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  • 11.03.2019 · IWW-Abrufnummer 207650

    Landgericht Münster: Beschluss vom 25.06.2018 – 20 Qs 8/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Die Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers (§ 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet verworfen.
     
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    Gründe:
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    Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss zu Recht die Beschlagnahme der im angegriffenen Beschluss näher aufgelisteteten Unterlagen und Gegenstände bestätigt.
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    I.
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    Die Beschwerde ist zulässig, sie ist mangels Fristgebundenheit insbesondere nicht verfristet.
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    II.
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    Die Beschwerde ist indes nicht begründet.
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    Gemäß § 94 Abs. 1, Abs. 2 StPO sind Gegenstände zu beschlagnahmen, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können und die vom Gewahrsamsinhaber nicht freiwillig herausgegeben werden. Diese Voraussetzungen liegen hier in Bezug auf die am 16.11.2017 beschlagnahmten Gegenstände, insbesondere das beschlagnahmte Bargeld, gegen dessen Beschlagnahme der Beschwerdeführer sich allein wendet, vor. Bezüglich des Bargeldes richtet sich die Beschwerde nach dem Verständnis der Kammer jedoch allein gegen die Beschlagnahme des vom Tenor des angefochtenen Beschlusses erfassten Betrages von 7.600 €. Der darüber hinausgehende Betrag ist bereits nicht von der Steuerfahndung sichergestellt worden und damit auch nicht Gegenstand der Beschlagnahme.
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    1.
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    Das Finanzamt für Steuerstrafsachen führt gegen den Beschuldigten B1 sowie die gesondert verfolgten N1 und B2 Ermittlungen wegen des Verdachts, durch die Abgabe unrichtiger Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 2013 bis 2016 und Umsatzsteuervoranmeldungen 11/2016 bis 06/2017 für B2 gegenüber dem Finanzamt Steinfurt über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht und dadurch Steuern in noch festzustellender Höhe zu Gunsten von B3, B2 und zu eigenen Gunsten verkürzt und sich deshalb gemäß §§ 369, 370 Abs. 1 Nr. 1 AO in Verbindung mit § 150 AO, § 18 UStG, §§ 25 EStG, 56 EStDV, § 14a GewStG, 25 Abs. 2, 53 StGB strafbar gemacht zu haben.
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    Namentlich besteht derzeit der Verdacht, dass der Beschuldigte (B1), gemeinsam handelnd mit den weiteren zuvor benannten Personen, über die zu dieser Zeit von ihm betriebene Pizzeria T1 in F seit dem Jahr 2012, jedenfalls aber in den Jahren 2014 und 2015, durch den Zulieferbetrieb "T2" aus H in erheblichem Umfang sog. Schwarzlieferungen erhielt, also Waren für den Betrieb der Pizzeria gegen Barkasse einkaufte, die in offiziellen Rechnungen nicht auftauchten. Nur über einen Teil der von der Fa. T2 bezogenen Waren erfolgte eine offizielle Abrechnung. Nach der Erfahrung der Kammer liegt bei dieser Sachlage jedenfalls der Anfangsverdacht der Steuerverkürzung mittels sog. Rechnungssplittings vor, mit welchem das Ziel verfolgt wird, erzielte Erlöse aus dem Verkauf/der Verarbeitung der "schwarz" eingekauften Waren nicht der Besteuerung zu unterwerfen.
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    2.
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    Für die anlässlich dieses Verdachts geführten Untersuchungen können die beschlagnahmten Gegenstände, insbesondere das beschlagnahmte Bargeld, als Beweismittel von Bedeutung sein. Hierzu genügt die Möglichkeit, dass es als Untersuchungsgegenstand verwendet werden kann; für welche Beweisführung es im Einzelnen in Betracht kommt, braucht noch nicht festzustehen (Schmitt, in: Meyer/Goßner, StPO, 59. Aufl. 2016, § 94 Rn. 6). Die Untersuchung umfasst dabei das gesamte Strafverfahren, auch das Einziehungsverfahren (vgl. Schmitt, a.a.O., Rn. 9). Diese Voraussetzungen sind hier in Bezug auf das beschlagnahmte Bargeld erfüllt.
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    Die potentielle Beweisbedeutung ergibt sich hier zunächst aus der Art der Aufbewahrung. Diese wird möglicherweise durch eine Inaugenscheinnahme der beschlagnahmten Gegenstände zur Rekonstruktion der Aufbewahrungssituation zum Gegenstand einer späteren Beweisaufnahme.  Die Geldscheine wurden in bestimmten Sortierungen, eingewickelt in beschrifteten Umschlägen und DIN A4-Blätter gefunden. Diese befanden sich in zwei Dosen in der Schublade eines Nachttisches eines offenbar nicht benutzten Schlafzimmers. Dieser ungewöhnliche Aufbewahrungsort ist Indiz für die Absicht des Beschuldigten, das Geld zu verbergen und von der offiziellen Buchhaltung zu trennen. Dass es sich dabei um Einnahmen handeln könnte, die aus der Pizzeria stammen, ergibt sich bereits daraus, dass die Geldscheine teilweise in Tourenlisten der Pizzeria eingewickelt waren. Auch die – nicht dokumentierte – Stückelung der Geldscheine kann hier potentielle Beweisbedeutung haben, da bei „Schwarzgeld“ aus dem Gastronomiebereich eher zu erwarten ist, dass es sich (auch) um kleinere Scheine handelt.
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    Schließlich  ist es auch denkbar, dass das Bargeld  – als mutmaßlich eingenommenes „Schwarzgeld“ - im Hinblick auf die Einziehung erlangter Taterträge Beweisbedeutung haben wird.
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    Die Voraussetzungen der Beschlagnahme liegen damit vor. Ob die Beweisbedeutung letztlich entfällt, etwa weil der Beschwerdeführer Eigentümer des beschlagnahmten Geldes ist, wird im Hauptverfahren zu klären sein.
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    3.
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    Allerdings ergibt sich aus der Beschwerde für die Kammer ohnehin nicht, in welchem Umfang der Beschwerdeführer Eigentümer des beschlagnahmten Bargeldes sein will. So gibt er selbst an, dass jedenfalls das in Tourenlisten eingewickelte und beschlagnahmte Bargeld nicht seines gewesen sei, sondern es sich hierbei um von dem Beschuldigten vereinnahmtes Geld handele. Unklar bleibt aber, hinsichtlich welchen Betrages er überhaupt sein Eigentum geltend machen will. Schließlich ist dem Amtsgericht - auch in Ansehung nunmehr vorgelegter Lohnabrechnungen über eine Beschäftigung als Taxifahrer - darin zuzustimmen, dass die Angaben des Beschwerdeführers unplausibel sind. Es ist nicht nachvollziehbar, wie der Beschwerdeführer den beschlagnahmten Barbetrag angesichts seiner Einkommensverhältnisse angespart haben könnte. Vor allem aber steht die Behauptung des Beschwerdeführers, es habe sich bei dem beschlagnahmten Bargeld um sein Vermögen gehandelt, in Widerspruch zu seinen eigenen, ausdrücklich als richtig versicherten Erklärungen, die er gegenüber der Stadt F im Rahmen der Antragstellung zum Bezug von Sozialleistungen gemacht hat. Dort nämlich hat er - trotz Hinweises auf das Bestehen einer Erklärungspflicht - bislang zu keinem Zeitpunkt angegeben, über Kapitalvermögen/Sparguthaben zu verfügen. Auch die Angabe, der Vater des Beschwerdeführers hebe regelmäßig Geld vom Konto des Beschwerdeführers ab, da dieser für eine Immobilie spare, aber nicht mit Geld umgehen könne, ist nicht plausibel. Sie steht schon im Widerspruch zu den bereits genannten Erklärungen gegenüber der Stadt F. Selbst wenn man unterstellt, dass das ersparte Geld in betrügerischer Absicht verborgen werden sollte, erklärte dies nicht, warum es auf verschiedene Umschläge aufgeteilt gemeinsam mit Einnahmen aus der Pizzeria aufbewahrt wird.
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    III.
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    Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 1 StPO.

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