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  • 20.11.2019 · IWW-Abrufnummer 212340

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 23.04.2018 – 2 V 2178/17

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Köln

    2 V 2178/17

    Tenor:

    Der Antrag wird abgelehnt.

    Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.

    Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

    1

    Gründe:

    2

    I.

    3

    Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes um die Berechtigung des Antragsgegners bzw. des Betriebsprüfungsfinanzamts, an einer koordinierten grenzüberschreitenden steuerlichen Außenprüfung mitzuwirken und hierbei mit der österreichischen Steuerverwaltung die Antragstellerinnen betreffende Informationen auszutauschen.

    4

    Die Antragstellerinnen sind Gesellschaften der sog. W-Unternehmensgruppe, deren Geschäftsgegenstand der Immobilienhandel bzw. die Immobilienverwaltung sind. Gesellschafter der Antragstellerinnen sind Frau W1 sowie – nach Angaben der Antragstellerinnen – Herr W bzw. – nach Angaben des Antragsgegners – auch Herr W2.

    5

    Mit Schreiben vom 18. Oktober 2016 (Bl. 1 der vom Antragsgegner geführten Verwaltungsakte -VA- betreffend die Antragstellerin zu 1.) wandte sich die österreichische Steuerverwaltung an den Antragsgegner mit dem Vorschlag, eine sog. Multinationale Kontrolle bei Unternehmen der W-Gruppe bezüglich Einkommensteuer, Körperschaftsteuer sowie Kapitalertragsteuer aus vermuteten verdeckten Gewinnausschüttungen jeweils für die Prüfungszeiträume 2006 bis 2014/2015 durchzuführen. In den Erläuterungen hierzu führte die österreichische Steuerverwaltung unter anderem aus, dass die zentrale Figur innerhalb des „W Imperiums“ Herr W sen. sei und dessen ... Kinder als Gesellschafter und/oder Geschäftsführer bei verschiedenen Unternehmen eingesetzt seien. Daneben würden Ehepartner bzw. Lebensgefährtinnen von Herrn W sen. oder dessen Kinder leitende Funktionen innerhalb der Unternehmensgruppe ausüben. Die Familie W nutze insbesondere die Grenznähe, gründe vorwiegend GmbHs in Österreich und Deutschland, erwerbe über diese Gesellschaften Liegenschaften in Deutschland und belaste diese mit Grundschulden. Die vereinnahmten Gelder würden oftmals nicht betrieblich verwendet, sondern gelangten über Verrechnungskonten verbundener Unternehmen letztendlich auf Privatkonten der Familie W. Beispielhaft wurde ein Sachverhalt beschrieben, wonach eine österreichische GmbH im Jahre 2006 ein Grundstück an der Ostsee erworben und dieses im Jahre 2012 mit einem Rohgewinn von ca. ... € an einen deutschen Investor verkauft habe. Die Geldflüsse seien über österreichische und deutsche Bankkonten unter Zwischenschaltung einer deutschen GmbH erfolgt. Bislang seien im Hinblick auf diesen Vorgang jedoch keine Gewinnsteuern erklärt oder bezahlt worden. Neben dem Erwerb und Verkauf von Liegenschaften würden jedoch auch durch deren Vermietung steuerpflichtige Vorgänge ausgelöst. Ohne Mitwirkung der deutschen Finanzverwaltung könnten die hieraus erzielten Einnahmen nicht korrekt ermittelt und die mit dem Grundstücksgeschäft zusammenhängenden Geldflüsse nicht nachvollzogen werden (vgl. Bl. 2 der VA).

    6

    Daraufhin fand am 2. November 2016 – ohne vorherige Anhörung der Antragstellerinnen und nach Entscheidung des für die Betriebsprüfung bei den Antragstellerinnen zuständigen Finanzamts G – unter Teilnahme von Vertretern sowohl der österreichischen als auch der deutschen Finanzverwaltung eine sog. Startsitzung (Auswahlsitzung) statt, bei der beschlossen wurde, bei insgesamt zehn deutschen Unternehmen, u.a. den Antragstellerinnen, sowie bei österreichischen Unternehmen der W-Gruppe eine gleichzeitige Betriebsprüfung durchzuführen. Zum weiteren Gang der Prüfung wurde ausweislich des Protokolls zur Startsitzung vom 2. November 2016 (Bl. 4 der VA) vereinbart, dass durch das Finanzamt G entsprechende Prüfungsanordnungen zu erlassen und sodann Anhörungsverfahren im Hinblick auf die beabsichtigte Betriebsprüfung durchzuführen seien (vgl. Bl. 5 der VA).

    7

    Das Finanzamt G informierte die Antragstellerinnen jeweils mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 (vgl. Bl. 6 der VA) darüber, dass mit der Steuerverwaltung Österreichs im Rahmen der für die Jahre 2012 bis 2014 bereits begonnenen Betriebsprüfungen Auskünfte und/oder Unterlagen gemäß § 117 Abs. 1, 2 AO und §§ 10, 11 und 12 EUAHiG ausgetauscht und im Verlauf der gleichzeitigen Prüfung nach § 12 EUAHiG Bedienstete der beiden beteiligten Mitgliedstaaten zum Zwecke des Informationsaustausches in den Amtsräumen des jeweils anderen Mitgliedstaates zugegen sein werden. Des Weiteren wurde mitgeteilt, dass der Prüfungsgegenstand sich auf

    8

    - die Überprüfung der Zugehörigkeit von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben zur betreffenden Firma im In- und Ausland (nur betreffend die Antragstellerinnen zu 1. und 2.),

    9

    - den Abgleich von Verrechnungskonten im In- und Ausland, den Abgleich von grenzüberschreitenden Geschäftsvorfällen bzw. die korrespondierende Darstellung und deren Verbuchung im In- und Ausland und auf die Überprüfung von Verträgen mit österreichischen Anteilseignern bzw. Geschäftsführern (alle Antragstellerinnen betreffend) sowie

    10

    - die Überprüfung von Unterlagen, die sich laut Angaben der Antragstellerin zu 5. im Besitz der österreichischen Finanzbehörde befänden (nur betreffend die Antragstellerin zu 5.),

    11

    erstrecken solle.

    12

    Hiergegen wandten sich die Antragstellerinnen und teilten durch ihre steuerliche Bevollmächtigte mit, dass eine Zustimmung zum zwischenstaatlichen Informationsaustausch und zur gemeinsamen Prüfung nach § 12 EUAHiG nicht erteilt werde, für den internationalen Auskunftsverkehr der Antragsgegner zuständig sei, primär die innerstaatlichen Informationsquellen auszuschöpfen seien und die internationale Amtshilfe nur subsidiär eingreifen könne, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führe oder nur mit wesentlich größerem Aufwand möglich und somit Amtshilfe erforderlich sei (vgl. Bl. 7 der VA).

    13

    Daraufhin nahm das ... Ministerium der Finanzen, ... mit Schreiben vom 27. April 2017 (Bl. 8 der VA) an den Antragsgegner Stellung und wies darauf hin, dass sich die Unternehmen der W-Gruppe bei der Durchführung ihrer Immobiliengeschäfte und insbesondere bei der Abwicklung der Geldflüsse eines grenzüberschreitenden und undurchsichtigen Firmengeflechts bedienten. Zur umfassenden Aufklärung dieser Sachverhalte sei ein Auskunftsaustausch mit der österreichischen Steuerverwaltung erforderlich. Ergänzend wurde zudem darauf hingewiesen, dass im Jahre ... bei österreichischen Unternehmen der W-Gruppe durch die österreichische Steuerfahndung und im Wege der Rechtshilfe für Österreich auch in Geschäftsräumen von Unternehmen der W-Gruppe in Deutschland Durchsuchungen stattgefunden hätten, diese Maßnahmen jedoch ebenso wenig wie die laufenden Betriebsprüfungen zur Aufklärung dieser Sachverhalte geführt hätten (vgl. Bl. 10 der VA). Die steuerlichen Vertreter der Antragstellerinnen hätten bislang keine oder jedenfalls nur unvollständig Antworten zu offenen Sachverhaltsfragen erteilt. Schließlich gehe die Betriebsprüfung davon aus, dass durch einen vertieften Auskunftsaustausch mit der österreichischen Steuerverwaltung auch bislang unbekannte, aber für die zutreffende Steuerfestsetzung relevante Sachverhalte bekannt werden würden (vgl. Bl. 11 der VA).

    14

    In den in der Stellungnahme des ... Ministeriums der Finanzen in Bezug genommenen, in den Akten auszugsweise wiedergegebenen Sachverhaltsschilderungen seitens des Betriebsprüfungsfinanzamts G ist festgehalten, dass die Verrechnungskonten mit österreichischen Gesellschaften, den österreichischen Gesellschaftern und deren Angehöriger eine Hauptproblematik bei der Betriebsprüfung darstelle. Verrechnungskonten bestünden sowohl mit den Gesellschaftern als auch mit deren Angehörigen, die ihren Wohnsitz in Österreich hätten, sowie mit der österreichischen W GmbH. Hierbei handele es sich insbesondere um Verrechnungskonten für Frau W1 und ihren Ehemann, W2, die zudem auch Gesellschafter der W GmbH seien. Es seien sowohl größere Einzahlungen in bar als auch Gutschriften von österreichischen und deutschen Privatkonten erfolgt. Die Herkunft der Mittel sei mangels Kenntnis der Vermögenslage der jeweils in Österreich steuerpflichtigen Personen nicht überprüfbar. Zum Teil stimmten die aus den Belegen anhand der Unterschrift ersichtlichen Namen der Einzahler nicht mit den in den Buchungen auf den Verrechnungskonten vermerkten Namen überein. Bei Gutschriften auf betrieblichen Konten bestünden Widersprüche bzw. Unklarheiten im Hinblick auf die Angaben auf den (Eigen-)Belegen und die Verbuchungen. Über die Verrechnungskonten seien auch Barauszahlungen zu Gunsten der Eheleute W1 und W2 gebucht worden, wobei ohne Abgleich mit den in Österreich erklärten Einkünften und Vermögensverhältnissen eine Überprüfung, ob und inwieweit diese Auszahlungen der privaten Lebensführung dienten, nicht möglich sei. Zudem würden auch andere Vorgänge wie Forderungsabtretungen, Restschuldübernahmen, Darlehensrückzahlungen u.Ä. über Verrechnungskonten gebucht, ohne dass die zu Grunde liegenden Sachverhalte allein anhand der meist nur vorliegenden Eigenbelege bzw. Buchungsanweisungen nachvollziehbar und überprüfbar seien. Diese Einschätzung korrespondiere schließlich mit der Begründung des Vorschlags der österreichischen Finanzverwaltung, eine multinationale Betriebsprüfung durchzuführen, denn auch danach lägen Erkenntnisse vor, dass Gelder mit betrieblichem Charakter möglicherweise über verschiedene Verrechnungskonten der Unternehmen der W-Gruppe letztendlich auf Privatkonten von Mitgliedern der Familie W gelangt seien. Aufgrund dessen sei zur Überprüfung dieser Geldflüsse der direkte Informationsaustausch zwischen den Steuerverwaltungen beider Mitgliedstaaten erforderlich (vgl. Bl. 12 der VA „A GmbH“).

    15

    Darüber hinaus führt das Finanzamt G beispielhaft folgende im Rahmen der Betriebsprüfung bei den Antragstellerinnen getroffene Feststellungen an: Bei der Antragstellerin zu 3. seien Bareinzahlungen von Stammeinlagen der W GmbH und von Frau W1 festgestellt worden, die Unterschriften auf den Kasseneingangsbelegen stammten jedoch von Herrn W2. Neben der unklaren Mittelherkunft sei auffällig, dass der entsprechende Kassenbucheintrag vom 18. Mai 2011 datiere, der Kasseneingangsbeleg hingegen das Datum 20. Mai 2011 trage. Zudem sei (nur) für das Jahr 2012 eine „Vergütung für Geschäftsführertätigkeit“ durch Herrn W2 i.H.v. ... € abgerechnet und als Aufwand verbucht worden, obwohl weder ein Anstellungsvertrag vorliege noch eine Lohnversteuerung erfolgt sei. Des Weiteren läge für die Antragstellerin zu 3. für die Prüfung der Jahre 2011 bis 2013 bisher keine brauchbare, digital zu verarbeitende Buchhaltung vor. Zudem sei von Oktober 2011 bis Oktober 2014 Herr M mit 45 % an der Antragstellerin zu 3. beteiligt gewesen. Die Anteile seien sodann gegen 90 % der Anteile an einer anderen GmbH ausgetauscht worden. Ab 2015 habe Herr M sodann über ... € als Privatdarlehen an diese GmbH gezahlt, um diese „am Leben zu erhalten“. Es sei zu erwarten, dass die österreichische Finanzverwaltung Informationen über die wirtschaftlichen Hintergründe dieses für Herrn M nachteiligen Anteilstauschgeschäfts mit den Eheleuten W1 und W2 verfüge (vgl. Bl. 13 der VA „C GmbH“).

    16

    Bei der Antragstellerin zu 4. sei eine Gutschrift am 17. September 2015 über ... € von einem österreichischen Konto des Herrn W3 festgestellt worden. Der dazugehörige (Eigen-)Beleg sei von Herrn W2 geschrieben worden, wobei handschriftlich der Vorname von W3 in den Vornamen von W2 abgeändert worden sei. Dieser Vorgang sei auf dem Verrechnungskonto #1 von Frau W1 verbucht worden, das jedoch im Vorjahr (2014) noch als Verrechnungskonto „W2“ geführt worden sei. Auch insoweit sei die tatsächliche Mittelherkunft unklar (vgl. Bl. 13 der VA „D GmbH“). Des Weiteren habe die Antragstellerin zu 4. mit Vertragsurkunde vom ... August 2015 ein Grundstück in P für ... € von der österreichischen W GmbH gekauft. An beiden Gesellschaften sei Frau W1 wesentlich beteiligt. Der Kaufpreis sei jedoch an eine deutsche GmbH geflossen, an der der Bruder von Herrn W2 wesentlich Beteiligter und deren Geschäftsführer sei. Der steuerliche Bevollmächtigte habe hierzu erklärt, dass die den Kaufpreis empfangende GmbH zuvor ein Darlehen zur Zwischenfinanzierung einer Bürgschaftsinanspruchnahme der österreichischen W GmbH durch die R-Bank (Österreich) gegeben habe. Allerdings sei bei den hieran beteiligten Gesellschaften ein solches Darlehen weder verbucht noch bilanziert worden. Angeforderte Unterlagen seien nicht vorgelegt worden. Unabhängig von der Vorlage des Darlehensvertrags oder ähnlichem sei eine Überprüfung dieses Sachverhalts unter Mitwirkung der österreichischen Steuerverwaltung erforderlich um abzuklären, ob die österreichische W GmbH tatsächlich aus einer Bürgschaft in Anspruch genommen worden sei, oder ob dem Zahlungsvorgang eine private Abrede der W-Brüder zugrunde liege. Auffällig sei in diesem Zusammenhang, dass nur zwei Tage nach Eingang des Grundstückskaufpreises mit dem Vermerk „lt. Vereinbarung“ ein Betrag von ... € von der W ... GmbH an die Antragstellerin zu 5., an der W1 und W2 beteiligt seien, gezahlt worden sei (vgl. Bl. 14 der VA „D GmbH“).

    17

    Bei der Antragstellerin zu 5. sei eine Gutschrift vom 1. Oktober 2015 i.H.v. ... € von der W ... GmbH festgestellt worden. Gesellschafter und Geschäftsführer dieser GmbH sei Herr W3, Bruder von Herrn W2. Der dazugehörige Beleg sei jedoch von Herrn W2 ausgestellt worden. Eine dieser Zahlung zu Grunde liegende Vereinbarung sei bislang nicht vorgelegt worden. Aufzuklären sei – wie bereits im Zusammenhang mit den Feststellungen betreffend die Antragstellerin zu 4. – insoweit insbesondere, ob diese Zahlung zu Gunsten des Unternehmens der Eheleute W1 und W2 durch den Bruder von W2 im Zusammenhang mit dem Verkauf des Grundstücks in P durch die österreichische W GmbH stehe, da die Zahlung unmittelbar nach der Grundstückskaufpreiszahlung erfolgt sei (vgl. Bl. 12 der VA „E GmbH“). Zudem sei eine Gutschrift vom 15. September 2015 i.H.v. ... € von einem Privatkonto des Herrn W2 festgestellt worden; der dazugehörige Beleg sei jedoch zu Gunsten einer GmbH ausgestellt worden (vgl. Bl. 13 der VA „E GmbH“).

    18

    Der Antragsgegner nahm zu den Einwendungen der Antragstellerinnen mit Schreiben vom 21. Juli 2017 (vgl. Bl. 13 der VA „A GmbH“; Bl. 15 der Gerichtsakte -GA-) Stellung und teilte der steuerlichen Bevollmächtigten der Antragstellerinnen mit, dass keine Bedenken gegen die geplante gleichzeitige Prüfung im Sinne von § 12 EUAHiG insbesondere zum Zwecke der Überprüfung der Verrechnungskonten und der Bargeldgeschäfte bestünden, zumal auch das Finanzamt G aufgrund der besonderen Sachverhaltslage eine gleichzeitige Prüfung für zielführend halte. Angesichts der sowohl von Österreich als auch von Deutschland aus getätigten Immobiliengeschäfte, der Abrechnungen mittels Verrechnungskonten und der Barzahlungen erscheine eine Koordination der Außenprüfung und ein Austausch der erlangten Erkenntnisse zur Ermittlung der zutreffenden Einkünfte sinnvoll. Das gemeinsame Interesse der beteiligten Staaten an der gleichzeitigen Prüfung sei vorhanden; eine Zustimmung der betroffenen Steuerpflichtigen sei nicht erforderlich. Die beabsichtigte gleichzeitige Prüfung sei zudem auch ermessensgerecht und verhältnismäßig, da aufgrund der Komplexität der grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen, der Vielzahl der eingeschalteten Gesellschaften und der bereits ausgeschöpften Ermittlungsmöglichkeiten eine weitere Sachverhaltsaufklärung nur durch eine internationale Kooperation der Steuerverwaltungen möglich sei. Ein Auskunftsaustausch sei nur dann rechtswidrig, wenn klar und eindeutig jeglicher Anhaltspunkt für eine Steuererheblichkeit fehle.

    19

    Mit dem vorliegenden Antrag wenden sich die Antragstellerinnen gegen die vom Antragsgegner beabsichtigten Maßnahmen im Zusammenhang mit einer grenzüberschreitenden Prüfung und tragen zur Begründung im Wesentlichen vor: Die beabsichtigte grenzüberschreitende Prüfung gemäß § 12 EUAHiG, deren Voraussetzungen hier nicht vorlägen, sei nichts anderes als die Fortsetzung der in Österreich zum größten Teil gescheiterten Maßnahmen über die Grenze. Die W-Unternehmensgruppe sei in der Vergangenheit erheblichen Beeinträchtigungen durch Ermittlungen der österreichischen Finanzverwaltung ausgesetzt gewesen. Vielfach seien „Aktionen“ der Finanzverwaltung rechtlich haltlos gewesen und seien von Gerichten wieder aufgehoben worden. So habe im März ... eine Hausdurchsuchung stattgefunden, bei der Hunderte von Akten beschlagnahmt worden seien. Bis zum Zeitpunkt der nunmehr beabsichtigten koordinierten Betriebsprüfung sei hieraus jedoch nichts Strafbares festgestellt worden. Mittlerweile sei im Beschwerdewege faktisch die Rückgabe aller beschlagnahmten Unterlagen erwirkt worden. Des Weiteren sei im Oktober ... durch das Finanzamt Z (Österreich) vor dem Hintergrund einer angeblichen verdeckten Gewinnausschüttung an Herrn W als faktischer Geschäftsführer ein Sicherstellungsauftrag i.H.v. ... € gegen Herrn W erlassen worden, ohne dass ein entsprechender Haftungsbescheid existiere. In dem hiergegen geführten Rechtsbehelfsverfahren sei der Sicherstellungsauftrag im ... 2017 sodann auf ... € reduziert worden. Auch hiergegen sei ein Rechtsbehelf erhoben worden. Darüber hinaus habe sich die österreichische Steuerverwaltung bei Herrn W auch bezüglich anderer Steuerarten „ausgetobt“. Diesbezüglich habe der österreichische Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung vom .... Mai ... (vgl. Bl. 52 der GA) erhebliche Steuerfestsetzungen aufgehoben. Diese über Jahre gegen die österreichische Verwaltung geführten Streitverfahren hätten viel Zeit- und Kostenaufwand und auch sonst erhebliche Beeinträchtigung für die Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe bedeutet. Das bisherige rechtswidrige, „verbissene“ und daher die Besorgnis der Befangenheit begründende Vorgehen der österreichischen Steuerverwaltung sei insoweit auch unstreitig, da der Antragsgegner hierzu keine Stellungnahme abgegeben habe. Wenn nunmehr den erfolglos gegen Gesellschaften der Unternehmensgruppe vorgehenden österreichischen Steuerbehörden Einblick in die deutschen Steuerakten gewährt werden würde, bestünde die Möglichkeit, dass sich diese Vorgänge fortsetzten und weitere nicht gerechtfertigte Belastungen für die Antragstellerinnen erzeugt würden.

    20

    Die Antragstellerinnen tragen unter Verwahrung gegen die Darlegungs- und Beweislast sowie unter Verweis auf ein Organigramm, aus dem sämtliche Firmen der W-Gruppe sowohl in Deutschland als auch in Österreich ersichtlich seien (vgl. Bl. 117 f. GA), vor, dass es nicht nur eine „Firmengruppe W“, sondern im Wesentlichen drei wirtschaftlich unabhängige Gruppen gebe. Dies sei zunächst die Firmengruppe W und W4, wozu die Antragstellerin zu 1. und 2. zählten, sodann die Firmengruppe W1 mit den Antragstellerinnen zu 3., 4. und 5. sowie die Firmengruppe W3, die jedoch vom vorliegenden Verfahren nicht betroffen sei. Die Antragstellerinnen wickelten – wie auch die Gesellschaften in Österreich – ihre Geschäfte weitgehend selbständig und unabhängig voneinander ab. Verrechnungen über Leistungen zwischen den Gesellschaften existierten so gut wie nicht. Je nach Bedarf würden zwischen den Gesellschaften lediglich Darlehen gewährt, um gegebenenfalls die Liquidität bei einer vorübergehend nicht liquiden Gesellschaft zu erhalten. Soweit der Antragsgegner auf zwischen den Gesellschaften durchgeführte Abrechnungen über Verrechnungskonten abstelle, seien damit im Wesentlichen diese Darlehen gemeint. Diesbezüglich habe es bislang jedoch keinerlei Aufforderungen seitens der österreichischen Finanzverwaltung, die Verrechnungskonten aus Deutschland vorzulegen, gegeben. Wäre eine solche Aufforderung, die einen weitaus geringeren Eingriff darstelle, ergangen, wären Herr W bzw. die einzelnen Gesellschaften dieser Verpflichtung nachgekommen.

    21

    Vor diesem Hintergrund sei der beabsichtigte Informationsaustausch mit der österreichischen Finanzverwaltung rechtswidrig. Sowohl mit der Teilnahme an einer mit Österreich koordinierten Prüfung und der vorgeschalteten Auswahlsitzung als auch mit dem damit zusammenhängenden Austausch von Informationen handele der Antragsgegner bzw. das Betriebsprüfungsfinanzamt rechtswidrig und verletze das Recht der Antragstellerinnen auf Wahrung des Steuergeheimnisses, so dass eine einstweilige Anordnung geboten sei. Der Antragsgegner genüge mit seinen theoretischen Ausführungen nicht der ihm obliegenden Darlegungslast hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die beabsichtigte bilaterale Prüfung. Insbesondere sei nicht dargelegt worden, dass in Österreich die Ermittlungsmöglichkeiten, auch im Hinblick auf erhöhte Mitwirkungspflichten bei Auslandssachverhalten, ausgeschöpft seien, wie dies § 6 Abs. 3 EUAHiG verlange. Soweit der Antragsgegner allein aus den Ersuchen um Amtshilfe von österreichischer Seite per se den Rückschluss ziehe, dass der ersuchende Staat die Grenzen seiner inländischen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft habe, sei dies „abenteuerlich“ und entspreche nicht den einschlägigen Ermächtigungsgrundlagen. Darüber hinaus hätten die Antragstellerinnen unwidersprochen den Gang der Ermittlungen in Österreich dargelegt und hierzu zum Vorgehen innerhalb der Betriebsprüfung und des Steuerstrafverfahrens, in denen den Prüfern umfangreich Einblick in die Buchführung und in die Geschäftsunterlagen gewährt worden sei, Datenbestände gesichert, Akten beschlagnahmt und wieder herausgegeben worden seien, vorgetragen. Hiernach habe die österreichische Steuerbehörde viele Monate Zeit gehabt, sich einen Einblick in die relevanten Themen zu verschaffen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die sichergestellten Daten nicht ausgewertet worden seien. Zudem wäre es ein Leichtes gewesen, zur Verrechnungskontenproblematik eine Anfrage an die einzelnen betroffenen Firmen zu richten und zur Vorlage der Verrechnungskonten aufzufordern. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Gleiches gelte für die angeblichen Bargeldgeschäfte, da insoweit keine Sachverhaltsanfrage und auch sonst keine Sachverhaltsaufklärung aufgrund der den österreichischen Behörden bereits vorliegenden Unterlagen stattgefunden hätten. Ungeachtet dessen fehle jedweder Sachvortrag des Antragsgegners dazu, welche Firmen im einzelnen betroffen seien, wie hoch der Stand der Verrechnungskonten sein solle und wie sich dies über die Grenze zwischen welchen Gesellschaften ausgewirkt haben solle. Es fehle zudem ein Hinweis dazu, ob sich die Buchungen über Verrechnungskonten über die Gewinn- und Verlustrechnung ausgewirkt hätten und damit erfolgswirksam gewesen sein sollten oder rein statisch ohne Gewinnauswirkungen über Bestandskonten erfolgt seien. Dies bestätige den Eindruck, dass es sich mangels konkreter Ansatzpunkte für eine zwingende Notwendigkeit einer länderübergreifenden Prüfung um bloße Ermittlungen ins Blaue handele.

    22

    Darüber hinaus lägen den Antragstellerinnen die Erläuterungen der österreichischen Steuerverwaltung zur Begründung des Vorschlags für eine gleichzeitige Prüfung nicht vor und seien auch nicht durch den Antragsgegner zur Verfügung gestellt worden. Soweit der Antragsgegner lediglich darauf verweise, dass die Antragstellerinnen „ihre Geschäfte mittels eines grenzüberschreitenden und undurchsichtigen Firmengeflecht“ durchführten, stelle dies eine haltlose und inhaltsleere Behauptung dar. Sowohl der österreichischen als auch der deutschen Finanzverwaltung seien sämtliche in Rede stehende Firmen bekannt. Da all diese Firmen über Steuernummern verfügten und Bilanzen erstellen würden, sei nicht nachvollziehbar, was daran undurchsichtig sein solle. Im Wesentlichen würden über die Verrechnungskonten Darlehensgewährungen zwischen einzelnen Gesellschaften bzw. kurzfristige Überbrückungen durchgeführt. Bei Warenbewegungen seien durch eine deutsche Gesellschaft in Deutschland Waren eingekauft worden, die dann an die österreichischen Gesellschaften weitergeliefert worden seien. Weder dies noch Barabhebungen oder die Begleichung von Rechnungen der Gesellschaften, die der Firmengruppe angehörten, seien verwerflich. Im Übrigen würden alle Vorgänge mittels Buchungsbeleg dokumentiert und in den Buchhaltungen erfasst.

    23

    Ergänzend legten die Antragstellerinnen zu 3., 4. und 5. im vorliegenden Verfahren verschiedene Kontenblätter betreffend die Jahre 2011 bis 2015 (vgl. Bl. 137 ff. der GA) vor. Hieraus ergebe sich eine Vielzahl kleinerer Beträge für Tanken und Betriebsmittel etc. Jede Buchung sei mit einem Text versehen und weise das Gegenkonto auf. Im Ergebnis folge daraus, dass über die Bargeldbewegungen im Grunde genommen nur deutsche Vorgänge bzw. Vorgänge mit Herrn W2 und den Firmen seiner Ehefrau, Frau W1, als Bargeldvorgang gebucht worden seien. Eine Relevanz für die Besteuerung in Österreich ergebe sich daraus jedoch nicht. Entsprechende Buchungen würden auch im Hinblick auf Verrechnungen zwischen einzelnen Firmen stattfinden.

    24

    Soweit der Antragsgegner auf einen fragwürdigen Sachverhalt oder einen komplexen Steuerfall abstelle, handele es sich hierbei nur um leere Worthülsen, ohne dass dargelegt werde, was vorliegend fragwürdig sein solle. Unzutreffend sei auch die Behauptung, bei den Antragstellerinnen handele es sich um Gesellschaften, die gegründet und kurzfristig wieder liquidiert würden. Insoweit argumentiere die Finanzverwaltung ohne sachliche Begründung und allein mit pauschalen Behauptungen. Unzutreffend sei schließlich, dass bezüglich aller Antragstellerinnen eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt G stattgefunden habe. Dies sei vielmehr nur für einige der Fall. Zudem fehle bislang jegliche Aussage der österreichischen Betriebsprüfung dazu, bei welchen Verrechnungskonten der einzelnen geprüften Gesellschaften sich Verschiebungen bzw. Gewinnauswirkungen über die Grenze ergeben haben sollten. Ohne eine solche Sachverhaltsdarlegung sei die Notwendigkeit einer länderübergreifenden Prüfung nicht ersichtlich. Der bloße Verweis auf Ermittlungen der Steuerfahndung in Österreich genüge nicht, da diese Ermittlungen bislang zu keinem Ergebnis geführt hätten. Bezüglich der im Rahmen der die Antragstellerinnen zu 1. und 2. betreffenden Betriebsprüfung in Deutschland gestellten Fragen zu den Verrechnungskonten in Österreich sei eine Fristverlängerung gewährt worden.

    25

    Die beabsichtigte Prüfung verstoße zudem gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Da es dem Antragsgegner offensichtlich nur auf die Verrechnungskonten und die Bargeldgeschäfte ankomme, hätte es im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ausgereicht, wenn die Finanzverwaltung nur zu diesen Punkten eine Aufstellung etwa der Verrechnungskonten und der getätigten Bargeldgeschäfte mit Belegen angefordert hätte. Eine entsprechende Aufforderung habe es jedoch nie gegeben. Bei Gesellschaften der Firmengruppe W1 liefe derzeit in Österreich keine Betriebsprüfung. Auch sonst seien keinerlei Fragen oder Mitteilungen seitens der österreichischen Finanzbehörden offen, erst recht nicht, dass diese Unternehmensgruppe in irgendeiner Weise eine Antwort schuldig geblieben sei. Alle Schreiben, die von den österreichischen Finanzbehörden an die Unternehmen der Firmengruppe W und W4 gerichtet worden seien, seien beantwortet worden. Die Eheleute W hätten bei der Sachverhaltsaufklärung in Österreich immer mitgewirkt. Unabhängig davon habe die österreichische Finanzverwaltung im Zuge der Beschlagnahmemaßnahme auch die Computer, auf denen sich die Buchhaltung der deutschen Firmen befunden habe, sichergestellt und damit Zugriff auf alle Verrechnungskonten erlangt. Zum Zwecke der weiteren Sachverhaltsaufklärung nunmehr eine bilaterale Prüfung durchzuführen und damit den österreichischen Steuerbehörden Einblick in die gesamte Buchführung, in sämtliche Geschäftsunterlagen, in Kalkulationsunterlagen, in den Schriftverkehr mit Banken und Finanzbehörden, in die gesamten Lieferanten- und Kundendaten usw. zu gewähren, stelle kein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel dar. Ein „Rundumblick in sämtliche Geschäftsunterlagen“ sei nicht erforderlich, um sich einen Einblick in die Verrechnungskonten zu verschaffen. Zudem könnten nur „Verrechnungskonten über die Grenze BRD/A“ gemeint sein; Verrechnungskonten zwischen deutschen Gesellschaften könnten nicht betroffen sein. Dies sei jedoch durch ein weniger belastendes Mittel erreichbar.

    26

    Dem entspreche auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, wenn hiernach die Gerichte eines Mitgliedstaates kontrollieren dürften, ob die Ersuchen von einem anderen Mitgliedstaat um steuerliche Informationen rechtmäßig seien oder nicht. Die Steuerbehörden eines Mitgliedstaates dürften im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Steuerbehörden eines anderen Mitgliedstaates nur voraussichtlich erhebliche Informationen mitteilen und sich darüber hinaus nicht an Beweisausforschungen beteiligen. Insofern sei das Gericht des ersuchten Mitgliedstaates berechtigt, die Rechtmäßigkeit des Ersuchens zu kontrollieren. Es dürfe insoweit jedoch nur prüfen, ob sich die Anordnung auf ein hinreichend begründetes Informationsersuchen stützt, das Informationen betrifft, denen für die betreffende Steuerprüfung die voraussichtliche Erheblichkeit nicht offenkundig völlig zu fühlen scheint.

    27

    Schließlich sei der Anspruch der Antragstellerinnen auf rechtliches Gehör nicht beachtet worden. Sowohl im Schreiben des Finanzamts G vom 21. Dezember 2016 (vgl. Bl. 6 der VA) bzw. im inhaltsgleichen Schreiben vom 9. Januar 2017 (vgl. Bl. 65 der GA) als auch im Schreiben des Antragsgegners vom 21. Juli 2017 (vgl. Bl. 15 der GA) seien die in Österreich geführten Ermittlungen und die gegen die österreichische Verwaltung ergangenen gerichtlichen Entscheidungen nicht erwähnt worden. Vielmehr beschränkten sich diese Schreiben darauf, allgemein die Struktur der Unternehmensgruppe und die nach Ansicht der Finanzverwaltung als überprüfungswürdig angesehenen Sachverhalte zu erwähnen. Soweit sich darin ein Hinweis auf Ermittlungen der Steuerfahndung finde, sei dieser falsch und tendenziös und gebe der Angelegenheit einen „anrüchigen Anstrich“. Tatsächlich hätte sich außer der vorgenommenen Beschlagnahme aufgrund der Ermittlungen in strafrechtlicher Hinsicht rein gar nichts ergeben, insbesondere da die Unterlagen mittlerweile komplett wieder herausgegeben worden seien. Da diese Umstände jedoch in den Anhörungsschreiben des Finanzamts G und des Antragsgegners keine Erwähnung gefunden hätten, hätten die Antragstellerinnen keine Gelegenheit gehabt, hierzu Stellung zu nehmen.

    28

    Aufgrund der seitens des Antragsgegners beabsichtigten Zustimmung zur Erteilung von Informationen im Rahmen der beabsichtigten Prüfung sei auch ein Anordnungsgrund im Sinne von § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO gegeben. Spätere Rechtsbehelfe gegen das rechtswidrige Vorgehen der Steuerverwaltung könnten eine Weitergabe von Informationen nicht mehr rückgängig machen. Zudem sei mit den von Herrn W bzw. den Unternehmen der W-Gruppe zu tragenden Aufwendungen für die Einschaltung von Rechtsberatung zur Abwehr der unberechtigten Eingriffe der Steuerverwaltung in Österreich ein Kreditrisiko verbunden und läge damit eine Existenzgefährdung vor.

    29

    Zur Glaubhaftmachung des seitens der Antragstellerinnen dargestellten Sachverhalts wird auf zwei eidesstattliche Versicherungen von Herrn W (vgl. Bl. 66, 119 der GA) verwiesen.

    30

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend Bezug genommen auf die Schriftsätze nebst Anlagen des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerinnen (Bl. 1 ff., 106 ff., 130 ff., 156 ff. der GA).

    31

    Die Antragstellerinnen beantragen sinngemäß,

    32

    1. dem Antragsgegner zu untersagen, an einer gleichzeitigen oder gemeinsamen Außenprüfung mit der Finanzverwaltung Österreichs teilzunehmen und insbesondere dem Betriebsprüfungsfinanzamt G die Zustimmung für die Erteilung von Informationen an die österreichische Finanzverwaltung und das Erstellen eigener Auskunftsersuchen zu erteilen.

    33

    Der Antragsgegner beantragt,

    34

    1. den Antrag abzulehnen,

    35

    2. hilfsweise im Unterliegensfalle die Beschwerde zuzulassen.

    36

    Zur Begründung verweist der Antragsgegner zunächst darauf, dass sowohl die Steuerverwaltung Österreichs, wie in deren Schreiben vom 18. Oktober 2016 mit dem Vorschlag für eine gleichzeitige Prüfung dargelegt, als auch das für die Antragstellerinnen zuständige Finanzamt G aufgrund der besonderen Sachlage eine gleichzeitige Prüfung im Sinne von § 12 EUAHiG in beiden Mitgliedstaaten für zielführend hielten, vor allem um die Verrechnungskonten und die Bargeldgeschäfte innerhalb der W‑Unternehmensgruppe prüfen zu können. Wie das Finanzamt G bzw. das ... Ministerium der Finanzen dargelegt hätten, seien die grenzüberschreitenden Sachverhalte bislang nicht, auch nicht durch die durchgeführten Durchsuchungsmaßnahmen und die Betriebsprüfung in Deutschland, ausreichend aufgeklärt worden.

    37

    Angesichts dieser Sachlage sei der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig, aber unbegründet. Es fehle bereits an einem Anordnungsgrund im Sinne von § 114 FGO, da die Antragstellerinnen nicht glaubhaft dargelegt hätten, dass ihnen wesentliche Nachteile entstünden, die nur durch den Erlass einer Anordnung abzuwenden seien. Insbesondere drohe keine Verletzung des subjektiven Rechts auf Wahrung des Steuergeheimnisses, da für die beabsichtigte Auskunftserteilung bzw. Prüfung eine hinreichende Rechtsgrundlage gegeben sei. Zudem könne in einer zutreffenden Besteuerung in Deutschland kein wesentlicher Nachteil bestehen, da die mit dem Auskunftsverkehr erstrebte zutreffende Besteuerung gerade dem Gesetzeszweck entspreche.

    38

    Ungeachtet dessen bestehe auch kein Anordnungsanspruch. Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 30 AO lägen nicht vor. Eine Ermächtigungsgrundlage für den vorliegend beabsichtigten Auskunftsaustausch ergebe sich aus § 117 AO in Verbindung mit §§ 10, 11, 12 EUAHiG. Hiernach seien neben dem Informationsaustausch auch koordinierte bi- und multilaterale Außenprüfungen in Form gleichzeitiger bzw. gemeinsamer Prüfungen zulässig. Hierbei sei, soweit die Voraussetzungen von § 4 EUAHiG vorlägen, der Austausch der bei der Prüfung erlangten Informationen zulässig. Die Instrumente des Auskunftsverkehrs innerhalb der EU seien zu dem Zweck geschaffen worden, eine effektive Sachverhaltsaufklärung zu ermöglichen, wenn diese wegen grenzüberschreitender Geschäftsbeziehungen und der ausgeschöpften nationalen Ermittlungsmöglichkeiten nur durch die internationale Kooperation der Steuerverwaltungen möglich sei. Insbesondere Simultanprüfungen gemäß § 12 EUAHiG könnten dann von Vorteil sein, wenn unvollständige oder widersprüchliche Informationen während einer nationalen Außenprüfung erlangt würden, oder bei komplexen Gestaltungen wie im Streitfall, da eine gleichzeitige Prüfung nicht zuletzt auch die Qualität der Daten, die den mitwirkenden Steuerverwaltungen zur Verfügung stünden, verbessern könnte. Derartige Prüfungen könnten zudem dazu beitragen, die Möglichkeiten einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung zu reduzieren.

    39

    Die Voraussetzungen einer gleichzeitigen Prüfung im Sinne von § 12 EUAHiG seien vorliegend gegeben. Die österreichische Steuerverwaltung habe vor dem Hintergrund, dass in Österreich Prüfungen bei diversen sich nahestehenden und in Familienbesitz befindlichen Gesellschaften liefen, zu einer gleichzeitigen Prüfung eingeladen. Aufgrund der sowohl von Österreich als auch von Deutschland aus getätigten Geschäfte, insbesondere mittels kurzfristig eröffneter und anschließend liquidierter Gesellschaften sei es sinnvoll, die Außenprüfungen bei den Mitgliedstaaten zu koordinieren und die erlangten Erkenntnisse zur Ermittlung der zutreffenden Einkünfte auszutauschen. Konkret gehe es darum, die mittels Verrechnungskonten, zum Teil aber auch durch Barzahlungen abgerechneten Immobiliengeschäfte zu prüfen und durch Koordinierung der zuständigen Steuerverwaltungen in Österreich und Deutschland sowohl eine Doppelbesteuerung als auch eine doppelte Nichtbesteuerung zu vermeiden. Die Erheblichkeit der auszutauschenden Informationen sei zu erwarten. Hierfür genüge es, dass zum Zeitpunkt der Informationsweitergabe aus Sicht des ersuchenden Vertragsstaates eine vernünftige Möglichkeit bestehe, dass die begehrte Information für steuerliche Zwecke relevant sein werde. Die koordinierte Prüfung sei auch deshalb erforderlich, weil sowohl die österreichische als auch die deutsche Finanzverwaltung mitgeteilt hätten, dass der Sachverhalt nur durch Zusammenarbeit der beiden Staaten festgestellt werden könne. Ergänzend verweist der Antragsgegner sowohl auf die Stellungnahme des ... Ministeriums der Finanzen vom 27. April 2017 (vgl. Bl. 10 der VA „A GmbH“) als auch auf die Feststellungen des Betriebsprüfungsfinanzamts G (vgl. Bl. 12 der VA „A GmbH“) und die darin enthaltenen tatsächlichen Umstände.

    40

    Die steuerliche Ermittlungstätigkeit sei auch, entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen, nicht deshalb entbehrlich, weil alle Unternehmen der W-Unternehmensgruppe der Steuerverwaltung bekannt seien, über eine Steuernummer verfügten und Bilanzen erstellten. Diese Voraussetzungen erfülle jedes bilanzierungspflichtiges Unternehmen. Daraus könne aber nicht die Unzulässigkeit von Ermittlungen der Prüfungsdienste gefolgert werden.

    41

    Die geplante gleichzeitige Prüfung sei im Streitfall ermessensgerecht und verhältnismäßig. Wegen der grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen, der Vielzahl der eingeschalteten Gesellschaften und der ausgeschöpften Ermittlungsmöglichkeiten sei eine weitere Sachverhaltsaufklärung nur durch internationale Kooperation der Steuerverwaltungen möglich. Soweit die Antragstellerinnen vortragen, der Antragsgegner habe nicht dezidiert dargelegt, welche Ermittlungsmaßnahmen in Österreich ergriffen worden seien, verweist der Antragsgegner darauf, dass im Hinblick auf die Erforderlichkeit des beabsichtigten Informationsaustauschs auf Basis einer Prognoseentscheidung lediglich eine Schlüssigkeitsprüfung durchzuführen sei, ohne dass dabei Ermittlungen zum ausländischen Steuerrecht angestellt werden müssten. Ungeachtet dessen lasse der Umstand, dass vorliegend seitens der österreichischen Finanzverwaltung ein Vorschlag zur Durchführung einer koordinierten Prüfung unterbreitet wurde, den Rückschluss zu, dass der ersuchende Staat die Grenzen seiner inländischen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft habe, denn anderenfalls sehe er sich nicht gezwungen, internationale Amtshilfe in Anspruch zu nehmen. Es bestehe kein Grund, an der Auskunft der Österreichischen Steuerverwaltung, dass der Sachverhalt nur bilateral aufgeklärt werden könne, zu zweifeln. Es liege auch keine Beweisausforschung ohne konkreten Fallbezug vor. Vielmehr habe die österreichische Finanzverwaltung den spezifischen Aufklärungsbedarf hinsichtlich des Firmengeflechts der W-Gruppe, der Verrechnungskonten und der Bargeschäfte konkret bezeichnet. Auf die Frage, wie konkret und weitreichend in diesem Zusammenhang die bisherigen Erkenntnisse der österreichischen Verwaltung seien, komme es bei der Frage, ob die Zustimmung zu einer gemeinsamen Prüfung erteilt werden könne, nicht an. Unerheblich sei auch, ob der betroffene Steuerpflichtige die Simultanprüfung für geeignet halte. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass vorliegend eine nationale Außenprüfung nur um einen Informationsaustausch erweitert werde. Dieser betreffe in der Regel nur einen Teilaspekt der Prüfung, während die nationale Außenprüfung grundsätzlich eine Vollprüfung darstelle. Darüber hinaus würden der Anstoß für sowie die Durchführung der beabsichtigten koordinierten Prüfung allein durch die Finanzbehörde der beteiligten Staaten abgestimmt. Zudem stelle die beabsichtigte grenzüberschreitende Prüfung kein Strafverfolgungsinstrument dar, sondern ein Mittel zur verbesserten und vereinfachten Sachverhaltsaufklärung im Besteuerungsverfahren.

    42

    Der Einwand der Antragstellerinnen, die verschiedenen Gesellschaften der W-Gruppe würden selbstständig und unabhängig voneinander handeln, überzeuge nicht und widerspräche dem Vortrag im Übrigen. Die fünf Antragstellerinnen im vorliegenden Verfahren beschäftigten drei Familienmitglieder (W, W2, W1) als Geschäftsführer; alle Antragstellerinnen „gehörten“ zwei Familienmitgliedern (W1, W). Die tatsächlich enge Verbundenheit der Antragstellerinnen untereinander und insbesondere zum Gründer der Firmengruppe, Herrn W, bestätige sich wiederholt dadurch, dass dieser als möglicher Ansprechpartner für die Anforderung von die Antragstellerinnen betreffenden steuerlichen Unterlagen angeboten werde. Schließlich räumten die Antragstellerinnen selbst ein, dass je nach Bedarf zwischen den Gesellschaften Darlehen gewährt würden, um die Liquidität einer vorübergehend nicht liquiden Gesellschaft zu erhalten.

    43

    Eine andere Würdigung ließen auch die im Laufe des vorliegenden Streitverfahrens übersandten Unterlagen (Kontenblätter mit Bargeldvorgängen, vgl. Bl. 137 ff. der GA) nicht zu, da es sich hierbei nur um einen sehr kleinen Auszug aus den Geschäftsunterlagen handele und diese Unterlagen nicht geeignet bzw. ausreichend seien, die offenen Fragen der in Österreich und in Deutschland beteiligten Betriebsprüfungen zu klären.

    44

    Schließlich seien die Antragstellerinnen auch nicht in ihrem Recht auf Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör verletzt worden, denn ihnen sei gemäß § 117 Abs. 4 Satz 3 AO von der zuständigen Finanzbehörde die Möglichkeit gegeben worden, sich zu der beabsichtigten gleichzeitigen Prüfung zu äußern.

    45

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend Bezug genommen auf die Schriftsätze des Antragsgegners (Bl. 76 ff., 122 ff. 150 ff. der GA).

    46

    II.

    47

    Der zulässige Antrag ist unbegründet.

    48

    Die Antragstellerinnen haben keinen Anspruch, dem Antragsgegner einstweilen zu untersagen, mit der Steuerverwaltung Österreichs die beabsichtigte koordinierte (gemeinsame oder gleichzeitige) Prüfung zu vereinbaren und in diesem Zusammenhang die für die Besteuerungsverfahren erforderlichen Informationen auszutauschen.

    49

    1. Gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß Satz 2 dieser Vorschrift ist eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass der im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer Regelung (Anordnungsgrund) bezeichnet und glaubhaft gemacht werden (§ 114 Abs. 3 FGO i.V.m. § 920 Abs. 1, 2 der Zivilprozessordnung -ZPO-). Bezeichnung und Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs bedeuten, dass der Antragsteller den Anspruch rechtlich schlüssig darlegen und dessen tatsächliche Voraussetzungen glaubhaft machen muss (§ 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO).

    50

    2. Vorliegend begehren die Antragstellerinnen den Erlass einer Sicherungsanordnung, denn durch die gerichtliche Anordnung möchten sie verhindern, dass der Antragsgegner mit der Steuerverwaltung Österreichs (weiter) in Kontakt tritt, dieser Informationen über die Antragstellerinnen übermittelt mit dem Ziel, eine koordinierte (gemeinsame oder gleichzeitige) Prüfung der Antragstellerinnen und der österreichischen Gesellschaften der W-Unternehmensgruppe zu vereinbaren und durchzuführen.

    51

    Das Begehren der Antragstellerinnen geht im Kern dahin, dem Antragsgegner die Mitwirkung an der von der österreichischen Steuerverwaltung vorgeschlagenen gleichzeitigen oder gemeinsamen Prüfung zu untersagen. Soweit die Antragstellerinnen darüber hinaus explizit beantragt haben, dem Antragsgegner auch die Erteilung von Informationen an die österreichische Finanzverwaltung und das Erstellen eigener Auskunftsersuchen zu untersagen, kommt darin bei verständiger Würdigung kein weitergehendes Antragsbegehren zum Ausdruck. Vielmehr konkretisiert sich darin lediglich das Begehren, die Mitwirkung an einer koordinierten Prüfung zu verhindern mit dem Ziel, dass in der weiteren Folge auch keine Informationen zwischen den beteiligten Steuerbehörden ausgetauscht werden können. Soweit der Antrag auf Untersagung einer Mitwirkung an der Prüfung Erfolg haben würde, würde dies jedoch auch den Informationsaustausch verhindern.

    52

    3. Das Antragsbegehren hat in der Sache keinen Erfolg. Den Antragstellerinnen steht kein entsprechender Anordnungsanspruch zu. Ein solcher ergibt sich nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog i.V.m. § 30 AO im Hinblick auf die Weiterleitung von Informationen zur Vereinbarung und Vorbereitung einer grenzüberschreitend koordinierten Prüfung, denn die Antragstellerinnen haben eine entsprechende Informationsweitergabe gemäß § 1004 Abs. 2 BGB analog zu dulden.

    53

    a) Nach der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ist als Grundlage für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB – in analoger Anwendung – i.V.m. § 30 AO anerkannt (vgl. BFH‑Beschluss vom 29. April 1992 I B 12/92, BStBl. II 1992, 645). Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind vorliegend jedoch nicht erfüllt. Zu Recht ist der Antragsgegner der Auffassung, dass sich aus § 30 Abs. 4 Nr. 1 bzw. Nr. 2 AO i.V.m. § 117 Abs. 1 und 2 AO und den Vorschriften des EU-Amtshilfegesetzes eine Rechtfertigung für die mit der Vereinbarung, Vorbereitung und Durchführung einer koordinierten Prüfung mit der österreichischen Steuerverwaltung verbundene Offenbarung von dem Steuergeheimnis unterliegenden Verhältnissen der Antragstellerinnen ergibt.

    54

    b) Gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO ist die Offenbarung der Verhältnisse eines Steuerpflichtigen zulässig, soweit sie der Durchführung eines Verfahrens im Sinne von § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) und b) AO, d.h. eines Verwaltungsverfahrens, eines Rechnungsprüfungsverfahrens oder eines gerichtlichen Verfahrens in Steuersachen, dient. Gemäߧ 30 Abs. 4 Nr. 2 AO ist die Offenbarung der Verhältnisse eines Steuerpflichtigen auch erlaubt, soweit sie durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist. Zu diesen Gesetzen gehören auch die Rechtsgrundlagen des zwischenstaatlichen Auskunftsverkehrs (vgl. Bozza-Bodden, DStJG Band 36, 2013, 133, 154).

    55

    Gemäß § 117 Abs. 1 AO können die Finanzbehörden zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe nach Maßgabe des deutschen Rechts in Anspruch nehmen. Gemäß § 117 Abs. 2 AO können die Finanzbehörden zwischenstaatliche Amtshilfe aufgrund innerstaatlich anwendbarer völkerrechtlicher Vereinbarungen, innerstaatlich anwendbarer Rechtsakte der Europäischen Union sowie des EU-Amtshilfegesetzes (EUAHiG), durch das die Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 umgesetzt wird, leisten.

    56

    c) Im Ergebnis kommt es vorliegend nicht entscheidend darauf an, um welche konkrete Art der Prüfung im zwischenstaatlichen Auskunftsverkehr, gegen die sich die Antragstellerinnen wenden, es sich hier handelt. Unter koordinierten Außenprüfungen werden begrifflich sowohl in mehreren Staaten gleichzeitig nebeneinander durchgeführte Simultanprüfungen als auch in einem Staat unter Beteiligung ausländischer Bediensteter durchgeführte gemeinsame Prüfungen verstanden. Die Rechtsgrundlage betreffend die gleichzeitige Prüfung (Simultanprüfung) mit ausländischen Finanzbehörden findet sich für die deutschen Finanzbehörden in § 12 Abs. 1 EUAHiG. Diese Simultanprüfungen führen die nationalen Steuerbehörden gleichzeitig, jedoch örtlich unabhängig voneinander, in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet und – im Unterschied zur gemeinsamen Prüfung – ohne Beteiligung ausländischer Bediensteter durch (vgl. Gehm, IWB 2017, 229, 231; Rätke in Klein, § 117 AO Rn. 205). Demgegenüber bilden §§ 10, 11 EUAHiG die Rechtsgrundlage für eine gemeinsame Prüfung (sog. Joint Audits), bei der entweder ausländische Bedienstete an einer Betriebsprüfung in Deutschland oder umgekehrt deutsche Finanzbeamte an einer im Ausland durchgeführten Prüfung teilnehmen (vgl. Anger, IWB 2017, 204; Gehm, IWB 2017, 229, 232; BMF vom 9. Januar 2017, IV B 6-S 1315/16/10016:002, BStBl. I 2017, 89, Rn. 2.2.4).

    57

    Vorliegend sprechen die Beteiligten überwiegend von einer „gleichzeitigen Prüfung“, teilweise jedoch von einer „gemeinsamen Prüfung“. Überwiegend jedoch wird von den Beteiligten explizit auf § 12 EUAHiG Bezug genommen, teilweise auf alle für zwischenstaatliche Prüfungen nach dem EUAHiG (§§ 10-12) bestehende Rechtsgrundlagen bzw. die dem zu Grunde liegenden europarechtlichen Vorgaben (Art. 11, 12 EU‑Amtshilferichtlinie).

    58

    Insoweit kann aber offengelassen werden, ob es sich bei der beabsichtigten Prüfung um eine gleichzeitige Prüfung im Sinne von § 12 EUAHiG – eine solche dürfte hier von den beteiligten Steuerbehörden angestrebt werden – oder um eine gemeinsame Prüfung im Sinne von §§ 10, 11 EUAHiG handelt. Die Voraussetzungen für beide Arten von Prüfungen liegen vor. Darüber hinaus ist sowohl bei einer gleichzeitigen Prüfung gemäß § 12 EUAHiG (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 EUAHiG) als auch bei einer gemeinsamen Prüfung gemäß §§ 10, 11 EUAHiG (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 EUAHiG) unter den weiteren Voraussetzungen von § 4 EUAHiG der Austausch der im Rahmen der Prüfung erlangten Informationen sowie der für die Vereinbarung der Prüfung im Vorfeld erforderlichen Kenntnisse zulässig.

    59

    d) Im Streitfall ist die vom Antragsgegner beabsichtigte Informationsweitergabe zum Zwecke der Durchführung einer grenzüberschreitenden Prüfung mit der österreichischen Steuerverwaltung rechtlich nicht zu beanstanden, da insoweit gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO i.V.m. § 117 Abs. 2, §§ 10, 11, 12 EUAHiG das Steuergeheimnis nicht entgegensteht.

    60

    aa) Gemäß § 1 Abs. 1 EUAHiG regelt dieses Gesetz den Austausch von voraussichtlich erheblichen Informationen in Steuersachen zwischen Deutschland und anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Es ist anzuwenden auf jede Art von Steuern, die von einem oder für einen Mitgliedstaat für dessen Gebiets- oder Verwaltungseinheiten einschließlich der örtlichen Behörden erhoben werden. Ausnahmen sind in § 1 Abs. 2 EUAHiG geregelt. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EUAHiG erstellt die zuständige Finanzbehörde auf Ersuchen alle Antworten, die für die Festsetzung von Steuern gemäß § 1 voraussichtlich erheblich sind. Gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 EUAHiG erfolgt keine Übermittlung von Informationen, wenn der andere Mitgliedstaat die üblichen Informationsquellen nicht ausgeschöpft hat, die ihm zur Erlangung der erbetenen Informationen zur Verfügung stehen, ohne dabei die Erreichung des Ziels zu gefährden.

    61

    Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EUAHiG kann zum Zweck des Informationsaustauschs mit einem anderen Mitgliedstaat vereinbart werden, dass unter den von der Finanzbehörde festgelegten Voraussetzungen befugte Bedienstete des anderen Mitgliedstaats in den Amtsräumen zugegen sein dürfen, in denen deutsche Finanzbehörden ihre Tätigkeit ausüben, sowie bei den behördlichen Ermittlungen zugegen sein dürfen, die auf deutschem Hoheitsgebiet durchgeführt werden. Hierbei hat gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 EUAHiG die Finanzbehörde sicherzustellen, dass Bediensteten der anderen Mitgliedstaaten nur solche Informationen offenbart werden, die gemäß § 4 EUAHiG übermittelt werden dürfen. Gemäß § 11 EUAHiG können, sofern die Komplexität eines Ersuchens es erfordert, bevollmächtigte inländische Bedienstete in andere Mitgliedstaaten entsandt werden; in diesem Fall gilt § 10 EUAHiG sinngemäß.

    62

    Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 EUAHiG kann auf Vorschlag einer Finanzbehörde das zentrale Verbindungsbüro (im vorliegenden Fall der Antragsgegner; vgl. § 1 Nr. 5 FVG) mit einem oder mehreren Mitgliedstaaten vereinbaren, im jeweils eigenen Hoheitsgebiet eine gleichzeitige Prüfung einer oder mehrerer Personen von gemeinsamem oder ergänzendem Interesse durchzuführen. Soweit gemäß § 4 EUAHiG zulässig, sind die hierbei erlangten Informationen sowie die für die Vereinbarung der Prüfung im Vorfeld erforderlichen Kenntnisse auszutauschen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 EUAHiG). Gemäß § 12 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EUAHiG bestimmt die Finanzbehörde, welche Personen oder welche Personen sie für eine gleichzeitige Prüfung vorschlägt. Das zentrale Verbindungsbüro unterrichtet die betroffenen Mitgliedstaaten darüber, begründet die Auswahl und gibt den Zeitraum an, in welchem die gleichzeitige Prüfung durchgeführt werden soll. Gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 EUAHiG entscheidet für den Fall, dass ein anderer Mitgliedstaat eine gleichzeitige Prüfung vorschlägt, die Finanzbehörde, ob sie an der gleichzeitigen Prüfung teilnehmen wird. Das zentrale Verbindungsbüro teilt dem anderen Mitgliedstaat das Einverständnis oder die begründete Ablehnung mit (§ 12 Abs. 3 Satz 2 EUAHiG).

    63

    Der eigentlichen Prüfung vorgeschaltet sind regelmäßig sog. Auswahlsitzungen bzw. Auftaktsitzungen, in denen die Unternehmen für koordinierte Außenprüfungen ausgewählt werden, ausgehend vom zu prüfenden Sachverhalt der Prüfungszeitraum, die Prüfungsschwerpunkte festgelegt und formale Fragen wie die Abänderbarkeit von Steuerfestsetzungen und dem ggf. entgegenstehende Vereinbarungen erörtert werden (vgl. Gehm, IWB 2017, 229, 231; BMF vom 9. Januar 2017, IV B 6-S 1315/16/10016:002, BStBl. I 2017, 89, Rn. 3.7 und 3.8).

    64

    bb) Amtshilfeersuchen deutscher Finanzbehörden an ausländische Behörden stehen im Ermessen der deutschen Finanzverwaltung. Grundsätzlich muss die begehrte Auskunft für Zwecke der deutschen Besteuerung erforderlich sein. Dieser für die Amtshilfe allgemeingültige Grundsatz ergibt sich aus § 111 Abs. 1 AO, aber auch aus § 6 Abs. 1 Satz 2 EUAHiG, wonach eine Finanzbehörde befugt ist, um „sachdienliche behördliche Ermittlungen“ zu ersuchen. Erforderlichkeit verlangt, dass ein Bezug zur Besteuerung im ersuchenden Staat besteht (vgl. BFH-Urteil vom 29. April 2008 I R 79/07, BFH/NV 2008, 1807). Dies wiederum erfordert, dass die Finanzbehörde darlegt, aus welchen Gründen ein beabsichtigtes Auskunftsersuchen für die Besteuerung im ersuchenden Staat „voraussichtlich erheblich ist“ (vgl. EuGH-Urteil vom 15. Mai 2017, C-682/15, EuZW 2017, 654). Trotz der unterschiedlichen Terminologie sind die Tatbestandsmerkmale „Erforderlichkeit“ und „voraussichtliche Erheblichkeit“ einheitlich zu verstehen (vgl. bereits FG Köln, Beschluss vom 20. Oktober 2017, 2 V 1055/17, EFG 2018, 351).

    65

    Für den Bereich der koordinierten Prüfungen ist dies darüber hinaus gesetzlich klarstellend geregelt. Soweit dies gemäß § 4 EUAHiG zulässig ist, sind die im Zuge einer gleichzeitigen Prüfung erlangten Informationen sowie die für die Vereinbarung der Prüfung im Vorfeld erforderlichen Kenntnisse auszutauschen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 EUAHiG). Auch bei einer gemeinsamen Prüfung hat die Finanzbehörde sicherzustellen, dass Bediensteten der anderen Mitgliedstaaten nur solche Informationen offenbart werden, die gemäß § 4 übermittelt werden dürfen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 EUAHiG). Durch die Bezugnahme auf § 4 EUAHiG mit dem Tatbestandsmerkmal der „voraussichtlichen Erheblichkeit“ stellt das Gesetz auch für koordinierte, grenzüberschreitende Prüfungen praktisch keine andere Schwelle als für den herkömmlichen Auskunftsverkehr auf. Des Weiteren kann gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 EUAHiG keine Auskunft mit der Begründung verweigert werden, dass die Information nicht für die Durchführung eines inländischen Besteuerungsverfahrens benötigt wird.

    66

    cc) Mit dem Tatbestandsmerkmal der „voraussichtlichen Erheblichkeit“ (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 EUAHiG) wurde der OECD-Standard (vgl. Art. 26 OECD-Musterabkommen) in das EUAHiG übernommen. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass ein Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten im größtmöglichen Umfang stattfindet (vgl. Schwarz in Schwarz/Pahlke, § 1 EUAHiG Rn. 3). Zugleich soll klargestellt werden, dass es den Mitgliedstaaten nicht gestattet ist, sich an Beweisausforschungen („Fishing Expeditions“) zu beteiligen oder um Informationen zu ersuchen, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie für die Steuerangelegenheiten eines bestimmten Steuerpflichtigen erheblich sind (vgl. Begründung zum Entwurf des EU-Amtshilfegesetzes BT-Drucks. 17/12375, S. 27; FG Köln, Beschluss vom 7. September 2015, 2 V 1375/15, EFG 2015, 1769; EuGH-Urteil vom 15. Mai 2017, C‑682/15, EuZW 2017, 654).

    67

    Voraussichtliche Erheblichkeit setzt voraus, dass zum Zeitpunkt des Ersuchens und der Informationsweitergabe aus Sicht des ersuchenden Vertragsstaates eine vernünftige Möglichkeit besteht, dass die begehrte Information für steuerliche Zwecke relevant sein wird (vgl. EuGH-Urteil vom 15. Mai 2017, C-682/15, EuZW 2017, 654; FG Köln, Beschluss vom 7. September 2015, 2 V 1375/15, EFG 2015, 1769; Hendricks in Debatin/Wassermeyer, DBA, Art. 26 Rn. 29; Czakert in Schönfeld/Ditz, DBA, Art. 26 Rn. 55). Die Daten müssen für die Subsumtion unter Besteuerungstatbestände des ersuchenden Vertragsstaates von Bedeutung sein (vgl. Hendricks in Debatin/Wassermeyer, DBA, Art. 26 Rn. 29). Darauf, ob die Information nach ihrer Übermittlung tatsächlich relevant ist, kommt es nicht an und eine mangelnde Relevanz macht das ursprüngliche Ersuchen nicht unzulässig (vgl. Hendricks in Debatin/Wassermeyer, DBA, Art. 26 Rn. 29; Czakert in Schönfeld/Ditz, DBA, Art. 26 Rn. 55).

    68

    dd) Die deutschen Finanzbehörden, insbesondere der Antragsgegner als zentrales Verbindungsbüro, sind im Falle der Beantwortung eines Auskunftsersuchens aus dem Ausland nicht verpflichtet, das ausländische Steuerrecht und die Bedeutung der angefragten Informationen abschließend zu prüfen bzw. Ermittlungen hierzu anzustellen. Es genügt, dass die Erheblichkeit der begehrten Auskunft nach einer ex-ante-Betrachtung möglich erscheint. Der inländischen Behörde obliegt insoweit lediglich eine Schlüssigkeitsprüfung (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. Mai 2005 I B 218/04, BFH/NV 2005, 1503; vom 17. September 2007 I B 30/07, BFH/NV 2008, 51; ebenso etwa Seer, IWB 2014, 87, 90). Auch der EuGH hat klargestellt, dass die um Auskunft ersuchte Behörde bzw. das angerufene Gericht nicht auf eine Prüfung der formellen Ordnungsmäßigkeit des Ersuchens beschränkt sind. Allerdings ist die Kontrolle der Rechtmäßigkeitsvoraussetzung im Zusammenhang mit der voraussichtlichen Erheblichkeit der erbetenen Informationen auf die Prüfung beschränkt, ob diese Erheblichkeit offenkundig fehlt (vgl. EuGH-Urteil vom 15. Mai 2017, C-682/15, EuZW 2017, 654). Die entsprechenden Anforderungen sind auch im vorliegenden Zusammenhang bei Prüfung der behördlichen Entscheidung, an einer vorgeschlagenen koordinierten Prüfung im Sinne von § 12 EUAHiG teilzunehmen, zu beachten.

    69

    ee) Anders als der herkömmliche zwischenstaatliche Auskunftsverkehr insbesondere in Form von Auskunftsersuchen oder Spontanauskünften wird durch koordinierte Prüfungen ein weiter Anwendungsbereich eröffnet, da sich eine steuerliche Prüfung – anders als ein Auskunftsersuchen im Einzelfall oder eine Spontanauskunft – nicht nur auf eine punktuelle, sondern auf eine umfassende Prüfung eines Steuerfalls bezieht. Gemäß § 199 Abs. 1 AO sind bei einer (innerstaatlichen) Außenprüfung die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und für die Bemessung der Steuer maßgebend sind, zugunsten und zuungunsten des Steuerpflichtigen zu prüfen. Die Finanzbehörde trägt insoweit die Verantwortung für die Sachaufklärung, sie hat zugleich die Verfahrensherrschaft bei der Sachaufklärung und bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen (vgl. Seer in Tipke/Kruse, § 199 AO Rn. 1 mit Verweis auf § 88 AO Rn. 1). Soweit eigene Sachaufklärungen im Ausland unzulässig sind, muss sich die Finanzbehörde der zwischenstaatlichen Amtshilfe bedienen, um dem Untersuchungsgrundsatz zu entsprechen (vgl. Seer in Tipke/Kruse, § 88 AO Rn. 6).

    70

    Mit dem durch die gesetzlichen Regelungen vor allem in § 12 EUAHiG den Finanzbehörden zur Verfügung gestellten Institut der grenzüberschreitend koordinierten Außenprüfung wird letztendlich der Ermittlungsansatz des grenzüberschreitenden Informationsaustausches zwischen den EU-Mitgliedstaaten auf die Ebene der umfassenden steuerlichen Prüfung übertragen. Eine entsprechende europarechtliche Ermächtigungsgrundlage bestand schon nach der EG-Amtshilferichtlinie (Art. 8b), wurde jedoch erst mit § 12 EUAHiG in deutsches Recht umgesetzt (vgl. Schwarz in Schwarz/Pahlke, § 12 EUAHiG Rn. 1). Mit der Verabschiedung des neuen EU-Amtshilfegesetzes hat der Gesetzgeber unter anderem das Ziel verfolgt, vor dem Hintergrund einer zunehmenden grenzüberschreitenden Betätigung von Steuerpflichtigen eine effiziente Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten zu forcieren und eine neue Form der Verwaltungszusammenarbeit zu entwickeln. Konkret soll mit dem EUAHiG unter anderem eine Verbesserung der Verwaltungszusammenarbeit durch weitergehende Anwesenheits- und Teilnahmemöglichkeiten an behördlichen Ermittlungen erreicht werden (vgl. BT-Drucks. 17/12375 S. 21).

    71

    Simultanprüfungen im Sinne von § 12 EUAHiG entsprechen letztendlich einer Konzernprüfung auf dem Gebiet der EU (vgl. Zöllner in Tipke/Kruse, § 117 AO Rn. 69). Die maßgebliche Schwelle der voraussichtlichen Erheblichkeit der Informationen, die im Rahmen einer gleichzeitigen Prüfung ausgetauscht werden sollen, ist insoweit ähnlich niedrig wie nach den Vorschriften der Abgabenordnung bezüglich der Durchführung einer Außenprüfung (vgl. FG Köln, Beschluss vom 23. Mai 2017, 2 V 2498/16, EFG 2017, 1322). Für eine Außenprüfung gemäß §§ 193 ff. AO bedarf es grundsätzlich keines besonderen Anlasses. Ausreichend ist bereits, wenn es der Betriebsprüfung darum geht, die Angaben des Steuerpflichtigen zu verifizieren (vgl. FG Köln, Beschlüsse vom 23. Mai 2017, 2 V 2498/16, EFG 2017, 1322; vom 20. Oktober 2017, 2 V 1055/17, EFG 2018, 351; Schäffkes/Fechner/Schreiber, DB 2017, 1668, 1673).

    72

    e) Nach dieser Maßgabe ist der im vorliegenden Fall vom Antragsgegner beabsichtigte, die Antragstellerinnen betreffende Informationsaustausch und die Entscheidung, dem Vorschlag der österreichischen Behörde zu folgen und eine koordinierte Prüfung anzustreben, ermessensfehlerfrei ergangen und auch sonst rechtlich nicht zu beanstanden.

    73

    aa) Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen für eine gleichzeitige Prüfung nach § 12 EUAHiG vor. Die beabsichtigte Prüfung betrifft mit den Unternehmen der W‑Gruppe mehrere Personen, die aus Sicht der österreichischen und der deutschen Finanzbehörden von gemeinsamem oder ergänzendem Interesse sind. Der beabsichtigte Informationsaustausch im Zusammenhang mit der Durchführung der Prüfung ist für die Festsetzung von Steuern in beiden Mitgliedstaaten voraussichtlich erheblich. Denn sowohl die österreichische Steuerverwaltung als auch der Antragsgegner sowie das für die Prüfung der Antragstellerinnen zuständige Finanzamt G als im Inland beteiligte Steuerbehörden sind der Ansicht, dass eine gleichzeitige Prüfung insbesondere im Hinblick auf die Prüfung der Verrechnungskonten und der zwischen den Antragstellerinnen und den österreichischen Gesellschaften der W-Unternehmensgruppe abgewickelten Bargeldgeschäften erforderlich ist. Diese Einschätzung und die damit zusammenhängende Erwartung, dass die für die jeweiligen Besteuerungsverfahren relevanten tatsächlichen Umstände weiter aufgeklärt bzw. überprüft werden können, stößt auf keine rechtlichen Bedenken.

    74

    Soweit seitens der beteiligten Steuerbehörden eine gemeinsame Prüfung im Sinne der §§ 10, 11 EUAHiG vorgesehen ist, liegen die Voraussetzungen hierfür ebenfalls vor, da gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EUAHiG zum Zwecke des für erforderlich gehaltenen Informationsaustauschs Bedienstete eines Mitgliedstaats, vorliegend Österreichs, bei den Ermittlungen deutscher Behörden zugegen sein dürfen. Umgekehrt dürfen zu dem gleichen Zweck bevollmächtigte inländische Bedienstete an Ermittlungen im anderen Mitgliedstaat teilnehmen. Denn auch insoweit ist der Informationsaustausch für die Festsetzung von Steuern voraussichtlich erheblich.

    75

    bb) Gegenstand der beabsichtigten koordinierten Prüfung zwischen der österreichischen und der deutschen Finanzverwaltung sollen die Prüfung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, der Abgleich von Verrechnungskonten, die Prüfung von grenzüberschreitenden Geschäftsvorfällen und deren Verbuchung im In- und Ausland und die Prüfung von Verträgen mit österreichischen Anteilseignern bzw. Geschäftsführern sein. Insoweit ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen Österreichs und Deutschlands erforderlich und sind die Informationen, deren Austausch die gleichzeitige bzw. gemeinsame Prüfung dienen soll, für die Besteuerung voraussichtlich erheblich.

    76

    (1) Die Prüfung der über die Verrechnungskonten vorgenommenen Buchungen sowie der den Geschäftsvorfällen zwischen den Antragstellerinnen und den im Ausland ansässigen Gesellschaften der W-Gruppe zu Grunde liegenden Unterlagen ist für die Besteuerung sowohl in Deutschland als auch in Österreich voraussichtlich erheblich, da hierdurch die Feststellung ermöglicht wird, ob grenzüberschreitende Geschäftsvorfälle in beiden Ländern steuerlich zutreffend und soweit erforderlich korrespondierend erfasst worden sind.

    77

    Der Antragsgegner hat diesbezüglich nachvollziehbar dargelegt, dass nach der Ansicht sowohl der österreichischen Steuerverwaltung als auch des für die Antragstellerinnen zuständigen Betriebsprüfungsfinanzamts die Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich der Buchungen auf den Verrechnungskonten und der Bargeldgeschäfte zwischen den Antragstellerinnen und den österreichischen Gesellschaften noch nicht abgeschlossen ist und diesen Geschäftsvorgängen gerade aufgrund der grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeit zwischen verschiedenen Unternehmen der W-Gruppe eine besondere Prüfungsrelevanz zukommt. Des Weiteren hat der Antragsgegner unter Hinweis auf die Mitteilungen der österreichischen Steuerbehörde dargetan, dass die Sachverhalte trotz der in Österreich durchgeführten Betriebsprüfungen bzw. der steuerstrafrechtlichen Ermittlungen noch nicht hinreichend aufgeklärt sind. Der Antragsgegner hat vor allem nachvollziehbar darauf abgestellt, dass – anders als die Antragstellerinnen vortragen – sehr wohl grenzüberschreitend abgewickelte Geschäftsvorfälle zwischen den Antragstellerinnen einerseits und den in Österreich ansässigen Unternehmen der W-Gruppe bzw. den Anteilseignern stattgefunden haben und einer Prüfung bedürfen. Dies belegen die seitens des Antragsgegners, des Finanzamts G sowie des ... Landesamtes für Finanzen angeführten Erkenntnisse zu

    78

    - der seitens der österreichischen W GmbH bzw. von Frau W1 in bar geleisteten Zahlung von Stammeinlagen bei der Antragstellerin zu 3.,

    79

    - der Zahlung am 17. September 2015 über ... € von einem österreichischen Konto des Herrn W3 zugunsten der Antragstellerin zu 4. und der diesbezüglich vorgenommenen Verbuchung,

    80

    - dem Kauf eines Grundstücks in P durch die Antragstellerin zu 4. von einer österreichischen Gesellschaft und der in diesem Zusammenhang erfolgten Kaufpreiszahlung an eine andere Gesellschaft aufgrund einer möglichen Bürgschaftsinanspruchnahme,

    81

    - einer ebenfalls mit dem Verkauf des Grundstücks in P möglicherweise zusammenhängenden Zahlung von ... € der österreichischen W ... GmbH an die Antragstellerin zu 5.,

    82

    - den Geschäftsführergehaltszahlungen an Herrn W2, ohne dass bislang diesbezügliche Vertragsunterlagen vorliegen sowie zu

    83

    - den aufgefallenen Abweichungen bei den Angaben in Buchungsbelegen bzw. den dazugehörenden Buchungsvermerken.

    84

    Angesichts dieser konkret vorliegenden und aktenkundigen Erkenntnisse des Antragsgegners ist davon auszugehen, dass zwischen den Antragstellerinnen und den österreichischen Gesellschaften sehr wohl Geschäftsvorfälle stattgefunden haben. Die hierzu vorgenommenen Buchungen bzw. die steuerliche Erfassung der Vorgänge im Übrigen und die Hintergründe der Buchungen auf den Verrechnungskonten bzw. der diesen Geschäftsvorfällen zugrunde liegenden Leistungsbeziehungen erscheinen auch prüfungsbedürftig, insbesondere um abzuklären, ob es sich um betrieblich veranlasste Zahlungen handelt oder nicht. Aufgrund dessen besteht jedenfalls die Möglichkeit, dass der Informationsaustausch im Rahmen einer koordinierten Prüfung zwischen Deutschland und Österreich für steuerliche Zwecke in beiden Ländern relevant sein wird. Jedenfalls ist es legitimer Zweck der angestrebten Prüfung, insoweit die Angaben der Steuerpflichtigen, vorliegend der Antragstellerinnen und der österreichischen Gesellschaften, zu prüfen.

    85

    (2) Das Vorbringen der Antragstellerinnen führt zu keiner anderen Beurteilung und genügt nicht, um die voraussichtliche Erheblichkeit der Informationen, die ggf. im Rahmen der beabsichtigten Prüfung erlangt und zwischen den beteiligten Steuerbehörden ausgetauscht werden können, in Zweifel zu ziehen.

    86

    Zum einen stellen auch die Antragstellerinnen nicht gänzlich in Abrede, dass es zu grenzüberschreitenden Geschäftsvorfällen zwischen den Unternehmen der W-Gruppe gekommen ist. Vielmehr wird bestätigt, dass es im Zusammenhang mit der Stärkung der Liquidität einzelner Unternehmen zu Darlehensgewährungen, Zahlungsvorgängen und diesbezüglichen Verrechnungen gekommen ist. Zwar führen die Antragstellerinnen aus, dass dies „so gut wie nichts“ vorgekommen sei. Damit wird jedoch bestätigt, dass es derartige Vorgänge gab. Des Weiteren haben die Antragstellerinnen selbst vorgetragen, dass es zu Warenlieferungen zumindest einer deutschen Gesellschaft der Unternehmensgruppe an eine österreichische Gesellschaft gekommen ist.

    87

    Zum anderen sind auch aus den vorgelegten Kontenblättern die Antragstellerin zu 3. betreffend zahlreiche Buchungen zu Geschäftsvorgängen mit in Österreich ansässigen Personen bzw. Gesellschaften ersichtlich, und zwar mit der W GmbH, der W ... GmbH, Frau W1 sowie Herrn W2 (vgl. Bl. 137 f. der GA). Nach den Erkenntnissen der deutschen und der österreichischen Finanzbehörden können die Hintergründe für derartige Geschäftsvorfälle bzw. Buchungen vielschichtig sein. Infrage kommen nach dem bisherigen Sachstand der Behörden vor allem Bareinzahlungen, Barauszahlungen, Forderungsabtretungen und Darlehenszahlungen. Die konkrete Zuordnung der Geschäftsvorgänge zu einzelnen Buchungen und deren belegmäßige Prüfung konnten anhand der bislang durchgeführten Ermittlungen jedoch nicht hinreichend überprüft werden, so dass der Informationsaustausch jedenfalls dazu dienen kann, die steuerliche Erfassung dieser Geschäftsvorfälle zu verifizieren, mithin für die Besteuerung erheblich ist.

    88

    cc) Seitens des Antragsgegners ist vorliegend auch der Grundsatz der Subsidiarität gewahrt worden.

    89

    (1) Gemäß § 6 Abs. 3 EUAHiG sind Amtshilfeersuchen gegenüber anderen Mitgliedstaaten subsidiär, d.h. vor einem Ersuchen muss eine Finanzbehörde alle nach der Abgabenordnung vorgesehenen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft haben, es sei denn, die Durchführung der Ermittlungen wäre mit unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten verbunden oder stelle sich nicht als erfolgversprechend dar. Dieser Grundsatz der Subsidiarität gilt allgemein und folgt im deutschen Recht auch aus § 93 Abs. 1 Satz 3 AO. Mit der Vereinbarung bzw. Durchführung einer koordinierten Prüfung mit der österreichischen Steuerverwaltung verletzt der Antragsgegner vorliegend nicht den Subsidiaritätsgrundsatz.

    90

    (2) Zum einen konnten sowohl die österreichischen als auch die deutschen Behörden nach eigenen Angaben, an deren Richtigkeit für den Senat keine Zweifel ersichtlich sind, die grenzüberschreitenden Geschäftsvorfälle zwischen den Unternehmen der W‑Gruppe bzw. deren Anteilseigner bislang nicht abschließend prüfen. Vor diesem Hintergrund ist vor allem eine gleichzeitige Prüfung zwischen Österreich und Deutschland eine Möglichkeit, im Wege der Amtshilfe eine Sachverhaltsaufklärung zu betreiben und die korrekte Verbuchung dieser Vorgänge zu prüfen.

    91

    Der Einwand der Antragstellerinnen, die österreichische Steuerverwaltung bzw. der Antragsgegner habe insoweit nur pauschal behauptet, die österreichischen Behörden hätten die ihnen vorliegenden Unterlagen unzureichend ausgewertet bzw. die betroffenen Unternehmen hätten an der Sachverhaltsaufklärung mitgewirkt, wenn sie hierzu nur aufgefordert worden wären, greift nicht durch. Nach Aktenlage sind sowohl für die österreichischen als auch für die deutschen Behörden – wie dargelegt – konkrete Sachverhaltsfragen nach wie vor offen. Die Antragstellerinnen haben zwar behauptet, dass diesbezüglich keine offenen Fragen mehr bestünden bzw. den Steuerbehörden alle relevanten Unterlagen vorlägen. Konkrete Nachweise hierzu haben die Antragstellerinnen jedoch nicht vorgelegt. Allein die vom Finanzamt G vorgetragenen konkreten Feststellungen zu den Differenzen bei den Angaben in den Buchungsbelegen, zur Zahlung von ... € von einem österreichischen Konto an die Antragstellerin zu 4., zum Kauf des Grundstücks in P durch die Antragstellerin zu 4. und die zeitlich zusammenhängende Zahlung von ... € durch die W ... GmbH an die Antragstellerin zu 5. sowie die Fragen bzgl. der in bar geleisteten Stammeinlage bei der Antragstellerin zu 3. und der Geschäftsführergehaltszahlungen an Herrn W2 bedürfen nach der für den Senat nachvollziehbaren Einschätzung der Finanzverwaltung nach wie vor einer Prüfung. Hierzu haben die Antragstellerinnen selbst im vorliegenden gerichtlichen Verfahren keine konkreten Angaben gemacht.

    92

    Etwas anderes folgt auch nicht unter Berücksichtigung der von den Antragstellerinnen vorgelegten Kontenblätter, denn diese ändern nichts an der Überzeugung, dass eine koordinierte Prüfung geboten erscheint und für die Besteuerung der Antragstellerinnen bzw. der österreichischen Gesellschaften erheblich ist. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass im Rahmen einer Betriebsprüfung nicht nur eine bloße Sichtung von Buchungskonten anhand von Kontenblättern, wie sie vorliegend die Antragstellerinnen teilweise vorgelegt haben, erfolgt, sondern typischerweise Einsicht in die den Buchungen zugrunde liegende Belege und ergänzende (Vertrags-) Unterlagen genommen, der Sachverhalt auf dieser Basis gewürdigt und auf die korrekte steuerrechtliche Erfassung hin geprüft wird. Im Übrigen beziehen sich die vorgelegten Kontenblätter nicht auf die offenen Sachverhaltsfragen bzgl. der Angaben in Buchungsbelegen, die Zahlung von ... € an die Antragstellerin zu 4., den Grundstückskauf durch die Antragstellerin zu 4., die Zahlung von ... € an die Antragstellerin zu 5., die Erbringung der Stammeinlage bei der Antragstellerin zu 3. sowie die Geschäftsführergehaltszahlungen an Herrn W2.

    93

    (3) Zum anderen ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die österreichische Steuerverwaltung ihrerseits auch nur die für den Auskunftsverkehr tatsächlich erforderlichen Informationen die österreichischen Gesellschaften betreffend offenbaren dürfen, gerade da sich das Verfahren vorliegend noch im Vorbereitungsstadium einer angestrebten koordinierten Prüfung befindet und zu diesem Zeitpunkt eine umfassende und detaillierte Darlegung der Erkenntnisse, die den Behörden des um Auskunft ersuchenden bzw. die Prüfung anregenden Mitgliedstaats vorliegen, weder geboten noch rechtlich zulässig erscheint.

    94

    (4) Bedeutsam ist zudem, dass in dem um Informationsaustausch ersuchten Mitgliedstaat nur geprüft werden muss, ob ein hinreichend begründetes Ersuchen der ausländischen Behörde vorliegt und ob den erbetenen Informationen die voraussichtliche Erheblichkeit für die von der ersuchenden Behörde geführte Ermittlung nicht offenkundig völlig zu fehlen scheint (vgl. EuGH-Urteil vom 15. Mai 2017, C-682/15, EuZW 2017, 654). Diese Voraussetzungen liegen hier – wie ausgeführt – vor.

    95

    (5) Ohnehin kann das Erfordernis des Ausschöpfens inländischer Ermittlungsmöglichkeiten im Falle einer gleichzeitigen Betriebsprüfung eingeschränkt sein, insbesondere da es auch zu den Aufgaben einer Betriebsprüfung gehört, den Vortrag eines Steuerpflichtigen zu verifizieren, Tatsachenbehauptungen zu prüfen und hierzu Unterlagen anzufordern bzw. einzusehen, um eine entsprechende Verifikation vorzunehmen (vgl. FG Köln, Beschlüsse vom 23. Mai 2017, 2 V 2498/16, EFG 2017, 1322; vom 20. Oktober 2017, 2 V 1055/17, EFG 2018, 351).

    96

    Dem entsprechen auch und gerade die Voraussetzungen für eine Außenprüfung gemäß den Regelungen der Abgabenordnung. Gemäß § 193 Abs. 1 AO ist eine Außenprüfung bei Steuerpflichtigen, die einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten, freiberuflich tätig oder bei Steuerpflichtigen im Sinne von § 147a AO zulässig. Bei anderen als den in § 193 Abs. 1 AO bezeichneten Steuerpflichtigen ist eine Außenprüfung unter den in § 193 Abs. 2 AO genannten Voraussetzungen zulässig. Die Außenprüfung dient der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse eines Steuerpflichtigen (§ 194 Abs. 1 AO). Die steuerlichen Verhältnisse anderer Personen können insoweit geprüft werden, als der Steuerpflichtige verpflichtet war oder verpflichtet ist, für Rechnung dieser Personen Steuern zu entrichten oder Steuern einzubehalten und abzuführen (§ 194 Abs. 1 Satz 4, 1. Halbsatz AO).

    97

    Wie aus der gesetzlichen Formulierung in § 193 Abs. 1 AO folgt, ist eine Außenprüfung unter anderem bei Steuerpflichtigen, die einen gewerblichen Betrieb unterhalten, ohne weitere Voraussetzungen zulässig (vgl. BFH-Urteile vom  7. Februar 2002 IV R 9/01, BStBl. II 2002, 269; vom 2. Oktober 1991 X R 89/89, BStBl. II 1992, 220; Beschluss vom 27. Juli 2001 XI B 133/00, BFH/NV 2001, 1534). Für die Anordnung einer routinemäßigen Prüfung bei Steuerpflichtigen, die unter § 193 Abs. 1 AO fallen, genügt es im allgemeinen, wenn als Begründung die Rechtsgrundlage, d.h. die für die Prüfungsanordnung maßgebende Rechtsvorschrift, angegeben wird (vgl. BFH-Urteil vom 10. Februar 1983 IV R 104/79, BStBl. II 1983, 286). Der Regelung in § 193 Abs. 1 AO liegt der Gedanke zu Grunde, dass die steuerlichen Verhältnisse des genannten Personenkreises grundsätzlich prüfungsbedürftig sind. Insbesondere bedarf es keines besonderen Anlasses für eine Prüfung. Dies bedeutet v.a., dass das steuerliche Verhalten des Steuerpflichtigen keinen Grund zu Misstrauen gegeben haben muss (vgl. Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 193 AO Rn. 42).

    98

    Hinsichtlich der Anordnung einer Außenprüfung ergeben sich allerdings nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift Grenzen insoweit, als es im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde liegt, ob und bei wem eine Außenprüfung tatsächlich durchgeführt wird. So ist eine Außenprüfung unzulässig, wenn die Prüfungsfeststellungen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt steuerlich verwertet werden können, etwa weil die steuerliche Festsetzungsfrist bereits abgelaufen ist (vgl. BFH-Urteil vom 10. April 2003 IV R 30/01, BFH/NV 2003, 1234) oder fehlende Verwertungsmöglichkeiten aus sonstigen Gründen unzweifelhaft feststehen. Gleichfalls unzulässig sind Außenprüfungen, die sich als Ermittlungen „ins Blaue hinein“ darstellen, d.h. wenn keinerlei Anhaltspunkte für eine mögliche Steuerpflicht vorliegen (vgl. Intemann in Pahlke/König, § 193 AO Rn. 35; dazu auch BFH-Urteile vom 26. Juli 2007 VI R 68/04, BStBl. II 2009, 338; vom 17. November 1992 VIII R 25/89, BStBl. II 1993, 146 jeweils zur Begründung von Prüfungsanordnungen nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO). Andererseits ist eine Außenprüfung etwa nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil die zu prüfenden Steueransprüche möglicherweise verjährt sind (vgl. BFH-Beschluss vom 3. März 2006 IV B 39/04, BFH/NV 2006, 1250; Intemann in Pahlke/König, § 193 AO Rn. 26).

    99

    Nach diesen Maßstäben wäre bei den Antragstellerinnen sowie den österreichischen Gesellschaften der Unternehmensgruppe eine Außenprüfung grundsätzlich ohne weitere Voraussetzungen zulässig, da diese Gesellschaften einen Gewerbebetrieb unterhalten.

    100

    dd) Dem beabsichtigten Informationsaustausch steht nicht entgegen, dass bei einigen der Antragstellerinnen bzw. einigen der betroffenen österreichischen Unternehmen ggf. bereits seit längerer Zeit Betriebsprüfungen laufen, oder Prüfungen noch gar nicht begonnen wurden, denn aus § 12 EUAHiG folgt nicht, dass gleichzeitig durchzuführende Betriebsprüfungsverfahren auch gleichzeitig beginnen müssen. Die Regelung bezieht sich allein darauf, dass Mitgliedstaaten vereinbaren, gleichzeitige Prüfungen durchzuführen. Dies betrifft sowohl bereits laufende als auch noch nicht begonnene Prüfungsverfahren. Die Koordination bezieht sich weniger auf einen abgestimmten Beginn oder Abschluss der in den jeweiligen Mitgliedstaaten durchgeführten Prüfungen, sondern im Ergebnis auf den damit bezweckten Austausch der hierbei erlangten Informationen. Ein gleichzeitiger Beginn ließe sich im vorliegenden Fall auch nicht mit dem von den Antragstellerinnen angeführten Erfordernis in Einklang bringen, zuvor sämtliche inländischen Ermittlungsmaßnahmen auszuschöpfen.

    101

    ee) Schließlich bedarf es keiner Zustimmung der Antragstellerinnen zur Durchführung einer gleichzeitigen bzw. gemeinsamen Prüfung. Ein entsprechendes Zustimmungserfordernis für die Einleitung und Durchführung einer gleichzeitigen Prüfung ergibt sich weder aus § 117 AO oder dem EUAHiG noch aus anderen Vorschriften. Die Regelung in § 117 Abs. 4 Satz 3 AO betrifft nur die Anhörung, normiert jedoch keinen Zustimmungsvorbehalt. Ein solcher ist auch nicht unter teleologischen Gesichtspunkten anzunehmen. Im Gegenteil würde das Ziel einer koordinierten Prüfung, nämlich eine effiziente Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten sicherzustellen, konterkariert, wenn eine Prüfung von der Zustimmung des betroffenen Steuerpflichtigen abhinge.

    102

    f) Im vorliegenden Fall liegt darüber hinaus kein Verfahrensfehler in Hinblick auf eine fehlende Anhörung der Antragstellerinnen vor. Die Antragstellerinnen sind in ihrem Recht auf Wahrung des rechtlichen Gehörs nicht verletzt.

    103

    aa) Gemäß § 117 Abs. 4 Satz 3 AO in Verbindung mit § 91 AO ist der betroffene inländische Steuerpflichtige vor Übersendung von Informationen an eine ausländische Finanzverwaltung zwecks Einleitung einer gleichzeitigen Außenprüfung anzuhören, es sei denn, es liegt ein Ausnahmefall gemäß § 12 Abs. 5 EUAHiG vor. Gemäß § 12 Abs. 5 EUAHiG kann im Falle einer beabsichtigten gleichzeitigen Prüfung im Sinne von § 12 EUAHiG von der Anhörung des Steuerpflichtigen bis zur Bekanntgabe der Prüfungsanordnung abgesehen werden, wenn sonst der Prüfungserfolg gefährdet werden würde.

    104

    Gemäß Ziffer 3.2 des „Merkblatts über koordinierte steuerliche Außenprüfungen mit Steuerverwaltungen anderer Staaten und Gebiete“ (BMF vom 9. Januar 2017, IV B 6-S 1315/16/10016:002, BStBl. I 2017, 89) bzw. Ziffer 3.1.1 des „Merkblatts zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Informationsaustausch in Steuersachen“ (BMF vom 23. November 2015, IV B 6-S 1320/07/10004:007, BStBl. I 2015, 928) ist für die Anhörung die Behörde zuständig, die die Außenprüfung durchführt, im vorliegenden Fall also das Betriebsprüfungsfinanzamt in Hamburg.

    105

    Gemäß § 91 AO steht die Art und Weise der Anhörung im pflichtgemäßen Ermessen des Finanzamts (vgl. Rätke in Klein, § 91 AO Rn. 1 m.w.N.). Eine unterbliebene notwenige Anhörung stellt einen Verfahrensfehler dar, der allerdings gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 AO bis zum Abschluss eines finanzgerichtlichen Verfahrens nachgeholt und damit geheilt werden kann. In Fällen des europäischen Auskunftsverkehrs wird spätestens durch das Bundeszentralamt für Steuern die Anhörung eines betroffenen Steuerpflichtigen gewährleistet, wenn diese vor Weiterleitung des Ersuchens an die ausländische Behörde erfolgt; spätestens damit wird ein Verstoß gegen die verwaltungsinterne Zuständigkeitsregelung im Hinblick auf die Anhörung geheilt (vgl. FG Köln, Beschluss vom 23. Mai 2017, 2 V 2498/16, EFG 2017, 1322; Matthes in Pfirrmann/Rosenke/Wagner, BeckOK AO, § 117, Rn. 230).

    106

    bb) Vorliegend hat das zuständige Betriebsprüfungsfinanzamt G die Antragstellerinnen mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 über die beabsichtigten und mit der Steuerverwaltung Österreichs koordinierten Betriebsprüfungen informiert und den Prüfungsgegenstand mitgeteilt. Auch der Antragsgegner hat mit Schreiben vom 21. Juli 2017 die Antragstellerinnen nochmals darüber informiert. Den Antragstellerinnen ist jedenfalls aufgrund dieses Schreibens Gelegenheit gegeben worden, Einwendungen gegen die geplante koordinierte Prüfung sowie die in diesem Zusammenhang stehende Weitergabe von Informationen vorzubringen. Dabei mag dahinstehen, ob der Antragsgegner nach den in den Merkblättern des BMF aufgestellten Grundsätzen verwaltungsintern für eine entsprechende Anhörung zuständig war. Unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck einer Anhörung vor Weiterleitung von Informationen an eine Finanzverwaltung eines anderen Staates wurde den Antragstellerinnen jedenfalls rechtzeitig Gelegenheit gegeben, sich vor Weitergabe von Informationen an die österreichischen Behörden zu äußern.

    107

    Darüber hinaus ist den Antragstellerinnen im gerichtlichen Verfahren wiederholt Gelegenheit gegeben worden, ihre Einwendungen gegen die beabsichtigte Prüfung sowie der Weitergabe von Informationen vorzubringen. Spätestens im Laufe dieses Verfahrens hat der Antragsgegner auch alle für die rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit des beabsichtigten Informationsaustauschs tatsächlichen Aspekte, im Wesentlichen unter Bezugnahme auf Auskünfte der österreichischen Steuerverwaltung sowie die Feststellungen des Finanzamts G, dargelegt.

    108

    cc) Insoweit ist es auch ohne Belang, dass Vertreter der deutschen Finanzverwaltung an der Auswahlsitzung zur Vorbereitung der beabsichtigten Prüfung teilgenommen hatten, ohne die Antragstellerinnen zuvor anzuhören. Zum einen diente die Auswahlsitzung gerade dazu, die von der avisierten Prüfung betroffenen Steuerpflichtigen überhaupt erst auszuwählen, und wurden die hierbei ausgewählten Antragstellerinnen im weiteren Verfahren durch das Schreiben des Finanzamts G vom 21. Dezember 2016 über die nunmehr beabsichtigte Prüfung bei ihnen informiert. Zum anderen kann gemäß § 12 Abs. 5 EUAHiG die Anhörung des Steuerpflichtigen bis zur Bekanntgabe der Prüfungsanordnung unterbleiben, wenn sonst der Prüfungserfolg gefährdet werden würde. Diese Voraussetzungen erscheinen vorliegend angesichts der vorhergehenden, auch mit strafprozessualen Mitteln geführten Ermittlungen der österreichischen Behörden durchaus gegeben.

    109

    g) Der Antragsgegner hat das ihm bei der beabsichtigten Weiterleitung des Auskunftsersuchens zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt.

    110

    aa) Aus dem Gesetzeswortlaut in § 117 Abs. 1 und 2 AO folgt, dass die Inanspruchnahme des zwischenstaatlichen Auskunftsverkehrs bzw. die Mitwirkung hieran in das Ermessen des Antragsgegners gestellt ist. Demnach können die Finanzgerichte die Ermessensentscheidung der Finanzbehörde gemäß § 102 FGO nur auf Ermessensüberschreitung, Ermessensmissbrauch und Ermessensfehlgebrauch hin prüfen.

    111

    bb) Im Streitfall lässt die Begründung des Antragsgegners, dass angesichts der nach den Feststellungen sowohl des Finanzamts G als auch der österreichischen Steuerverwaltung nach wie vor offenen Sachverhaltsfragen vor allem im Zusammenhang mit Darlehensgewährungen, Zahlungsvorgängen und diesbezüglichen Verrechnungen eine Mitwirkung an der von der österreichischen Steuerverwaltung vorgeschlagenen koordinierten Prüfung als das am besten geeignete Mittel zur weiteren Sachverhaltsaufklärung und -abstimmung erscheint, keinen Ermessensfehler erkennen.

    112

    4. Da kein Anordnungsanspruch gegeben ist, kommt es auf das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht an.

    113

    5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    114

    6. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 2, 63 des Gerichtskostengesetzes.

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