktiengattung.

    Um sich gegen Kursrisiken aus den offenen Rücklieferverpflichtungen aus den Wertpapierpensionsgeschäfte bzw. Wertpapierdarlehensgeschäften abzusichern, erwarb die A-Bank Total Return Swaps von anderen Kreditinstituten.

    Basiswert der Swaps waren Aktien der Gattung, die Gegenstand der Aktienverkaufsgeschäfte bzw. der Wertpapierdarlehens- /Wertpapierpensionsgeschäfte waren.

    Die Außenprüfung hat von den 15 untersuchten Wertpapiergattungen stichprobenhaft bei sechs Wertpapieren nationale bzw. internationale Auskunftsersuchen über die Herkunft bzw. die weitere Verwendung der zur Steueranrechnung gelangten Akten gestellt.

    Insgesamt beläuft sich das Kapitalertragssteuervolumen der gestellten Anfragen auf x EUR zzgl. X EUR Solidaritätszuschlag.

    Bezogen auf die einzelnen Aktiengattungen handelt es sich um folgende Anfragen, von denen die beantworteten Auskunftsersuchen sämtlich zu dem Ergebnis geführt haben, dass die Aktienverkäufer die Aktien im Zeitpunkt des Verkaufsgeschäfts nicht im Bestand hatten und dass kein Einbehalt von Kapitalertragssteuer durch die Depotbanken der Aktienverkäufer erfolgte:
     
    AktiengattungWKN davondavon   
      Kd.Nr Clears treamgestellte Auskunftsersuchen Finanzamt gesamtbeantwortete Ersuchen = festgestellte "Leerverkäufe"Depotbank des Aktienverkäufers (liefernde Depotbank)Auf das Ersuchen nicht geantwortet hat:"Leerverkäufer " im Ausland war:
       StückStück   
    BASF SE5151007527  B-Bank AGP Securities Ltd. 
    Bayer AG5752007527  B-Bank AGP Securities Ltd. 
    DAIMLER AG ORD NPV RG7100007285  B-Bank AG (V-Bank b.a.)
    DAIMLER AG ORD NPV RG7100007328  N Group (V-Bank b.a.)
    E.ON AG7614407527  B-Bank AGP Ltd. 
    RWE AG7037127281  D-Bank S.A. U Ltd.
    RWE AG7037127281  D-Bank S.A. X Bank Ltd.
    SIEMENS AG7236107328  N GroupW-Ltd BankY-BANK B.V.
    SIEMENS AG7236107328  N Group Z Ltd.

    Zum Ergebnis der Auskunftsersuchen und deren Auswertung wird im Einzelnen auf die Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 22.6.2016 (Bl. 430 FG-Akte) verwiesen.

    Bezogen auf die gehandelten Aktienstückzahlen stellen sich die Aktiengeschäfte wie folgt dar:
     
    SteueranrechnungAktienstückzahl
    aus Aktienbeständen gesamt191
    darin enthalten cum/ex-Erwerbe gesamt141
    darin enthalten von der Betriebsprüfung beanstandete cum/ex-Erwerbe141
    davon Wertpapierstichproben der Betriebsprüfung über Transaktionen mit regelmäßig kontrahierenden Handelspartner und Abwicklungsstellen128
    davon nationale/internationale Auskunftsersuchen80
    davon beantwortete Ersuchen44
    davon festgestellte Verkaufsgeschäfte ohne Bestand (= 100 % der beantworteten Ersuchen)44

    Drei der Aktienerwerbsgeschäfte der A-Bank über Aktien der Daimler AG, der Siemens AG und der RWE AG wurden im Rahmen der bei der A-Bank für die Jahre 2007 und 2008 durchgeführten Außenprüfung im Detail untersucht. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Geschäfte:

    1. Erwerb von 30 Aktien der Daimler AG (WKN 710000):

    Einen Tag vor dem Dividendenstichtag am 08.04.2008 erwarb die A-Bank 14 Daimler AG-Aktien von der N Group sowie 16 Daimler AG-Aktien von der P Ltd. (P) mit einer Lieferfrist von T+2. Von diesen 30 Daimler AG-Aktien wurden 4 Aktien vertragswidrig am 11.04.2008 - und damit einen Tag verspätet - an das Depot der A-Bank bei der Clearstream Banking Frankfurt (Clearstream) geliefert. Die Abwicklung der Aktienerwerbe erfolgte über ein Depotkonto der Clearstream Banking Luxemburg (CLux) bei der Clearstream.

    Ausweislich einer Antwort von N auf ein Auskunftsersuchen des Beklagten hatte die Verkäuferin N die gelieferten 14 Daimler AG-Aktien ihrerseits in 4 Tranchen von der V-Bank b.a. Bank International (V-Bank b.a.) mit Handelstag vor und Lieferverpflichtung nach dem Dividendenstichtag erworben. Auch die P als Verkäuferin der insgesamt 16 Daimler AG-Aktien hatte 14 der Aktien von der V- Bank b.a. erworben, wobei sämtliche von der P eingegangenen Beschaffungsgeschäfte vor dem Dividendenstichtag abgeschlossen und nach dem Dividendenstichtag erfüllt wurden. Die verbleibenden 2 Daimler AG-Aktien erhielt die P von MP. Die V-Bank b.a. Bank ihrerseits bestätigte der Betriebsprüfung, die 28 Daimler AG-Aktien am Ex-Tag (10.04.2008 und damit ohne Dividendenberechtigung) von R Capital Ltd. (R), einem in Großbritannien ansässigen Broker, erworben zu haben. Diese ihrem Wertpapierdepot am 10.04.2008 gutgeschriebenen Aktien wurden danach von der V-Bank b.a. Bank je zur Hälfte an N und P weitergeliefert. Die A-Bank hatte demzufolge 28 der insgesamt 30 Daimler AG-Aktien mittelbar von einem Leerverkäufer (V-Bank b.a.) erworben.

    Nicht geklärt ist dagegen, ob die weiteren 2 Daimler AG-Aktien, die die A-Bank mittelbar über P von MP erwarb, ebenfalls leerverkauft wurden.

    Aus dem Umstand, dass die A-Bank ihrerseits am 10.04.2008 (Ex-Tag) insgesamt 15,25 Daimler AG-Aktien ohne Dividendenberechtigung an die X-Bank Ltd. Sidney (X-Bank) verlieh, wobei die Abwicklung über ein Depot von X-Bank bei der F Group Deutschland AG erfolgte, die wiederum 15 Daimler AG-Aktien am 10.04.2008 auf ein Depot bei der D-Bank S.A. ( D-Bank) übertrug, deren Inhaber ungeklärt ist, schloss der Beklagte, dass die an die A-Bank verkauften Aktien zumindest teilweise von der A-Bank selbst stammten. Dabei ging der Beklagte davon aus, dass es sich bei dem Depot bei der D-Bank um ein Depot von R handelte, die neben anderen Depotkunden Depotkunde der D-Bank war. Die von dem Beklagten behauptete teilweise Selbstbelieferung der A-Bank wird von der Klägerin jedoch bestritten, da die Lieferung der Daimler AG-Aktien von der A-Bank an X-Bank im Rahmen der Wertpapierleihe erst am 10.04.2008 zeitlich nach der Lieferung der Daimler AG-Aktien von R an die V-Bank b.a. Bank erfolgt sei. Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob es sich bei den Zeitangaben der V-Bank b.a. Bank bezüglich der Aktienerwerbe von R um den Zeitpunkt des Erhalts der Depotbuchungsanweisung oder um den Zeitpunkt der tatsächlichen späteren Umbuchung im Depot bei der Clearstream handelt.

    2. Erwerb von 15 Siemens AG-Aktien:

    Desweiteren hatte die A-Bank außerbörslich vor dem Dividendenstichtag (24.01.2008) 15 Siemens AG-Aktien mit Dividendenberechtigung von N erworben, deren Lieferung erst am Ex-Tag (25.01.2008 und damit ohne Dividendenberechtigung) erfolgte. Nach eigenen Angaben von N auf ein Auskunftsersuchen des Beklagten hatte sich N 2 Aktien von der Y-Bank Bank N.V. mit Depot bei der ABN Y-Bank, 9Aktien von der I-Bank (UK) Ltd. und weitere 4 Aktien von Z Ltd. beschafft. N hatte die Aktien jeweils mit Dividendenberechtigung erworben, jedoch ohne Dividendenberechtigung erhalten. Hinsichtlich der 2 Siemens AG-Aktien von der Y-Bank N.V. hat diese bestätigt, Leerverkäufer gewesen zu sein. Hinsichtlich der übrigen 13 Siemens AG-Aktien, die die A-Bank mittelbar von der I-Bank und Z Ltd. erworben hat, fehlen Angaben zu den Beschaffungsgeschäften.

    3. Erwerb von 10 RWE AG-Aktien:

    Weiterhin erwarb die A-Bank am Tag vor dem Dividendenstichtag der RWE AG (17.04.2008) außerbörslich insgesamt 10 RWE AG-Aktien mit Dividendenberechtigung von R und O Ltd. (O) (jeweils 5 Stück). Die Lieferung von 9 der Aktien erfolgte nach dem Dividendenstichtag am 18.04.2008 und damit ohne Dividendenberechtigung in das Depot der A-Bank bei der Clearstream; die übrigen 1 RWE AG-Aktien wurde am 22.04.2008 und damit verspätet geliefert. R und O hatten sich die 10 an die A-Bank veräußerten RWE AG-Aktien ihrerseits von der J-Banque über ein Depot bei der S (5 Stück) sowie von X-Bank über ein Depot bei der CLux (5 Stück) beschafft; wobei die schuldrechtlichen Beschaffungsgeschäfte jeweils vor dem Dividendenstichtag, also mit Dividendenberechtigung abgeschlossen und nach dem Dividendenstichtag geliefert wurden. Nicht abschließend geklärt ist, in welcher Stückzahl die Verkäufer R und O ihrerseits von der J-Banque und von X-Bank beliefert wurden. Die J-Banque ihrerseits hatte 5 RWE AG-Aktien mit Handelstag vor und Lieferung nach dem Dividendenstichtag von U Asset Ltd. (U) erworben. U seinerseits hatte am 18.04.2008 4 RWE AG-Aktien in teilweise Erfüllung eines Erwerbsgeschäfts von 4,5 RWE AG-Aktien mit einem nicht bekannten Dritten ohne Dividendenberechtigung erhalten, wie sich aus der Antwort der C-Bank auf ein Auskunftsersuchen des Beklagten ergibt. X-Bank hatte nach eigenen Angaben die an R bzw. O veräußerten 5 RWE AG-Aktien ohne Dividendenberechtigung am 18.04.2008 über Wertpapierleihen von der A-Bank und der TEB AG erhalten. Dabei ist nicht geklärt, wie viele der 5 entliehenen Aktien im Einzelnen von der A-Bank bzw. der TEB stammen. Bekannt ist nur, dass die A-Bank am Ex-Tag der RWE AG (18.04.2008) 10 RWE AG-Aktien ohne Dividendenberechtigung an X-Bank verlieh. Während der Beklagte aufgrund der getroffenen Feststellungen davon ausgeht, dass die von der A-Bank über den Dividendenstichtag erworbenen RWE AG-Aktien aus Leerverkäufen stammen und die A-Bank sich zumindest teilweise selbst beliefert habe, sieht die Klägerin den Nachweis dafür als nicht erbracht an. Für eine Selbstbelieferung fehle es an dem Nachweis einer chronologischen Belieferungskette. Ein Leerverkauf liege bereits deshalb nicht vor, weil die mittelbaren Aktienlieferanten, hier U, hinsichtlich der 4,5 RWE AG-Aktien bereits am Handelstag der Weiterveräußerung an die J-Banque einen schuldrechtlichen Lieferanspruch in gleicher Höhe hatten. Leerverkäufe seien allenfalls in Bezug auf die 5 mittelbar von X-Bank erworbenen RWE AG-Aktien nachgewiesen.

    Nach Auswertung ihrer Ermittlungen versagte der Beklagte die Steueranrechnungsberechtigung der Klägerin für die streitigen cum-/ex- Geschäfte.

    Da in allen geprüften Fällen nach Ansicht des Beklagten nachgewiesen worden sei, dass die Klägerin Aktien aus Leerverkäufen erworben habe, könne dieses Ergebnis auch auf die übrigen streitigen Aktienkäufe übertragen werden, weil diese nach demselben Schema, d.h. Abschluss der schuldrechtlichen Erwerbsgeschäfte vor dem Dividendenstichtag und Belieferung durch den Verkäufer nach dem Dividendenstichtag, abgewickelt worden seien. Der Beklagte versagte sodann den Steuerabzug. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass die A-Bank an den erst nach dem Hauptversammlungsstichtag gelieferten Aktien zum Zeitpunkt der Hauptversammlung weder das zivilrechtliche noch das wirtschaftliche Eigentum innegehabt habe, so dass ihr die den Steuerabzug der Emittenten der Aktien auslösende Dividende nicht zuzurechnen sei. Gleichwohl seien der A-Bank die vereinnahmten Dividendenkompensationszahlungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG als Einnahme zuzurechnen, eine Steueranrechnung sei jedoch nur insoweit möglich, wie darauf ein Steuereinbehalt auf Basis des § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG erfolgt sei, wofür der die Anrechnung Begehrende die Beweislast trage. Da ein solcher Beweis nicht geführt worden sei und auch die Auskunftsersuchen der Betriebsprüfungsstelle keinen Einbehalt durch eine dem Verkaufsauftrag ausführende Stelle ergeben hätten, könne eine Steueranrechnung in der begehrten Höhe nicht erfolgen. Insbesondere ergebe sich aus einem Auskunftsersuchen bei der B-Bank, dass ein Steuereinbehalt auch in den Fällen, in denen diese als inländische Depotbank auf Seiten des Aktienverkäufers eingebunden war, nicht erfolgt sei. Eine verspätete Lieferung der Aktien habe dabei nicht vorgelegen. Der Beklagte bezieht sich dabei auf die Antwort der B-Bank vom 28.6.2012 auf ein Auskunftsersuchen der Betriebsprüfung des Beklagten betreffend 16 Aktien der Daimler AG die fristgerecht geliefert wurden (vgl. Bl. 117 ff. FG-Akte). Darin hat die B-Bank - die auch bei den anderen Aktiengeschäften, in denen inländische Depotbanken durch den Aktienverkäufer eingeschaltet waren, als Depotbank agierte - bestätigt, dass sie bei der Dividendenregulierung gegenüber der A-Bank keine Kapitalertragsteuer einbehalten habe. Dies erkläre sich daraus, dass die Lieferungen an die A-Bank durch Eingänge mit gleichen Handels-/, Valuta-/und Lieferdaten gedeckt gewesen seien.

    Im Einzelnen ist bei folgenden Aktiengeschäften die Kapitalertragsteueranrechnung streitig:
     
    Emittent (WKN)Stückzahldavon Lieferverzögerung (Stückzahl)KapESt in EUR auf GesamtstückzahlSolZ in EUR auf Gesamtstückza hlKapESt plus SolZ in EUR auf Lieferrungen
    Addidas AG (500340)     
    Bayer AG (575200)     
    Commerzba nk AG (710000)      
    Continental AG (543900)      
    Daimler AG (710000)     
    Deutsche Lufthansa AG (823212)     
    E.ON AG (761440)      
    MAN AG (593700)      
    Münchener Rückversich erung AG (843002)     
    RWE AG (703712)      
    Siemens AG (723610)      
    ThyssenKru pp AG (750000)     
    VW AG (766400)      
    VW AG Vorzugsakti e (766403)     
      Summe   
    Steueranrechnungsvolumen in EUR insgesamt:     

    Die Klägerin ist der Ansicht, die Voraussetzungen für eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG lägen vor. Dies gelte unabhängig davon, ob die A-Bank die relevanten Aktien von einem Bestandsverkäufer oder einem Leerverkäufer erworben habe. Als Aktienerwerber sei sie zur Anrechnung der auf die originäre Dividende von der ausschüttenden Aktiengesellschaft einbehaltenen Kapitalertragsteuer berechtigt, da sie sowohl bei Bestandsverkäufen als auch bei Leerverkäufen bereits am Handelstag mit Abschluss des schuldrechtlichen Erwerbsgeschäfts wirtschaftliches Eigentum an den Aktien erworben habe. Dies bedeute zwar im Fall von Leerverkäufen eine Verdoppelung des wirtschaftlichen Eigentums, da nicht nur der zivilrechtliche Eigentümer der Aktien am Dividendenstichtag, sondern auch der noch nicht belieferte Aktienerwerber als wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien angesehen werde und damit ebenfalls zur Anrechnung von Kapitalertragsteuer berechtigt sei. Dies habe der Gesetzgeber nicht nur erkannt, sondern, wie sich aus der Begründung des Regierungsentwurfs zum Jahressteuergesetz 2007 vom 25.09.2006 ergebe (BT-Drucksache 16/2712 vom 25.09.2006), auch akzeptiert. In der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf, der auf Anregungen des Bankenverbandes mit Schreiben vom 20.12.2002 zurückgehe, sei der Gesetzgeber in Bezug auf Leerverkäufer ausdrücklich von einem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Erwerber bereits am Handelstag ausgegangen und habe dementsprechend zur Vermeidung von Steuerausfällen die Verpflichtung der inländischen Depotbank eines Leerverkäufers zum Einbehalt weiterer Kapitalertragsteuer auf die Dividendenkompensationszahlung vorgesehen. Damit habe ein Auseinanderfallen von tatsächlich abgeführter und angerechneter Kapitalertragsteuer in Leerverkaufsfällen vermieden werden sollen.

    Die Klägerin meint, die Gesetzesbegründung zum Jahressteuergesetz 2007 bestätige ausdrücklich, dass wirtschaftliches Eigentum an Aktien mehreren Personen gleichzeitig zustehen könne. Auch zeige der Gesetzgeber mit der Einführung des Jahressteuergesetzes 2007 und den Normen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 3 sowie § 45a Abs. 2 und 3 EStG, mit denen er die inländische Depotbank des Leerverkäufers zum Einbehalt von Kapitalertragsteuer auf die an den Aktienerwerber gezahlte Dividendenkompensationszahlung verpflichtete, dass er von der Möglichkeit einer mehrfachen Zurechnung wirtschaftlichen Eigentums an Aktien im Fall von Leerverkäufen ausgegangen sei. Zweck der Normen sei es gewesen, die aus der doppelten Zurechnung von Aktien- und Kapitalertragssteueranrechnungsguthaben resultierenden Steuerausfälle durch einen weiteren Tatbestand zum Einbehalt von Kapitalertragsteuer zu begegnen.

    Auch lägen, ausgehend von diesen Wertungen des Gesetzgebers, vorliegend sämtliche tatbestandlichen Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG für die Anrechnung der Kapitalertragsteuer aus den streitigen Aktienkäufen bei der A-Bank vor: Die Kapitalertragsteuer entfalle auf Einkünfte, die bei der A-Bank im Rahmen der Veranlagung steuerlich erfasst worden seien, sie sei durch Steuerabzug der ausschüttenden Aktiengesellschaft erhoben worden, eine Erstattung sei weder beantragt noch durchgeführt und die Originale der Kapitalertragsteuerbescheinigungen mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt seien auch vorgelegt worden. Diese Voraussetzungen seien ungeachtet der Tatsache erfüllt, dass die A-Bank die Aktien außerbörslich von einem Bestands- oder Leerverkäufer erworben habe und ob die A-Bank sich selbst beliefert habe oder nicht.

    Dies ergebe sich daraus, dass das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien bereits am Handelstag der Aktienerwerbe und damit vor dem Dividendenbeschluss der jeweils ausschüttenden Aktiengesellschaft auf die A-Bank übergegangen sei, so dass ihr die Aktien als wirtschaftliche Eigentümerin am Dividendenstichtag zuzuordnen seien. So habe der BFH bereits in seiner Entscheidung vom 15.12.1999 (I R 29/97, BStBl II 2000, 527) ausgeführt, dass mit Vertragsschluss die mit den Wertpapieren gemeinhin verbundenen Kursrisiken und Kurschancen auf den Aktienerwerber übergingen und dem Aktienerwerber nach den Börsenusancen und den üblichen Abläufen des Wertpapierhandels die mit den Anteilen verbundenen Gewinnansprüche nicht mehr entzogen werden könnten. Der Umstand, dass die Aktien erst nach Vertragsschluss geliefert würden, sei für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums unbedeutend. Dass diese Rechtsprechung auch für außerbörsliche Aktiengeschäfte - wie im Streitfall - gelte, werde nicht nur von der überwiegenden Fachliteratur bejaht (Desens, Deutsche Steuerzeitung 2012, 142 (149 ff.), Englisch, Finanzrundschau 2010, 1023 (1028 ff.), Hahne, Deutsches Steuerrecht 2007, 605 (609) u.a.), sondern der BFH habe dies mit Urteil vom 16.04.2014 nochmals ausdrücklich bestätigt. Zwar habe der BFH in dem entschiedenen Fall den Anspruch der GmbH auf Kapitalertragsteueranrechnung aus tatsächlichen Gründen - die im vorliegenden Fall nicht relevant seien - verneint. Er habe jedoch ausdrücklich festgestellt, dass ein Steuerpflichtiger grundsätzlich auch bei einem außerbörslichen Aktienerwerb bereits am Handelstag wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien werde und damit im Fall einer nach dem schuldrechtlichen Erwerb erfolgten Gewinnausschüttung den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG erfülle. Dabei habe der BFH ausdrücklich klargestellt, dass die einzelnen Komponenten des Gesamtvertragskonzepts für sich genommen (namentlich die Fremdfinanzierung und das Total-Return-Swap-Geschäft) den wirtschaftlichen Eigentumserwerb der GmbH nicht gefährdet hätten. Da es vorliegend an einem solchen initiierten und modellhaft aufgelegten Gesamtvertragskonzept im Sinne der BFH-Rechtsprechung fehle - denn die A-Bank habe die erworbenen Aktien nicht gleichzeitig mit dem schuldrechtlichen Erwerbsgeschäft mittels einer Wertpapierleihe auf einen Dritten übertragen, der gleichzeitig den Aktienerwerb fremdfinanziert habe und mit dem die A-Bank gleichzeitig Total-Return-Swap-Geschäfte über die erworbenen Aktien abgeschlossen habe - sei die Klägerin vorliegend bereits im Zeitpunkt des schuldrechtlichen Erwerbsgeschäfts wirtschaftliche Eigentümerin der über den Dividendenstichtag erworbenen Aktien geworden. Weder die Tatsache, dass die Aktien im außerbörslichen Handel erworben worden seien noch dass die A-Bank in Bezug auf die erworbenen Aktien Total-Return-Swap-Geschäfte abgeschlossen habe, stünden dem wirtschaftlichen Eigentumserwerb entgegen.

    Soweit der Beklagte in Anlehnung an das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 10.02.2016 (4 K 1684/14) davon ausgehe, dass bei OTC-Geschäften und Leerverkäufen das wirtschaftliche Eigentum erst mit Lieferung der Aktien auf den Erwerber übergehe, werde dabei die Gesetzesbegründung zum Jahressteuergesetz 2007 nicht hinreichend berücksichtigt. Die Berücksichtigung der Gesetzesbegründung sei jedoch insbesondere dann erforderlich, wenn - wie vorliegend - der Gesetzeswortlaut des Jahressteuergesetzes 2007 keine eindeutige Auslegung zulasse, was sich vorliegend bereits darin zeige, dass die Frage des Zeitpunkts des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums bei Leerverkäufen in der Fachliteratur kontrovers diskutiert werde. Nach dieser Gesetzesbegründung zum Jahressteuergesetz 2007 sei vom Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den von der A-Bank erworbenen Aktien bereits am Handelstag auszugehen. Dadurch, dass der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung die Formulierung des Bundesverbandes Deutscher Banken vom 20.12.2002 übernommen habe, habe er ausdrücklich die Möglichkeit der Vervielfachung des wirtschaftlichen Eigentums akzeptiert.

    Soweit der Beklagte und das Hessische Finanzgericht für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums am Handelstag auf das Erfordernis der tatsächlichen Sachherrschaft im Sinne von § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO abstellten, finde dieses Merkmal auf girosammelverwahrte Aktien keine Anwendung, da diese Aktien generell nicht in der "unmittelbaren Sachherrschaft" des Eigentümers stünden. Denn an den girosammelverwahrten Aktien bestehe lediglich ein gedachter Miteigentumsanteil an einer bei Clearstream hinterlegten Globalurkunde. Der Aktienerwerber erwerbe letztlich keine beherrschbare Sache, sondern eine Rechtsposition.

    Diese rechtliche Analyse ändere sich auch nicht, soweit die A-Bank von einem Leerverkäufer erworben habe. Die vom BFH in seiner Rechtsprechung zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums beim Erwerb von Aktien über die Börse herangezogenen Kriterien seien auch im Fall des Erwerbs vom Leerverkäufer erfüllt. Der Aktienerwerber (hier die A-Bank) erhalte dieselbe Rechtsposition wie bei einem Erwerb von einem Bestandsverkäufer, indem sie bereits mit Abschluss des schuldrechtlichen Erwerbsgeschäfts die mit den Aktien verbundenen Kursrisiken trage und von etwaigen Wertsteigerungen der Aktien profitiere. Darüber hinaus erfolge auch bei einem Leerverkauf eine Dividendenregulierung mittels einer Dividendenkompensationszahlung, so dass die A-Bank bereits mit Vertragsschluss die mit den Aktien verbundenen Gewinnansprüche realisieren könne. Der fehlende Besitz stehe dem Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums nicht entgegen.

    Die Klägerin meint, der BFH habe mit Urteil vom 16.04.2014, Tz. 31, bestätigt, dass nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers auch im Fall des Aktienerwerbs von einem Leerverkäufer der Aktienerwerber bereits mit Abschluss des schuldrechtlichen Erwerbsgeschäfts wirtschaftlicher Eigentümer der auch hier T+2 gelieferten Aktien werde. Zwar lasse der BFH mangels Entscheidungsrelevanz vordergründig offen, welcher der in der Literatur umstrittenen Ansicht zu folgen wäre, tatsächlich aber nehme der BFH ausdrücklich einen Durchgangserwerb bei der erwerbenden GmbH an.

    Selbst wenn dieser Ansicht, des Erwerbs des wirtschaftlichen Eigentums an den erworbenen Aktien mit Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages, in den Fällen eines Leerverkaufs nicht zu folgen wäre, stünde dies der Anrechnung der Kapitalertragsteuer nicht entgegen, da der Beklagte den ihm obliegenden Nachweis des Erwerbs vom Leerverkäufer in Bezug auf einen Großteil der von der A-Bank erworbenen Aktien nicht erbracht habe. In den von der Betriebsprüfung überprüften Fällen sei sowohl im Hinblick auf die 2 Daimler AG-Aktien, als auch auf die 13 Siemens AG-Aktien die mittelbar von Z Ltd. und I-Bank geliefert wurden, sowie im Hinblick auf 5 RWE AG-Aktien die mittelbar von U Ltd. geliefert wurden, offengeblieben, ob tatsächlich ein Leerverkauf vorgelegen habe. In Bezug auf 4,5 RWE AG-Aktien sei sogar widerlegt, dass ein Leerverkauf vorgelegen habe, da insoweit der angebliche Leerverkäufer (U) am Handelstag einen schuldrechtlichen Lieferanspruch gehabt habe und deshalb nicht leer gewesen sei.

    Insgesamt resultiere aus den nachgewiesenen Leerverkäufen in Bezug auf die untersuchten Erwerbe von Aktien der Daimler AG, der Siemens AG und der RWE AG ein Kapitalertragsteueranrechnungsanspruch in Höhe von x € zuzüglich x € Solidaritätszuschlag.

    Auch für die Fälle der Lieferverzögerung könne nicht unterstellt werden, dass ein Erwerb vom Leerverkäufer vorgelegen habe, da Fails auf eine Vielzahl von Gründen zurückzuführen seien. Insbesondere könne ein Fail durch komplexe Lieferketten verursacht sein. Im Weiteren führt die Klägerin beispielhaft aus, welche Umstände zu Fails führen können und schlussfolgert daraus, dass Lieferverzögerungen bei Aktiengeschäften mitnichten den Rückschluss auf einen Leerverkauf zuließen.

    Da es sich im Streitfall um die Aufhebung eines begünstigenden Verwaltungsaktes handele, trage der Beklagte die objektive Feststellungslast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der jeweiligen Aufhebungsvorschrift, hier des § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO. Denn bei der ursprünglich erlassenen Anrechnungsverfügung vom 03.11.2009 handele es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt, der besonderen Vertrauensschutz genieße und nicht ohne Weiteres zu Lasten des Steuerpflichtigen geändert werden könne. Bei dem Vorliegen eines Leerverkaufs handele es sich um eine für die Rücknahme nach § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO erforderliche Tatbestandsvoraussetzung, die vom Beklagten nachzuweisen sei. Eine Umkehr der Feststellungs- bzw. Beweislast zu Lasten der A-Bank sei auch nicht deshalb eingetreten, weil die A-Bank die Anrechnungsverfügung durch objektiv unrichtige Angaben erwirkt habe, da sie in jedem Fall wirtschaftliche Eigentümerin der Aktien am Handelstag der Aktiengeschäfte geworden sei. Gegen eine Feststellungs- und Beweislast der Klägerin spreche zudem, dass es für einen Aktienerwerber regelmäßig nicht erkennbar sei, ob er (mittelbar) von einem Leerverkäufer oder einem Bestandsverkäufer erwerbe. Müsste er dennoch eine Kapitalertragssteueranrechnung beweisen, würde dies den freien Aktienhandel erheblich beeinträchtigen.

    Soweit der Beklagte den Nachweis eines Leerverkaufs erbracht habe, sei die A-Bank zur Anrechnung von Kapitalertragsteuer berechtigt, weil sie wirtschaftliche Eigentümerin der über den Dividendenstichtag erworbenen Aktien und demzufolge Empfängerin der originären Dividende im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG geworden sei. Selbst im Falle einer Selbstbelieferung durch die A-Bank führe dies zu keiner anderen Beurteilung.

    Selbst wenn die A-Bank für steuerliche Zwecke nicht Empfängerin der originären Dividende im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, sondern lediglich Empfängerin eines sonstigen Bezugs im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG (Dividendenkompensationszahlung) geworden sein sollte, wäre die in § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG enthaltene Voraussetzung der Erhebung von Einkommensteuer durch Steuerabzug erfüllt, da es bei Empfang einer Dividendenkompensationszahlung auf den Einbehalt von Kapitalertragsteuer auf die originäre Dividende und nicht auf den Einbehalt von Kapitalertragsteuer auf die Dividendenkompensationszahlung ankomme. Denn für die Anrechnung von Kapitalertragsteuer bei Empfang von Dividendenkompensationszahlungen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG würden die gleichen Grundsätze gelten wie beim Empfang einer originären Dividende. In der Gesetzesbegründung zum OGAW-IV-Umsetzungsgesetz habe der Gesetzgeber ausdrücklich festgestellt, dass die Anrechnung von Kapitalertragsteuer in den Fällen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG losgekoppelt und damit unabhängig vom Einbehalt von Kapitalertragsteuer auf die Dividendenausgleichszahlung erfolge (BT-Drs. 17/45/10 vom 24.01.2011, S. 90).

    Zwar setze § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG im Grundsatz voraus, dass Kapitalertragsteuer nur dann angerechnet werden könne, wenn sie auch tatsächlich einbehalten worden sei (Korrespondenzprinzip). Dieses Korrespondenzprinzip sei jedoch beim Erwerb vom Leerverkäufer über eine ausländische Depotbank durchbrochen, indem im mit Jahressteuergesetz 2007 eingeführten § 45a Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 EStG der Gesetzgeber bei cum-/ex-Leerverkäufen den Emittenten der Aktien als Schuldner der Kapitalerträge fingiere und damit zu erkennen gebe, dass es für die Anrechnung von Kapitalertragsteuer allein auf den Kapitalertragssteuereinbehalt beim Emittenten der Aktien ankomme. Zum Nachweis, dass der Gesetzgeber an mehreren Stellen im Gesetz den Grundsatz, dass Kapitalertragsteuer nur dann angerechnet werden könne, wenn sie einbehalten worden sei, durchbrochen habe, verweist die Klägerin auf die Anrechnung ausländischer Quellensteuer im Rahmen von § 34c EStG sowie den ab dem 01.01.2016 ins Gesetz aufgenommenen § 36a EStG.

    Auch ergebe sich aus der Gesetzesbegründung zum Jahressteuergesetz 2007, dass der Gesetzgeber die negativen Auswirkungen auf das Steueraufkommen nur "verringern" wollte, indem er inländische Kreditinstitute zur Einbehaltung und Abführung von Kapitalertragsteuer auf die Dividendenkompensationszahlung verpflichtet habe. Dabei sei ihm bewusst gewesen, dass die Abwicklung über ein ausländisches Kreditinstitut nicht erfasst werde. Da die negativen Auswirkungen auf das Steueraufkommen lediglich "verringert" nicht aber beseitigt werden sollten, sei der Gesetzgeber offenbar davon ausgegangen, dass in den von der Neuregelung nicht erfassten Fällen weiterhin die Möglichkeit bestanden habe, Kapitalertragsteuer zweimal anzurechnen, obwohl sie nur einmal einbehalten worden sei (das betreffe insbesondere Leerverkaufsstrukturen mit einer ausländischen Depotbank auf der Veräußererseite).

    Selbst wenn es bei der Steueranrechnung auf den Einbehalt von Kapitalertragsteuer auf die Dividendenkompensationszahlung durch ein dem Verkaufsauftrag ausführendes Kreditinstitut ankommen sollte, wäre die A-Bank zur Anrechnung von Kapitalertragsteuer berechtigt, da der Beklagte der ihm obliegenden Feststellungslast, dass auf die Dividendenkompensationszahlung keine Kapitalertragsteuer einbehalten worden sei, nicht nachgekommen sei. Diesen Nachweis habe der Beklagte allenfalls in Bezug auf 28 Daimler AG-Aktien sowie in Bezug auf 5 RWE AG-Aktien erbracht.

    Als weitere Voraussetzung für die Anrechnung der Kapitalertragsteuer habe die A-Bank auch die in § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 EStG vorausgesetzte Kapital- ertragsteuerbescheinigung im Original vorgelegt. Dabei genüge es für die Steueranrechnung auf die Dividendenkompensationszahlung im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG, dass eine Kapitalertragssteuerbescheinigung vorgelegt werde, die lediglich den Nachweis des Steuereinbehalts auf die originäre Dividende durch die ausschüttende Gesellschaft erbringe, da sich das amtlich vorgeschriebene Muster der Kapitalertragssteuerbescheinigung ausschließlich auf die originäre Dividende beziehe. Demzufolge sei die Steuerbescheinigung auch nicht inhaltlich falsch.

    Des Weiteren liege entgegen der Ansicht des Beklagten auch kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 42 AO vor. Soweit der Beklagte eine unangemessene rechtliche Gestaltung in der Kombination aus Aktiengeschäften über den Dividendenstichtagen, Total-Return-Swap-Geschäfte sowie der möglichen Selbstbelieferung der A-Bank über Wertpapierdarlehen am Ex-Tag sehe, weil die Geschäfte ausschließlich auf den Erhalt anrechenbarer Steuern ausgerichtet seien, könne dem nicht gefolgt werden. Vorliegend habe der Beklagte in Bezug auf einen Großteil der Aktien bereits nicht nachgewiesen, dass sie von einem Leerverkäufer erworben worden seien. Selbst wenn, hätten keine Absprachen zwischen der A-Bank und dem potentiellen Leerverkäufer vorgelegen, zumindest ließen sich Absprachen mit den vom Beklagten behaupteten Selbstbelieferungen der A-Bank nicht begründen. Abgesehen davon sei eine Selbstbelieferung nicht nachgewiesen worden. Dass sich die A-Bank durch die Swap-Geschäfte mit anderen Parteien der eigentlichen Grundlage des Aktienhandels (Kurschancen) begeben habe, begründe dabei keinen Missbrauch, sondern es sei durchaus gängige Marktpraxis, dass Kreditinstitute Aktienpositionen durch Derivatgeschäfte gegen Kursrisiken absichern. Die gewählte rechtliche Struktur sei damit weder ungewöhnlich noch unangemessen im Sinne von § 42 AO.

    Letztlich sei eine Rücknahme der ursprünglichen Anrechnungsverfügung auch aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht zulässig. Soweit der Beklagte die Rücknahme der Anrechnungsverfügung neben § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO alternativ auch auf § 131 Abs. 2 Nr. 1 AO (Widerrufsvorbehalt) stützen wolle, sei dies ermessensfehlerhaft und rechtswidrig, da im Änderungsbescheid vom 12.07.2011 die Rücknahme allein mit § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO begründet worden sei. Ein Austausch der Rechtsgrundlage sei bei Ermessensverwaltungsakten nach allgemeiner Auffassung weder durch die Finanzbehörde noch durch das Finanzgericht zulässig. Eine Ausnahme gelte für den Fall, dass die Behörde ihre Entscheidung nach pflichtgemäßer Ermessensausübung ursprünglich auf § 131 AO gestützt habe und der Bescheid sich anschließend als rechtswidrig herausstelle.

    Dieser Fall liege vorliegend jedoch nicht vor, da die Rücknahme ursprünglich auf § 130 AO gestützt worden sei und nunmehr auf § 131 AO gestützt werde.

    Des Weiteren hat die Klägerin erstmals im Klageverfahren vorgetragen, dass der Abrechnungsbescheid vom 25.8.2011 hinsichtlich der Aktiengeschäfte über 1,5 Millionen Daimler Aktien, denen eine Anrechnung von x € Kapitalertragsteuer und x € Solidaritätszuschlag zugrunde liegt, bereits deshalb rechtswidrig sei, weil es sich bei der Transaktion nicht um einen cum-/ex-Aktienerwerb der A-Bank, sondern lediglich um die Stornierung einer Aktienlieferung der A-Bank an die B-Bank handele. Der Beklagte hat dies nach entsprechender Überprüfung der Ausführungen der Klägerin im Klageverfahren bestätigt.

    Die Klägerin beantragt,

    den Abrechnungsbescheid über Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschlagder ehemaligen A-Bank für 2008 vom 25.8.2011, geändert durch Bescheid vom 5.4.2013, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.4.2014 aufzuheben;

    hilfsweise die Revision zuzulassen;

    die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

    Der Beklagte beantragt,

    die Anrechnung von Kapitalertragsteuer in Höhe von x EUR und x EUR Solidaritätszuschlag anzuerkennen und im Übrigen die Klage abzuweisen;
    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Er ist der Ansicht, der Abrechnungsbescheid vom 25.08.2011, geändert durch Bescheid vom 05.04.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.04.2014 sei rechtmäßig, da die Voraussetzungen zur Anrechnung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag nicht vorlägen. Es fehle an einer Erhebung der Kapitalertragsteuer im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 EStG i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG.

    Eine Anrechnung der vom Emittenten erhobenen Kapitalertragsteuer komme nicht in Betracht, da der A-Bank die Dividenden steuerlich nicht zuzurechnen seien. Die A-Bank sei im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses nicht Aktieninhaber im Sinne des § 20 Abs. 5 EStG gewesen.

    Insbesondere habe die A-Bank im Zeitpunkt der Kupontrennung noch kein wirtschaftliches Eigentum im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO an den Aktien erworben. Allein der Abschluss eines Kaufvertrages verschaffe dem Erwerber einer Sache grundsätzlich noch kein Eigentum.

    Zwar habe der BFH bei Börsengeschäften in seinem Urteil vom 15.12.1999, I R 29/97, BStBl II 2000, 527 entschieden, dass der Aktienerwerber bereits mit Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages wirtschaftlicher Eigentümer werde, auch wenn die Erfüllung der Geschäfte erst am zweiten Handelstag nach Geschäftsabschluss zu erfolgen habe. Diese Rechtsprechung gelte aber nicht für OTC-Geschäfte, da diese maßgeblich vom Börsenhandel abwichen und keinen festen Regeln folgten. Dadurch, dass OTC-Geschäfte taggleich abgeschlossen und erfüllt werden können, sei die Berechtigung der Papiere zum Dividendenbezug im Zeitpunkt der Kupontrennung nicht sichergestellt. Auch entspräche der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums mit Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages nicht den tatbestandlichen Voraussetzungen, die das Gesetz für das wirtschaftliche Eigentum in § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO fordere. Wegen der fehlenden Notwendigkeit einer zweitägigen Erfüllungsfrist bei außerbörslichen Geschäften würde eine Übertragung der vom BFH zum Börsenhandel aufgestellten Grundsätze auf OTC-Geschäfte dazu führen, dass es zu einer Vervielfachung wirtschaftlichen Eigentums käme. Wirtschaftliches Eigentum könne aber nicht vervielfacht werden. Vielmehr schließe wirtschaftliches Eigentum zivilrechtliches Eigentum aus. Die Annahme, die Verfügungsgewalt des Aktienveräußerers sei auch bei OTC-Geschäften durch das Setzen eines Sperrvermerks in seinem Depot ausgeschlossen, gehe von falschen Voraussetzungen aus. Einen Sperrvermerk gebe es im Handel institutioneller Großanleger nicht. Hier handele es sich sämtlich um Omnibus-Konten von Wertpapierhandelsunternehmen, in denen bei der Depotabwicklung keine individuellen Wertpapierkundenbestände zugeordnet werden könnten. Entsprechendes gelte auch für den Sammelverwahrer Clearstream.

    Die Klägerin habe überdies kein wirtschaftliches Eigentum an den Aktien erwerben können, da die Veräußerer zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht Eigentümer bzw. Besitzer der Aktien gewesen seien (Leerverkauf). Bei einem Erwerb von einem Leerverkäufer würden dem Anteilseigner der jeweiligen Aktiengattung die Gewinnansprüche aus den Aktien gerade nicht entzogen. Der Leerkäufer habe lediglich einen Anspruch auf eine Dividendenkompensationszahlung, bei der es sich aber nicht um die originäre Dividende, sondern um eine Schadenersatzleistung handele. Der Gewinnanspruch als solcher verbleibe beim zivilrechtlichen Eigentümer der Aktie, der auch die tatsächliche Dividende erhalte. Demzufolge sei der Aktienleerkäufer weder in der Lage den Aktieninhaber in seiner Verfügung über die Aktien zu beschränken noch könne er auf den Gewinnanspruch zugreifen. Die Vertragsparteien des Aktienleerverkaufs könnten somit nicht untereinander mit Hilfe schuldrechtlicher Regelungen den wahren Inhaber der Wertpapiere von der eigenständigen Nutzung und Verwertung der Aktien ausschließen.

    Der Beklagte meint, er habe in allen geprüften Fällen nachgewiesen, dass die Klägerin Aktien aus Leerverkäufen erworben habe. Soweit die Klägerin beanstande, dass der Beklagte nur in Bezug auf 44 von insgesamt 141 cum/ex erworbenen Aktien Leerverkäufe festgestellt habe und dies für die übrigen 97 Aktien unterstelle, verkenne die Klägerin, dass von der Vielzahl internationaler Auskunftsersuchen über ein Volumen von 80 Aktien (über 50 % aller Stücke) nur diese 44 Aktien beantwortet worden seien, diese jedoch in ausnahmslos allen beanstandeten Fällen Leerverkäufe bestätigt hätte. Dies lasse unzweifelhaft einen Rückschluss auf die übrigen Geschäfte zu, zumal Handelspartner, Handelszeitpunkte und kontrahierende Stellen bei sämtlichen über das Depot ... FFM Swap gebuchten Transaktionen regelmäßig gleich gewesen seien. Im Übrigen liege entgegen dem Vortrag der Klägerin die objektive Feststellungslast bzgl. eines Leerverkaufs nicht beim Beklagten, da es sich um Umstände handelt, die sich aus dem Vertragsverhältnis des Aktienerwerbs ergäben.

    Die auf die ursprüngliche Dividendenzahlung erhobene Kapitalertragsteuer könne sich die Klägerin nicht nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 EStG i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG anrechnen lassen. Es sei eine Trennung von Dividenden im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG und Dividendenkompensationszahlungen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG vorzunehmen. Dabei habe die Klägerin eine Steuererhebung auf die Dividendenausgleichszahlungen nicht nachgewiesen.

    Die Steuerbescheinigung im Sinne des § 45a Abs. 2, 3 EStG könne nicht als Nachweis für die einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer dienen. In den Fällen, in denen - wie vorliegend - besondere Umstände, wie z.B. das Fehlen der Usancen des Aktienhandels über die Börse vorliegen, müsse der Erwerber in vollem Umfang beweisen, dass er die Aktien von einem Bestandsverkäufer erworben habe. Allein die Vorlage der selbsterstellten Anrechnungsbescheinigungen nach § 45a Abs. 3 EStG reiche dazu nicht aus.

    Hilfsweise sei der Klägerin die begehrte Anrechnung nach § 42 AO zu versagen, da insoweit eine unangemessene Gestaltung vorliege. Denn die Geschäfte der Klägerin seien darauf gerichtet gewesen, eine mehrfache Anrechnung von Kapitalertragsteuer zu generieren. Aufgrund der Absicherung sämtlicher Kursrisiken durch "Cash settled Eurex single Stock futures" habe der Aktienerwerb insbesondere keinen wirtschaftlichen Gehalt gehabt.

    Vorliegend habe die A-Bank in sämtlichen Aktienkäufen einen Dividendenkompensationsbetrag in Höhe der Nettodividende aus dem "Marked Claimes-Prozess" erhalten, so dass sie erkennen konnte und musste, dass keine Kapitalertragsteuer erhoben worden sei. Sie habe zum damaligen Zeitpunkt keine der kontrahierenden Stellen kontaktiert. Soweit die A-Bank Aktien über die inländische Depotstelle der B-Bank AG erhalten habe, habe ein Auskunftsersuchen des Beklagten an die B-Bank betreffend den Bezug von Daimler AG-Aktien ergeben, dass die B-Bank bei der Regulierung keinen Steuereinbehalt vorgenommen habe. Da sie dies damit begründet habe, dass der Kunde seine Verkäufe am gleichen Handelstag durch entsprechende schuldrechtliche Erwerbe eindeckt habe, so dass nach ihrem Verständnis kein Leerverkauf vorgelegen habe, könne davon ausgegangen werden, dass die B-Bank auch bei den anderen streitigen Aktiengeschäften entsprechend verfahren sei.

    Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 30.11.2016 erstmals vortrage, dass der Abrechnungsbescheid vom 25.08.2011 hinsichtlich eines streitgegenständlichen Aktiengeschäfts über 1,5 Daimler AG-Aktien bereits deshalb rechtswidrig sei, weil es sich bei der Transaktion nicht um einen cum/ex-Aktienerwerb der A-Bank, sondern lediglich um die Stornierung einer Aktienlieferung der A-Bank an die B-Bank handele, sei dieser neue Tatsachenvortrag nach erstmaliger Vorlage der Stornobelege als zutreffend anzuerkennen, so dass sich die anrechenbaren Steuern um x € Kapitalertragsteuer und x € Solidaritätszuschlag mindern würden.

    Diese Steuerminderung sei jedoch um Kapitalertragsteuer in Höhe von x € und x € Solidaritätszuschlag zu kürzen, da insoweit cum/ex-Börsen- oder Terminbörsengeschäfte über den zentralen Kontrahenten (CCP) vorlägen, bei denen die gegenüberstehenden Lieferverpflichtungen bzw. Lieferansprüchen gegenüber dem CCP aufgerechnet würden und nur die Lieferspitze reguliert werde (sog. Netting). Bei diesen Geschäften, bei denen der CCP lediglich als Empfangsbote der dinglichen Einigung für den Aktienkäufer fungiert habe, werde der Aktienkäufer nicht wirtschaftlicher Eigentümer. Der Anscheinsbeweis eines Steuereinbehalts auf die Dividendenkompensation gelte daher nicht, so dass mangels Nachweis der Einbehaltung von Kapitalertragsteuer die geltend gemachten Kapitalertragsteuern nicht zu berücksichtigen seien.

    Angesichts der Antwort der B-Bank vom 28.06.2012 auf ein Auskunftsersuchen des Beklagten, die bestätigte als inländische Depotbank des Aktienverkäufers keine Kapitalertragsteuer auf Dividendenkompensationszahlungen einbehalten zu haben, hat das Gericht im Rahmen des Klageverfahrens auch in den anderen Aktienkäufen - in denen sämtlich die B-Bank als inländische Depotbank auf Verkäuferseite eingeschaltet war - nachgefragt, ob Kapitalertragsteuer auf die Dividendenkompensationszahlungen einbehalten worden sei. Die B-Bank hat mit Schreiben vom 08.01.2017 bestätigt in keinem der angefragten Aktienveräußerungsgeschäften Kapitalertragsteuer auf die geleisteten Dividendenkompensationszahlungen einbehalten und abgeführt zu haben. Auf das Schreiben der B-Bank vom 08.03.2017 wird im Einzelnen verwiesen (Bl. 759 FG- Akte). Auch ergibt sich aus den vom Beklagten auf Anforderung des Gerichts vorgelegten Kapitalertragssteueranmeldungen der B-Bank für die Monate, in denen ausgehend vom Dividendenstichtag der jeweiligen Aktiengesellschaft die Einbehaltung der Kapitalertragssteuer auf die Dividendenkompensationszahlungen hätte erfolgen müssen, dass lediglich in einem Monat Kapitalertragsteuer auf Einnahmen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S.1 EStG ohne S.4 in Höhe von x € angemeldet wurde (vgl. Bl. 744 ff, 755 FG-Akte), was sich angesichts des großen Volumens der Aktienverkäufe, die über das Depotkonto der B-Bank als inländische Depotbank des Verkäufers erfolgten, im Promillebereich der geschuldeten Kapitalertragssteuer aus den streitigen Aktienverkäufen bewegt. Dabei gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die angemeldeten Kapitalertragssteuern sich nicht auf die hier streitigen Aktiengeschäfte beziehen.

    Dem Gericht haben die Verwaltungsakten zur Steuernummer .... vorgelegen. Sie waren Gegenstand des Verfahrens.

    Entscheidungsgründe

    I. Die Klage ist nur zum geringen Teil begründet.

    Soweit zwischen den Beteiligten unstreitig Stornogeschäfte vorgelegen haben, ist der Klägerin die daraus resultierende Anrechnung von x € Kapitalertragsteuer und x Solidaritätszuschlag, gekürzt um zu Unrecht gewährter Steueranrechnung von Kapitalertragsteuer i.H.v. x € und x € Solidaritätszuschlag aus cum-/ex- Börsengeschäften über den zentralen Kontrahenten (CCP) zu gewähren. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

    Der Beklagte hat zu Recht die Anrechnung der geltend gemachten Kapitalertragssteuer zzgl. Solidaritätszuschlag versagt. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat sie keinen Anspruch auf Anrechnung der von den ausschüttenden Aktiengesellschaften auf die originäre Dividende einbehaltene und abgeführte Kapitalertragssteuer, da die A-Bank in den streitigen Aktiengeschäften zum Zeitpunkt der Dividendenausschüttung entgegen der Ansicht der Klägerin nicht wirtschaftliche Eigentümerin und damit nicht Aktieninhaberin war. Eine Anrechnung von Kapitalertragssteuer auf Dividendenkompensationszahlungen scheidet aus, da in den streitigen Aktiengeschäften von den Depotinstituten der Aktienverkäufer - auch soweit es sich dabei um inländische Depotbanken handelt - keine Kapitalertragsteuer erhoben wurde.

    1. Nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 EStG i.V.m. § 31 Abs. 1 KStG wird auf die Einkommensteuer/Körperschaftsteuer, die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer/Körperschaftsteuer angerechnet, soweit sie auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte entfällt und nicht die Erstattung beantragt oder durchgeführt ist. Die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer/Körperschaftsteuer wird nicht angerechnet, wenn die in § 45a Abs. 2 oder 3 EStG bezeichnete Bescheinigung nicht vorgelegt worden ist.

    a) Anrechnungs- und erstattungsberechtigt ist derjenige, dem die Kapitalerträge, von denen die Kapitalertragsteuer abgezogen worden ist, als Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzurechnen sind. Grundvoraussetzung der Anrechnung von Kapitalertragsteuer ist das Erzielen von solchen Einkünften, die zum Einbehalten dieser Kapitalertragsteuer geführt haben (Brandis, sog. cum-/ex-Geschäfte: Übergang des wirtschaftlichen Eigentums, Festschrift für Dietmar Gosch, 2016, S. 37, 38). Dabei ist zu differenzieren zwischen Einkünften aus Dividendenausschüttungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG und sonstigen Bezügen in Form von Dividendenkompensationszahlungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG. Während es sich bei den Einkünften im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG um Zuwendungen handelt, die auf einem Rechtsverhältnis zwischen der die Bezüge gewährenden Gesellschaft und der diese Bezüge empfangenden Person resultieren, sind die Dividendenausgleichszahlungen als sonstige Bezüge "per Fiktion" mit dem Jahressteuergesetz 2007 in das Gesetz aufgenommen worden, ohne dass ein Anteils- oder Rechtsverhältnis zwischen der ausschüttenden Gesellschaft und dem Aktienleerverkäufer besteht. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG begründet dabei konstitutiv einen zusätzlichen Einkünftetatbestand, nämlich den Bezug von Kompensationszahlungen, "wenn die Aktien mit Dividendenberechtigung erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert werden" (Prof. Schön, cum-/ex-Geschäfte - Materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Fragen, Recht der Finanzinstrumente - RdF - 2015, 115, 123 m.w.N.).

    Dieser mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 16/2712, Seite 46 ff.) zur Regelung von Aktienleerverkäufen geschaffene Einkünftetatbestand erfasst Einnahmen, die den Bezug einer Gewinnausschüttung aus der Aktie durch eine Dividendenkompensationszahlung (Ausgleichszahlung des Verkäufers anstelle der Dividende) ersetzen und damit im Zusammenhang stehen, dass die im Rahmen des Erfüllungsgeschäftes zu Eigentum erworbene Aktie den im Verpflichtungsgeschäft versprochenen Anspruch auf Zahlung einer Gewinnausschüttung nicht (mehr) vermittelt (vgl. BFH-Urteil vom 16.04.2014, I R 2/12, Der Betrieb 2014, 2321 f., Anm. IV 1b). Wenn aber der Käufer aus einem Leerverkauf keine echte Dividende, sondern nur eine Kompensationszahlung erhält, dann wird damit zugleich klargestellt, dass der Leerkäufer nicht diejenige Person ist, die als "Anteilseigner" i.S.v. § 20 Abs. 2a EStG 2002 n.F. persönlich die Dividenden nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG bezieht (Schön, a.a.O., S.123). demzufolge setzt die von der Klägerin begehrte Anrechnung der Kapitalertragsteuer auf die originäre Dividende voraus, dass ihr diese Dividenden i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG steuerrechtlich als Einnahmen zuzurechnen sind (vgl. BFH-Urteil vom 16.04.2014, a.a.O., Anm. IV 1a.). Das ist in den vorliegenden streitigen Aktiengeschäften jedoch nicht der Fall.

    b) Die persönliche Zurechnung von Dividenden richtet sich im Veranlagungszeitraum 2008 nach § 20 Abs. 2a EStG 2002 n.F. i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG. Anteilseigner i.S.d. § 20 Abs. 2a Satz 1 EStG 2002 n.F. ist derjenige, dem nach § 39 Abs. 1 AO die Anteile an der Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sind.

    aa) Nach § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen. Eigentümer im Sinne der Regelung ist regelmäßig der zivilrechtliche Eigentümer oder der Inhaber des Wirtschaftsgutes. Bei girosammelverwahrten Aktien ist der Depotinhaber Miteigentümer nach Bruchteilen an den zum Sammelbestand des Verwahrers gehörenden Wertpapieren derselben Art §§ 1008, 741 BGB; § 6 Abs. 1 Depotgesetz (Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 3. Auflage, Band 1, § 72 Rn. 79 f.). Dabei verwahrt die Wertpapiersammelbank pro Aktiengattung nur eine Globalurkunde, die alle Aktien dieser Gattung verbrieft, an der aufgrund des depotgeschäftlichen Verwahrverhältnisses die Aktionäre über ihre Depotbanken, die die Aktien für sie verwalten, mehrstufigen mittelbaren Mitbesitz besitzen. Die Größe der Bruchteile am Miteigentum bestimmt sich dabei gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Depotgesetz nach der Höhe des Bruchteils des Nennbetrags der im Depotkonto gebuchten Aktien im Verhältnis zum Gesamtnennbetrag pro Aktiengattung (Anzinger, Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an girosammelverwahrten Aktien im System der Kapitalertragsteuer, RdF, 2012, 394, 398; Schimansky/Bunte/Lowski, a.a.O., § 72 Rn. 83).

    Die Übertragung des Eigentums erfolgt entsprechend den sachenrechtlichen Grundsätzen bei girosammelverwahrten Aktien mit der Übertragung des Mitbesitzes an der Globalurkunde nach § 930 BGB durch Umstellung des Besitzmittlungsverhältnisses. Dazu weist die Depotbank des Veräußerers die Wertpapiersammelbank an, nicht mehr für sie, sondern für die Depotbank des Erwerbers zu besitzen, die dann einen entsprechenden Besitzmittlungswillen zugunsten des Erwerbers begründet (Anzinger, a.a.O., S. 398). Die Umstellung des Besitzmittlungsverhältnisses ist vollendet, wenn die Aktie dem Depotkonto des Erwerbers gutgeschrieben worden ist. In diesem Zeitpunkt geht mit dem Abschluss des Buchungsvorgangs bei der Wertpapiersammelbank das Eigentum an den Aktienerwerber über (Schimansky/Bunte/Lwowski, a.a.O., Rn. 105; Nr. 8 Abs. 1 AGB-Clearstream). Die für die Eigentumsübertragung erforderliche Übergabe wird bei der Übertragung von girosammelverwahrten Aktien somit durch eine Umbuchung durch die Wertpapiersammelbank ersetzt (Schön, a.a.O. S. 119).

    Davon ausgehend war die A-Bank vorliegend bei den streitigen Aktiengeschäften über den Dividendenstichtag im Zeitpunkt der Dividendenausschüttung bei Kupontrennung noch nicht zivilrechtliche Eigentümerin der Aktien geworden, da die mit schuldrechtlichem Vertrag erworbenen Aktien ihrem Depotkonto bei der Wertpapiersammelbank noch nicht gutgeschrieben waren und sie demzufolge den für den sachenrechtlichen Eigentumsübergang erforderlichen anteiligen Mitbesitz an der Globalurkunde noch nicht erworben hatte. Alle Aktien aus den streitigen Aktienkäufen wurden erst nach dem Dividendenstichtag dem Konto der Klägerin gutgeschrieben.

    bb) Entgegen der Ansicht der Klägerin war die A-Bank zum Zeitpunkt der Kupontrennung auch nicht wirtschaftliche Eigentümerin der streitigen Aktien. Wirtschaftliches Eigentum liegt nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO vor, wenn ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Sachherrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den (zivilrechtlichen) Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann.

    (1) Ausgehend vom Wortlaut des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO "ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft ... ausübt" und "den Eigentümer ... von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann" sowie vom Regelungszusammenhang, wonach die Regelung des wirtschaftlichen Eigentums in Abs. 2 als Sonderregelung zu Abs. 1 steht, ergibt sich ein Regelausnahmeverhältnis, das die Zurechnung eines Wirtschaftsguts nur zum zivilrechtlichen Eigentümer (Abs. 1) oder zum wirtschaftlichen Eigentümer (Abs. 2 Nr. 1 Satz 1) zulässt (Anzinger, a.a.O., Seite 400). Das entscheidende Merkmal des wirtschaftlichen Eigentums ist dabei das Innehaben des mit dem Eigentum verbundene Ausschließungsrecht (vgl. Seeliger, Der Begriff des wirtschaftlichen Eigentums im Steuerrecht, Seite 42, 43). Dies ergibt sich aus dem Zweck und der Entstehungsgeschichte der Norm, die die Leasingrechtsprechung des BFH normiert. Zweck des wirtschaftlichen Eigentums als Ausdruck der wirtschaftlichen Betrachtungsweise des Steuerrechts ist es, die Zuordnung des Wirtschaftsgutes und damit die Zurechnung von Einkommen und Leistungsfähigkeit auf den Erwerber ausgehend von der wirtschaftlichen Betrachtungsweise in Sinne einer gleichheitsgerechten Verteilung der Finanzierungslasten vorzuverlegen (Anzinger, a.a.O., Seite 400). Da nur eine Person alle anderen von der Nutzung ausschließen kann, schließen sich Eigentum und wirtschaftliches Eigentum gegenseitig aus. Die Regel-Ausnahme-Systematik in § 39 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AO sieht demzufolge nach grammatikalischer, systematischer, historischer und teleologischer Auslegung nur eine einmalige Zurechnung eines Wirtschaftsgutes an ein Steuersubjekt vor. Nur dort, wo die geschützte Vermögensposition des zivilrechtlichen Eigentums durch schuldrechtliche Ansprüche und Anwartschaftsrechte derart überlagert wird, dass die Erträge aus dem Wirtschaftsgut sowie die Chancen und Risiken von Wertveränderungen auf den Erwerber übergegangen sind und dieser den zivilrechtlichen Eigentümer von der weiteren Verfügung über das Wirtschaftsgut ausschließen kann, liegt bereits mit Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages wirtschaftliches Eigentum i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO vor. Dabei ist es logisch unmöglich, dass es zwei wirtschaftliche Eigentümer auf einmal geben kann, vielmehr kann es immer nur einen rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentümer geben (Weber-Grellet/Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 44 Rn. 4). Wirtschaftliches Eigentum ist demzufolge nur gegeben, wenn Besitz und Gefahr, Nutzen und Lasten insbesondere die Chancen auf eine Wertsteigerung und das Risiko einer Wertminderung nicht beim zivilrechtlichen Eigentümer, sondern bei einer anderen Person liegen (BFH-Urteil vom 26.11.2011, VIII R 14/10, BFH/NV 2011, 1512).
    (a) Bei Aktiengeschäften erlangt der Erwerber nach der Rechtsprechung des BFH wirtschaftliches Eigentum im Allgemeinen erst ab dem Zeitpunkt, von dem ab er nach dem Willen der Vertragspartner über die Wertpapiere verfügen kann. Das ist in der Regel der Fall, sobald Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten, insbesondere die mit dem Wertpapieren gemeinhin verbundenen Kursrisiken und -chancen, auf den Erwerber übergegangen sind (BFH-Urteil vom 2.5.1984 VIII R 276/81, Bundessteuerblatt II 1984, 880; BFH-Beschluss vom 29.11.1982 GrS 1/81, Bundessteuerblatt II 1982, 272). In seiner Entscheidung vom 15.12.1999 (I R 29/97, Bundessteuerblatt II 2000, 527), die zum Dividendenstripping ergangen ist, hat der BFH für über die Börse abgeschlossene Aktiengeschäfte den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des schuldrechtlichen Aktienkaufvertrages bejaht, da bereits ab diesem Zeitpunkt dem Aktienerwerber ein entsprechender Besitzmittlungsanspruch (§ 929 S. 2 BGB) von der girosammelverwahrenden Stelle (Clearstream) eingeräumt und dadurch ein Besitzmittlungskonstitut (§ 930 BGB) vereinbart worden sei. Zumindest aber könnten dem Erwerber nach den einschlägigen Börsenusancen und den üblichen Abläufen die mit den Anteilen verbundenen Gewinnansprüche regelmäßig nicht mehr entzogen werden (§§ 25, 29 der Bedingungen für Geschäfte an den deutschen Wertpapierbörsen, Wertpapiermitteilungen 1984, 76 ff.). Dabei dürfte das Gericht in seiner Entscheidung die Situation des Inhaberverkaufs eines Privatanlegers vor Augen gehabt haben, da der Leerverkäufer einen Anspruch gegenüber der ausschüttenden Gesellschaft nicht einräumen kann (Brandis, a.a.O. Seite 44).

    (b) (aa) Diese Grundsätze sind jedoch auf außerbörsliche (OTC-) Geschäfte nicht übertragbar. Im Gegensatz zu regulären Börsengeschäften für Privatkunden, bei denen die Depotbank eines Verkäufers einen Aktienverkauf über die Börse nur durchführt, wenn ein Aktienbestand vorhanden ist und bei Abschluss eines Aktienkaufvertrages gleichzeitig durch einen Sperrvermerk dafür sorgt, dass der Aktienverkäufer den gleichen Aktienbestand nicht mehrfach verkauft, fehlen entsprechende Sicherungsmechanismen bei OTC-Geschäften. Bei einem OTC- Geschäft sind die Depotbanken des Käufers und des Verkäufers regelmäßig nicht am Zustandekommen des schuldrechtlichen Geschäfts beteiligt. Sie übernehmen regelmäßig nur Funktionen im Rahmen der Abwicklung der sachenrechtlichen Erfüllung (Schön, a.a.O., Seite 120). Auch folgen OTC-Geschäfte keinen festen Regeln. Sie können im Gegensätzen zu regulären Börsengeschäften, die regelmäßig mit der Erfüllungspflicht T+2 abgeschlossen werden, taggleich abgeschlossen und erfüllt (T=0) werden, können eintägige Erfüllungsfristen ausweisen (T+1) oder jeden anderen Termin vorsehen (T+2,3...) (Rau, Leerverkäufe und doppelte Anrechnung von Kapitalertragsteuer, Deutsches Steuerrecht 2010, 1267, 1268). Da sich die Belieferungen von Aktiengeschäften im Börsen- und Nichtbörsenhandel überschneiden, können Börsenverkaufsgeschäfte über den Dividendenstichtag, die "cum Dividende" abgeschlossen wurden, daher mit Papieren aus kürzeren Erfüllungsfristen unterliegenden (OTC-) Erwerbsgeschäften beliefert werden (Rau, Zeitpunkt des Eigentums des wirtschaftlichen Eigentums bei girosammelverwahrten Aktien, Deutsches Steuerrecht 2007, 1192, 1193). Dabei wird die Wertpapiersammelbank (Clearstream) bei OTC-Geschäften im Gegensatz zu Börsengeschäften nicht über den Handels-(Schluss-)Tag informiert. Clearstream erhält regelmäßig nur die Information, wann die Geschäfte zu erfüllen sind und erkennt somit nicht, ob ein taggleich zu erfüllendes Geschäft (T+0), ein eintägiges Geschäft (T+1) oder ein Geschäft mit zweitägiger Erfüllungsfrist (T+2) reguliert wird (Rau, Wirtschaftliches Eigentum beim Kauf girosammelverwahrter Aktien über den Dividendenstichtag, Deutsches Steuerrecht 2011, 510, 511). Da Clearstream im Rahmen der Dividendenregulierung die Dividende am Zahltag nach den jeweiligen tatsächlichen Wertpapierbeständen der Depots der Kunden im Zeitpunkt der Kupontrennung überweist, erhalten alle anderen Aktienkäufer aufgrund bereits abgeschlossener, aber nach dem Kupontrennungszeitpunkt noch zu beliefernder Börsentransaktionen gleichzeitig auf Anforderung der den Kaufauftrag abwickelnden Depotstelle eine entsprechende Dividendenkompensationszahlung in Höhe der Dividende. Die verkaufenden Depotstellen werden im Rahmen einer separaten Abrechnung durch Clearstream mit einer Ersatzzahlung in Höhe der Dividende für vor dem Dividendenstichtag getätigte Verkäufe belastet (Rau, Leerverkäufe und doppelte Anrechnung von Kapitalertragsteuer, Deutsches Steuerrecht 2010, 1267). Während bei Börsengeschäften die Börsenbedingungen vorsehen, dass dem Erwerber mit Abschluss des schuldrechtlichen Geschäfts alle Rechte und Pflichten aus dem Wertpapier zustehen und beim Privatanleger durch einen Sperrvermerk der Depotbank des Aktienverkäufers sichergestellt wird, dass der Käufer einen Anspruch auf die originäre Dividende erhält, erkennt Clearstream bei nicht erfüllten OTC-Geschäften, bei denen kein Sperrvermerk im Depot des Aktienverkäufers gesetzt wird, aufgrund des schuldrechtlichen Aktienkaufvertrages nicht, dass der Aktienkäufer dividendenberechtigt ist. Denn die Existenz dividendenberechtigter Aktien wird für diesen Zweck von Clearstream nicht geprüft. Der Aktienkäufer erhält demzufolge keine Dividende, sondern eine Dividendenkompensationszahlung. Dabei handelt es sich um eine Ausgleichszahlung, die dem Aktienkäufer vom Aktienverkäufer über Clearstream als Schadenersatzleistung gezahlt wird. Diese Schadenersatzzahlung ist jedoch nicht mit dem Ertrag aus der Aktie in Form der Dividende gleichzusetzen, so dass bei OTC-Geschäften mit Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages nicht gewährleistet ist, dass der Erwerber die Gewinnansprüche aus den Anteilen in Form der originären Dividende erhält. Das vom BFH in seinem Urteil vom 15.12.1999 für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums geforderte Merkmal, dass dem Erwerber die mit den Anteilen verbundenen Gewinnansprüche nicht mehr entzogen werden können ist demzufolge bei OTC-Geschäften gerade nicht erfüllt.

    (bb) Des Weiteren ist bei OTC-Geschäften die für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums erforderliche Verfügungsmacht mit Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages noch nicht auf den Aktienerwerber übergegangen. Nach den Tatbestandsvoraussetzungen des § 39 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 AO muss der Aktienerwerber als Voraussetzung für den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums in der Lage sein, den bisherigen Eigentümer von der Einwirkung und der Verfügung über die Aktien auszuschließen. Dies ist bei OTC-Geschäften nicht gewährleistet. Da die Depotbanken des Käufers und des Verkäufers bei OTC-Geschäften regelmäßig nicht am Zustandekommen des schuldrechtlichen Geschäfts beteiligt sind und nur die Funktion für die Abwicklung der sachenrechtlichen Erfüllung übernehmen (Schön, a.a.O., Seite 120), Clearstream nicht erkennt, ob es sich um ein taggleich zu erfüllendes Geschäft oder ein Geschäft mit anderer Erfüllungsfrist handelt, und da bei außerbörslichen Geschäften mit Abschluss des Aktienkaufvertrages auch kein Sperrvermerk durch die Depotbank des Verkäufers in dessen Depot gesetzt wird oder andere Vorkehrungen getroffen werden, die dafür sorgen, dass der Verkäufer den gleichen Aktienbestand nicht mehrfach verkauft, kann der Aktienverkäufer die Aktie jederzeit, wenn auch gegen einen schuldrechtlichen Schadenersatzanspruch in Höhe der Dividende an Dritte weiterverkaufen. Der Aktienkäufer hat demzufolge beim OTC-Verkauf lediglich einen schuldrechtlichen Liefersanspruch gegen den Aktienverkäufer und ist dadurch nicht in der Lage den zivilrechtlichen Eigentümer von der Sachherrschaft über die Aktien auszuschließen (Schön, a.a.O., S. 121). Darüber hinaus kann der Aktienkäufer auch alle anderen, möglicherweise ebenfalls schuldrechtlichen berechtigten Marktteilenehmer vom Besitz- und Bezugsrecht der Aktien nicht ausschließen, die vor der Übereignung an ihn noch nicht einmal konkretisiert sind. Insbesondere bei schuldrechtlich gedeckten Leerverkäufen kommt es nicht zum Ausschluss des am Erwerbsgeschäft unbeteiligten Eigentümer durch den Wertpapiererwerber (Anzinger, a.a.O., Seite 401).

    Die Eigentümerposition des zur Übereignung der Aktien Verpflichteten wird demzufolge durch das Veräußerungsgeschäft des Leerverkäufers, unabhängig davon, ob es sich um einen gedeckten oder ungedeckten Leerverkauf handelt, nicht beeinträchtigt.

    Das dem Eigentum notwendig innewohnende Ausschließungsrecht aller anderen Personen von der rechtlichen Einwirkung auf das Wirtschaftsgut fehlt.

    (2) a) Soweit in der Literatur die Ansicht vertreten wird, dass das wirtschaftliche Eigentum auch bei außerbörslichen Geschäften (OTC-Geschäften) und sogar bei Leerverkäufen bereits mit Abschluss der schuldrechtlichen Vereinbarung übergeht, (vgl. Berger / Matuszewski, Dividendenstripping im Focus der Finanzverwaltung, BB 2011, 3097; Podewils, cum-/ex-Geschäfte weiterhin im Focus - Steuerrechtliche und strafrechtliche Implikationen, FR 2013, 481; Englisch, Wirtschaftliches Eigentum beim Kauf girosammelverwahrter Aktien, FR 2010, 1023; Desens, Kapitaleinkünfte bei Leerverkäufen über den Dividendenstichtag, DStZ 2012, 142), führt dies - wie Rau in seinem Aufsatz, Leerverkäufe und mehrfacher Anrechnung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag, Finanzrundschau 2011, 366 ff anschaulich dargestellt hat - im Ergebnis zu mehrfachem wirtschaftlichen Eigentum an der gleichen Aktie. Dieses Ergebnis eines mehrfachen wirtschaftlichen Eigentums an einer Aktie widerspricht aber - wie oben bereits ausgeführt - dem Wesen des Eigentums. Nach dem Regelungsverständnis des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO wird ein Wirtschaftsgut einem anderen als dem (zivilrechtlichen) Eigentümer als wirtschaftlichem Eigentümer nur dann zugerechnet, wenn diese Person alle anderen in demselben Zeitpunkt von der Nutzung des Wirtschaftsguts ausschließen kann (Anzinger, a.a.O., S. 400). Sämtliche Autoren, die zur Vervielfältigung des wirtschaftlichen Eigentums gelangen, setzen sich nicht mit den Tatbestandsmerkmalen, der Regel-Ausnahme-Systematik in § 39 Abs. 1 und Abs. 2 AO und den juristischen Auslegungsgrundsätzen auseinander, die nach grammatikalischer, historischer und teleologischer Auslegung des Wortlauts nur eine einmalige Zurechnung eines Wirtschaftsguts an ein Steuersubjekt vorsehen.

    (b) Auch der jüngste Aufsatz von Loritz, dessen Überschrift eine vertiefte Auseinandersetzung mit den juristischen Grundlagen erwarten lässt (vgl. Loritz, Der Streit um Cum-Ex-Geschäfte - Rückbesinnung auf die Grundlagen, Auslegung des Steuerrechts an den Realitäten und Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien, WM 2017, 309 ff, 353 ff), setzt sich nicht methodisch sachgerecht mit den einschlägigen Regelungstatbeständen auseinander. Soweit ausgehend von den wirtschaftlichen Handelsabläufen im elektronischen Aktienhandel der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bereits mit Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages als notwendig erachtet wird, verkennt der Verfasser, dass die vorhandenen rechtlichen Rahmenbedingungen eine entsprechende Rechtsfolge nicht zulassen. Es gilt der Grundsatz, dass sich die Praxis nach dem Recht richten muss und nicht das Recht nach der Praxis. Auch verkennt der Verfasser bei den von ihm behaupteten Gesetzeslücken und den vermeintlichen Absichten des Gesetzgebers die mit dem Jahressteuergesetz 2007 eingeführte Systematik der steuerlichen Erfassung der Dividendenkompensationszahlung und der darauf erhobenen Kapitalertragsteuer als gesonderten Einkünfteerzielungstatbestand. Einer weiteren näheren Analyse der Ausführungen von Loritz bedarf es daher nicht.

    (c) (aa) Soweit sich die genannten Autoren zur Begründung ihrer Rechtsansicht auf das Urteil des BFH vom 15.12.1999 (I R 29/97, BStBl. II. 2000, 527) beziehen, verkennen sie, dass diese Entscheidung zu Börsengeschäften ergangen ist, die festen Regeln folgen und besondere Sicherungsmechanismen enthalten (z.B. das Setzen eine Sperrvermerks), durch die sichergestellt ist, dass der Aktienverkäufer nicht mehr wirksam über die Aktien und die daraus zu erzielenden Erträge verfügen kann. Dabei ist die Rechtsfolge dieser Entscheidung auch bei Börsengeschäften allenfalls insoweit zutreffend, wie es sich um Bestandsverkäufe privater Anleger handelt. Für institutionelle Anleger gab es auch bei Börsenverkäufen - wie von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt - bereits zum damaligen Entscheidungszeitpunkt keine Sicherheitsmechanismen z.B. in Form eine Sperrvermerks, die sichergestellt hätten, dass der Aktienverkauf durch einen Bestandsverkäufer erfolgt.

    (bb) Soweit zur Begründung des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums durch den schuldrechtlichen Vertrag auf die Entscheidung des BFH, Urteil vom 16.4.2014, I R 2/12 BFH/NV 2014, 1813 [BFH 16.04.2014 - I R 2/12] Bezug genommen wird, ist dies ebenfalls rechtsirrig. In dem entschiedenen Fall hat der BFH gar nicht darüber entschieden, ob bei OTC-Geschäften bereits der schuldrechtliche Vertrag zum Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums an Aktien ausreicht, da in dem entschiedenen Fall bereits das Gesamtvertragskonzept nicht geeignet war wirtschaftliches Eigentum zu übertragen. Der BFH hat lediglich ausgeführt, dass der Übergang von wirtschaftlichem Eigentum durch schuldrechtliche Vereinbarungen auch bei OTC-Geschäften prinzipiell möglich sein könnte, ohne dies jedoch näher zu konkretisieren und darzulegen. Dabei hat er ausdrücklich offengelassen, ob auch bei Leerverkäufen wirtschaftliches Eigentum erworben werden kann. Die aus der Entscheidung in der Literatur gezogene Schlussfolgerung, der BFH habe final entschieden, dass auch bei OTC-Geschäfte bereits der Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums führt, widerspricht den juristischen Auslegungsregeln und ist deshalb nicht zutreffend (vgl. Schwenke, JM 2015, 83).

    (cc) Soweit versucht wird aus der Gesetzesbegründung im Jahressteuergesetz 2007 zur Einführung der Regelungen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG i.V.m. § 44 Abs. 1 S. 3 sowie § 45a Abs. 2 und 3 EStG unter Bezugnahme auf die juristischen Auslegungsregeln herzuleiten, dass mit der Einführung dieser Regelungen die Möglichkeit der mehrfachen Zurechnung wirtschaftlichen Eigentums an Aktien bei Leerverkäufen geschaffen haben sollte, ist dies rechtsirrig und mit den juristischen Auslegungsregeln nicht zu vereinbaren. Mit den im Jahressteuergesetz 2007 eingeführten Regelungen hat der Gesetzgeber einen eigenen Einkünftetatbestand geschaffen, indem er in § 20 Abs. 1 S. 4 EStG die Kompensationszahlungen als sonstige Bezüge im Sinne von § 20 Abs. 1 S.1 EStG definiert hat, um durch die Verpflichtung der inländischen Depotbank des Leerverkäufers zum Einbehalt von Kapitalertragssteuer auf die an den Aktienerwerber gezahlte Dividendenkompensation, der doppelten Zurechnung von Kapitalertragssteueranrechnungsguthaben zu begegnen.

    Aus der Begründung zu diesem Einkünftetatbestand kann jedoch keine speziellere Regelung abweichend von den das wirtschaftliche Eigentum an girosammelverwahrten Aktien regelnden § 20 Abs. 5 EStG i.V.m. § 39 AO entnommen werden (vgl. Anzinger, aaO., S. 402). Darüber hinaus handelt es sich bei der Aussage des Gesetzgebers zum wirtschaftlichen Eigentum in seiner Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/2712 vom 25.09.2006) vor dem Regelungshintergrund der Einführung eines neuen Einkünftetatbestandes, der darauf abzielte , dem Fiskus die Kapitalertragssteuer betragsmäßig zur Verfügung zu stellen, die dem Anrechnungsanspruch beim Erwerb vom Leerverkäufer entspricht, um ein "obiter dictum". Es ist eine bei Gelegenheit geäußerte (unzutreffende) Rechtsansicht, die seinerzeit aus der Stellungnahme des Bankenverbandes übernommen wurde, die aber nicht als tragende Begründung (ratio decident) für die gesetzliche Regelung anzusehen ist und demzufolge nach den juristischen Auslegungsregeln nicht dem Willen des Gesetzgebers zugerechnet werden kann. Sie entfaltet daher keine Rechtswirkung.

    Insbesondere kann ihr auch kein Auslegungshinweis für § 20 Abs. 2a EStG 2002 n.F. oder § 39 AO entnommen werden (Anzinger, aaO., S. 402).
    Davon ausgehend hat die Klägerin bei den vorliegenden außerbörslichen Aktiengeschäften mit Abschluss der schuldrechtlichen Verträge noch kein wirtschaftliches Eigentum an den Aktien erworben, und ist demzufolge nicht zur Anrechnung der Kapitalertragssteuer auf die originäre Dividende berechtigt.

    (3) Soweit die Klägerin meint, ihr sei als Aktienleerkäufer unabhängig vom Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums neben dem Aktieninhaber die Dividende einschließlich ihres Kapitalertragssteueranrechnungsanspruchs zuzurechnen ist dies unzutreffend und findet weder im Gesetz noch in der Gesetzesbegründung eine tragfähige Grundlage. Der Gesetzgeber hat gerade nicht die mehrfache Anrechnung einmal abgeführter Kapitalertragssteuer gebilligt, sondern wollte - wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt: " ...um dem Fiskus die Kapitalertragssteuer betragsmäßig zur Verfügung zu stellen, die dem Anrechnungsanspruch entspricht, der dem Aktienerwerber...zusteht." - durch die Einführung eines weiteren Einnahmetatbestands in § 20 Abs. 1 Nr. 1 S.4 EStG und Kapitalertragssteuereinbehaltungspflicht auf Dividendenkompensationszahlungen (§ 44 Abs. 1 EStG) den negativen Auswirkungen auf das Steueraufkommen entgegenwirken (vgl. Schön, aaO., S. 122 f). Die Ansicht, auch der Leerkäufer sei als Bezieher der originären Dividendenzahlung, verbunden mit dem Anrechnungsanspruch der durch die ausschüttende Aktiengesellschaft abgeführten Kapitalertragssteuer anzusehen, widerspricht sowohl dem Gesetzeswortlaut als auch den wirtschaftlichen Abläufen.

    Wenn der Käufer aus dem Leerverkauf keine echte Dividende sondern nur eine Kompensationszahlung erhält, dann wird damit zugleich klargestellt, dass der Leerkäufer nicht diejenige Person ist, die als Anteilseigner i.S.v. § 20 Abs. 2a EStG 2002 n.F. persönlich die Dividende nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG bezieht. Vielmehr ist in § 20 Abs.1 Nr. 1 S.4 EStG - wie sich aus dem Wortlaut der Norm ergibt: "...Einnahmen, die an Stelle der Bezüge i.S.d. Satzes 1..." - ein zusätzlicher Einnahmetatbestand für den Leerkäufer, nämlich der Bezug von Kompensationszahlungen geschaffen worden, der einer eigenständigen Kapitalertragssteuerpflicht unterliegt (Schön, a.a.O., S. 123).

    (4) Die Ansicht der Klägerin, der Gesetzgeber habe durch die neuen Regelungen im Jahressteuergesetz 2007 eine mehrfache Anrechnung der Kapitalertragssteuer bewusst in Kauf genommen und habe die negativen Auswirkungen auf das Steueraufkommen durch die Gesetzesänderungen - wie sich aus der Gesetzesbegründung ergebe - nur verkleinern wollen, ist abwegig. Vielmehr ist die gesetzliche Neuregelung mit der nur inländische Kreditinstitute zur Einbehaltung der Kapitalertragssteuer verpflichtet wurden, dem Umstand geschuldet, dass der deutsche Fiskus keine Möglichkeit hatte eine entsprechende Verpflichtung auch gegenüber ausländischen Banken durchzusetzen. Um gleichwohl das Steueraufkommen auch insoweit vollständig zu sichern, hat er die Bescheinigung über die Abführung der Kapitalertragssteuer durch die Depotbank des Aktienkäufers auf die Kapitalerträge beschränkt, die von einem inländischen Depotinstitut gezahlt werden (vgl. § 45a Abs. 3 EStG). Der Gesetzgeber hat demzufolge in keinster Weise eine mehrfache Anrechnung einmal abgeführter Kapitalertragsteuer gebilligt.

    Soweit die Klägerin meint, dass das für § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG grundsätzlich geltende Korrespondenzprinzip, das eine Anrechnung von Kapitalertragssteuer nur vorsehe, wenn sie auch tatsächlich eingehalten worden sei, für den Erwerb des Leerverkäufers über eine ausländische Depotbank mit dem im Jahressteuergesetz 2007 eingeführten § 45 a Abs. 3 S. 2 HS 2 EStG durchbrochen worden sei, ist dies rechtsirrig. Durch die genannte Regelung wird nicht fingiert, dass der Emittent die Kapitalertragsteuer auf die Dividendenkompensationszahlungen gezahlt hat, sondern es wird - wie der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung zutreffend ausführt - für Bescheinigungszwecke geregelt, dass die von der den Verkaufsauftrag ausführenden Depotstelle gezahlte Steuer als für den Emittenten entrichtet gilt, damit der Aktienerwerber diese auf seine erhaltene Ausgleichszahlung als Surrogat für die Aktiendividende dieses Emittenten anrechnen kann. Demzufolge setzt § 45 a EStG einen Gleichklang zwischen Steueranmeldung und Bescheinigung voraus, so dass die Steuer zu bescheinigen ist, die angemeldet wurde.

    c) (aa) Die o.g. Ausführungen zum fehlenden Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums und der fehlenden Berechtigung zur Anrechnung der von der ausschüttenden Körperschaft abgeführten Kapitalertragssteuer auf die originäre Dividende bei außerbörslichen OTC-Geschäften, gelten für die vorliegenden Geschäfte über die Eurex Börse als zentralen Kontrahenten (CCP), im elektronischen Xetra-Handel entsprechend. Der CCP tritt im börslichen Ausführungsgeschäft als zentrale Gegenpartei in die außerbörslich zustande gekommenen Geschäfte ihrer Vertragspartner ein, indem sie im eigenen Namen und für eigene Rechnung die Geschäfte mit dem Aktienverkäufer und dem Aktienkäufer abschließt. Das ursprüngliche OTC-Geschäft wird damit durch den Eintritt des CCP durch zwei Geschäfte mit ihr als zentralem Kontrahenten ersetzt. Aufgabe des CCP ist es dabei die Anonymität der Geschäfte zu gewährleisten, das Gegenparteirisiko - Ausfall des Handelspartners - zu übernehmen und die Abwicklung zu verbilligen (vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 3. Auflage, § 72 Rn. 106). Der CCP bietet somit ein System zur Sicherung der Erfüllung von Geschäften am organisierten Markt an. Es liegen also immer Deckungsgeschäfte vor, die das elektronische Handelssystem Xetra eigenständig nach bestimmten Regeln zusammenführt. Wesentliches Merkmal der Geschäftsabwicklung unter Einschaltung des CCP ist dabei das sog. Netting schuldvertraglicher Ansprüche auf Lieferung von Wertpapieren. Dabei werden die wechselseitigen Ansprüche zwischen dem CCP und ihren Vertragspartnern durch Aufrechnung nach § 384 BGB ausgeglichen. Eine tatsächliche Belieferung nach sachenrechtlichen Grundsätzen unter Einschaltung der Clearstream findet lediglich für die so genannten "Spitzen" statt (vgl. Horn, Die Erfüllung von Wertpapiergeschäften unter Einbeziehung eines zentralen Kontrahenten an der Börse, Wertpapiermitteilungen, Sonderbeilage Nr. 2 zur Heft 20/2002, Seite 3 f). Dabei verfügt der CCP über keinen eigenen Aktienbestand und ist damit nicht Aktieninhaber. Unverändert vermittelt Clearstream auch in diesem System als unmittelbarer Besitzer der sammelverwahrten Wertpapiere (§ 5 DepotG) und der Sammelurkunden (§ 9 a Depotgesetz) den angeschlossenen Depotbanken den Besitz der Wertpapierbestände die auf den von ihnen geführten Depotkonten ausgewiesen sind (Horn, a.a.O., Seite 17).

    bb) Durch die Zwischenschaltung des CCP wird dieser zentrale Vertragspartner, von dem der Aktienkäufer erwirbt. Eine unmittelbare vertragliche Verbindung zwischen den Vertragspartnern des CCP besteht nicht. Da der CCP über keinen eigenen Aktienbestand verfügt, ist der CCP im Zeitpunkt des Vertragsschlusses stets Leerverkäufer, so dass das wirtschaftliche Eigentum erst im Zeitpunkt der Lieferung Aktien übergeht (vgl. Spengel/Eisgruber, Die nicht vorhandene Gesetzeslücke bei Cum/Ex-Geschäften, DStR 2015, 785, 791), und demzufolge vorliegend bei den streitgegenständlichen Aktiengeschäften nach dem Dividendenstichtag.

    Dabei wird der CCP nicht selbst wirtschaftlicher Eigentümer der Wertpapiere, er fungiert lediglich als Empfangsbote der dinglichen Einigung für den Aktienkäufer. Die dingliche Erfüllung bei den Börsengeschäften über den CCP erfolgt auf Ebene der Kunden im Zeitpunkt der tatsächlichen Belieferung durch die Verbuchung auf dem Depot der Clearstream (bzgl. des "Spitzenausgleichs") bzw. der Verbuchung auf den Kundenkonten des CCP (bzgl. der "genetteten" Geschäfte), was durch die Zurverfügungstellung der abwicklungsbezogenen Daten im Ist-Lieferreport des CCP dokumentiert wird (vgl. dazu: Horn, aaO. S. 4, 18 f).

    cc) Selbst bei einer Durchgriffsbetrachtung im Rahmen der "Vertragskette" anstatt des Erwerbs vom zentralen Kontrahenten ist für die streitgegenständlichen Fälle das wirtschaftliche Eigentum vom Aktienverkäufer erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Belieferung nach dem Dividendenstichtag auf den Aktienkäufer übergegangen. Ein unmittelbarer Übergang des wirtschaftlichen Eigentums durch Abschluss der schuldrechtlichen Verträge im Zeitpunkt des "Nettings" durch den CCP nach den Grundsätzen des Urteils des BFH vom 19.12.1999 scheidet, obwohl es sich bei den Geschäften über den CCP auch um Börsengeschäfte handelt, aus. Da im Rahmen des "Nettings" der Aktiengeschäfte die Gesamtbestände der gehandelten Aktien je Aktiengattung zusammengeführt werden, ist nicht feststellbar, von welchem Verkäufer auf welchen Käufer die Aktien jeweils übergegangen sind. Es fehlt insoweit an einer Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums zu einer bestimmten Person.

    Selbst wenn man einen sog. Sammelübergang des wirtschaftlichen Eigentums an den übertragenen Aktien von allen am "Netting" beteiligten Aktienverkäufern auf alle Aktienkäufer dem Grunde nach zulassen würde, scheitert der Eigentumsübergang, da nicht sichergestellt ist, dass bei allen am "Netting" einbezogenen Aktien das Eigentum nach den obigen Grundsätzen übertragen wird. Ist nur einer der Verkäufer ein institutioneller Leerverkäufer, so ist - unabhängig davon ob es sich um einen gedeckten oder ungedeckten Leerverkauf handelt - allein durch die Aktienkaufverträge noch nicht gewährleistet, dass in Höhe dieses Anteils am über den CCP verkauften Aktienbestand die weitere Verfügung des Aktieninhabers über die Aktien ausgeschlossen ist. Entsprechende Sicherungsmechanismen, die eine weitere wirksame Verfügung des Aktieninhabers verhindern, bestehen bei den börslichen Geschäften eines institutionellen Anlegers über den CCP nicht.

    Demzufolge ist auch bei den Geschäften über den CCP erst im Zeitpunkt der Verbuchung der Aktien auf dem auf dem Konto des Käufers nach dem Dividendenstichtag wirtschaftliches Eigentum übergegangen. Im Ergebnis kann sich die Klägerin daher bei OTC-Geschäften und bei Geschäften die über den zentralen Kontrahenten (CCP) erfolgen mangels des Erwerbs wirtschaftlichen Eigentums an den Aktien die vom Emittenten erhobene und abgeführte Kapitalertragsteuer nicht zu rechnen.

    2. Eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer kommt vorliegend bei den streitigen Aktiengeschäften nur dann in Betracht, wenn die Depotbanken der Aktienverkäufer auf die an die A-Bank über die Clearstream geleisteten Dividendenkompensationszahlugen tatsächlich Kapitalertragsteuer erhoben haben. Dies ist vorliegend - wie die Beweisaufnahme ergeben hat - jedoch gerade nicht der Fall.

    a) Dass es zur Anrechnung der Kapitalertragsteuer als Erhebungsform der Körperschaftsteuer vergleichbar einer Steuervorauszahlung zunächst der Erhebung der Steuer bedarf, ist nach der Systematik der Steueranrechnung evident und Grundvoraussetzung für die Anrechnung von Abzugsteuern (vgl. BFH, Urteil vom 23.4.1996 VIII R 30/93, BFHE 181, 7; Urteil vom 20.10.2010 I R 54/09, BFH/NV 2011, 641). Die Ansicht, eine Anrechnung von Abzugssteuern sei unabhängig von deren Erhebung möglich, ist abwegig und verstößt gegen den eindeutigen Wortlaut des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG. Gleiches gilt für die mehrmalige Anrechnung einmal erhobener Steuern.

    aa) "Erhoben" im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG ist die Kapitalertragsteuer dabei bereits dann, wenn sie vom Entrichtungspflichtigen der Kapitalertragsteuer (§ 44 Abs. 1 S. 3 EStG) für Rechnung des Gläubigers der Kapitalerträge einbehalten wurde. Auf die Abführung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer an das Finanzamt kommt es - wie die Klägerin zutreffend ausführt - dabei nicht an. Dies folgt aus der Erwägung, dass sich der Fiskus beim Einzug der Kapitalertragsteuer des jeweiligen Entrichtungspflichtigen als "Verwaltungsgehilfen" bedient, der Gläubiger der Kapitalerträge (Steuerschuldner) den Steuereinbehalt dulden muss und auf die Abführung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer durch den Schuldner der Kapitalerträge grundsätzlich keinen Einfluss nehmen kann. Vor diesem Hintergrund ist es geboten, das Risiko der Nichtabführung der Kapitalertragsteuer durch den Entrichtungspflichtigen und des Ausfalls der Kapitalertragsteuer dem Fiskus zuzuweisen, der sich des Entrichtungspflichtigen als "Verwaltungshelfer" bedient (BFH, Urteil vom 23.4.1996, VIII R 30/93, BFHE 181, 7).

    bb) Dieses Tätigwerden als "Verwaltungsgehilfe" des Fiskus setzt jedoch zunächst das Einbehalten der Steuer voraus. Erst wenn die Steuer ordnungsgemäß einbehalten wurde, liegt eine Erhebung der Steuer i.S.d. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG vor (BFH, Urteil vom 23.4.1996 a.a.O.). Bei der Beurteilung, ob eine Steuer einbehalten wurde, ist auf die Person des Einbehaltungsverpflichteten abzustellen. Dies ist für die Einbehaltung der Kapitalertragssteuer gem. § 44 Abs. 1 S. 3, 3. Alt. EStG, die den Verkaufsauftrag ausführende Stelle, d.h. das inländische Kreditinstitut oder der inländische Finanzdienstleister (Depotbank), dessen sich der Schuldner der Kapitalerträge bei deren Auszahlung bedient. Diese Depotbank ist beim Aktienverkauf zur Abwicklung des Zahlungsflusses zwischengeschaltet. Bei einer zwischengeschalteten Person liegt eine Einbehaltung von Geldern, hier Kapitalertragssteuer, nur vor, wenn sie mehr Geld erhält, als sie tatsächlich weitergibt, d.h. für die Dividendenkompensationszahlung, dass die Depotbank die Bruttodividende vom Aktienverkäufer erhält, aber nur die Nettodividende an den Gläubiger der Kapitalerträge, den Aktienkäufer weiterleitet. Bei girosammelverwahrten Aktien, bei denen die Dividendenregulation über Clearstream erfolgt, indem Clearstream nach Auszahlung der Dividendenkompensationszahlungen in Höhe der Nettodividende auf Anforderung der Depotbank des Käufers im Rahmen der Regulierung die kontrahierenden Depotstellen des Verkäufers die Depotbank der Aktienverkäufer mit einer Ausgleichszahlung in entsprechender Höhe belastet (vergleiche Rau, Leerverkäufe und doppelte Anrechnung von Kapitalertragssteuer, DStR 2010, 1267); liegt eine Einbehaltung der Steuer nur dann vor, wenn die mit der Zahlung in Höhe der Nettodividende belastete Depotbank ihrerseits beim Schuldner der Kapitalerträge in Höhe der Bruttodividende Rückgriff nimmt. Nur in diesem Fall hat die Depotbank als zwischengeschaltete Stelle den Differenzbetrag erhalten, so dass eine Einbehaltung der Steuer auf die Ausgleichsforderung in Form Dividendenkompensationzahlung vorliegt.

    b) Soweit die Klägerin meint, bereits durch die Auszahlung der Nettodividende an die Depotbank des Aktienkäufers sei von einer Einbehaltung und demzufolge auch von einer Erhebung der Kapitalertragsteuer auszugehen, ist dies nicht zutreffend. Die Auszahlung der Nettodividende ist lediglich ein Indiz, das mangels anderer Anhaltspunkte bei einem typischen Geschehensablauf einen Anscheinsbeweis für die Einbehaltung der Steuer darstellt. Anders als in den Entscheidungen, in denen der Schuldner selbst zur Einbehaltung und Abführung der Abzugssteuern verpflichtet war und außer dem Abfluss des Nettobetrages regelmäßig keine konkreten anderen Umstände vorlagen, die auf einen Einbehalt der Steuer schließen ließen, kann bei einer zwischengeschalteten Person der Nachweis dadurch geführt werden, dass von den durchgeleiteten Geldern der einzubehaltende Teil tatsächlich bei der zwischengeschalteten Person verblieben ist. Hätte der Gesetzgeber bereits die Auszahlung der Nettodividende als Erhebung der Kapitalertragsteuer genügen lassen wollen, hätte er dies in Form einer gesetzlichen Fiktion ins Gesetz aufnehmen können. Dies hat er jedoch gerade nicht getan.

    Auch aus dem Gesichtspunkt, dass die Depotbank bei der Einbehaltung und Abführung der Kapitalertragssteuer als Verwaltungsgehilfe des Fiskus tätig wird, erscheint es sachgerecht, bei der Beurteilung der Erhebung der abzuführenden Steuer darauf abzustellen, ob die zwischengeschaltete Depotbank tatsächlich einen Teil des Geldes, die Differenz zwischen der Brutto- und der Nettodividende, erhalten hat. Denn erst ab dem tatsächlichen Einbehalt des Differenzbetrages zwischen Brutto- und Nettodividende wird die inländische Depotbank tatsächlich als Verwaltungsgehilfe des Fiskus tätig. Erst dann erscheint es im Rahmen einer sachgerechten Risikoverteilung geboten, dem Fiskus die Nichtabführung der einbehaltenen Steuer als Erhebung der Abzugsteuer zuzurechnen, weil die inländische Depotbank ihre gesetzliche Verpflichtung als Verwaltungsgehilfe nicht erfüllt hat.

    c) Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe hier bereits durch Vorlage der Steuerbescheinigung i.S.d. § 45a Abs. 2, 3 EStG den erforderlichen Nachweis für die Erhebung der Kapitalertragsteuer erbracht, ist dies unabhängig von dem Umstand, dass sich die Klägerin die Bescheinigungen selbst ausgestellt hat, unzutreffend. Zwar sind die Steuerbescheinigungen in der Mehrzahl der Aktiengeschäfte, bei denen die Auszahlung der Nettodividende von einer inländischen Depotbank des Verkäufers erfolgt, regelmäßig ein geeigneter und ausreichender Nachweis für die Erhebung der Kapitalertragsteuer. Dies gilt jedoch nicht in den Fällen, in denen aufgrund besonderer Gestaltung nicht typischerweise von einer Einbehaltung der Kapitalertragsteuer ausgegangen werden kann oder die Nichterhebung der Kapitalertragsteuer auf die Dividendenkompensationszahlungen nachgewiesen ist. In diesen Fällen reicht allein die Vorlage der Anrechnungsbescheinigung nach § 45a Abs. 3 EStG entgegen der Ansicht der Klägerin nicht aus. Zumal diese von ihr selbst ausgestellt wurde und letztlich nur darüber Auskunft gibt, dass die Klägerin eine Zahlung in Höhe der Nettodividende erhalten hat.

    aa) Die Klägerin verkennt insoweit den Zweck und die doppelte Bedeutung der Steuerbescheinigung. Die Steuerbescheinigung ist zum einen materielle Voraussetzung und Tatbestandsmerkmal des § 36 Abs. 2 S. 2 EStG zur Anrechnung der Kapitalertragssteuer, zum anderen dient sie als Nachweis für die einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer auf die zugeflossenen Erträge (BFH-Urteil vom 29.04.2008 VIII R 28/07, BStBl. II 2009, 842). Insoweit liefert sie aber nur den Anscheinsbeweis für die Entrichtung der Kapitalertragsteuer auf die erhaltenen Zahlungen (BFH-Urteil vom 12.02.2008 VII R 33/06, BFH/NV 2008, 845). Sofern die zu beweisende Tatsache nicht vorliegt, darf demgemäß auch keine Bescheinigung ausgestellt werden. Zweck der Regelung über die Kapitalertragssteuerbescheinigung ist es lediglich eine praktikable und rechtssichere Durchführung der Kapitalertragssteueranrechnung zu ermöglichen.

    bb) Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber lediglich eine gesetzliche Klarstellung der seit längerem in den EStR enthaltenen Regelung, wonach eine Anrechnung ohne Kapitalertragssteuerbescheinigung nicht möglich ist, bezweckte. Die Kapitalertragssteuerbescheinigung sollte dabei unverzichtbares zusätzliches Nachweismittel für Zwecke der Veranlagung sein, ohne den offenkundigen Manipulationsmöglichkeiten angemessen Rechnung zu tragen. Würde man der Ansicht der Klägerin folgen und die Vorlage der Bescheinigung zum Nachweis der Erhebung der Kapitalertragsteuer genügen lassen, ihr also eine Vollbeweisfunktion beimessen, würde der Zweck eines zusätzlichen Nachweisinstrumentes genau in das Gegenteil verkehrt, indem die Finanzverwaltung auf einmal an die bescheinigten Angaben gebunden wäre und ihr weitere Prüfungsmöglichkeiten genommen würden (so zutreffend: Bruns, Streitfallfragen bei Leerverkäufen über den Dividendenstichtag, DStZ 2012, 333, 338).

    cc) Dafür, dass der Bescheinigung keine Vollbeweisfunktion beizumessen ist, spricht insbesondere auch, dass die Steuerbescheinigungen in einem Massenverfahren für eine Vielzahl von Fällen erstellt werden, was immer wieder zu falschen Steuerbescheinigungen durch menschliches oder technisches Versagen führt. Dies hat der Gesetzgeber auch gesehen und folgerichtig in § 45a Abs. 6 EStG eine Berichtigungsvorschrift geschaffen.

    Insbesondere impliziert aber auch die Haftungsregelung des § 45a Abs. 7 EStG bei falschen Bescheinigungen, dass die inhaltliche Richtigkeit der zu bescheinigenden Tatsachen (und zwar in erster Linie die Erhebung der Kapitalertragsteuer) maßgebend ist. Auch die Gesetzesformulierung als weitere negative Tatbestandsvoraussetzung für die Anrechnung der Steuer zeigt, dass der Gesetzgeber nicht schon bei Erteilung der Steuerbescheinigung den Beweis für deren Erhebung als erbracht angesehen hat. Wenn das Gesetz gleichwohl von einer Verpflichtung zur Ausstellung der Bescheinigung spricht, bezieht sich dies auf den Regelfall und setzt angesichts des Regelungszwecks denklogisch voraus, dass auch Kapitalertragsteuer erhoben wurde.

    Das bedeutet, dass die Kapitalertragsteuerbescheinigung zwar zur Ermöglichung der Durchführung einer praktikablen und rechtssicheren Kapitalertragsteueranrechnung in der überwiegenden Mehrzahl der Aktienkäufe, insbesondere bei Börsengeschäften unter Beteiligung inländischer Depotbanken die vereinbarungsgemäß erfüllt werden, regelmäßig zum Nachweis der Erhebung der Kapitalertragsteuer als Abzugssteuer ausreicht.

    Denn in diesen Fällen ist typischerweise vom Einbehalt der Kapitalertragsteuer als Abzugssteuer durch die Depotbank des Verkäufers auszugehen. Der Anscheinsbeweis aufgrund der vorgelegten Steuerbescheinigung trägt jedoch nicht bei atypischen Gestaltungen und Abläufen, bei denen insbesondere aufgrund der Praxiserfahrung begründete Zweifel an der Entrichtung der Kapitalertragsteuer bestehen.

    d) Vorliegend ist in allen streitigen Aktienverkäufen nachgewiesen, dass keine Kapitalertragsteuer auf die Dividendenkompensationszahlungen erhoben wurde. Die Klägerin ist demzufolge nicht zur Anrechnung der geltend gemachten Kapitalertragsteuer berechtigt.

    aa) Soweit auf Seiten der Aktienverkäufer bei den streitigen Aktiengeschäften ausländische Depotinstitute eingeschaltet waren, fehlt es bereits an einer Verpflichtung zur Erhebung von Kapitalertragsteuer, so dass keine Anrechnung erfolgen kann. Dies wird von der Klägerin auch nicht bestritten.

    bb) Bei den übrigen Aktienkäufen über den Dividendenstichtag unter Einschaltung inländischer Depotbanken, ist das Gericht zwar bisher davon ausgegangen, dass aufgrund der bestehenden Verpflichtung der inländischen Depotinstitute zum Einbehalt von Kapitalertragsteuer auf geleistete Dividendenkompensationszahlungen ein Anscheinsbeweis für die Einbehaltung der Abzugssteuern besteht. Vorliegend ergibt sich jedoch aufgrund der Auskünfte der B-Bank und der vorgelegten Steueranmeldungen, dass die Bank ihrer Verpflichtung zum Einbehalt der Steuern auf die Dividendenkompensationszahlungen in allen streitigen Fällen nicht nachgekommen ist. Soweit die Klägerin in einem anderen Aktienkaufgeschäft die C-Bank als inländische Depotbank des Aktienverkäufers benannte, hat diese in ihrer Antwort auf ein gerichtliches Auskunftsersuchen (Bl. 741 ff. FG-Akte) zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass in dem Kaufgeschäft eine ausländische Depotbank auf Seiten des Aktienverkäufers eingebunden war.

    (1) Soweit die B-Bank darauf verweist, dass die Aktienverkäufe durch Aktienkäufe mit gleichen Handels-/, Valuta-/und Lieferdaten gedeckt gewesen seien, mit denen sie die Aktienverkäufe verrechnet habe, so dass keine Kapitalertragssteuer auf die Veräußerungsgeschäfte zu erheben sei, war dieses Vorgehen unzulässig. Das mit dem Jahressteuergesetz 2007 eingeführte System der Kapitalertragssteuererhebung gebietet eine Erhebung der Kapitalertragsteuer auf jeder Handelsstufe, da nur so der mit der Einführung des Gesetzes beabsichtigte Ausgleich zwischen der erhobenen und der angerechneten Kapitalertragsteuer gewährleistet ist. Insbesondere bei Kettengeschäften ist auf der Handelsstufe, auf der von einem Verkäufer mit einer ausländischen Depotbank bezogen wird, der Ausgleich zwischen erhobener und angerechneter Kapitalertragsteuer nicht mehr gewährleistet. Während nach den gesetzlichen Regelungen für die inländische Depotbank des Verkäufers die Verpflichtung zur Erhebung der Kapitalertragsteuer besteht, führt die ausländische Depotbank bei dem Gegengeschäft keine Kapitalertragssteuer ab. Eine Verrechnung der Ansprüche auf Basis der schuldrechtlichen Verträge - wie von der B-Bank praktiziert - führt dazu, dass einmal zu wenig Kapitalertragsteuer erhoben wird und damit ein wirtschaftlicher Schaden zulasten des Fiskus entsteht. Das Gesetz sieht daher die Erhebung der Kapitalertragsteuer auf den jeweiligen Kapitalertrag, hier die Dividendenkompensationszahlung, in jeder Handelsstufe vor. Eine Verrechnungsmöglichkeit, wie von der B-Bank vorliegend vorgenommen, findet zur Vermeidung von Steuerausfällen im Gesetz gerade keine Grundlage. Selbst wenn die Verrechnung der Geschäfte die Handelspraxis vereinfacht, wird sie wegen der auftretenden Steuerausfälle dem System der Kapitalertragsteuererhebung nach dem Jahressteuergesetz 2007 nicht gerecht. Auch insoweit gilt der Grundsatz, dass die Praxis dem Recht zu folgen hat und nicht das Recht der Praxis.

    Dass vorliegend an die Klägerin als Aktienkäufer nicht die Originaldividende, sondern eine kapitalertragsteuerpflichtige Dividendenkompensationzahlung gezahlt wurde, ergab sich dabei für die B-Bank als inländische Depotbank bereits daraus, dass sie von Clearstream im Rahmen der Dividendenabwicklung mit einer Ausgleichszahlung in Höhe der Nettodividende belastet wurde und ihr die wirtschaftlichen Zusammenhänge der Aktiengeschäfte im Übrigen bekannt sind.

    (2) Ob der noch in dem Urteil vom 10.02.2016, Az.: 4 K 1684/14, vom erkennenden Gericht angenommene Anscheinsbeweis, dass inländische Depotbanken bei cum-/ex- Geschäften ihrer Verpflichtung zur Abführung von Kapitalertragssteuer auf Dividendenkompensationszahlungen nachkommen, noch aufrechterhalten werden kann, erscheint angesichts der in diesem Verfahren gewonnenen Erkenntnisse über die Praxis der B-Bank als inländische Depotbank zweifelhaft, kann aber angesichts des vollen Gegenbeweises (keine Einbehaltung von Kapitalertragsteuer auf Dividendenkompensationszahlungen) dahinstehen. Gegen den Anscheinsbeweis spricht insbesondere, dass es sich hier um ein systematisch fehlerhaftes Vorgehen eines Kreditinstituts handelt, das auf dem deutschen Markt ein hohes Aktienvolumen umsetzt. Des Weiteren hatte auch in dem am 10.02.2016 entschiedenen Verfahren (4 K 1684/14) eine andere inländische Depotbank die Geschäfte auf schuldrechtlicher Basis gegeneinander verrechnet und keine Kapitalertragssteuer abgeführt mit der Begründung, dass sich die Verkaufs- und Kaufgeschäfte des Vertragspartners betragsmäßig ausgeglichen haben. Es obliegt dem Beklagten im Rahmen von Außenprüfungen festzustellen, ob die Verfahrensweise gängige Praxis auch anderer inländischer Kreditinstitute war; auch um diese gegebenenfalls als Haftungsschuldner in Anspruch nehmen zu können.

    (3) Die vorliegend vom Beklagten genauer untersuchten Aktiengeschäfte sind dabei neben den in dem Verfahren 4 K 1684/14 gewonnenen Erkenntnissen über getätigte Absprachen zwischen den Wertpapierhändlern ein deutliches Indiz dafür, dass um den Dividendenstichtag Kettengeschäfte abgeschlossen wurden, die durch mehrfache Anrechnung nicht gezahlter Kapitalertragsteuer zum finanziellen Schaden des Fiskus führten. Dafür spricht auch die nach den Praxiserfahrungen des Beklagten eingetretene Vervielfältigung des Aktienhandelsvolumens um den Dividendenstichtag.

    cc) (1) Hinsichtlich der Geschäfte über den CCP ist das Gericht ebenfalls davon überzeugt, dass der CCP als zentraler Kontrahent keine Kapitalertragsteuer auf die Dividendenkompensationszahlungen der gelieferten Aktien über die Depotbank erhoben hat. Da der CCP über keinen eigenen Aktienbestand verfügt, und die Geschäfte unter Einschaltung des zentralen Kontrahenten als Zwischenerwerber erst geschlossen werden, wenn ein entsprechendes deckungsgleiches Gegengeschäft vorliegt, so dass sich die jeweiligen Zahlungsverpflichtungen ausgleichen, wird zwar regelmäßig eine Ausgleichszahlung in Höhe der Nettodividende aber keine Kapitalertragsteuer erhoben und abgeführt. Die Erhebung von Kapitalertragsteuer durch die am "Netting" beteiligten Aktienverkäufer ist ebenfalls nicht gewährleistet.

    (2) Selbst wenn entgegen der Ansicht des Gerichts eine "Lieferkette" zu berücksichtigen wäre, obliegt es im Rahmen der Mitwirkungspflicht zunächst dem Aktienkäufer bei Geschäften über den zentralem Kontrahenten zum Nachweis der Erhebung der Kapitalertragsteuer, den Aktienverkäufer zu benennen, der an dem zentralen Kontrahenten geliefert hat. Bleibt ungeklärt, ob es sich um einen Inhaberverkäufer oder um einen Leerverkäufer handelt und ob dieser sich einer in- oder ausländischen Verkäuferbank bediente, ist die Anrechnung nach den o.g. Grundsätzen zu versagen.

    (3) Diese Risikoverteilung der Nachweisplicht zulasten des Aktienerwerbers bei Geschäften über den CCP erscheint sachgerecht. Denn Personen, die solche Geschäfte tätigen, wissen, dass ihr Geschäftserfolg ganz entscheidend von der Kapitalertragssteueranrechnung abhängt. Sie wissen auch, dass das Gesetz in § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG bereits nach seinem insoweit eindeutigen Wortlaut als Anrechnungsvoraussetzung fordert, dass auf die ihm zuzurechnenden Einkünfte Kapitalertragsteuer durch Steuerabzug erhoben wurde. Auch hätten sie wissen müssen, dass nach den allgemeinen und bekannten Beweislastgrundregeln es ihnen obliegt zu beweisen, dass die Kapitalertragsteuer erhoben wurde. Wer trotz dieser Kenntnis Geschäfte mit anonymen Vertragspartnern tätigt, muss im Zweifel das Risiko tragen, dass er den Nachweis für die Zahlung der Kapitalertragsteuer nicht erbringen kann. Angesichts dieser Unsicherheit hätte er das Geschäft direkt mit einem Verkäufer tätigen können, wenn diese Absicherung aber nicht gelingt, muss sich der Anleger entscheiden, ob er das Geschäft dennoch tätigen will. Wer sich dann gleichwohl für das Geschäft entscheidet, weiß was er tut und ist nicht schutzwürdig (vgl. Spengel/Eisgruber, Die nicht vorhandene Gesetzeslücke bei Cum/Ex-Geschäften, DStR 2015, 785).

    3. a) Verfahrensrechtlich bestehen hinsichtlich der Änderung der Anrechnungsverfügung keine Bedenken da - wie oben ausgeführt - bei den streitigen Aktiengeschäften, kein Anspruch auf Anrechnung der Kapitalertragsteuer bestand. Es liegt ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt vor, der unter den Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 AO zurückgenommen werden kann.

    b) Vorliegend hat der Beklagte die Änderung der Anrechnungsverfügung zutreffend auf § 130 Abs. 2 Nr. 3 bzw. § 131 Abs. 2 Nr. 1 AO entsprechend gestützt.

    aa) Nach § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO kann ein Verwaltungsakt dann zurückgenommen werden, wenn ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren. Dazu reicht es aus, dass die Angaben objektiv unrichtig oder unvollständig und für den Erlass des begünstigenden Verwaltungsakts von entscheidungserheblicher Bedeutung waren. Das ist dann der Fall, wenn davon auszugehen ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt nicht erlassen hätte, wenn sie die Unrichtigkeit/Unvollständigkeit der betreffenden Angaben gekannt hätte. (vgl. Klein, Abgabenordnung, 13. Aufl., § 130 Anm. 46 m.w.N.).

    Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Da auf die Dividendenkompensationszahlungen - wie oben ausgeführt - keine Kapitalertragsteuer einbehalten worden ist, liegen die Voraussetzungen für die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen in den streitigen Aktiengeschäften nicht vor.

    Dies ist aber nach dem System der Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen notwendig, um die Kapitalertragsteuer steuermindernd zu berücksichtigen. Dabei war der Beklagte ursprünglich von der Erhebung der Kapitalertragsteuer auf die Kapitalerträge aufgrund der Angaben der Klägerin in den vorgelegten Steuererklärungen sowie den fehlerhaften Kapitalertragssteuerbescheinigungen ausgegangen.

    bb) Daneben konnte der Beklagte vorliegend die Änderung zutreffend auch auf den ausdrücklichen Widerrufsvorbehalt gemäß § 131 Abs. 2 Nr. 1 AO analog stützen. Zwar ist die Auflistung der Tatbestände in Abs. 2 der Norm abschließend. Entsprechend § 131 Abs. 2 Nr. 1 AO ist eine Rücknahme jedoch auch dann zulässig, wenn sich die Finanzbehörde in einem Verwaltungsakt die Rücknahme ausdrücklich vorbehalten hat (vgl. Klein, Abgabenordnung, 13. Aufl., § 130 Anm. 44 m.w.N.). Da der ursprüngliche Anrechnungsbescheid einen ausdrücklichen Rücknahmevorbehalt enthält, war die Änderung nicht nur zulässig, sondern der Beklagte war darüber hinaus nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verpflichtet, bei noch nicht unanfechtbaren rechtswidrigen Verwaltungsakten -wie vorliegend- einen Änderungsbescheid zu erlassen. Es liegt damit eine Ermessensreduzierung auf Null und keine fehlerhafte Ermessensausübung vor.

    II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 137 FGO. Soweit die Klägerin zum geringen Teil obsiegt, hätte sie den Umstand, dass es sich bei dem Geschäft mit den 1,5 Millionen Daimler AG Aktien um ein Stornogeschäft gehandelt hat, bereits früher geltend machen können. Des Weiteren liegt vorliegend auch ein geringfügiges Unterliegen des Beklagten vor (§ 136 Abs. 1 S. 3 FGO).

    III. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache im Hinblick auf noch offene Verfahren, die die gleichen Rechtsfragen betreffen, zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

    RechtsgebieteEStG, AOVorschriftenEStG § 36 Abs.2 Nr.2, § 44 Abs.1, § 45a Abs.2, 3; AO § 39 Abs.1, Abs.2 Nr.1

    Karrierechancen

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