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  • 07.10.2011 · IWW-Abrufnummer 113332

    Verwaltungsgericht Aachen: Urteil vom 28.06.2011 – 2 K 1952/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Verwaltungsgericht Aachen

    2 K 1952/10

    Tenor:
    Die Klage wird abgewiesen.
    Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
    Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

    T a t b e s t a n d :

    Der am 3. April 1948 geborene Kläger begehrt die Erteilung einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung. Er war bis zum Jahr 2003 als selbständiger Rechtsanwalt tätig. In der Folgezeit war er als Anwaltsassessor in einer Rechtsanwaltskanzlei angestellt. Er ist seit Januar 2010 arbeitslos und bezieht seinen Angaben zufolge derzeit Arbeitslosenunterstützung.

    Der Kläger beantragte am 21. Mai 2010 erstmalig die Erteilung einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung für Taxi und Mietwagen. Das vorgelegte Führungszeugnis vom 15. Juni 2010 enthält folgende Eintragungen: 1. 16. September 1998 rechtskräftige Verurteilung durch das Amtsgericht (AG) Mönchengladbach wegen Anstiftung zur vorsätzlichen uneidlichen Falschaussage zu 8 Monaten Freiheitsstrafe mit einer Bewährungszeit von 3 Jahren; die Strafe wurde mit Wirkung vom 29. November 2002 erlassen, 2. 13. Dezember 2004 Verurteilung durch das AG Mönchengladbach wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen zu 1 Jahr und 3 Monaten Freiheitsstrafe; rechtskräftig seit dem 30. August 2007 - der Strafrest wurde mit Beschluss des LG Krefeld vom 5. November 2008 zur Bewährung bis zum 22. November 2011 ausgesetzt und ein Bewährungshelfer bestellt.

    Nach Anhörung des Klägers lehnte der Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 4. Oktober 2010 ab. Wegen der strafrechtlichen Verurteilungen sei davon auszugehen, dass der Kläger der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nicht gerecht werde. Die Art und Weise der Tatausführung ließen Charaktereigenschaften erkennen, die sich im Fall der Personenbeförderung mit Kraftfahrzeugen zum Schaden der Allgemeinheit oder der Fahrgäste auswirken könnten. Unzuverlässig sei, wer durch wiederholte Straffälligkeit einen Hang zur Missachtung der Rechtsordnung dokumentiere. Die von dem Kläger begangenen Straftaten wiesen auf eine hohe Bereitschaft zur Übertretung gesetzlicher Normen hin, insbesondere mit dem Ziel der persönlichen Bereicherung. Das AG Mönchen-jj gladbach habe in seinem Urteil vom 13. Dezember 2004 den Kläger als Bewährungsversager angesehen und eine günstige Sozialprognose in Frage gestellt, da die bisherigen Verurteilungen Ehrlichkeit in Gelddingen nicht aufgezeigt hätten.

    Der Kläger hat am 5. November 2010 Klage erhoben. Er sei weder Alkoholiker noch gewalttätig und habe sich verkehrsrechtlich nichts zu Schulden kommen lassen. Seine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung habe keine Auswirkung auf die Beförderung von Fahrgästen und lasse nicht auf seine charakterliche Ungeeignetheit schließen. Eine Gefährdung von Fahrgästen sei nicht erkennbar. Eine etwaige Vermögensgefährdung sei wegen der Abrechnung nach dem Taxameter nicht gegeben. Manipulationen seien deshalb nicht möglich. Im Übrigen beabsichtige er Fahrten durchzuführen, die er nicht selber abrechne, sondern sein Arbeitgeber (Fahrten von Schulkindern, Behinderte, etc. ..). Er beabsichtige nicht, sich selbständig zu machen. Er werde nach Erreichen der Altersgrenze und entsprechender Antragstellung voraussichtlich ab Januar 2012 eine Rente beziehen, die sich lediglich auf ca. 800.- EUR belaufen werde. Mit Hilfe der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung beabsichtige er, sein Einkommen aufzubessern, um zukünftig keine öffentlichen Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen zu müssen.

    Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt, den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 4. Oktober 2010 zu verpflichten, ihm eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung zu erteilen.

    Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er verweist auf seine Ausführungen in dem streitgegenständlichen Bescheid.

    Die Kammer hat zur Person des Klägers einen Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 23. Februar 2011 eingeholt, der keine neuen Eintragungen enthält. Sie hat am 24. Mai 2011 die Streitsache mit den Beteiligten erörtert. Diesbezüglich wird auf die Terminsniederschrift Bezug genommen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den zu diesem Verfahren übersandten Verwaltungsvorgang sowie die beigezogenen Strafakten der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach (Az.: 501 Js 286/03).

    Entscheidungsgründe:

    Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben, § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

    Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

    Die angefochtene Ablehnung der Erteilung einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit Bescheid des Beklagten vom 4. Oktober 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO. Der Kläger hat nach der hier maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Fahrerlaubnis.

    Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung ist § 48 Abs. 4 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnisverordnung - FeV -). Danach ist u.a. Voraussetzung, dass der Bewerber die Gewähr dafür bietet, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht wird (§ 48 Abs. 4 Nr. 2 FeV). Die Vorschrift betrifft ebenso wie der bis 1998 gültige § 15 e Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StVZO a.F. das besondere Vertrauensverhältnis zwischen dem Inhaber der Fahrerlaubnis und dem Fahrgast in Bezug auf dessen Beförderung. Zur Auslegung der Vorschrift kann daher auf die bereits zu § 15 e StVZO a.F. ergangene Rechtsprechung zum Tatbestandsmerkmal der persönlichen Zuverlässigkeit zurückgegriffen werden,

    vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 5. März 2004 - 19 A 832/04 -, juris.

    Danach handelt es sich um eine besondere charakterliche Eignungsvoraussetzung, deren Vorliegen auf Grund einer Prognoseentscheidung durch die zuständige Behörde zu beurteilen ist. Diese Prognoseentscheidung zu der Frage, ob der Bewerber die Beförderung von Fahrgästen ordentlich ausführen werde oder nicht, erfolgt auf Grund einer Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Betroffenen anhand aller bekannten verwertbaren Straftaten und Ordnungswidrigkeiten verkehrsrechtlicher und nicht verkehrsrechtlicher Art sowie sonstiger aktenkundig gewordener Vorkommnisse, vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 19. März 1986 - 7 B 19/86 -, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 25. August 1998 - 19 A 3812/98 - und vom 2. Juni 1992 - 19 B 358/ 92, jeweils juris;

    Die Gewähr für die Wahrnehmung der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen fehlt bereits dann, wenn Umstände vorliegen, die die ernsthafte Befürchtung rechtfertigen, der Bewerber werde die ihm gegenüber den anvertrauten Fahrgästen obliegenden Sorgfaltspflichten (künftig) missachten. Eines (zweifelsfreien) Nachweises mangelnder Zuverlässigkeit bedarf es nicht,

    vgl. VG NRW, 25. August 1998 - 19 A 3812/98 -, juris; BayVGH, Urteil vom 15. Juli 1991 - 11 B 91/74 -, juris; OVG Saarland, Beschluss vom 22. Juni 2004 - 1 W 23/04 -, juris.

    Die prognostische Einschätzung des Beklagten, der Kläger biete keine Gewähr dafür, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werde, ist bei Anlegung dieser Maßstäbe nicht zu beanstanden.

    Zu Recht hat die Beklagte dabei auf die beiden Verurteilungen durch das AG Mönchengladbach vom 16. September 1998 und vom 13. Dezember 2004 abgestellt. Dabei ist die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung nicht vornherein außer Acht zulassen. Zwar muss allgemein die zu prüfende persönliche Zuverlässigkeit jeweils in Bezug auf die mit der Genehmigung oder Erlaubnis auszuübende Tätigkeit gesehen werden, vgl. bereits BVerwG, Beschluss vom 1. September 1970 - 7 B 60/70 -, VerkMitt 1970, Nr.113,

    und ist die persönliche Zuverlässigkeit des Klägers als Unternehmer vorliegend nicht Gegenstand der Entscheidung,

    vgl. zur Genehmigung nach dem Personenbeförderungsrecht: § 13 Abs. 1 Nr. 1 PBefG und zur Abgrenzung der Zuverlässigkeit im Bereich der unternehmerischen Tätigkeit und dem Tätigkeitsbereich als Fahrer: OVG NRW, Beschluss vom 30. April 2008 - 13 A 8/07 -, juris;

    der Kläger hat zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er keine selbständige Tätigkeit anstrebe. Die vorgehaltenen strafrechtlichen Verfehlungen müssen jedoch keinen unmittelbaren Bezug zu der angestrebten Tätigkeit haben bzw. im Zusammenhang mit der Ausübung der Tätigkeit begangen worden sein. Ausreichend ist, wenn Art und Weise der Tatausführung, die Schwere oder ggfs. die Häufigkeit der begangenen Straftaten Charaktereigenschaften erkennen lassen, die sich im Falle der Fahrgastbeförderung zum Schaden der Allgemeinheit oder der Fahrgäste auswirken können. Bereits ein einmaliges Fehlverhalten kann die Unzuverlässigkeit begründen, wenn es schwer wiegt und ein sicheres Symptom für eine Gesinnung oder Lebenseinstellung ist, die eine ordnungsgemäße Ausübung der Fahrgastbeförderung nicht erwarten lässt. Ferner fällt die zu treffende Prognoseentscheidung auch dann zu Lasten des Bewerbers aus, wenn die begangenen Straftaten/Zuwiderhandlungen sowie das gesamte bisherige Verhalten einen gewissen Hang zur Missachtung von Rechtsvorschriften erkennen lassen und deshalb Pflichtverstöße gegenüber Fahrgästen nicht auszuschließen sind,

    vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. März 2004 - 19 A 832/04 -, a.a.O., m.w.NW.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. April 1989 - 10 S 750/80 -, juris.

    Letzteres ist in Bezug auf den Kläger derzeit anzunehmen. Die genannten strafrechtlichen Verfehlungen und das bisherige Verhalten des Klägers lassen zum einen eine erhebliche Neigung und Bereitschaft des Klägers, Rechtsvorschriften bewusst zu missachten und zu verletzen, wenn sie seiner Interessenlage oder seinem Gewinnstreben entgegenstehen, erkennen. Zugleich wird deutlich, dass sich der Kläger dazu in der Vergangenheit auch über bestehende Berufspflichten und Vertrauensverhältnisse hinweggesetzt hat. Zum anderen wird eine latente Bereitschaft des Klägers zu weiteren Straftaten/Zuwiderhandlungen offenbar, da der Kläger sich auch nicht durch bereits bestehende Verurteilungen von weiteren Straftaten hat abhalten lassen und auch weiterhin nicht bereit ist, bestimmte Rechtspflichten zu achten, soweit sie seiner Interessenlage entgegenstehen. Dabei ist zu seinen Lasten insbesondere zu berücksichtigen, dass er die im Jahr 1995 erfolgte Anstiftung zur vorsätzlichen uneidlichen Falschaussage in Ausübung seines Amtes als Rechtsanwalt begangen hat und er auf Grund seines Berufes sich nicht nur der strafrechtlichen Konsequenzen seines Handelns bewusst sein musste, sondern auch als Organ der Rechtspflege besonders verpflichtet war, die Rechtsordnung zu achten. Die Tatbegehung offenbart insbesondere, dass der Kläger bereit war, seine damaligen Berufspflichten als Rechtsanwalt zu verletzen und das zwischen ihm und seinem damaligen Mandanten sowie dessen Sohn, der durch den Kläger zu der uneidlichen Falschaussage angestiftet worden war, bestehende Vertrauensverhältnis zu missbrauchen. Auf Grund dieser Umstände handelte es sich um eine schwerwiegende Tat, die auch angesichts der Tatsache, dass deren Begehung nunmehr schon über 15 Jahre zurückliegt und der Kläger nicht mehr als Rechtsanwalt tätig ist, noch zum derzeitigen Zeitpunkt zu berücksichtigen ist. Demgegenüber hat der Kläger zwar die sechsfache Steuerhinterziehung für die Steuerjahre 1993 - 1998 nicht in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt begangen, da es sich um die Hinterziehung von Einkommensteuer wegen der Nichtangabe von Einkünften aus Kapitalvermögen handelte. Allerdings war der Kläger auch zum Zeitpunkt der Tatbegehungen (Abgabe der jeweiligen Steuerklärungen) als Rechtsanwalt tätig und kraft seines Amtes zur Achtung der Rechtsordnung verpflichtet. Darüber hinaus hat der Kläger nach den Feststellungen des Urteils der Berufungsinstanz (LG Mönchengladbach) vom 8. September 2006 Einkommensteuer in erheblichen Umfang (Beträge zwischen 37.520.- DM (für 1993) und 71.976.- DM (für 1998)) hinterzogen, da im Jahr 2000 Vermögensanlagen im Ausland in Höhe von 4 Millionen DM festgestellt worden waren. Der Kläger zahlte nachträglich im Januar 2001 einen Betrag von 1 Million DM an das Finanzamt. Diese über mehrere Jahre begangenen Steuervergehen zu Lasten der Allgemeinheit lassen einen erheblichen Hang zu persönlichem Gewinnstreben unter - dauerhafter - Missachtung der Rechtsordnung erkennen. In beiden Fällen hat sich zudem erheblich strafverschärfend ausgewirkt, dass der Kläger schon vorbestraft war. So hat bereits das AG Mönchengladbach in seinem Urteil vom 16. September 1998 die bestehenden Vorstrafen zum Anlass genommen darauf hinzuweisen, dass der Angeklagte wiederholt seine Tätigkeit als Rechtsanwalt in strafrechtlich relevanter Weise missbraucht hat, er sich durch die zum Zeitpunkt der Begehung schon bestehende Verurteilung nicht davon hat abhalten lassen, erneut strafffällig zu werden und er auch die Warnfunktion der vorherigen Verurteilungen ignoriert hat. Auf Grund dieser Umstände hielt das AG Mönchengladbach eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten (mit Bewährung) für unabdingbar. Auch wenn die im Urteil genannten Vorstrafen dem Kläger nicht mehr entgegengehalten werden können, weil sie zwischenzeitlich nicht mehr in ein Führungszeugnis aufzunehmen sind, so ist dennoch der Umstand, dass die mehrfache Strafffälligkeit des Klägers in seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt zu einer Strafverschärfung geführt hat, zu berücksichtigen. Bei der Verurteilung des Klägers wegen Steuerhinterziehung hat das LG Mönchengladbach in seinem Berufungsurteil zwar in Abänderung des Urteils des AG Mönchengladbach vom 13. Dezember 2004 eine reduzierte Gesamtfreiheitstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten ausgesprochen. Neben dem von dem Kläger verursachten hohen Schaden, den der Kläger zwar aus Sicht des Gerichts mit der Zahlung von 1 Million DM wieder gutgemacht habe, hat das Gericht ebenfalls strafverschärfend die Vorverurteilungen des Klägers berücksichtigt und für jeden Fall der Steuerhinterziehung eine Freiheitsstrafe als unerlässlich angesehen. Ferner versagte das Gericht dem Kläger eine Aussetzung der Strafe auf Bewährung, weil nicht zu erwarten war, dass der Kläger sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lässt und künftig auch ohne Einwirkung des Strafvollzuges von Straftaten absehen wird. Das AG Mönchengladbach hatte dazu bereits in seinem Urteil vom 13. Dezember 2004 ausgeführt, dass schon fraglich sei, ob für den Kläger eine günstige Sozialprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB) gestellt werden könne, da Ehrlichkeit in Gelddingen auch die bisherigen Verurteilungen nicht aufzeigen würden. Es sah den Kläger zudem als "Bewährungsversager" an, da er teilweise während der Tatbegehung unter Bewährung gestanden hat.

    Schließlich kann derzeit nicht mit ausreichender Gewissheit davon ausgegangen werden, dass der Kläger sich in Zukunft rechtskonform verhalten wird. Vielmehr ist sein weiteres Verhalten durch eine gegenüber der Rechtsordnung gleichgültige Grundhaltung gekennzeichnet und davon auszugehen, dass der Kläger nicht gewillt ist, Rechtsvorschriften zu achten, wenn sie der persönlichen Interessenlage entgegenstehen. So hat das LG Mönchengladbach weiterhin zu Lasten des Klägers berücksichtigt, dass dieser nach Zahlung der 1 Million DM an das Finanzamt, der Auffassung ist, er habe genug Steuern bezahlt und könne davon Abstand nehmen, eine Steuererklärung abzugeben (seit dem Steuerjahr 1999), mit der Folge, dass seither das Einkommen des Klägers von dem Finanzamt geschätzt worden ist und auf Grund der Schätzung Steuerschulden in Höhe von ca. 1,5 Millionen Euro entstanden sind. Der Kläger habe zu erkennen gegeben, dass ihm diese Tatsachen gleichgültig seien. Um keine weiteren Zahlungen leisten zu müssen, habe sich der Kläger selbst seiner finanziellen Leistungsfähigkeit durch Abtretung seiner laufenden Einkünfte und Forderungen aus seiner früheren Anwaltstätigkeit - ohne Schuldgrund - begeben. Schließlich stellte das LG Mönchengladbach die Bereitschaft des Klägers zur künftigen Strafffälligkeit in seine Erwägungen mit ein, da es die von dem Kläger am 11. Juni 2005 vor dem Amtsgericht Erkelenz (7 M 2086/04) abgegebene eidesstattliche Versicherung bezüglich des vorhandenen Bargeldes: "einige 100.000.- EUR in verschiedenen Verstecken gelagert; es gibt einen Lageplan, den ich derzeit nicht vorliegen habe. Schuldner erklärte auf Nachfrage entsprechende wahrheitsgemäße Angaben zu machen, ferner dass ihm der Lageplan derzeit nicht zugänglich ist "

    angesichts des Anfang 2001 nach Zahlung der 1 Million DM noch vorhandenen Kapitalvermögens von 3 Millionen DM für falsch und unglaubhaft hielt. Diese von dem LG Mönchengladbach 2006 aufgezeigte Beurteilungslage hat sich auch derzeit nicht maßgeblich geändert. Zwar ist der Kläger nicht mehr als Rechtsanwalt tätig und auch nicht mehr als Assessor in einer Rechtsanwaltskanzlei beschäftigt, sondern seit 2010 arbeitslos. Dennoch hält er weiterhin an dem Inhalt der am 11. Juni 2005 abgegebenen eidesstattlichen Versicherung zum Punkt "Bargeld" fest und lässt sich mangels Abgabe einer Steuererklärung von dem Finanzamt weiter schätzen. Seinen Angaben zufolge belaufen sich die Steuerschulden mittlerweile auf 3 Millionen Euro, die er niemals werde abtragen können. Der Kläger ist weiterhin nicht bereit, eine Steuererklärung abzugeben, auch soweit er zukünftig neben einem Renteneinkommen noch ein Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielen sollte - wenn auch im geringen Umfang - und dies insgesamt die Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung auslösen sollte. Dazu sei er - wie er in dem Erörterungstermin vor der Kammer ausdrücklich ausführte - aus psychischen Gründen nicht mehr in der Lage.

    Aus Sicht der Kammer kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger derzeit noch unter Bewährung steht, da zu Gunsten des Klägers der Strafrest der letzten Verurteilung durch Beschluss des LG Krefeld vom 5. November 2008 zur Bewährung bis zum 22. November 2011 ausgesetzt und ein Bewährungshelfer bestellt worden ist. Eine für den Kläger günstige Prognoseentscheidung kann nach den obigen Ausführungen erst nach erfolgreichem Ablauf der Bewährungszeit in Betracht kommen.

    Dieser Gesamtbewertung steht auch nicht entgegen, dass der Kläger seinen Angaben zufolge eine lediglich geringfüge Tätigkeit bei dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) im Bereich der Behindertenfahrten aufnehmen möchte, um einen Nebenverdienst zu seiner künftigen - geringen - Rente zu erzielen. Zum einen ermöglicht die begehrte Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung generell - in dem von § 48 Abs. 1 FeV bezeichneten Umfang - das Führen von verschiedenen Fahrzeugen im Bereich der Personenbeförderung (Taxi, Mietwagen, Krankenkraftwagen,...). Zum anderen stellt die von dem Kläger angestrebte Fahrgastbeförderung keine geringeren Anforderungen an die persönliche Zuverlässigkeit des Klägers. Vielmehr sind die Fahrgäste in diesem Bereich auf Grund ihrer verschiedenen Einschränkungen dem Fahrer in besonderer Weise anvertraut und auf ein ordnungsgemäßes Verhalten des Fahrers angewiesen. Dafür bietet jedoch der Kläger nach den obigen Ausführungen auf Grund seiner wiederholten Strafffälligkeit und des dadurch dokumentierten Hangs zur Missachtung der Rechtsordnung sowie seiner zum Ausdruck gekommenen Gleichgültigkeit gegenüber der Rechtsordnung - derzeit - keine Gewähr.

    Schließlich stehen auch die von dem Kläger vorgebrachten wirtschaftlichen Erwägungen nicht entgegen, da die angestrebte Tätigkeit im Bereich der Fahrgastbeförderung im Hinblick auf den künftigen Rentenbezug des Klägers nicht die (Haupt-) Erwerbsquelle, sondern lediglich einen Nebenverdienst in geringfügigen Umfang bilden soll. Zudem müssen wirtschaftliche Nachteile, die mit der Versagung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung verbunden sind, in der Regel im Hinblick auf den Schutzzweck des § 48 FeV zurücktreten.

    Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

    Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

    RechtsgebieteVwGO, FeVVorschriften§ 113 VwGO § 48 Abs. 4 FeV

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