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  • 18.10.2011 · IWW-Abrufnummer 113336

    Verwaltungsgericht Stuttgart: Urteil vom 10.08.2011 – 23 K 1060/11

    Ist der Beamte gemäß § 92 Abs. 1 Nr. 2 BBG beurlaubt, kommt es für die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts auf dessen Wohnsitz an.



    Ein Beamter, der gemäß § 13 Abs. 1 Sonderurlaubsverordnung beurlaubt ist, kann durch eine Steuerhinterziehung ein außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne der § 54 Satz 3, § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. begehen (Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten). Eine - innerdienstliche - Verletzung der Wahrheitspflicht ist jedoch ausgeschlossen.



    Zur Bemessung der Disziplinarmaßnahme bei doppeltem Kindergeldbezug über einen Zeitraum von 11 1/2 Jahren im Falle einer Beurlaubung im Zeitpunkt der Steuerhinterziehung (hier: Zurückstufung).


    23 K 1060/11

    In der Disziplinarsache
    ...
    hat die 23. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart - Kammer für Disziplinarsachen (Bund) -
    aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. August 2011
    durch
    am 10. August 2011
    für Recht erkannt:

    Tenor:
    Die Beklagte wird in das statusrechtliche Amt einer Fernmeldeobersekretärin (Besoldungsgruppe A 7) zurückgestuft.

    Die Klage im Übrigen wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte zu 2/3 und die Klägerin zu 1/3.

    Tatbestand
    Die Klägerin begehrt die Entfernung der Beklagten aus dem Dienst wegen Steuerhinterziehung.

    Die am 29.03.1966 geborene Beklagte trat am 01.09.1989 als Fernmeldeassistentenanwärterin in die Dienste der Deutschen Bundespost ein. Nach bestandender Laufbahnprüfung für den mittleren Fernmeldedienst (Note: "gut") wurde ihr mit Wirkung vom 01.09.1991 die Eigenschaft einer Beamtin auf Probe verliehen und sie zur Fernmeldeassistentin zur Anstellung ernannt. Mit Wirkung vom 01.06.1992 wurde ihr das Amt einer Fernmeldeassistentin übertragen. Seit 29.03.1993 ist die Beklagte Beamtin auf Lebenszeit. Mit Wirkung vom 01.06.1993 wurde ihr das Amt einer Fernmeldesekretärin, mit Wirkung vom 01.06.1994 das Amt einer Fernmeldeobersekretärin und zuletzt mit Wirkung vom 01.06.1995 das Amt einer Fernmeldehauptsekretärin (A 8) bei der Niederlassung XXX der Deutschen Telekom AG übertragen. Vom 01.01.1995 bis 31.03.2004 war die Beklagte unter Wegfall der Besoldung zur Ausübung einer Tätigkeit als Arbeitnehmerin bei der Deutschen Telekom Mobilfunk GmbH (DeTeMobil) bzw. T-Mobile Deutschland GmbH beurlaubt. Während dieser Zeit befand sich die Beklagte vom 22.05.1997 bis 19.09.2003 in Erziehungsurlaub - die Beklagte hatte im März 1996 geheiratet und am 27.03.1997 einen Sohn und am 20.09.1999 eine Tochter geboren. Vom 20.09.2003 bis 31.03.2004 war die Beklagte 16 Stunden in der Woche bei der T-Mobile Deutschland GmbH in XXX als Kundenberaterin im Bereich Callcenter Premium Kunden teilzeitbeschäftigt. Zum 01.04.2004 kehrte die Beklagte zur Deutschen Telekom AG zurück, ihr Beamtenverhältnis wurde wieder aktiviert. Vom 01.04.2004 bis zum 31.03.2005 nahm sie Sonderurlaub unter Wegfall der Besoldung zur Betreuung ihrer Kinder. Mit Wirkung vom 01.04.2005 wurde die Beklagte im Rahmen einer vorläufigen Regelung in den Betrieb Vivento, Region Südwest, der Deutschen Telekom AG versetzt und von Vivento auf dem Personalposten "XXX als Transferkraft, XXX, Bewertung A 8", eingesetzt. Die Regelarbeitsstelle der Beklagten war XXX. Vom 01.04.2005 bis 31.07.2005 war die Beklagte in Teilzeit (16 Stunden/Woche) beschäftigt. Seit 01.08.2005 befindet sie sich wieder im Sonderurlaub unter Wegfall der Besoldung zur Betreuung ihrer Kinder. Die endgültige Versetzung zu Vivento, Region Südwest, aus dienstlichen Gründen erfolgte mit Verfügung der Deutschen Telekom AG vom 08.08.2005.

    Von der Deutschen Telekom AG wurde die Beklagte dienstlich nicht beurteilt. In einer formlosen Beurteilung ihrer damaligen Dienststelle vom 13.08.1992 wurde ausgeführt, dass sie die ihr anvertrauten Tätigkeiten stets zur vollen Zufriedenheit ausübe. Sie fasse schnell und sicher auf, übersehe dabei nichts und finde sich sofort auch in komplizierten Zusammenhängen zurecht. Ab dem 01.06.1994 erhielt die Beklagte für ihre besonderen Leistungen eine Gütezulage in Höhe von 130 DM/Monat für die Dauer eines Jahres. Dies wurde damit begründet, dass sie die Anforderungen in hervorragender Weise erfülle. Insbesondere sei ihr selbstständiges und verantwortungsbewusstes Handeln und ihre große Anstrengungsbereitschaft hervorzuheben. Bei einem überdurchschnittlichen Arbeitstempo erziele sie stets eine hohe Arbeitsqualität. Durch ihr großes Interesse am Betriebsgeschehen und ihren großen Arbeitseinsatz bewältige sie auch schwierigste Situationen. Ihre Leistungsgüte liege erheblich über dem Durchschnitt. Die T-Mobile Deutschland GmbH bescheinigte der Beklagten in ihrem Zeugnis vom 08.04.2004, dass sie über solide Fachkenntnisse verfüge. Sie finde sich in neuen Situationen zurecht und sei auch in der Lage, komplizierte Zusammenhänge zu erfassen. Sie zeige Einsatzbereitschaft und Eigeninitiative. Auch starkem Arbeitsanfall sei sie gewachsen. Ihre folgerichtige Denkweise kennzeichne ihre sichere Urteilsfähigkeit in vertrauten Zusammenhängen. Sie arbeite stets zuverlässig und gewissenhaft. Sie bewältige ihren Arbeitsbereich sicher und habe brauchbare Lösungen gefunden. Sie habe die übertragenen Arbeiten zur vollen Zufriedenheit erledigt. Das persönliche Verhalten sei stets einwandfrei gewesen. Bei Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern sei sie geschätzt.

    Das Familieneinkommen der Beklagten beläuft sich auf ca. 2.300 EUR/brutto/Monat. Es setzt sich zusammen aus den Einkünften ihres Ehemannes in Höhe von ca. 2.000 EUR als selbstständiger Stuckateur und 328 EUR Kindergeld. Über das Vermögen der Beklagten wurde am 14.12.2004 das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. Sie haftete als Bürgin für Schulden ihres Ehemannes, die dieser aus dem Kauf einer Eigentumswohnung hatte. Gegen den Ehemann war von 2001 bis Januar 2008 ebenfalls ein Verbraucherinsolvenzverfahren durchgeführt worden.

    Die Beklagte war bislang weder disziplinarrechtlich noch strafrechtlich vorbelastet.

    Im Rahmen einer Prüfaktion des Bundesrechnungshofes im Jahr 2008 wegen doppelten Kindergeldbezugs und eines Prüfauftrages der Bundesagentur für Arbeit an die Familienkasse XXX stellte letztere fest, dass die Beklagte im Zeitraum von März 1997 bis Oktober 2008 für den im März 1997 geborenen Sohn Kindergeld sowohl von der Familienkasse als auch von ihrem Arbeitgeber bezogen habe. Die Beklagte hatte mit Antrag vom 21.04.1997 beim Arbeitsamt XXX Kindergeld beantragt. Dabei hatte sie die Frage Nr. 8, ob sie oder ihr Ehegatte oder eine andere Person für die eingetragenen Kinder anderweitig Kindergeld beantragt oder erhalte, mit "Nein" beantwortet. Die Frage Nr. 10, ob sie, ihr Ehegatte oder eine andere Person, zu der die eingetragenen Kinder in einem Kindschaftsverhältnis stehen, in den letzten sieben Monaten vor der Antragstellung im öffentlichen Dienst tätig gewesen seien, beantwortete sie mit "Ja" (XXX von 1989 bis 1997, T-Mobil). Mit Antrag vom 14.05.1997 beantragte die Beklagte die Zahlung von Kindergeld bei der Deutschen Telekom AG. Die (gleichlautende) Frage Nr. 8 beantwortete sie mit "Nein", die Frage Nr. 10 mit "Ja" (XXX von 01.01.1995 bis ---, T-Mobil). Mit Bescheid vom 18.11.2008 hob die Familienkasse XXX die Festsetzung des Kindergeldes für den Sohn auf und forderte die Beklagte auf, einen Betrag von 19.949,60 EUR zurückzuerstatten. Unter dem 25.11.2008 leitete die Familienkasse - Bußgeld- und Strafsachenstelle - XXX ein Steuerstrafverfahren gegen die Beklagte ein. Im Rahmen der Anhörung machte die Beklagte geltend, dass die Familienkasse ihr zeitnah nach der Antragstellung mitgeteilt habe, dass sie für den Antrag nicht zuständig seien. Sie müsse sich an ihren Arbeitgeber wenden. Bedauerlicherweise könne sie diesen Ablehnungsbescheid nicht mehr vorlegen. Auf Grund des Ablehnungsbescheids habe sie einen erneuten Antrag auf Kindergeld bei ihrem Arbeitgeber gestellt. Im Antrag vom 14.05.1997 habe sie nicht angegeben, dass sie bereits anderweitig Kindergeld beantragt habe, da sie nach dem ablehnenden Bescheid der Familienkasse davon ausgegangen sei, dass sich ihr Antrag erledigt habe und auch zukünftig nicht mehr in Bearbeitung genommen würde. Auf Grund des Ablehnungsbescheids habe sie auch die erneute Antragstellung bei ihrem Arbeitgeber der Familienkasse nicht mitgeteilt, da aus ihrer Sicht das Verfahren bei der Familienkasse abgeschlossen gewesen sei und damit keine Aufklärungspflicht mehr bestanden habe.

    Auf Antrag der Familienkasse - Bußgeld- und Strafsachenstelle - XXX erließ das Amtsgericht XXX am 25.03.2009 gegen die Beklagte wegen eines Vergehens der Steuerhinterziehung gemäß §§ 370 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 4 Satz 2 AO, §§ 62, 72 EStG einen Strafbefehl und setzte eine Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu je 15 EUR (= 4.500 EUR) fest. Der Beklagten wurde zur Last gelegt, sie habe der Familienkasse pflichtwidrig nicht mitgeteilt, dass sie auch von ihrem Arbeitgeber seit der Geburt ihres Sohnes Kindergeld bewilligt bekommen habe, wodurch sie - entsprechend ihrer Absicht - einen ungerechtfertigten Steuervorteil der Gestalt erlangt habe, dass ihr von März 1997 bis einschließlich Oktober 2008 zu Unrecht Kindergeld in Höhe von 19.949,60 EUR von der Familienkasse XXX gewährt worden sei. Sie habe damit in dieser Höhe ihr nicht zustehende Steuervergütungen erhalten. Sie habe die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige Angaben gemacht. Gegen den Strafbefehl erhob die Beklagte Einspruch, der im Wesentlichen mit Verfolgungsverjährung begründet wurde. Die Staatsanwaltschaft XXX teilte dem Amtsgericht XXX unter dem 20.04.2009 mit, dass unabhängig von der Frage, wann bei Unterlassungsdelikten eine Tatbeendigung anzunehmen sei, es im vorliegenden Fall für sachdienlich gehalten werde, die Strafverfolgung nach §§ 154, 154 a StPO jedenfalls auf die Steuerjahre 2003 bis 2008 zu beschränken. Die Strafzumessungspraxis der Familienkasse, die offensichtlich auf eine Dienstanweisung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung zurückgehe, harmoniere nicht mit der Strafzumessungspraxis der Landesfinanzbehörden in allgemeinen Steuerstrafsachen. Es werde daher eine deutliche Reduzierung der Tagessatzanzahl im Rahmen der Hauptverhandlung für vertretbar gehalten. In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht XXX am 26.05.2009 erklärte die Beklagte, dass sie bei der Familienkasse den Antrag gestellt habe. Sie habe damals gearbeitet. Sie habe gedacht, dass die Familienkasse für das Kindergeld zuständig sei. Diese hätten ihr aber mitgeteilt, dass sie nicht zuständig seien und sie sich an ihren Arbeitgeber wenden solle. Das habe sie auch gemacht. Für sie sei der Antrag bei der Familienkasse damit zurückgezogen gewesen. Ihr sei es zu der Zeit nicht gut gegangen. Sie habe keine leichte Schwangerschaft gehabt. Ihr Mann habe finanzielle Probleme gehabt. Ihr Mann und sie seien insolvent. Für sie sei klar gewesen, dass der Antrag abgelehnt worden sei. Von März 1997 bis Oktober 2008 habe sie doppelt Kindergeld bekommen. Sie wisse heute, dass sie da etwas hätte unternehmen müssen.

    Das Gericht erließ den Beschluss, dass mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung auf den ungerechtfertigten Steuervorteil für die Zeit von Dezember 2003 bis einschließlich Oktober 2008 beschränkt werde (§ 154 a Abs. 2 StPO). Es erging der tatsächliche Hinweis nach § 265 Abs. 2 StPO, dass nach dem vorliegenden Akteninhalt im Falle der Verurteilung der Beklagten von einem ungerechtfertigten Steuervorteil in Höhe von 8.488 EUR ausgegangen werde. Die Beklagte erklärte die Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen.

    Mit Urteil vom 26.05.2009 verurteilte das Amtsgericht XXX die Beklagte wegen Steuerhinterziehung zu der Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 10 EUR (= 900 EUR). Das Urteil ist rechtskräftig seit 03.06.2009. Hinsichtlich des festgestellten Sachverhalts und der angewandten (Straf-) Vorschriften verwies das Gericht auf den Strafbefehl vom 25.03.2009 mit der Maßgabe, dass durch den Beschluss vom 26.05.2009 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung auf den Zeitraum Dezember 2003 bis Oktober 2008 beschränkt worden sei und der strafrechtlich relevante ungerechtfertigte Steuervorteil für jenen Zeitraum 8.488 EUR betrage.

    Die Verurteilung nahm die Deutsche Telekom AG zum Anlass, gegen die Beklagte ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Die Einleitungsverfügung vom 23.07.2009 des Vorstandes der Klägerin wurde der Beklagten am 31.07.2009 zugestellt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagten der vom Strafgericht abgeurteilte Sachverhalt (Zeitraum Dezember 2003 bis Oktober 2008) aber auch der ausgeschlossenen Verfahrensstoff (März 1997 bis November 2003) disziplinarrechtlich zur Last gelegt werde. Durch ihr Verhalten habe die Beklagte gegen ihre beamtenrechtliche Pflicht, sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten, vorsätzlich verstoßen. Eine Beamtin, die sich außerhalb des Dienstes der vorsätzlichen Steuerhinterziehung schuldig gemacht habe, begehe ein schweres Wirtschaftsdelikt. Dieses sei in erheblichem Maße geeignet, das eigene Ansehen der Beamtin und das Ansehen der Beamtenschaft insgesamt zu beeinträchtigen und führe zu erheblichen Zweifeln an deren Vertrauenswürdigkeit, da Beamte öffentliche Aufgaben wahrzunehmen hätten und durch öffentliche Mittel alimentiert würden.

    Im Rahmen der Anhörung trug die Beklagte vor, dass der Sachverhalt zutreffend festgestellt sei. Nach § 23 BDG könne im Disziplinarverfahren aber nur der Sachverhalt zu Grunde gelegt werden, wie er im Strafverfahren festgestellt und abgeurteilt worden sei. Sie habe den ihr zu Last gelegten Sachverhalt von Anfang an eingeräumt. Die Familienkasse habe ihr mitgeteilt, dass sie sich wegen des Kindergeldes an ihren Arbeitgeber wenden müsse. Der Familienkasse sei von Anfang bekannt gewesen, dass sie als Beamtin bei der Deutschen Telekom AG beschäftigt sei. Diese Einlassung sei auch im Strafverfahren strafmildernd berücksichtigt worden. Sie habe ihr Amt stets gewissenhaft und ohne Beanstandungen ausgeübt. Die Taten habe sie außerdienstlich verübt. Sie habe nicht im Kernbereich ihres Pflichtenkreises versagt. Zudem habe sie die Taten nicht aktiv begangen, sondern die Familienkasse über die erneute Antragstellung bei der Telekom AG in Unkenntnis gelassen. Dies sei auch im Disziplinarverfahren strafmildernd zu berücksichtigen. Sie habe in der Hauptverhandlung den Sachverhalt vollumfänglich eingeräumt und Einsicht sowie Reue gezeigt.

    Der von der Familienkasse XXX von der Beklagten mit Bescheid vom 18.11.2008 eingeforderte Betrag von 19.949,60 EUR war im Mai 2009 wegen festgestellter Festsetzungsverjährung um 1.124,80 EUR gemindert und auf 18.824,80 EUR festgesetzt worden. Mit Bescheid vom 13.10.2009 setzte die Familienkasse den zu erstattenden Betrag nochmals neu fest. Danach hat die Beklagte nunmehr für den Zeitraum Januar 2005 bis Oktober 2008 einen Betrag von 7.084 EUR zurückzuerstatten. Die Restforderung wurde laut Schreiben der Familienkasse XXX vom 27.10.2010 niedergeschlagen. Die Beklagte hatte im Oktober 2010 einen Betrag von 1.964 EUR getilgt (monatliche Rückzahlungsrate: 184 EUR).

    Unter dem 27.04.2010 übersandte der Ermittlungsführer der Beklagten sein Ermittlungsergebnis vom 20.04.2010 zur abschließenden Anhörung. Die Beklagte äußerte sich unter dem 12.05.2010 dahingehend, dass sie ihr Verhalten sehr bereue. Sie sei auch sehr bemüht, die gegen sie bestehenden Ansprüche auszugleichen. Sie beteuerte nochmals, dass die doppelte Antragstellung darauf beruht habe, dass die Familienkasse ihr mitgeteilt habe, dass sie für den Antrag nicht zuständig sei.

    Der Ermittlungsführer forderte daraufhin nochmals die Strafakten an. Unter dem 14.09.2010 übersandte er der Beklagten sein ergänztes Ermittlungsergebnis zur abschließenden Anhörung. Darin fasst er u.a. zusammen, dass sich der Strafakte hinsichtlich der angegebenen ursprünglichen Doppelbeantragung keine entscheidenden Entlastungsgründe entnehmen ließen.

    Die Beklagte nahm unter dem 14.10.2010 abschließend Stellung. Sie verwies nochmals darauf, dass nur die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils eines Strafverfahrens gemäß § 23 BDG bindend seien. Der Strafbefehl sei niemals in Rechtskraft erwachsen. Das Urteil stelle zwar auf den Strafbefehl ab, jedoch mit der Maßgabe, dass die Strafverfolgung auf den Zeitraum Dezember 2003 bis Oktober 2008 beschränkt werde. Damit sei der davor liegende Zeitraum insgesamt ausdrücklich vom Urteil ausgenommen.

    Nachdem der Ermittlungsführer noch einmal bei der Familienkasse angefragt hatte, in welcher Höhe die Beklagte bislang Rückzahlungen geleistet habe, ergänzte er am 05.11.2010 nochmals sein Ermittlungsergebnis.

    Der auf Antrag der Beklagen beteiligte Betriebsrat von Vivento teilte mit Schreiben vom 05.01.2011 u.a. mit, dass die Beklagte nicht durch weitere Sanktionen zusätzlich belasten werde sollte, zumal sie Einsicht gezeigt und Fehler eingestanden habe. Der Betriebsrat bat darum, von einer Entlassung der Beklagten abzusehen.

    Die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation teilte der Klägerin unter dem 14.03.2011 mit, dass die Voraussetzungen für die Erhebung der beabsichtigten Disziplinarklage nach Prüfung der vorgelegten Unterlagen gemäß § 15 BAPostG auf Rechtmäßigkeit und sachgerechte Ausübung des Ermessens gegeben seien.

    Am 24.03.2011 erhob die Klägerin die vorliegende Disziplinarklage. Sie legt der Beklagten zur Last, sich durch falsche Angaben bei der Beantragung von Kindergeld einen finanziellen Vorteil in Höhe von 19.949,60 EUR verschafft zu haben. Nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens seien alle Pflichtverletzungen verfolgbar, solange die zuletzt begangene Verfehlung noch nicht der Verfolgungsverjährung nach den Regelungen des BDG unterliege. Der widerrechtliche Kindergeldbezug habe ununterbrochen von April 1997 bis Oktober 2008 angedauert. Somit sei keine Verfolgungsverjährung gemäß § 15 BDG eingetreten. Die Ausführungen der Beklagten, dass sie von der Familienkasse einen Ablehnungsbescheid erhalten habe, könnten nur als Schutzbehauptung gewertet werden. Auf dem Antrag auf Kindergeld sei am Seitenrand Kindergeld bewilligt und verfügt und daraufhin Kindergeld überwiesen worden. Es sei demnach keine Ablehnung des Antrags erfolgt und auch kein Ablehnungsbescheid ergangen. Selbst wenn unterstellt würde, dass die doppelte Beantragung und Zahlung des Kindergeldes auf einem Missverständnis beruht hätte, bliebe der Vorwurf bestehen, dass es die Beklagte bis zur Prüfung des Rechnungshofes über elf Jahre hinweg unterlassen hätte, die zweimalige Beantragung und die darauf folgenden ungerechtfertigten Doppelzahlungen des Kindergeldes zu melden. Das Dienstvergehen wiege so schwer, dass die Verhängung der schwersten Disziplinarmaßnahme unausweichlich sei. Durch ihr Verhalten habe die Beklagte Kernpflichten des Beamten verletzt. Sie habe vorsätzlich gegen die Wahrheitspflicht verstoßen. Der jahrelange unberechtigte Bezug von Kindergeld offenbare ein besonders hohes Maß an Pflichtvergessenheit.

    Die Klägerin beantragt,

    die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Ihr könne wegen der Bindungswirkung des § 57 BDG lediglich ein Unterlassungsdelikt zur Last gelegt werden, durch welches sie im Zeitraum Dezember 2003 bis Oktober 2008 einen ungerechtfertigten Vorteil in Höhe von 8.448 EUR erlangt habe. Im Übrigen wäre ihre Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bei dem im Raum stehenden Vorwurf nicht verhältnismäßig. Ein endgültiger Vertrauensverlust könne nur dann vorliegen, wenn davon ausgegangen werden müsse, der Beamte werde auch zukünftig seinen Dienstpflichten nicht nachkommen werde. Hiervon sei jedoch gerade nicht auszugehen. Es seien lediglich Punkte ersichtlich, die zu ihren Gunsten zu werten seien, wie die lange Dienstzeit mit durchweg positiven dienstlichen Beurteilungen. Abgesehen von dieser einen Pflichtverletzung habe sie sich tadellos verhalten. Weiterhin habe sie ein umfassendes Geständnis abgelegt und tiefe Reue gezeigt.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von der Klägerin vorgelegten Akten (2 Band Ermittlungsakten, 2 Band Personalakten) und auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe
    Die Disziplinarklage ist zulässig. Insbesondere ist das Verwaltungsgericht Stuttgart für die Entscheidung über den Rechtsstreit örtlich zuständig. Gemäß § 3 BDG i.V.m. § 52 Nr. 4 Satz 1 VwGO ist für alle Klagen aus einem gegenwärtigen Beamtenverhältnis das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Die Beklagte ist derzeit gemäß § 92 Abs. 1 Nr. 2 BBG zur Betreuung von Kindern unter 18 Jahren ohne Besoldung beurlaubt. Damit verfügt sie im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht über einen "dienstlichen Wohnsitz" im Sinne des § 52 Nr. 4 Satz 1 VwGO, so dass es für die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts auf ihren Wohnsitz ankommt. Dieser befindet sich im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichts Stuttgart. Die Voraussetzungen des § 52 Nr. 4 Satz 2 VwGO liegen bereits deshalb nicht vor, weil sich die örtliche Zuständigkeit der Klägerin auf das Gebiet der gesamten Bundesrepublik Deutschland erstreckt.

    Die Disziplinarklage ist in dem im Tenor zum Ausdruck kommenden Umfang auch begründet. Der Klägerin steht zwar nicht der von ihr mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, aber auf Zurückstufung der Beklagten in das statusrechtliche Amt einer Fernmeldeobersekretärin (Besoldungsgruppe A 7) durch gerichtliche Anordnung zu. Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG ist ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Die Beklagte hat zwar ein schweres Dienstvergehen begangen (unter 1.), das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit aber noch nicht endgültig verloren (unter 2.).

    1.

    Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG in den hier maßgeblichen Fassungen vom 18.12.1989 bzw. 31.03.1999 (a.F.) begeht der Beamte ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Die Beklagte hat durch ihr Verhalten ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen.

    1.1.

    In tatsächlicher Hinsicht ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

    Die Beklagte hat im Zeitraum von März 1997 bis Oktober 2008 Kindergeld für ihren im März 1997 geborenen Sohn sowohl von der Familienkasse als auch von der Deutschen Telekom AG bezogen. Dieser Doppelbezug beruhte darauf, dass die Beklagte zunächst am 21.04.1997 einen Antrag auf Kindergeld bei der Familienkasse und am 14.05.1997 einen weiteren Antrag bei der Deutschen Telekom AG gestellt hatte. Die Frage, ob sie anderweitig Kindergeld beantragt oder erhalten habe, hatte sei bei beiden Anträgen jeweils mit "Nein" beantwortet. Der Gesamtbetrag des in diesem Zeitraums zu Unrecht von der Familienkasse bezogenen Kindergeldes belief sich auf 19.949,60 EUR.

    Diese tatsächlichen Feststellungen, die die Klägerin ihrer Disziplinarklage zu Grunde legt, werden auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt. Sie hat vielmehr im Strafverfahren vor dem Amtsgericht XXX in der mündlichen Verhandlung am 26.05.2009 selbst bestätigt, dass sie von März 1997 bis Oktober 2008 doppeltes Kindergeld bekommen habe. Hinsichtlich des Zeitraums Dezember 2003 bis Oktober 2009 sind diese tatsächlichen Feststellungen im Übrigen bereits gemäß § 57 BDG auf Grund des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts XXX vom 26.05.2009 für das Gericht bindend.

    Soweit die Beklagte einwendet, dass der zu Grunde gelegte Sachverhalt zwar zutreffe, der doppelte Bezug von Kindergeld in den Jahren 1997 bis November 2003 der Disziplinarklage wegen der Bindungswirkung des § 57 BDG aber nicht zu Grunde gelegt werden dürfe, weil das Strafgericht die Strafverfolgung auf den Zeitraum Dezember 2003 bis Oktober 2008 beschränkt habe, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. § 57 BDG regelt lediglich, dass die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils in Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Gericht bindend ist. Das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts XXX vom 26.05.2009 enthält aber keine tatsächlichen Feststellungen dazu, dass die Beklagte im Zeitraum 1997 bis November 2003 Kindergeld nicht doppelt bezogen hätte. Das Gericht hat vielmehr lediglich die Strafverfolgung auf den Zeitraum ab Dezember 2003 beschränkt. Hieraus ergibt sich aber keine "negative" Bindungswirkung hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen des doppelten Kindergeldbezugs in den Jahren davor.

    Zu dem doppelten Bezug von Kindergeld in den Jahren 1997 bis 2008 war es nach den Angaben der Beklagten gekommen, weil ihr die Familienkasse zeitnah nach der Antragstellung mitgeteilt habe, dass sie für den Antrag nicht zuständig sei und sie sich an ihren Arbeitgeber wenden müsse, was sie dann auch getan habe. Einen Ablehnungsbescheid vermochte die Beklagte nicht vorzulegen.

    1.2.

    In disziplinarrechtlicher Hinsicht hat die Beklagte auf Grund dieses Sachverhalts gegen ihre Dienstpflicht gemäß § 54 Satz 3 i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. verstoßen. Nach § 54 Satz 3 BGB a.F. BBG muss das Verhalten des Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert.

    Auf § 54 Satz 3 i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG in den Fassungen vom 18.12.1989 bzw. 31.03.1999 ist abzustellen, weil für die Frage, ob der Beamte im angeschuldigten Tatzeitraum seine Dienstpflichten verletzt hat, die Sach- und Rechtslage zur Tatzeit (hier: 1997 bis 2008) maßgebend ist, soweit nicht im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB für den Beamten materiell-rechtlich günstigeres neues Recht gilt. Durch die Neufassung des Bundesbeamtengesetzes im Jahr 2009 hat sich an der disziplinarrechtlichen Beurteilung der Sach- und Rechtslage zur Tatzeit im Hinblick auf die zu § 54 Satz 3, § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Normstruktur nichts zu Gunsten eines Beamten geändert (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.08.2009 - 1 D 1.08 - NVwZ 2010, 713). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, stellt sich die Normstruktur des § 54 Satz 3, § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. wie folgt dar: § 54 Satz 3 BBG a.F. bildet den Grundtatbestand. Anhand der Merkmale dieser Norm ist - mit Blick auf § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. - zu prüfen, ob das außerdienstliche Verhalten des Beamten das berufserforderliche Vertrauen beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen geeignet ist. Das Hauptmerkmal in § 54 Satz 3 BBG a.F. ("die sein Beruf erfordert") wird hinsichtlich außerdienstlicher Pflichtverletzungen durch § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. inhaltlich näher konkretisiert, und zwar in dem Sinne, dass sich die Vertrauensbeeinträchtigung alternativ entweder auf das Amt des Beamten im konkret-funktionellen Sinne (Dienstposten), d.h. auf die Erfüllung der dem Beamten konkret obliegenden Dienstpflichten oder auf das Ansehen des Berufsbeamtentums als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung beziehen muss. Der Beamte soll sich nicht nur aus der Sicht der Bürger sondern auch aus der Sicht seines Dienstherrn außerdienstlich so verhalten, wie es von ihm im Hinblick auf seine Dienstpflichten als berufserforderlich erwartet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.08.2009 - 1 D 1.08 - a.a.O., m.w.N.).

    Bei der festgestellten Verhaltensweise der Beklagten, die zum doppelten Bezug des Kindergelds in den Jahren 1997 bis 2008 geführt hat, handelt es sich begrifflich um ein außerdienstliches Verhalten im Sinne des § 54 Satz 3 i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F.. Die Unterscheidung zwischen inner- und außerdienstlicher Pflichtverletzung beruht nicht auf der Zufälligkeit räumlicher oder zeitlicher Beziehung eines Verhaltens zur Dienstausübung. Das wesentliche Unterscheidungselement ist vielmehr funktionaler Natur. Entscheidend für die rechtliche Einordnung eines Verhaltens als innerdienstliche Pflichtverletzung ist dessen kausale und logische Einbindung in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit. Ist eine solche Einordnung nicht möglich - insbesondere wenn sich das Handeln als das Verhalten einer Privatperson darstellt -, ist es als außerdienstliches (Fehl-)Verhalten zu qualifizieren (BVerwG, Urteil vom 25.08.2009 - 1 D 1.08 - a.a.O.). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Das Verhalten der Beklagten, das zu dem doppelten Bezug des Kindergelds geführt hat, war nicht in ihr Amt (als Fernmeldehauptsekretärin) eingebunden. Der doppelte Bezug des Kindergelds beruhte letztlich auf zwei Umständen. Zum einen hatte die Beklagte gegenüber der Deutschen Telekom AG anlässlich der Antragstellung am 14.05.1997 nicht angegeben, dass sie anderweitig Kindergeld beantragt hatte, so dass ihr auch die Deutsche Telekom AG ab März 1997 Kindergeld ausbezahlt hatte. Zum zweiten hatte es die Beklagte in der Folgezeit unterlassen, die Familienkasse darüber zu informieren, dass sie ab März 1997 Kindergeld von der Deutschen Telekom AG ausbezahlt bekommen hat. Gegenüber der Familienkasse handelte die Beklagte nicht im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit, sondern als Privatperson. Gleiches gilt aber für den Zeitpunkt der Antragstellung am 14.05.1997 auch gegenüber der Deutschen Telekom AG. Die Beklagte war zu diesem Zeitpunkt unter Wegfall der Besoldung zur Ausübung einer Tätigkeit als Arbeitnehmerin bei der Deutschen Telekom Mobilfunk GmbH (DeTeMobil) bzw. T-Mobile Deutschland GmbH gemäß § 13 Abs. 1 der Sonderurlaubsverordnung beurlaubt. D.h., die Beklagte war zu diesem Zeitpunkt von den ihr obliegenden Dienstleistungspflichten befreit, so dass die Antragstellung bzw. die Angabe unzutreffender Tatsachen in dem Antrag bereits aus diesem Grund nicht im Zusammenhang mit ihrer dienstlichen Tätigkeit als Fernmeldehauptsekretärin erfolgt sein kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.03.2004 - 1 D 15.03 - NVwZ-RR 2004, 867, m.w.N.).

    Die Beklagte hat durch die festgestellte Handlungsweise außerdienstliche Dienstpflichten gemäß § 54 Satz 3 BGB a.F. verletzt. Das Amtsgericht XXX hat die Beklagte mit rechtskräftigem Urteil vom 26.05.2009 wegen Steuerhinterziehung gemäß §§ 370 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 4 Satz 2 AO, §§ 62, 72 EStG im Zeitraum Dezember 2003 bis Oktober 2008 zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt, weil sie die Finanzbehörden vorsätzlich über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige Angaben gemacht hat, wobei der strafrechtlich relevante ungerechtfertigte Steuervorteil für diesen Zeitraum 8.488 EUR betragen hat. Mit der Begehung dieser Straftat hat die Beklagte gegen ihre außerdienstlichen Pflichten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen - und dies trotz des Umstandes, dass sie damals ohne Bezüge beurlaubt war. Denn wenn gleich der Beklagten auf Grund der Beurlaubung im Zeitraum 1997 bis 2004 keine Dienstleistungspflichten oblagen, so blieb ihr Treue- und Loyalitätsverhältnis zu ihrem Dienstherrn doch uneingeschränkt bestehen. Der Beamte bleibt beamtenrechtlich pflichtgebunden, soweit sich aus der Natur und Art des Urlaubs nichts anderes ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.03.2004 - 1 D 15.03 - NVwZ-RR 2004, 867).

    Dies gilt aber auch für den nicht vom Strafgericht abgeurteilten Zeitraum März 1997 bis November 2003. Auch insoweit hat die Klägerin einen ungerechtfertigten Steuervorteil durch vorsätzlich falsche Angaben in Höhe von 11.461,60 EUR erlangt. Das Amtsgericht XXX hatte die Strafverfolgung mit Beschluss vom 26.05.2009 lediglich gemäß § 154 a StPO auf den Zeitraum Dezember 2003 bis Oktober 2008 beschränkt, mithin weil einzelne abtrennbare Teile der Tat für die zu erwartende Strafe nicht beträchtlich ins Gewicht gefallen wären. Da die Handlungsweise der Beklagten im gesamten Zeitraum März 1997 bis Oktober 2008 dieselbe war, muss ihr aber auch für den Zeitraum März 1997 bis November 2003 vorgehalten werden, dass sie durch ihr Verhalten vorsätzlich einen Steuerstraftatbestand verwirklicht hat.

    Eine Verletzung der von § 54 Satz 3 BBG mit umfassten Wahrheitspflicht des Beamten gegenüber seinem Dienstherrn ist vorliegend allerdings nicht gegeben, da die Beklagte im Zeitpunkt der Antragstellung am 14.05.1997 beurlaubt war und damit keine innerdienstlichen Dienstpflichten gegenüber ihrem Dienstherrn hatte.

    Die Beklagte hat ihre (außerdienstliche) Dienstpflicht auch schuldhaft verletzt. Schuldformen sind Vorsatz und Fahrlässigkeit. Ein Beamter handelt vorsätzlich, wenn er bewusst und gewollt eine Dienstpflichtverletzung begeht, wobei ein Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit dann gegeben ist, wenn der Beamte wusste, dass er gegen eine Dienstvorschrift verstieß oder sein Verhalten mit sonstigen Pflichten nicht vereinbar war. Fahrlässigkeit liegt vor bei einer Pflichtverletzung wegen mangelnder Aufmerksamkeit, Sorgfalt oder Überlegung (vgl. Battis, BBG Kommentar, § 77 Rndr. 16). Gemessen hieran hat die Beklagte die Pflichtverletzung vorsätzlich herbeigeführt, da davon auszugehen ist, dass sie den Pflichtenverstoß zumindest billigend in Kauf nahm. Es kann der Beklagten insoweit nicht abgenommen werden, dass sie über einen Zeitraum von 11 1/2 Jahren nicht bemerkt haben will, dass sie doppeltes Kindergeld bezogen hat. Soweit die Beklagte geltend macht, dass sie den Antrag bei der Deutschen Telekom AG am 14.05.1997 gestellt habe, nachdem ihr die Familienkasse zeitnah nach der Antragstellung am 21.04.1997 mitgeteilt habe, dass ihr Arbeitgeber für die Auszahlung des Kindergeldes zuständig sei, blieb die Beklagte einen Nachweis für diesen Ablauf der Geschehnisse schuldig. Die Auszahlung des Kindergeldes durch die Familienkasse ab März 1997 und die dementsprechenden Prüf- und Bewilligungsvermerke auf dem Antragsformular vom 21.04.1997 sprechen aber eher dagegen, dass die Familienkasse der Beklagten damals mitgeteilt hätte, dass sie Kindergeld nicht gewähren werde.

    Diese außerdienstliche Dienstpflichtverletzung der Beklagten erfüllt den objektiven Tatbestand eines Dienstvergehens, wenn die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. erfüllt sind. Es muss nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet sein, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Das Merkmal "in besonderem Maße" bezieht sich auf die Eignung zur Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung und ist nur erfüllt, wenn das Verhalten des Beamten in quantitativer oder qualitativer Hinsicht über das für eine jede Eignung vorausgesetzte Mindestmaß an Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung hinausgeht. Ist eine derart qualifizierte Möglichkeit der Beeinträchtigung gegeben, kommt es weiterhin darauf an, ob diese Beeinträchtigung bedeutsam wäre. Das Merkmal "in bedeutsamer Weise" bezieht sich auf den "Erfolg" der möglichen Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung. Die zur Beeinträchtigung in besonderem Maße geeignete Pflichtverletzung weist Bedeutsamkeit auf, wenn sie in qualitativer oder quantitativer Hinsicht das einer jeden außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß an disziplinarrechtlicher Relevanz deutlich überschreitet. Die Beeinträchtigung der Achtung und des Vertrauens muss sich entweder auf das Amt des Beamten im konkret-funktionellen Sinne (Dienstposten), d.h. auf die Erfüllung der dem Beamten konkret obliegenden Dienstpflichten, oder auf das Ansehen des Berufsbeamtentums als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung beziehen (BVerwG, Urteil vom 19.08.2010 - 2 C 13.10 - NVwZ 2011, 299, m.w.N.).

    Die außerdienstliche Dienstpflichtverletzung der Beklagten weist keinen Bezug zu ihrem Dienstposten auf. Der Dienstbezug ist gegeben, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt (BVerwG, Urteil vom 19.08.2010 - 2 C 13.10 - a.a.O.). Daran fehlt es bereits deshalb, weil die Beklagte im Zeitraum 1997 bis 2004 ohne Bezüge beurlaubt und damit ein konkret-funktionelles Amt gar nicht gegeben war. Im Übrigen hätte die Tätigkeit der Beklagten als Fernmeldesekretärin in keinem Zusammenhang mit den Handlungen die zur Steuerhinterziehung führten, gestanden. Rückschlüsse aus dem außerdienstlichen Fehlverhalten der Beklagten auf ihre künftige Amtsführung oder eine Beeinträchtigung in derselben können deshalb nicht gezogen werden.

    Bei erstmaligem außerdienstlichem Fehlverhalten ist die Eignung zur Beeinträchtigung von Achtung und Vertrauen im Hinblick auf das Ansehen des Beamtentums bereits unter Hinweis auf die gesetzgeberischen Wertungen auch bei der Begehung einer Straftat zum Nachteil des Staates (vgl. § 48 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F., § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG) oder der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen einer vorsätzlich begangenen schwerwiegenden Straftat (vgl. § 48 Satz 1 Nr. 1 BBG a.F., § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG) vom Bundesverwaltungsgericht angenommen worden. Unabhängig von diesen Fallgruppen lässt der Strafrahmen Rückschlüsse auf das Maß der disziplinarrechtlich relevanten Ansehensschädigung zu. Die Disziplinarwürdigkeit eines erstmaligen außerdienstlichen Verhaltens eines Beamten im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. (n.F.) ist regelmäßig anzunehmen, wenn das außerdienstliche Verhalten im Strafgesetzbuch als Vergehen mit einer Freiheitsstrafe im mittleren Bereich belegt ist. Durch die Festlegung des Strafrahmens bringt der Gesetzgeber verbindlich den Unrechtsgehalt eines Delikts zum Ausdruck. An dieser Wertung hat sich auch die Entscheidung über die Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. (n.F.) zu orientieren, wenn andere Kriterien, wie etwa ein Dienstbezug oder die Verhängung einer Freiheitsstrafe bei einer vorsätzlich begangenen Straftat ausscheiden. Hierdurch wird hinsichtlich der Frage der Disziplinarwürdigkeit außerdienstlichen Verhaltens eine Entscheidung gewährleistet, die an nachvollziehbare Kriterien anknüpft (BVerwG, Urteil vom 19.08.2010 - 2 C 13.10 - NVwZ 2011, 299, m.w.N.).

    Gemessen hieran war das Verhalten der Beklagten disziplinarwürdig, da eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AO zum einen mit einem Strafrahmen von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe belegt ist und es sich damit um ein Vergehen mit einer Freiheitsstrafe im mittleren Bereich handelt. Zudem hat die Straftat der Beklagten das Vermögen des Staates betroffen. Vom Beamten wird außerdienstlich kein wesentliches anderes Sozialverhalten erwartet als vom Durchschnittsbürger. Etwas anderes gilt aber für ein außerdienstliches Verhalten, das sich - wie hier - zum Nachteil des Staates auswirkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.08.2000 - 1 D 37/99 - DVBl 2001, 137).

    2.

    Das von der Beklagten begangene Dienstvergehen ist von erheblichem Gewicht und macht eine Zurückstufung in das statusrechtliche Amt einer Fernmeldeobersekretärin erforderlich (§ 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 4, § 9 BDG). Diese Maßnahme ist aber auch ausreichend. Auf eine Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis war nicht zu erkennen. Die Beklagte hat zwar ein schweres Dienstvergehen begangen, das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit aber noch nicht endgültig verloren (§ 13 Abs. 2 Satz 1, § 10 BDG).

    Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer auch insoweit folgt, ist danach maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens. Das Bemessungskriterium "Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit" gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 BDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion. Aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums zu gewährleisten (vgl. BVerwG, Urteil vom Urteil vom 25.03.2010 - 2 C 83.08 -, NVwZ 2010, 1571, m.w.N.).

    Die von der Beklagten begangene Steuerhinterziehung stellt sich als ein schweres Wirtschaftsdelikt dar, was bereits der Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO belegt. Ein Beamter, der sich der Steuerhinterziehung schuldig macht, verletzt in schwerwiegender Weise die ihm obliegende Pflicht, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.01.2011 - DL 13 S 2145/10 - <[...]>). Zu Lasten der Beklagten ist auch zu berücksichtigen, dass sie den doppelten Bezug von Kindergeld über den langen Zeitraum von 11 1/2 Jahren nicht aufgedeckt hat und dem Staat hierdurch ein Schaden von knapp 20.000 EUR entstanden ist, den die Beklagte voraussichtlich nicht vollständig ausgleichen wird. So hat die Familienkasse, wohl auf Grund des gegen die Beklagten laufenden Verbraucherinsolvenzverfahrens, bereits einen Betrag von knapp 12.000 EUR niedergeschlagen. Auch hat die Beklagte den doppelten Kindergeldbezug nicht selbst angezeigt, sondern diesen erst zugegeben, nachdem die Familienkasse auf Weisung der Bundesagentur für Arbeit eine Überprüfung vorgenommen und den doppelten Bezug aufgedeckt hatte.

    Zu Gunsten der Beklagten fällt bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme aber ins Gewicht, dass ihr außerdienstliches Fehlverhalten keinen engen dienstlichen Bezug zu ihrer Tätigkeit als Fernmeldehauptsekretärin hatte. Insoweit ist der Fall anders zu beurteilen als der eines Finanzbeamten, der im Falle einer Steuerhinterziehung seine Kernpflichten verletzt und dadurch erhebliche Zweifel an seiner Vertrauenswürdigkeit in Bezug auf seine konkrete Amtsführung begründet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.01.2011 - DL 13 S 2145/10 - <[...]>). Die Beklagte hat durch ihr Verhalten zwar die ihr obliegende Pflicht, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die ihr Beruf erfordert, in schwerer Weise verletzt. Dies lässt aber nicht den Schluss zu, dass sie im Kernbereich ihrer Tätigkeiten ein ebensolches Verhalten wiederholen würde. Zudem hat die Beklagte ihr Fehlverhalten nach Überzeugung der Kammer vollumfänglich eingesehen und ist derzeit bemüht, den Schaden, soweit es ihr auf Grund ihrer finanziell angespannten Situation möglich ist, auszugleichen. Zu berücksichtigen ist des weiteren, dass die Klägerin im Zeitraum zwischen 1997 und März 2004 von ihren Dienstpflichten gegenüber ihrem Dienstherrn befreit war und deshalb in diesen Jahren keine öffentlichen Aufgaben wahrzunehmen hatte und auch nicht durch öffentliche Mittel alimentiert worden war. Ihr Ansehen - als Beamtin - und das Ansehen der Beamtenschaft insgesamt, auf das der Staat in besonderem Maße angewiesen ist, ist deshalb nicht in derselben Weise beeinträchtigt worden, als wenn die Beklagte in dieser Zeit öffentliche Aufgaben wahrzunehmen gehabt hätte. Weiterhin mag der Beklagten auch abgenommen werden, dass sie von der Situation im Jahr 1997 unmittelbar nach der Geburt ihres Sohnes und nach einer schwierigen Schwangerschaft überfordert war. Zu Gunsten der Beklagten fällt schließlich ins Gewicht, dass sie bislang weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich vorbelastet war und es sich bei ihr ausweislich der vorhandenen - guten - Beurteilungen um eine zuverlässige und gewissenhafte Person handelt, deren persönliches Verhalten stets einwandfrei war. Und letztlich hat auch das Strafgericht die von der Beklagten begangene Steuerhinterziehung (für die Jahre 2003 bis 2008) trotz des Strafrahmens (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre oder Geldstrafe) "nur" mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen geahndet, so dass die Beklagte nicht als vorbestraft gilt. Bei der gebotenen Gesamtabwägung sprechen deshalb hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen entlastender Umstände, die insgesamt einem endgültigen Vertrauensverlust entgegenstehen.

    3.

    Eine Verkürzung des Zeitraums, in dem die Beklagte nicht befördert werden darf, konnte nicht erfolgen.

    Gemäß § 9 Abs. 3 BDG darf der Beamte frühestens fünf Jahre nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung befördert werden. Der Zeitraum kann in der Entscheidung - durch das Gericht - verkürzt werden, sofern dies im Hinblick auf die Dauer des Disziplinarverfahrens angezeigt ist. Diese Voraussetzungen für eine Verkürzung des gesetzlichen Beförderungsverbots sind hier nicht gegeben.

    Eine Verkürzung kommt nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift überhaupt nur im Hinblick auf die Dauer des Disziplinarverfahrens in Betracht und nicht etwa im Hinblick auf das Vorliegen von Milderungsgründen. Ob die Dauer des Disziplinarverfahrens eine Kürzung gebietet, ist an Hand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu ermitteln. Eine Verkürzung kann insbesondere auf Grund einer längeren Aussetzung des Disziplinarverfahrens nach § 22 BDG oder bei außergewöhnlich langen und aufwendigen Ermittlungen vorgenommen werden. Entscheidend ist jeweils, ob die lange Dauer des Disziplinarverfahrens im Einzelfall eine 5-jährige Beförderungssperre unbillig erscheinen lässt (vgl. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Kommentar, Stand: Oktober 2010, § 9 Rdnr. 15, § 8 Rdnr. 19). Gemessen hieran sind die Voraussetzungen für eine Verkürzung der Beförderungssperre nicht gegeben, denn das Disziplinarverfahren war nicht von langer Dauer. Nachdem die Klägerin im Juni 2009 von der Verurteilung der Klägerin Kenntnis erlangte, hat sie bereits am 23.07.2009 das Disziplinarverfahren eingeleitet. Dass sie erst am 24.03.2011 Disziplinarklage erhoben hat, beruhte unter anderem darauf, dass sie nach einer ersten abschließenden Anhörung auf Grund der Einwendungen der Beklagten nochmals die Ermittlungen aufgenommen hatte. Im Übrigen befindet sich die Beklagte im Sonderurlaub zur Betreuung ihrer 11- und 14-jährigen Kinder, so dass sie auch aus diesem Grund die 5-jährige Beförderungssperre nicht unverhältnismäßig treffen dürfte.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

    Rechtsmittelbelehrung:

    Gegen dieses Urteil ist die Berufung an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gegeben. ...

    RechtsgebieteBBG, VwGO, BDGVorschriften§ 54 S. 3 BBG a.F § 77 Abs. 1 S. 2 BBG a.F § 92 Abs. 1 Nr. 2 BBG § 13 Abs. 1 Sonderurlaubsverordnung § 52 Nr. 4 S. 1 VwGO § 13 Abs. 1 S. 2 BDG

    Karrierechancen

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