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  • 11.04.2012 · IWW-Abrufnummer 121811

    Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 13.01.2012 – 7 K 926/10

    Die Einkommensteuer kann durch Änderungsbescheide nach § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO heraufgesetzt werden, wenn die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Bei einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung ist von einer zehnjährigen Festsetzungsfrist auszugehen.


    Tatbestand
    Streitig sind die Einkünfte des Klägers aus seinem gewerblichen Hotelbetrieb und aus Kapitalvermögen.
    Die Kläger wurden in den Streitjahren 1988 – 1990 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
    Der Kläger betrieb in den Streitjahren einen gewerblichen Hotelbetrieb und ein gewerbliches Busunternehmen. Die Klägerin betrieb ein Friseurgeschäft und war im Hotelbetrieb des Klägers nichtselbständig tätig. Außerdem erklärten die Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen wie folgt:

    KlägerKlägerin
    198889 DM0 DM
    1989384 DM2.314 DM
    1990288 DM2.718 DM
    Infolge einer Betriebsprüfung für die Jahre 1993 – 1995 wurde dem Finanzamt bekannt, dass die Kläger ihre Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht vollständig angegeben hatten. Die Kläger erklärten daraufhin folgende Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen nach:
    19888.723,15 DM
    198917.632,22 DM
    199021.898,17 DM
    Das Finanzamt erließ am 18.12.1998 unter Berücksichtigung dieser Kapitalerträge geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1988 – 1990. Die Einkommensteuer 1990 wurde dabei aufgrund eines Verlustrücktrags aus dem Jahr 1992 auf 0 DM herabgesetzt.
    Gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 1988 – 1990 legten die Kläger mit Schreiben vom 20.01.1999 Einspruch ein und gaben an, der Kläger habe auf den beiden Sparkonten bei der Bank1 Gelder aus einer Abfindung der Bundeswehr aus dem Jahr 1964 und aus einer früheren Versicherungstätigkeit angelegt. Diese Konten seien an die Bank verpfändet und die Sparbücher dort hinterlegt gewesen, so dass der Kläger nicht gewusst habe, dass ihm aus diesen Konten Zinsen zugeflossen seien. Eine Anfrage des Finanzamts bei der Bank1 ergab lt. deren Mitteilung vom 12.05.1999 folgende Guthaben und Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen aus dortigen Kapitalanlagen:
    GuthabenKapitalerträge
    1986587.949,00 DM20.229,66 DM
    1987683.771,00 DM30.847,81 DM
    1988784.031,00 DM34.195,69 DM
    1989971.593,00 DM46.738,84 DM
    19901.044.664,00 DM51.678,09 DM
    Die Bank1 teilte außerdem mit, der Kläger habe die an sie verpfändeten Sparbücher zur Einsicht erhalten. Mit Schreiben vom 18.05.1999 übermittelten die Kläger dem Finanzamt eine identische Aufstellung. Sie gaben an, der Kläger habe zum 31.12.1983 bereits über ein Kapitalvermögen von annähernd 1.000.000 DM verfügt.
    Das Finanzamt wies die Kläger unter Androhung einer Verböserung in der Einspruchsentscheidung darauf hin, dass sich aus der Bankauskunft folgende ungeklärten Vermögenszuwächse ergeben hätten:
    StichtagBetragVeränderungZinsen ungekl. Zuwachs
    01.01.1986550.409,60 DM
    31.12.1986587.949,49 DM37.539,89 DM20.229,66 DM17.310,23 DM
    31.12.1987683.771,60 DM95.822,11 DM30.847,81 DM64.974,30 DM
    31.12.1988784.031,73 DM100.260,13 DM34.195,69 DM66.064,44 DM
    31.12.1989971.593,05 DM187.561,32 DM46.738,84 DM140.822,48 DM
    31.12.19901.044.664,09 DM73.071,04 DM51.678,09 DM21.392,95 DM
    Mit Einspruchsentscheidung vom 16.12.1999 wies das Finanzamt die Einsprüche als unbegründet zurück und setzte die Einkommensteuer für die Streitjahre herauf, ohne dabei Verluste aus den Vorjahren vorzutragen, wie folgt:
    198878.532,00 DM
    198959.602,00 DM
    19907.256,00 DM
    Zur Begründung führte das Finanzamt aus, dass von einer zehnjährigen Festsetzungsfrist auszugehen sei, da der Kläger eine vorsätzliche Steuerhinterziehung begangen habe. So habe er vom Zufluss der Zinsen Kenntnis gehabt und bei der Wiederanlage des Kapitals wie auch der Zinsen aktiv mitgewirkt. Der Kläger habe Mitteilungen über die Zinsen per Post erhalten und diese in bar abgehoben oder auf seinem Kontokorrentkonto gutschreiben lassen. Einzelne Gutschriften von bis zu 31.500 DM hätten ihm dabei nicht verborgen bleiben können. Die Höhe der Kapitalerträge hätten die Kläger selbst bestätigt. Einschließlich der bereits erklärten Kapitalerträge seien folgende Einkünfte aus Kapitalvermögen anzusetzen:
    ZinserträgeSparerfreibetrag/WKEinkünfte aus Kapitalvermögen
    198834.284,69 DM800,00 DM33.484,69 DM
    198949.436,84 DM800,00 DM48.636,84 DM
    199054.684,09 DM800,00 DM53.884,09 DM
    Außerdem ging das Finanzamt von ungeklärten Vermögenszuwächsen aus, die als zusätzliche Betriebseinnahmen im Hotelbetrieb des Klägers zu erfassen seien. Die von den Klägern angegebenen Kapitalanlagen bei anderen Banken seien nicht geeignet, einen Vermögenszuwachs auszuschließen, da das Bestehen dieser anderen Anlagen im Jahr 1986 nicht nachgewiesen sei. Es sei daher von folgenden zusätzlichen Betriebseinnahmen und sich daraus ergebenden höheren Gewinnen auszugehen:
    BetriebseinnahmenGewStRückstellungGewinnerhöhung
    198857.951,26 DM7.600,00 DM50.351,00 DM
    1989123.528,50 DM16.000,00 DM107.528,00 DM
    199018.765,75 DM2.500,00 DM16.265,00 DM
    Außerdem habe der bisher im Jahr 1988 vorgenommene Abzug von Verlusten aus den Jahren 1986 und 1987 i. H. v. 91.067 DM aufgrund der für diese Jahre anzusetzenden zusätzlichen Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen und Hotelbetrieb zu unterbleiben. Es sei daher nach Abzug von Werbungskostenpausch- und Sparerfreibetrag von folgenden Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb bzw. Kapitalerträgen auszugehen:
    GewerbebetriebKapitalerträge
    1988157.520,00 DM33.484,00 DM
    1989106.034,00 DM45.948,00 DM
    199088.976,00 DM50.888,00 DM
    Hiergegen haben die Kläger am 17.01.2000 Klage erhoben. Mit Schriftsatz vom 29.03.2000 haben die Kläger zunächst ihren Vortrag aus dem Einspruchsverfahren wiederholt, dem Kläger sei aufgrund der Verpfändung der beiden Sparbücher bei der Bank1 nicht bewusst gewesen, dass ihm die Zinseinnahmen steuerlich zuzurechnen seien. Mit dem Finanzamt bestehe über die Höhe der Einkünfte aus Kapitalvermögen Übereinstimmung. Der Kläger habe zum 31.12.1983 über ein Kapitalvermögen von annähernd 900.000 DM verfügt. Neben den Guthaben bei der Bank1 i. H. v. 475.593,00 DM (Stand 28.07.1983) bzw. 550.409,60 DM (Stand 31.12.1985) habe er ein Guthaben bei der Bank2 in 2 i. H. v. 257.000 DM gehabt. Diese Beträge seien langfristig angelegt und zum 31.12.1983 noch vorhanden gewesen. Beigefügt waren mehrere Anlagevorschläge der Bank2 für Beträge zwischen 40.000 DM und 217.000 DM mit Zinssätzen zwischen 7,5 % und 8 %. Bezüglich der Einnahmen im Hotelbetrieb sei die Buchführung der Besteuerung zugrunde zu legen. Die geänderten Ansätze des Finanzamts bei den Betriebseinnahmen führten für die Jahre 1988 – 1990 zu überhöhten Rohaufschlägen zwischen rd. 266 % und 326 % anstatt 261 % und 289 %.
    Auf das Vorbringen des Finanzamts in der Klageerwiderung hin haben die Kläger im Verlauf des Klageverfahrens mit Schreiben vom 17.07.2000 eingeräumt, dass von einer zehnjährigen Festsetzungsfrist auszugehen sei. Sie haben vorgetragen, der Kläger habe sämtliche Unterlagen, die zur Aufklärung des Vermögenszuwachses beitragen sollten, dem Finanzamt bereits vorgelegt. Nähere Nachweise seien u. a. wegen der Übernahme der Bank2 durch die Bank5 nicht mehr zu beschaffen. Allerdings sei ein Steuerpflichtiger auch nicht verpflichtet, die Herkunft seines Privatvermögens nachzuweisen. Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht soweit wie möglich nachgekommen und würde dem Finanzamt Nachweise, die er noch erlangen könne, nicht vorenthalten. Er verfüge definitiv über keine Unterlagen mehr. Bezüglich der Einnahmen im Hotelbetrieb habe der Betriebsprüfer die Buchhaltung nicht vollständig verworfen, sondern lediglich die Aufzeichnungen der Einnahmen beanstandet. Es seien lediglich die Schulbuserlöse mit den Abwasser- und Kanalgebühren verrechnet worden. Die Besteuerungsgrundlagen seien dem Finanzamt vollständig vorgelegt und lediglich einige Unterlagen aus dem Privatbereich nicht aufbewahrt worden.
    Im Hinblick auf die am 25.09.2003 durchgeführte Fahndungsprüfung wollen die Kläger sich zum Vorbringen der Finanzverwaltung nicht mehr äußern.
    Die Kläger beantragen sinngemäß, die geänderten Einkommensteuerbescheide 1988 – 1990 vom 18.12.1998 und die Einspruchsentscheidung vom 16.12.1999 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.
    Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
    Das Finanzamt geht von einer zehnjährigen Festsetzungsfrist infolge einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung aus. Dies ergebe sich aus der Mitwirkung des Klägers an der Neuanlage des Kapitals und der Abhebung bzw. Gutschrift der Zinsen auf dem Kontokorrentkonto. Zur Höhe der Kapitalerträge weist das Finanzamt darauf hin, dass die Einlassung der Kläger im Klageverfahren auf erhebliche weitere Kapitalerträge in den Jahren 1988 – 1990 schließen lasse. Es sei von zusätzlichen Kapitalerträgen in den Jahren 1988 i. H. v. 21.780 DM und 1989 i. H. v. 13.780 DM allein aus den Anlagen bei der Bank2 auszugehen. Ein Nachweis über die bisher ungeklärten Vermögenszuwächse ergebe sich daraus aber allenfalls teilweise. Der Reingewinn ohne Zuschätzung habe mit 5,1 % unter der Untergrenze in der amtlichen Richtsatzsammlung (6 % - 24 %) gelegen. Selbst unter Einbeziehung der Zuschätzung liege der Reingewinn mit nur 8,3 % weit unter dem Mittelwert von 15 %.
    Infolge der bei den Klägern durchgeführten Steuerfahndungsprüfung ergänzt das Finanzamt sein Vorbringen wie folgt: Aus einem Kreditprotokoll der Bank1, 3 vom 07.01.1992 ergebe sich, dass der Kläger dort in einem Schließfach Tafelpapiere mit einem Nennwert von 730.000 DM und einer Verzinsung i. H. v. 65.000 DM p. a. gelagert habe. Dabei habe es sich nicht um Mittel aus einem Sparbrief bei der Bank1 i. H. v. 600.000 DM gehandelt, da der Kläger dieses Geld nach Luxemburg verbracht habe. Damit stelle sich die Frage der Herkunft der ungeklärten Vermögenszuwächse neu. Das Finanzamt habe bisher lediglich die Kapitalerträge bei der Bank1 berücksichtigt und die verbleibenden ungeklärten Vermögenszuwächse der Jahre 1986 – 1990 i. H. v. 274.550 DM als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt. Nach Abzug der Gewerbesteuerrückstellungen seien die Gewinne um 241.050 DM erhöht worden. Es seien daher weitere Kapitalerträge des Klägers anzunehmen:
    Kapitalerträge
    198846.180,00 DM
    198950.290,00 DM
    199054.770,00 DM
    Die Steuerfahndungsprüfung habe Einnahmen i. H. v. 3.000.000 DM auf nicht in der Buchführung des Hotelbetriebs erfassten Konten Klägers bei der Bank3 zu Tage gefördert. Eine Nachkalkulation für das Jahr 1999 habe zumindest auf nicht erklärte Einnahmen i. H. v. 75 % dieses Betrages schließen lassen. Selbst nach Berücksichtigung der Einwände der Kläger gegen die Kalkulation seien Mehreinnahmen i. H. v. mindestens 56,6 % der Zahlungseingänge auf den Bank3 konten verblieben.
    Ein Teil der bisher ungeklärten Vermögenszuwächse der Jahre 1988 – 1990 sei den Kapitalerträgen des Klägers zuzurechnen. Eine Minderung ergebe sich daraus allein bei der Umsatz- und der Gewerbesteuer; bei der Einkommensteuer führe sie wegen des entsprechenden Wegfalls der Gewerbesteuerrückstellungen sogar zu einer höheren Steuer.
    Nach den Feststellungen im Rahmen der Fahndungsprüfung seien zum 31.12.1988 Guthaben i. H. v. 1.569.000 DM als Kreditsicherheiten an Banken abgetreten gewesen. Neben den unstreitigen Guthaben bei der Bank1 seien Guthaben i. H. v. 203.000 DM bei der Bank1 4 und 403.000 DM bei der Bank1, 3 vorhanden gewesen. Aus dem Anstieg des Guthabens bei der Bank1, 4 auf 236.186 DM zum 01.01.1991 und der Verzinsung des Guthabens bei der Bank1, 3 i. H. v. 403.000 DM mit 8 % sei auf folgende Kapitalerträge zu schließen:
    Bank1, 4Bank1, 3Summe
    198615.000 DM32.000 DM47.000 DM
    198715.000 DM32.000 DM47.000 DM
    198815.000 DM32.000 DM47.000 DM
    198916.000 DM32.000 DM48.000 DM
    199017.000 DM32.000 DM49.000 DM
    Dabei seien eventuelle Erträge aus den Tafelpapieren im Tresor der Bank1, 3 i. H. v. 730.000 DM noch nicht berücksichtigt, da deren Vorhandensein erst zum 07.01.1992 feststehe und der Kaufzeitpunkt nicht zu ermitteln sei.
    Die Kapitalerträge aus Guthaben bei anderen Banken seien jedoch nicht geeignet, die Vermögenszuwächse bei der Bank1 zu erklären. Es seien daher ungeklärte Vermögenszuwächse in Höhe der Kapitalerträge bei den Bank1 en 4 und 3 – ohne Einnahmen aus Tafelpapieren – als Einkünfte aus Kapitalvermögen umzuqualifizieren:
    Bank 1Bank1, 4 und 3verbleiben
    198617.310 DM47.000 DM0 DM
    198764.974 DM47.000 DM17.974 DM
    198866.064 DM47.000 DM19.064 DM
    1989140.822 DM48.000 DM92.822 DM
    199021.392 DM49.000 DM0 DM
    Der Kläger habe also nicht, wie im Schriftsatz vom 17.07.2000 behauptet, dem Finanzamt keine Nachweise vorenthalten, sondern die Kläger hätten dem Finanzamt systematisch und mit erheblicher auf Steuerhinterziehung ausgerichteter Energie Unterlagen zur zutreffenden Erfassung der Einkünfte vorenthalten. Nach den Feststellungen der Steuerfahndung hätten die Kläger Zahlungseingänge des Klägers aus seinem Hotelbetrieb auf Konten der Bank3 i. H. v. jährlich zwischen 190.000 und 450.000 DM verschwiegen. Die Konten bei der Bank3 habe der Kläger am 16.10.1979 (Nr. 511...) bzw. am 01.01.1991 (Nr. 513...) eingerichtet. Die Anzahlungen der Reiseveranstalter seien auf diese Konten geflossen bzw. erhaltene Schecks dort eingereicht worden. Die entsprechenden Einnahmen seien systematisch nicht in der Buchhaltung erfasst worden. Die Kläger hätten nicht mehr bestritten, dass es sich dabei um Einnahmen aus dem Hotelbetrieb gehandelt habe. Sie hätten lediglich angegeben, in bar von den Bank3konten abgehobene Beträge größtenteils in bar in die Kasse des Hotels eingelegt und als Betriebseinnahmen erfasst zu haben. Bareinzahlungen seien jedoch teilweise als Einlagen und nicht als Betriebseinnahmen gebucht worden. Außerdem seien Lohnzahlungen beispielsweise für eine seit 1974 beim Kläger beschäftigte Frau D. nicht zutreffend verbucht worden. Es habe ein schwarzes „Provisionsverteilungssystem” gegeben.
    Die nach Umqualifizierung i. H. der Kapitalerträge bei den Bank1en 4 und 3 verbliebenen Gewinnzuschätzungen seien als Betriebseinnahmen aus dem Hotel anzusehen. Die auf den Bank3konten eingegangenen Beträge seien höher als die verbliebenen Beträge; selbst im Jahr 1989 betrage die mit den Vermögenszuwächsen auf den Konten bei der Bank1 begründete Zuschätzung nur einen Bruchteil der auf den Bank3 konten in den Jahren 1991 ff jährlich eingegangenen Beträge.
    Auf die dem Senat vorliegenden Einkommensteuerakten 1986 – 1990, die Bilanzakten für die Jahre 1988 – 1990, die Akten über die Betriebsprüfung 1993 – 1995, den Ermittlungsbericht vom 26.05.2006, den Inhalt der im Klageverfahren eingereichten Schriftsätze und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.
    Gründe
    Die Klage ist unbegründet.
    I. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1988 – 1990 und die Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten.
    1. Die Einkommensteuer konnte durch Änderungsbescheide nach § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO heraufgesetzt werden, da die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen war. Es ist von einer zehnjährigen Festsetzungsfrist auszugehen, da die Kläger sowohl die hinzugeschätzten Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen als auch aus seinem Hotelbetrieb vorsätzlich hinterzogen haben. Für ein vorsätzliches Handeln reicht es aus, wenn der Täter die Verwirklichung der Merkmale des objektiven Tatbestands zumindest billigend in Kauf nimmt und im Wege einer „Parallelwertung in der Laiensphäre” erkennt (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24.09.1953 5 StR 225/53, BGHSt 4, 347; BFH-Urteil vom 30.06.2010 II R 11/09, BFH/NV 2010, 2026).
    Die Einkünfte aus dem Hotel wurden, soweit eine Hinzuschätzung erfolgt, vorsätzlich hinterzogen. Der Kläger hat seit dem 16.10.1979 und damit bereits in den Streitjahren ein dem Finanzamt verschwiegenes Konto mit der Nr. 511... bei der Bank3, 6 , Zweigstelle 3 , unterhalten, auf dem ein Teil der Einnahmen (Anzahlungen, Schecks) aus dem Hotel eingezahlt wurde, ohne sie in der Buchhaltung zu erfassen. Die Einnahmen wurden also gezielt verschleiert. Der Senat ist daher von einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung überzeugt. Daher beträgt die Festsetzungsfrist gem. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO zehn Jahre. Für die behaupteten Barabhebungen und eine Erfassung der Einnahmen in der Buchhaltung wurden keine Nachweise erbracht.
    Auch die hinzugeschätzten Kapitalerträge wurden vorsätzlich hinterzogen. Dem Kläger war nach seinem eigenen Vorbringen bewusst, bereits 1983 ein Vermögen von rd. 1.000.000 DM in Gestalt festverzinslicher Anleihen besessen und daraus laufende Kapitalerträge in Höhe des damaligen Zinssatzes von rd. 8 % erzielt zu haben, wie sich beispielsweise aus den von ihm vorgelegten Angeboten der Bank2 ergibt. Selbst wenn sich der Kläger über die steuerliche Behandlung von Erträgen aus verpfändeten Forderungen im Unklaren gewesen sein sollte, wusste er jedenfalls von erheblichen nicht verpfändeten Guthaben und den daraus erzielten Einkünften, an deren Steuerpflicht für ihn kein Zweifel bestehen konnte. Aus diesem Grund hätte er sich auch mit der steuerlichen Behandlung der Einnahmen aus den verpfändeten Konten beschäftigen müssen, über die er bei den jeweiligen Neuanlagen informiert wurde und in die er auch tatsächlich Einsicht genommen hat. Ein solcher Irrtum, der nach Überzeugung des Senats ohnehin nicht vorgelegen hat, wäre daher vermeidbar gewesen. Die Kläger haben zudem der Anwendung der zehnjährigen Festsetzung im Klageverfahren nicht mehr widersprochen und damit das Vorliegen einer Steuerhinterziehung eingeräumt.
    Die Festsetzungsfrist beginnt gem. § 170 Abs. 2 Nr. 2 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die jeweilige Einkommensteuererklärung eingereicht wurde, also für das Jahr 1988 aufgrund der Abgabe der Einkommensteuererklärung im Jahr 1989 am 31.12.1989, für das Jahr 1989 aufgrund der Abgabe der Einkommensteuererklärung im Jahr 1991 am 31.12.1991 und für das Jahr 1990 aufgrund der Abgabe der Einkommensteuererklärung im Jahr 1992 am 31.12.1992. Sowohl die geänderten Einkommensteuerbescheide vom 18.12.1998 als auch die Einspruchsentscheidung vom 16.12.1999 sind daher innerhalb der zehnjährigen Festsetzungsfrist ergangen.
    2. Die Kapitaleinkünfte des Klägers sind, wie vom Finanzamt im Klageverfahren vorgetragen, höher anzusetzen.
    Der Kläger hat zur Überzeugung des Senats folgende Kapitalerträge aus Anlagen bei den Bank1en 1 , 4 und 3 erzielt:
    Bank1Bank1, 4 und 3Summe
    198620.229 DM47.000 DM67.229 DM
    198730.847 DM47.000 DM77.847 DM
    198834.195 DM47.000 DM81.195 DM
    198946.738 DM48.000 DM94.738 DM
    199051.678 DM49.000 DM100.678 DM
    Die Einkünfte bei der Bank1 sind unstreitig. Die erzielten Zinsen bei der Bank1, 4 lassen sich aufgrund des Vermögenszuwachses zwischen dem 31.12.1988 und dem 01.01.1991 schätzen (203.000 DM; 236.186 DM). Die Einnahmen bei der Bank1, 3 ergeben sich aus dem Kapital i. H. v. 403.000 DM (31.12.1988) und der damals vom Kläger erzielten Verzinsung i. H. v. 8 %.
    Einer persönlichen Einvernahme der Kläger und folglich eines persönlichen Erscheinens zur mündlichen Verhandlung hat es hierzu aus Sicht des Senats nicht mehr bedurft. Die der Schätzung zugrunde liegenden Annahmen sind durch die inzwischen festgestellten und von den Klägern im Laufe des Klageverfahrens nicht mehr bestrittenen Kapitalanlagen auf Grundlage des damals üblichen und vom Kläger beispielsweise bei der Bank2 auch tatsächlich erzielten Zinsen rechnerisch zu ermitteln. Die Kläger haben ein umfangreiches Kapitalvermögen des Klägers und die Anwendung der zehnjährigen Festsetzungsfrist und somit auch das Vorliegen einer Steuerhinterziehung selbst eingeräumt.
    3. Außerdem hat der Kläger gewerbliche Einkünfte in erheblicher Höhe erzielt, und zwar, wie den Klägern bewusst war, mehr als sie an Einnahmen für die Streitjahre erklärt haben. Nach Überzeugung des Senats hat der Kläger bereits in den Streitjahren sein System der Verbuchung von Anzahlungen und Schecks auf dem in der Buchhaltung nicht erfassten Bank3 konto betrieben und daher wesentlich höhere Einkünfte aus seinem gewerblichen Hotelbetrieb erzielt als in den Einkommensteuererklärungen angegeben. Die in der Einspruchsentscheidung angesetzten gewerblichen Einkünfte sind daher aus Sicht des Senats zutreffend. Dies ergibt sich aus dem niedrigen Rohgewinnsatz, der mit 5,1 % unterhalb der Untergrenze der Richtsatzsammlung liegen würde, und der Einrichtung des ersten „schwarzen” Kontos bei der Bank3 schon im Jahr 1979.
    Für die Streitjahre ergeben sich jedenfalls unter Berücksichtigung des ungeklärten Vermögenszuwachses bei der Bank1 gewerbliche Einkünfte des Klägers in mindestens folgender Höhe:
    HotelBusunternehmenSumme
    198856.549 DM53.971 DM110.520 DM
    198932.803 DM25.231 DM58.034 DM
    199015.748 DM24.228 DM39.976 DM
    Die ungeklärten Vermögensmehrungen bei der Bank1 berechnen sich wie folgt:
    StichtagBetragVeränderungZinsen ungekl. Zuwachs
    01.01.1986550.409,60 DM
    31.12.1986587.949,49 DM37.539,89 DM20.229,66 DM17.310,23 DM
    31.12.1987683.771,60 DM95.822,11 DM30.847,81 DM64.974,30 DM
    31.12.1988784.031,73 DM100.260,13 DM34.195,69 DM66.064,44 DM
    31.12.1989971.593,05 DM187.561,32 DM46.738,84 DM140.822,48 DM
    31.12.19901.044.664,09 DM73.071,04 DM51.678,09 DM21.392,95 DM
    Durch den ungeklärten Vermögenszuwachs wird die Schätzung der Einkünfte aus dem Hotelbetrieb, jedenfalls soweit sie das Finanzamt im Klageverfahren aufrechterhalten hat, in vollem Umfang gedeckt. Andere Einnahmequellen, insbesondere steuerfreie Vermögensmehrungen haben die Kläger weder vorgetragen, noch sind solche aus den Akten ersichtlich.
    4. Außerdem hat der Kläger in den Streitjahren nach Überzeugung des Senats weitere steuerpflichtige Einkünfte ungeklärter Herkunft erzielt, die entweder zum Erwerb der Tafelpapiere verwendet wurden oder Erträge aus diesen Tafelpapieren darstellen. Die später aufgefundenen Tafelpapiere, die am 07.01.1992 einen Wert von 730.000 DM hatten, müssen entweder mit Einkünften aus den Streitjahren erworben worden sein, oder, falls sie ganz oder teilweise bereits vorher vorhanden waren, zu Einkünften aus Kapitalvermögen geführt haben. Der Kläger hat bei seinen anderen Anlagen in den Streitjahren eine Verzinsung von rd. 8 % erzielt. Aus den Tafelpapieren müssen sich daher Einkünfte i. H. v. ca. 58.400 DM pro Jahr ergeben haben; falls die Papiere aus unversteuerten Einkünften der Streitjahre erworben worden sein sollten, ist von weiteren gewerblichen Einkünften von mindestens 200.000 DM pro Jahr auszugehen.
    Diese zusätzlichen Einkünfte von mindestens 58.400 DM pro Jahr hat der Senat in seine vorstehende Berechnung noch nicht einbezogen. Sie waren nach seiner Überzeugung allerdings mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorhanden. Eine Verböserung ist dem Finanzgericht jedoch nicht möglich.
    Der Senat hat vor diesem Hintergrund keine Notwendigkeit mehr für weitere Ermittlungen bzw. zu weiteren Feststellungen gesehen, so dass an dem zunächst angeordneten persönlichen Erscheinen der Kläger und der Vernehmung von Frau D. als Zeugin nicht mehr festzuhalten war. Trotz des ausdrücklichen Hinweises im Beschluss vom 19.12.2011 haben die Kläger für den 13.01.2012 lediglich Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt, die der Senat nicht als ausreichend für eine Glaubhaftmachung der Verhandlungsunfähigkeit ansieht. Das Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung am 13.01.2012 versteht der Senat als eine Verweigerung der Mitwirkung bei der Aufklärung des Sachverhalts. Das Vorliegen einer Steuerhinterziehung – und zwar auch des subjektiven Tatbestandes – in den Streitjahren ist durch die klägerseits zugestandene Anwendung einer zehnjährigen Festsetzungsfrist eingeräumt worden. Es bedurfte deshalb nicht mehr der Befragung der Kläger bzw. der Verschaffung eines persönlichen Eindruckes.
    Die ohne Antrag der Beteiligten angeordnete Vernehmung der Zeugin D. konnte unterbleiben, da sich der Senat in seiner zur Entscheidung berufenen Besetzung bereits aufgrund des vorgetragenen, unbestrittenen Sachverhaltes in der Lage sah, eine Entscheidung zu treffen.
    5. Das Finanzamt hat für die Streitjahre zutreffend keine Verluste aus den Jahren 1986 und 1987 mehr berücksichtigt. Nach Überzeugung des Senats haben die Kläger auch in den Jahren 1986 und 1987 gewerbliche Einkünfte und Kapitalerträge in erhebliche Höhe erzielt und keinen vortragungsfähigen Verlust erwirtschaftet. Auch wenn das Finanzamt für die Jahre 1986 und 1987 keine Änderung mehr vornehmen konnte, ist den Klägern jedenfalls kein Verlust entstanden, der in den Streitjahre hätte berücksichtigt werden können.
    6. Die Heraufsetzung der Einkommensteuer in der Einspruchsentscheidung war auch für das Jahr 1990 möglich. Der gegen den 0-Bescheid eingelegte Einspruch war zwar unzulässig und eine Verböserung gem. § 367 Abs. 2 Satz 1 AO damit nicht möglich. Allerdings war die Steuer gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO heraufzusetzen, da es sich bei den hinterzogenen Einkünften, auch soweit sie während des Einspruchsverfahrens bekannt geworden sind, um für das Finanzamt neue Tatsachen handelte. Die Heraufsetzung war auch im Rahmen des Einspruchsverfahrens als verlängertem Verwaltungsverfahren möglich, da die zehnjährige Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen war. Der Verlust einer „Instanz” steht diesem Vorgehen nicht entgegen, wie der BFH für den Fall eines unterlassenen Verböserungshinweises entschieden hat (BFH-Urteil vom 10.11.1989 VI R 124/88, BStBl II 1990, 414). Die Kläger haben keinen Anspruch darauf, dass im finanzgerichtlichen Verfahren nur Punkte berücksichtigt werden, die bereits Gegenstand des Einspruchsverfahrens gewesen wären.
    Das Finanzamt hat die Einkommensteuer für die Streitjahre in den angefochtenen Änderungsbescheiden und der Einspruchsentscheidung nicht zu hoch festgesetzt. Eine Verböserung durch das Finanzgericht als reine Rechtsschutzinstanz ist nicht möglich.
    Die Klage war daher als unbegründet abzuweisen.
    II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
    III. Die Revision war nicht zuzulassen. Es liegt weder ein Fall grundsätzlicher Bedeutung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO noch das Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Sicherung der Einheit der Rechtsprechung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO vor.

    VorschriftenAO §§ 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 170 Abs. 2 Nr. 2, 169 Abs. 2 S. 2

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