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  • 22.06.2011 | Verwertungsverbote

    Das Ringen um die Vorratsdatenspeicherung

    von ORR Steffen Hölzle, Baden-Baden

    Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ drängt die EU-Kommission auf eine zügige Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG (BGBl I 10, 3198), andernfalls droht Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren. Der folgende Beitrag zeigt auf, welche Möglichkeiten insbesondere in steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren bis zu einer Neuregelung bestehen, Telekommunikationsdaten zu erheben bzw. zu verwerten und wie auf Grundlage der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung eine gleichermaßen verfassungskonforme und praxistaugliche Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung aussehen könnte.  

    1. Rückblick

    Zur Erinnerung: Das BVerfG (11.3.08, 1 BvR 256/08, NStZ 08, 290) hatte im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, dass ein Anbieter von Telekommunikationsdiensten, die von einer Strafverfolgungsbehörde nach § 100g Abs. 1 StPO i.V. mit § 113a TKG angeforderten Telekommunikationsdaten erheben muss. Die Daten waren jedoch nur dann an die ersuchende Behörde zu übermitteln, wenn Gegenstand des Ermittlungsverfahrens eine Katalogtat i.S. des § 100a Abs. 2 StPO war und die Voraussetzungen des § 100a Abs. 1 StPO vorlagen. In den übrigen Fällen des § 100g Abs. 1 StPO hatten die Diensteanbieter die Daten zwar zu speichern, von einer Übermittlung der Daten aber einstweilen abzusehen.  

     

    Mit seiner Entscheidung in der Hauptsache hat das BVerfG diesen Schwebezustand beendet und festgestellt, dass die Vorschriften über die Erhebung (§ 113a TKG) und Übermittlung (§ 113b TKG) der Verkehrsdaten gegen Art. 10 Abs. 1 GG verstoßen und nichtig sind (BVerfG 2.3.10, 1 BvR 256/0/, BGBl I 10, 272). Selbiges gilt für die in § 100g Abs. 1 S. 1 StPO enthaltene Abrufbefugnis, soweit danach auf der Grundlage von § 113a TKG gespeicherte Daten erhoben werden.  

    2. Auswirkungen auf laufende und künftige Steuerstrafverfahren

    § 100g Abs. 1 Nr. 1 StPO erlaubte bei Straftaten von erheblicher Bedeutung, „insbesondere“ auch bei einer Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall (§ 100a Abs. 2 Nr. 2a StPO i.V. mit § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 AO) die Erhebung von Verkehrsdaten, die gemäß § 113a TKG für sechs Monate (auf Vorrat) gespeichert wurden (zu den Ermittlungsmöglichkeiten, die eine Telekommunikationsüberwachung nach §§ 100a ff. StPO für das Steuerstrafverfahren eröffnet - vgl. Hölzle, PStR 09, 143). Diese Möglichkeit entfällt nach der Entscheidung des BVerfG - bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung - unabhängig davon, ob die Daten für laufende oder künftige Ermittlungsverfahren erst noch zu erheben gewesen wären oder ob diese bereits nach § 113a TKG beim Telekommunikationsdiensteanbieter gespeichert und aufgrund der Eilentscheidung des BVerfG lediglich noch nicht übermittelt sind. Das Verdikt der Nichtigkeit der Regelungen führt nämlich dazu, dass auch bereits gespeicherte Daten nicht mehr übermittelt werden dürfen und sofort gelöscht werden müssen (kritisch zu Recht Schluckebier und Eichberger in ihren Sondervoten - BVerfG, a.a.O., Abs. 333, 345).  

     

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